Couchsurfing für Anfänger … in Mexiko Stadt

Mexi­ko Stadt – die dritt­be­völ­kerts­te Stadt der Erde. Ein guter Ort, um mit Couch­sur­fing anzu­fan­gen?

Lie­ber Leser, ich muss dir etwas Pein­li­ches geste­hen. Ich bin zu dumm für Couch­sur­fing. Couch­sur­fing? Du weißt schon: Die­ses Inter­net-Ange­bot, wo man sich kos­ten­los auf den Cou­ch­es wild­frem­der Men­schen ein­mie­ten kann. Eine Art Airbnb für Hip­pies. Ich hat­te mir für mein Süd­ame­ri­ka-Sab­ba­ti­cal vor ein­ein­halb Jah­ren (wie die Zeit ver­geht!) auch ganz fest vor­ge­nom­men, das aus­zu­pro­bie­ren. Inter­es­san­te Leu­te ken­nen­zu­ler­nen war schließ­lich das Ziel mei­ner Rei­se. Obwohl ich selbt was mit Inter­net mache, bin ich anfangs an der Web-Ober­flä­che geschei­tert. Dann dach­te ich (ver­wöhnt von ande­ren Buchungs­por­ta­len), dass man sich auf einer Kar­te aus­su­chen kann, wo man hin will. Zumin­dest für Anfän­ger-Nut­zer wie mich, geht das aber wohl(?) nicht. Und schließ­lich schei­ter­te ich dar­an, dass kei­ne mei­ner lus­tig for­mu­lier­ten Anfra­gen beant­wor­tet wur­de. (Gut, viel­leicht hät­te ich nicht direkt schrei­ben sol­len, dass ich geden­ke, unse­re Begeg­nun­gen in Form von Rei­se­ge­schich­ten für mei­nen Blog aus­zu­schlach­ten, aber gut) Dar­auf­hin wand ich mich dem “kom­mer­zi­el­len” Airbnb zu und wur­de dafür mit groß­ar­ti­gen Begeg­nun­gen belohnt. In Mexi­co City wür­de ich nun aber doch unver­hofft zu mei­ner ers­ten Couch­sur­fing Erfah­rung kom­men.

Im Taxi vom Flug­ha­fen MEX, Mexi­ko Stadt
Wenn der Taxi­fah­rer neben­bei Tele­no­ve­las schaut, weiß man, dass man wie­der in Latein­ame­ri­ka ist. Kary hat­te nicht ver­stan­den, war­um ich ein Taxi vom Flug­ha­fen neh­me. Die Metro sei doch viel güns­ti­ger. Über 12 Stun­den Flug lie­gen hin­ter mir. Und eine end­lo­se Schlan­ge bei der Pass­kon­trol­le. “Que Colo­na?” “Wel­cher Stadt­teil?”, ruft der vom Ver­kehr generv­te Taxi-Fah­rer mir zu. Ich scrol­le durch den Nach­rich­ten-Ver­lauf mit Kary. “Ate­nor Sales” sage ich. Sagt ihm aber nichts. Dann navi­gie­re ich ihn mit Hil­fe mei­ner Off­line-Kar­ten-App und mei­nem sich lang­sam wie­der ent­fa­chen­den Spa­nisch zu Karys Adres­se.

Mexikanerin Kary stellt mir ihre Couch zur Verfügung

Zu Hau­se bei Kary,
Ich bin tat­säch­lich über­rascht von ihrem net­ten Lächeln. Unse­re Kom­mu­ni­ka­ti­on vor­ab war etwas kühl und arm an Smi­leys. Ich hat­te das Gefühl, den Couch-Platz nur bekom­men zu haben, weil ich ihren Bru­der Fran­cis­co (oder bes­ser gesagt des­sen Frau Elen) aus Ber­lin ken­ne. “Mei­ne Nach­rich­ten sind immer so,” meint sie lächelnd. “Eres Fre­sa.” “Du bist eine Erd­bee­re.” fügt sich frech lächelnd hin­zu. Das ist jetzt kein wirk­li­ches Kom­pli­ment und bezieht sich auf mei­ne kapi­ta­lis­tisch geho­be­ne Art zu rei­sen. In Karys Augen bin ich also eine Art Flash­pa­cker (auch bekannt als Glam­pa­cker). Hmm… Wir trin­ken einen Liter Bier der Mar­ke “Indio” Danach ver­ab­schie­det sie mich auf die Couch in der Wohn­kü­che. Gera­de als ich mei­ne Schlaf­mas­ke auf­set­zen will, fällt ihr noch etwas Wich­ti­ges ein. “Wenn der Erde­be­ben-Alarm los­geht, musst du inner­halb von einer Minu­te unten sein.” Da das Wohn­zim­mer direkt an einer Haup­stra­ße liegt, auf der immer mal wie­der Poli­zei-Autos vor­bei­fah­ren, fra­ge ich, wie ich den Alarm erken­ne. “alar­ma sims­mi­ca” ertönt aus den Laut­spre­chern. Ich zie­he mir mei­ne dün­ne Ecua­dor-Hose über, um spä­ter nicht halb­nackt da zu ste­hen und kusche­le mich auf mei­ne Couch. Zumin­dest für die Geschich­te wäre so ein Erd­beeben-Alarm ja schon inter­es­sant.

Etwas spä­ter,
POLTER POLTER Ich wer­de von einem Krach geweckt. “Alar­ma Sis­mi­ca?” rufe ich ver­dutzt, die Schlaf­mas­ke schief über dem Gesicht hän­gend. “Per­don” “Ent­schul­di­gung” sagt eine Stim­me. Es ist eine der bei­den Mit­be­woh­ne­rin­nen von Kary. “Todo bien” “Alles gut” ant­wor­te ich fix und ver­su­che wei­ter­zu­schla­fen. Viel­leicht bin ich wirk­lich eine Erd­bee­re?

Am nächs­ten Mor­gen,
Ich bin früh wach. Immer­hin sie­ben Stun­den Zeit­ver­schie­bung gibt es zwi­schen Deutsch­land und Mexi­ko. Heu­te will ich zu den Pyra­mi­den von Teo­ti­huacan. “Nos vemos a la sie­te” “Wir sehen uns um sie­ben” Kary gibt mir den Schlüs­sel für ihre Woh­nung, da ich schon eher wie­der da sein soll­te. Ich schlie­ße die Tür hin­ter mir und lau­fe mei­ne ers­ten Schrit­te durch die dritt­be­völ­kerts­te Stadt die­ser Welt. Gar nicht so voll, wie ich dach­te. In den U‑Bahn-Sta­tio­nen riecht es nach Pop­corn. Es gibt wie­der neue Säf­te mit unbe­kann­ten Geschmacks­rich­tun­gen. Ich spü­re etwas, was ich ver­misst hat­te. Die­se freu­di­ge Neu­gier, die sich in einem aus­brei­tet, wenn man Din­ge das ers­te Mal tut.

Auf eigene Faust bei den Pyramiden von Teotihuacan

Einen Tag spä­ter auf einem Markt mit Kary,
So rich­tig klar sind mir die­se Couch­sur­fing-Spiel­re­geln immer noch nicht, aber da ich nun mal nicht koche, erscheint mir eine Ein­la­dung zum Früh­stück das Min­des­te. Es gibt wei­che Tacos mit Huhn. Dazu die schar­fe grü­ne und die für mich zu schar­fe rote Soße. Und fri­sche Säf­te. Ob sie schon mal schlech­te Erfah­run­gen beim Couch­sur­fing gemacht hat, fra­ge ich sie. “Bis auf den einen Inder, der plötz­lich Nackt­fo­tos ver­schickt hat, eigent­lich kei­ne.” Ich fra­ge mich was sie an Couch­sur­fing fas­zi­niert. Ist es viel­leicht so eine Art umge­kehr­tes Rei­sen? Eine Mög­lich­keit etwas über Län­der zu ler­nen, die man sonst nicht sieht? Sie stimmt zu. “Und die Mög­lich­keit die­se Stadt immer wie­der mit neu­en Augen zu sehen.”

Am Abend kom­men noch zwei Coch-Sur­fer für die Wohn­kü­che. Freun­de aus dem Nor­den, die für uns kochen. Es gibt Senf­huhn (eige­ne Krea­ti­on), Guaca­mo­le, süße Michela­das á la Kary und getrock­ne­te Gras­hüp­fer. Und natür­lich freu­en sich alle über die neu­gie­ri­ge “Erd­bee­re,” die zum ers­ten Mal in ihrem Leben Gras­hüp­fer essen wird.

Fröhliche Couch-Freunde

Fröh­li­che Couch-Freun­de

Grashüpfer = würzig und proteinreich

Gras­hüp­fer = wür­zig und pro­te­in­reich

Eine zünftige Maß Indianer-Bier

Eine zünf­ti­ge Maß India­ner-Bier

Endlich wieder frische Säfte

End­lich wie­der fri­sche Säf­te

 

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