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Vom mondänen Ostseeresort bis zum historischen Fischerdörfchen: maritimes Flair bestimmt das Leben an der Schlei. Der baltische Meeresarm vor den Toren Dänemarks strotzt vor Natur und Geschichte – und an seiner Mündung lockt ein ganz besonderer Ort: die einsame Lotseninsel.
Es ist früh am Morgen im Ostseeresort Olpenitz, kurz: Oro. Auf Spanisch bedeutet „oro“ Gold. Wie passend, denn die noch tief über dem Meer stehende Morgensonne strahlt in unzähligen schimmernden Fäden durch das Panoramafenster des schwimmenden Ferienhauses: eleganter Beach House Stil, Bootsanleger, Badeleiter, eigene Sauna. Rundherum ist Wasser. Eine gefühlte Mischung aus Hamburger Hafencity und Malibu – umgeben von Stränden, Wiesen, Feldern und verträumten Dörfern.
Gerade erwacht das Oro zum Leben. Die ersten Jogger traben entlang der Hafenkante. Manche Urlauber führen mit einer Hand ihren Hund, mit der anderen die Brötchentüte spazieren, andere wiederum portable Eistruhen randvoll mit selbst geangeltem Fisch.
Dass Olpenitz bis 2004 ein Marinestützpunkt war, ist kaum mehr vorstellbar. Alte Backsteinkasernen sind modernen Urlaubsapartments gewichen. Und der recht exklusive Diamant Oro wird weiter geschliffen werden, bis alle tausend Wohneinheiten fertig gestellt sind.
Eine schmale Holztreppe führt auf die großzügige Dachterrasse. Was für eine Aussicht! Weiß, Blau und Wasser, wohin man schaut. Möwen segeln kreischend vorüber, die stramme Meeresbrise trägt den Duft des Meeres. Der Seemannsblick schweift über die leuchtend weißen, meist kubischen Feriendomizile, die sich rund um das rechtwinkelige Hafenbecken wie Perlen aneinanderreihen. Der Blick schweift über die Dachterrassen dutzender Hausboote bis hinüber zur Promenade, zum Jachthafen bis hinaus auf die Ostsee und die Schleimündung, durch die der Wind weiße Segel schiebt. Denn hier, vor den Toren der Dänischen Südsee, beginnt ein besonders schönes Segelrevier – keine 20 Seemeilen von den Inseln Ærø oder Langeland entfernt.
Dann bleibt der Blick auf Nordost an einer flachen Landzunge haften – drei Gebäude, ein paar windgebeugte Pappeln, ein kleiner Hafen und ein Leuchtturm, mehr steht dort nicht: die Lotseninsel. Dieser Ort voller Schifffahrtsgeschichte markiert den Übergang von der Ostsee zur Schlei, dem fjordähnlicher Ostsee-Meeresarm im nördlichsten Zipfel Schleswig-Holsteins. Über 42 Kilometer mäandert das eiszeitlich geschaffene Gewässer landeinwärts bis ins Städtchen Schleswig. Mit ihren Engen, Breiten und Nooren führt die Schlei entlang maritim geprägter, verträumter Fischerorte wie Maasholm, Kappeln oder Arnis. Mal führen Brücken, mal Fähren übers Wasser.
Der letzte Lotse, der einfahrende Schiffe durch das schwierige Fahrwasser der Schlei begleitet hat, wurde bereits vor Jahrzehnten von der Lotseninsel abgezogen. Dauerhaft lebt niemand mehr dort. Das Fleckchen grenzt direkt an ein abgesperrtes Naturschutzgebiet und ist daher nur auf dem Wasserweg erreichbar.
Die Insel scheint zum Greifen nah – und ist es doch nicht. „Ich hatte gehofft, dass Sie mit einem motorisierten Schlauchboot übersetzen können“, sagt Silke Hössermann von der Ferienhausvermietung Meerzeit, „aber bei dem Wind und Wellengang heute würden Sie klitschnass ankommen“. Damit entfallen heute auch die alternativen Varianten, wie das Seekajak, ein Stand-Up-Paddle oder eben: freischwimmen. „Aber Sie können ein Ausflugsschiff von Kappeln nehmen, der Shuttle fährt stündlich hier ab“, rät Hössermann. Für die gebürtige Berlinerin und ihre Familie ist die Schlei seit fünf Jahren geliebte Wahlheimat geworden; mittlerweile lernt sie sogar Dänisch – und sprudelt vor persönlichen Tipps zur Region.
Kaum an der Kappeler Mole, macht die „Schlei Princess“ schon die Leinen los, setzt ihr rotes Schaufelrad in Bewegung. Der Raddampfer passiert die lebendige Hafenmeile Kappelns, den Fischereihafen mit Kuttern und aufgetürmten Bergen grüner Netze, schließlich den Seglerhafen.
Es folgt: Natur pur. Vom herrlichen Sonnendeck geht die Aussicht auf die liebliche Hügellandschaft, gespickt mit historischen Reetdachhäuschen, geheimen Badestellen und wogenden, grünen Getreidefeldern. Blässhühner und Seeschwalben staksen entlang der Ufer, manch Seeadler zieht hoch oben majestätisch seine Kreise, auf der Jagd nach Beute.
Ein kurzer Zwischenstopp im Fischerdörfchen Maasholm, und schon naht die Lotseninsel. Die Schleiprinzessin legt an, viel Zeit bleibt den Ausflüglern nicht; sie strömen zum grün-geringelten Leuchtturm am Ende der Mole, dem Wahrzeichen der Lotseninsel. Vorbei am Strandwall, dem alten Lotsenhaus und dem kleinen Seglerhafen, ist das beschauliche Kleinod schnell umrundet – und man steht bald wieder vor dem kleinen Hafenmeister-Häuschen samt Kiosk und dem dritten Gebäude: „Giftbude“ steht auf seinem Giebel. Was nach grün blubbernder Hexenküche klingt, ist in Wahrheit eine rustikale Segler-Gastwirtschaft.
„Das Wort stammt aus dem Plattdeutschen“, erklärt Jonathan Kleingarn, „gift kommt von geben“. Die Bude, in der es „etwas gibt“, steht bereits seit hundert Jahren. Denn lange Zeit diente die Insel als Nothafen für Fischer und Seefahrer; heute sind es Segler und Ausflügler, die hier anlegen. „Unser Klassiker ist Currywurst mit Pommes, aber auch frischer Fisch, Matjes oder Bratkartoffeln sind bei den Seglern beliebt“, so der 22-jährige Hotelfachmann, der schon in der 3. Saison hier mit anpackt. Währenddessen wohnt der Schleswiger vorübergehend im Lotsenhaus und genießt die Natur und Abgeschiedenheit. Und er ist dankbar, Teil eines besonderen Projektes zu sein.
Seit die Schleswiger Werkstätten 2018 die Gebäude von der Lighthouse Foundation gepachtet haben, arbeiten hier Menschen mit Handicap zusammen mit ihren Betreuern. Ob im Kiosk, bei Außenarbeiten, im Service oder beim Gemüse schnippeln: Die Giftbude, eine Außenstelle des Schleswiger „Hotel Alter Kreisbahnhof“, zeigt, wie wunderbar Inklusion gelingen kann.
Jonathan Kleingarn selbst allerdings hatte ursprünglich andere Sommerpläne: Während seiner Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff lernte er seine Freundin kennen, eine Musicalsängerin aus London. „Eigentlich wollte ich längst dort sein, aber Corona hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erzählt er, „dafür ist sie nun hierher gekommen und in der Giftbude gibt es neben Currywurst also auch Gesangsdarbietungen“, lacht er, als vom Steg schon das Schiffshorn ertönt. Es geht zurück auf die Wasserstraße, auf der vor tausend Jahren schon die alten Wikinger zu ihrem Siedlungsplatz am Ende der Schlei ruderten: Haithabu. Diesen sagenhaften Ort gilt es morgen zu erkunden – für heute lockt das herrliche, schwimmende Hafendomizil, im Sonnenuntergang wieder von goldenen Fäden durchzogen, dieses Mal aus Westen.
Antwort
Ein toller Blog. Mit Begeisterung habe ich über Olpenitz gelesen. Ja, es war ein Marinehafen, und ich zählte im Jahre 1969 zu den ersten Marinern, die dort auf einem der Schnellboote ihren Dienst taten. Anfangs gab es keine Kantine, es gab einfach … nichts. Aber wir mussten währen der Hafenliegezeit nicht mehr auf den engen Schnellbooten schlafen. Wir hatten nun Bootsstuben – die roten Backsteingebäude.…
Ich war gerne in Olpenitz, unweit von der schönen Stadt Kappeln, dem Fischerdorf Maasholm, nicht weit entfernt von Flensburg oder Kiel. Es war eine andere Zeit, es war DAMALS.
Vielen Dank für den Beitrag
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