Vom Tafel­berg kann man sie gut erken­nen: die kleine Insel am Bild­rand hin­ten links. Rob­ben Island ist nur elf Kilo­me­ter von Kap­stadt ent­fernt – und trotz­dem gelang in den drei­ßig Jah­ren, in denen das Apart­heid-Régime hier seine Geg­ner inter­nierte, nur einem ein­zi­gen Gefan­ge­nen die Flucht. Das Was­ser ist ein­fach zu kalt.

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Zwei­mal die­selbe Zelle: oben mit Tou­ris­ten, unten leer. Es ist noch gar nicht lange her, dass in die­sem Raum 40 bis 50 Män­ner leb­ten. Auf dem Boden in der Mitte der Zelle lie­gen noch ein paar Mat­ten, auf denen sie schlie­fen. 1978 beka­men die Häft­linge auf Inter­ven­tion des Inter­na­tio­na­len Roten Kreu­zes die ers­ten Stock­bet­ten, wie sie hin­ten im Raum ste­hen. Das erzählt Jama, der damals einer der Män­ner war. Heute steht er wie­der in sei­ner alten Zelle, umringt von Besu­chern. Er ist Tou­ris­ten­füh­rer auf Rob­ben Island und spricht über den Gefängnisalltag.

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Fünf Jahre ver­brachte Jama im Gefäng­nis. 1976, wäh­rend des Schü­ler­auf­stands in Soweto, war er in der High­school und orga­ni­sierte einen Streik gegen die ras­sis­ti­sche Bil­dungs­po­li­tik des Apart­heid-Regimes. Er wurde ver­haf­tet und kam nach Rob­ben Island. Hier zeigt er ein Foto mit ehe­ma­li­gen Häft­lin­gen, die das Gefäng­nis besuch­ten, nach­dem es 1996 geschlos­sen wurde.

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Nel­son Man­dela saß nicht seine gesamte Haft von 27 Jah­ren in die­sem Gefäng­nis, son­dern nur 18 Jahre. Die ver­brachte er in die­ser Zelle, die mir unfass­bar klein vor­kommt: unge­fähr zwei mal drei Qua­drat­me­ter. Eine Matte, ein Sche­mel und ein Eimer, der als Toi­lette diente.

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Die Besu­cher ste­hen Schlange, um sich vor der Zel­len­tür foto­gra­fie­ren zu lassen.

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Ein Gefäng­nis­hof. Tags­über muss­ten die Gefan­ge­nen in den Stein­brü­chen der Insel schuff­ten. Auf sen­sa­ti­ons­hei­schende Fra­gen der Besu­cher ant­wor­tet Jama prä­zise und ruhig. Nein, sie durf­ten abends lesen und sogar in der Haft stu­die­ren. „Man­dela Uni­ver­sity“, nann­ten sie das.

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Die Schiffe nach Rob­ben Island legen im Shop­ping- und Schlem­mer-Vier­tel „Vic­to­ria & Alfred Water­front“ an, das eigens für die Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft gebaut wurde. Hier steht ein Denk­mal mit den vier süd­afri­ka­ni­schen Frie­dens­no­bel­preis­trä­gern: Albert John Luthuli (Zulu-Stam­mes­füh­rer und Apart­heid-Geg­ner), Bischof Des­mond Tutu, Fre­de­rik Wil­lem de Klerk und Nel­son Man­dela. Mit ihren über­di­men­sio­nier­ten Köp­fen wir­ken alle vier irgend­wie nied­lich. Ansons­ten ist die Water­front gesichts­los und lang­wei­lig. Der weiße Wein­händ­ler, den ich spä­ter treffe, fin­det dage­gen Rob­ben Island lang­wei­lig: „Da gibt´s doch nichts zu sehen“, sagt er. Der schwarze Kell­ner will wis­sen, wie der Aus­flug war. Er würde gerne mal die Gefäng­nis­in­sel besu­chen. Warum er es nicht tut, frage ich. „Das Ticket ist zu teuer“, sagt er.

Cate­go­riesSüd­afrika
Jutta Pilgram

So viel Freiheit war noch nie: Keine Verpflichtungen, keine Wurzelbehandlungen, keine Schulferien mehr. Jutta Pilgram ist 23 Jahre lang ins Büro gegangen und immer nur die üblichen zwei Wochen in Urlaub gefahren. Jetzt hat die Journalistin aus München neun Monate frei und probiert alles aus, was sie schon lange machen wollte.

  1. Marlene says:

    Abge­fah­re­ner und sehr inter­es­san­ter Bericht, der meine bereits vor­han­dene Neu­gier auf Süd­afrika noch ver­stärkt hat, gro­ßes Lob dafür! Schön, dass du auch am Ende noch­mal kurz auf die wei­ter bestehen­den Pro­bleme in der Gesell­schaft Süd­afri­kas hin­ge­wie­sen hast. Wenn ich hof­fent­lich nächs­tes Jahr selbst nach Süd­afrika reise, werde ich Rob­ben Island auf jeden Fall auch einen Besuch abstatten.
    Liebe Grüße
    Marlene

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