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Reisezitate: Meine Top 5 der berühmtesten und gleichzeitig bescheuertsten Travel Quotes

Was mich daran stört? Manch­mal viel­leicht eine gewisse Selbst­glo­ri­fi­zie­rung, ein­fach gemacht durch die unan­tast­ba­ren Worte klu­ger Men­schen; beson­ders wenn dies durch die Abwer­tung des Nicht­rei­sen­den passiert.
Oder weil sie so aus­ge­lutscht sind, dass ich wür­gen muss.

 

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Der abso­lute Klas­si­ker ist wohl:

“The world is a book
and those who do not travel read only one page.”

„Die Welt ist ein Buch.
Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“

Sainte Augus­tine / Augus­ti­nus von Hippo / Augus­ti­nus von Tha­gaste /oder (falsch) Aure­lius Augustinus …

… heißt der Mann, dem der Satz zuge­schrie­ben wird. Er muss ein wirk­lich cle­ve­rer Kerl gewe­sen sein, 354 nach Chris­tus in Alge­rien gebo­ren, und einer der gro­ßen spät­an­ti­ken Kir­chen­leh­rer – auch als Hei­li­ger wird er ver­ehrt. Die­ses Zitat aller­dings, zumin­dest in die­ser Weise aus dem (mir nicht bekann­ten) Zusam­men­hang geris­sen, ver­kommt zu einer fla­chen Abwer­tung aller Men­schen, die keine Lust haben her­um­zu­rei­sen. Beschränkt und dumm, so muss man sich füh­len, wenn man lie­ber daheim stu­diert? Und klug wird der, der den Banana Pan­cake Trail wan­dert? Ich bezweifle das.

Viel bes­ser finde ich ein ande­res Zitat von ihm:
„Gib mir Keusch­heit und Ent­halt­sam­keit – aber jetzt noch nicht.“ – Con­fes­sio­nes 8,7, 17

 

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„Not all those who wander are lost.“

J. R. R. Tol­kien (gebo­ren 1892), „The Fel­low­ship of the Ring“

Was soll das denn wohl bedeu­ten. Wie­der so ein Satz, voll­kom­men aus dem Zusam­men­hang geris­sen: Klingt toll, keine Frage. Hier kurz die ganze Stro­phe, die in der Geschichte vom „Herrn der Ringe“ natür­lich viel Sinn ergibt:

„All that is gold does not glitter,
Not all those who wan­der are lost;
The old that is strong does not wither,
Deep roots are not rea­ched by the frost.
From the ashes a fire shall be woken,
A light from the shadows shall spring.
Rene­wed shall the blade that was broken
The crown­less again shall be king.“

Ins Deut­sche nor­ma­ler­weise über­setzt als: „Nicht jeder, der wan­dert, verlorn“.

Hmm.. häh? Muss man wohl nicht mehr viel dazu sagen, oder.

Alter­na­tiv­vor­schlag von Tolkien:
“Never laugh at live dragons.” 

 

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„Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn’t do than by the ones you did do.
So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails.
Explore. Dream. Discover.“ 

Mark Twain (1835 geboren)

Inhalt­lich super. Keine Frage. Nichts dran auszusetzen.

Aber so oft gele­sen, dass ich den Zitie­ren­den lei­der mit Miss­ach­tung ob sei­ner Ein­falls­lo­sig­keit stra­fen muss. Aber das tut ihm ja nicht weh.

Alter­na­tive von Mark Twain:
„Das schönste aller Geheim­nisse: ein Genie zu sein und es als ein­zi­ger zu wissen.“

 

1146680_164548650398027_2048044621_nFoto: Wel­ten­bumm­ler Mag

„Eine Reise von tausend Meilen
beginnt mit einem einzigen Schritt.“

Lao-tse (4. Jahr­hun­dert v. Chr.)

Ja, die Chi­ne­sen, die haben die Weis­hei­ten drauf. Wer will da schon wider­spre­chen. Furchtbar.

Lie­ber mag ich eine chi­ne­si­sche Variante:
„Auch die längste Reise beginnt mit dem ers­ten Schritt. Genieße ihn – schon auf dem zwei­ten wirst du straucheln.“

 

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„Paradise on earth is where I am.“
„Das Paradies auf Erden ist dort, wo ich bin.“

Le Mon­dain (1736), von Vol­taire (1694 in Paris geboren)

Ein span­nen­des Zitat. Ich habe schon län­ger über­legt, was es wohl bedeu­ten soll. Bin ich selbst dafür ver­ant­wort­lich, wie ich etwas erlebe? Oder bin ich so toll, dass meine Aura dem Para­dies gleicht? :-) Viel­leicht gilt ja auch das Gegen­teil: Das Para­dies ist immer da, wo ich gerade nicht bin. Das würde für viele Men­schen viel­leicht rea­lis­ti­scher sein.
Aber egal: Ich finde das Zitat nicht schlecht, mich regt es zum Nach­den­ken an.

Meine Alter­na­tive von Voltaire:
„Alles, was zu dumm ist, um gespro­chen zu wer­den, wird gesungen.“

 

Auf die Short­list haben es geschafft: 

Nur Rei­sen ist Leben,
wie umge­kehrt das Leben Rei­sen ist.
Jean Paul

“Our bat­te­red suit­ca­ses were piled on the side­walk again;
we had lon­ger ways to go. But no mat­ter, the road is life.”
Jack Kerouac

“All jour­neys have secret destinations
of which the tra­ve­ler is unaware.”
Mar­tin Buber

Hab ich was ver­ges­sen? Wel­che Zitate könnt ihr nicht mehr sehen? Oder hab ich die Zitate ein­fach nicht verstanden?

Cate­go­riesWelt
Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

  1. Rose says:

    Zum Tol­kien-Zitat: „to wan­der“ im Eng­li­schen bedeu­tet eher „umher­wan­dern, her­um­ir­ren“ als „wan­dern“ (siehe „to walk, hike“ etc.), mit dem Wan­dern im Sinne der Rei­se­art hat das hier nichts zu tun. Bevor man also Dinge aus dem Kon­text her­aus­nimmt und „Hä?“ schreit, ist der Griff zum Buch oder der Hin­weis „gidf“ („Google ist dein Freund“) zu beach­ten. Alles in allem gibt es natür­lich viele zu pathe­ti­sche und kit­schige Reisezitate.

  2. Gündülf says:

    Ich bin zwar etwas spät, muss hier aber trotz­dem das Tol­kien-Zitat verteidigen.
    In die­sem Arti­kel wird es kom­plett ohne Kon­text dar­ge­stellt und ja, dann ist es ein­fach nur schnul­zig und nicht sehr interessant. 

    Das Zitat stammt aller­dings aus dem genann­ten Gedicht, das über Ara­gorn (einen Herr der Ringe Cha­rak­ter) gemacht wurde, und wennan sich des­sen Lebens­lauf ansieht, ergibt das Ganze doch Sinn. 

    Ara­gorn ist letz­ter Nach­fahre eines gro­ßen Königs, der der Macht des Einen Rin­ges ver­fal­len war und des­we­gen von Fein­den getö­tet wurde, wor­auf­hin das Königs­haus zusam­men­brach. Danach gab es nur­noch Truch­ses­sen, also Ersatz-Könige.
    Ara­gorn kämpft gegen den Einen Ring und lebt ein Leben als ein­sa­mer Wald­läu­fer. Er zieht umher und tut was er kann, hat aber Angst und Respekt davor dem Thron wie­der zu bestei­gen. (In sehr ver­kürz­ter Version)

    Im Zitat ist er es der wan­dert, umher­irrt oder wie auch immer man es aus­drü­cken will. Er hat sei­nen meta­pho­ri­schen Weg (König zu sein) nicht beschrit­ten, ist aber nicht voll­stän­dig ver­lo­ren. Es gibt für ihn noch Hoff­nung sei­ner Vor­her­se­hung zu entsprechen.

    Ich sehe das Ganze weni­ger als Rei­se­zi­tat und mehr als Teil eines Gedichts aus einer Fan­ta­sie­welt in dem es um Hoff­nung geht und darum dass es für Ara­gorn noch nicht zu spät ist zu tun was er tun muss.

  3. Pingback:13 ehrliche Reisezitate - Inspiration gibt's woanders!

  4. Steffen says:

    Also ich finde den Spruch „Not all those who wan­der are lost.“ ziem­lich gut. Ich ver­stehe ihn in einem roman­ti­schen Kon­text – Roman­tik im Sinne der kul­tur­ge­schicht­li­chen Epo­che, die geprägt war durch das Wan­der- und Rei­se­mo­tiv in Ver­bin­dung mit Fern­weh und Sehn­sucht. Wei­tere auf­kei­mende Werte und Ideale die­ser Zeit waren Indi­vi­dua­lis­mus, Frei­heit, Unab­hän­gig­keit und Liebe. Das passt alles bes­tens zum Rei­sen, vor allem zu mei­ner Art alleine mit dem Rad und Zelt durch die Welt zu fahren.
    Aber die Zeit war gleich­zei­tig auch geprägt von der Lust am Unheim­li­chen (roman­ti­sche Schau­plätze sind oft Fried­höfe, Win­ter, Rui­nen, Nacht, Dun­kel und Tod), von uner­füll­ter Liebe, von poli­ti­scher Gesell­schafts­kri­tik, Bit­ter­keit und Leid – man konnte auch schnell schei­tern und unter die Räder kommen.

    Diese bei­den Pole fasst das Zitat für mich per­fekt zusam­men: „Nicht alle die umher­strei­fen sind ver­lo­ren.“ Rei­sen kann unheim­lich schön und erfül­lend, aber auch hart und im schlimms­ten Fall lebens­ge­fähr­lich sein. Für Solo­rei­sende wie mich gibt es dabei auch noch eine Meta­ebene: Alleine zu rei­sen kann ein­fa­cher, erhol­sa­mer und eben­falls per­sön­lich berei­chernd sein, man hat außer­dem viel Zeit sich mit sich selbst zu beschäf­ti­gen – wer damit klar kommt, für den ist es ein Gewinn. Es kann aber auch ein­sam sein und mit einem Gefühl der Iso­la­tion ein­her­ge­hen – dann ist man verloren.
    In die­sem Sinne ist es für mich das per­fekte Rei­se­zi­tat und ich glaube ich werde es auf mei­nem gerade ent­ste­hen­den Reise-Blog (Rad­trek­king) als Haupt­mo­tiv ver­wen­den. Als Ergän­zung werde ich viel­leicht auch noch Mil­lers „One’s desti­na­tion is never a place but rather a new way of loo­king at things.“ ein­ar­bei­ten, wor­über man wahr­schein­lich wirk­lich nicht strei­ten kann (auf mich trifft das jeden­falls auch zu). :-)

    In mei­nem Fall gibt es sogar noch eine wei­tere Deu­tungs­ebene für das Tol­kien-Zitat: Meine rela­tiv kon­ser­va­tiv ein­ge­stellte Fami­lie würde mich wahr­schein­lich auch als einen „gesell­schaft­lich Ver­lo­re­nen“ bezeich­nen, weil ich nicht in ihr kon­ser­va­ti­ves von Ehe und Fami­lie gepräg­tes Welt­bild passe – ich hab‘ zwar nichts gegen ne Bezie­hung (Rad­fah­re­rin­nen gesucht *g*), aber Fami­lie und Kin­dern kann ich nicht so viel abge­win­nen. Da ziehe ich das Rei­sen vor…
    Ich bin also einer von denen, die andere mut­maß­lich für ver­lo­ren hal­ten, bin es in mei­nen Augen tat­säch­lich aber nicht…

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  6. Linn.0 says:

    Zu Tol­ki­ens Zitat ’not all those who wan­der are lost‘, Wenn man es rich­tig und sinn­ge­mäß über­setzt würde es auf Deutsch hei­ßen ‚Nicht alle die herum irren, sind ver­lo­ren.‘ Also macht es Sinn

    1. Karin says:

      @ Linn. O: So sehe ich das auch und ich finde die Zeile wun­der­schön, mit und ohne Zusammenhang.

  7. Ninja says:

    „Tra­vel is the only thing you buy that makes you richer“

    1. In Schnör­kel­schrift vor ver­klärt roman­ti­schem Son­nen­un­ter­gangs­mo­tiv in FB-Titel­bil­dern oder bei Insta­gram mit #tra­vel­girl #homeis­wherey­our­he­ar­tis #lif­eiss­hort (and so are your thoughts)

    2. In Tin­der-Pro­fil­tex­ten. Hat einen ähn­li­chen Effekt wie wenn ein hei­ßer Typ dir sanft ein paar Worte ins Ohr haucht. Mit Mund­ge­ruch. Auf Sächsisch.

  8. DasWandernIstDesMüllersLust says:

    ich glaube das viel zu oft ztierte „Not all those who wan­der are lost“ erin­nert den rein eng­lisch spra­chi­gen Glo­be­trot­ter an Wan­der­lust und er hält es für ein groß­ar­ti­ges Wort­spiel „wan­der are lost“ „wan­der­lust“ und da weder das eine noch das andere ver­stan­den wird, ist es so der­ma­ßen poetisch ;)

    ich leite das jetzt mal her, da eigent­lich alle Bil­der mit die­sem Spruch, mit dem Hash­tag „Wan­der­lust“ ver­se­hen waren…

  9. Nun lass uns doch die gelieb­ten Sprü­che der lange ver­stor­be­nen Vor­bil­der. Hier noch mal ein aus­ge­lutsch­tes Zitat damit das Wür­gen leich­ter fällt. Lei­der habe ich die­ses Zitat von Kurt Tuchol­sky nur in Deutsch auf Lager. „Die größte Sehens­wür­dig­keit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an“

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  11. Martin says:

    Ui, das ich echt traurig-lustig.

    Ich brau­che nur in meine FB Time­line zu schauen und finde da immer wie­der erbau­li­che Sprü­che, wie zum Beispiel:
    Only those who will risk going too far can pos­si­bly find out how far one can go. (Eliot)

    Ein Spruch, der mir ab und zu gefällt, aber auch seine Schwä­chen hat ist:

    Nicht zum Los­fah­ren braucht es Mut, son­dern zum Wie­der­kom­men. (oder so ähnlich)…

    Gruß
    martin

  12. Dan­ke­schön, dass du das mal klar stellst!
    Ich kann diese (und andere) bana­len Weis­hei­ten, die tat­säch­lich oft aus dem Zusam­men­hang geris­sen wur­den und eben keine All­ge­mein­gül­tig­keit haben, auch nicht mehr sehen. Sowie prin­zi­pi­ell die Abwer­tung der Ande­ren. Rei­sen ist eben eine unge­wöhn­li­che Lebens­form. Nicht zu ver­ur­tei­len. Aber auch nicht zu verherrlichen.
    Des­halb an die­ser Stelle ein all­ge­mein­gül­ti­ges Zitat (grins), weiß nicht mehr, von wem, nicht zuletzt auch in einem U2-Song vorkommend:
    „Befor you judge me, try wal­king in my shoes!“

  13. Schö­ner Bei­trag – schreck­li­che Zitate :-) Beson­ders das erste.
    Mein Lieb­lings­rei­se­zi­tat der­zeit ist von Terry Pratchett
    “Why do you go away? So that you can come back. So that you can see the place you came from with new eyes and extra colors.” ― Terry Prat­chett, A Hat Full of Sky

    1. BlueMoon2056 says:

      Genau so ein Zitat habe ich für mein Rei­se­ta­ge­buch gesucht. Alle ande­ren Zitate des Arti­kels habe ich (natür­lich mit tol­lem Foto) genau wie beschrie­ben gefun­den. xD

      Kurze Anmer­kung: Ich habe gerade den Ori­gi­nal­text nicht zur Hand, aber da Terry Prat­chett ein bri­ti­scher Autor war, werde ich Farbe im bri­ti­schen Eng­lisch „colour“ schreiben. ;-)

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