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Die Raucher von Paris {schwarz & weiß}

Die Atmo­sphä­re von Paris ein­fan­gen, nichts Gerin­ge­res ver­such­te ich an die­sen klir­rend kal­ten Win­ter­ta­gen im jun­gen Jahr 2017. Doch wie fängt man so etwas ein, Atmo­sphä­re? Ein foto­gra­fi­scher Ver­such.

Ich war noch nie in Paris. Als in der sieb­ten Klas­se Sprach­kur­se gewählt wur­den- Fran­zö­sisch oder Spa­nisch- da woll­te ich mich bereits abset­zen. Ein merk­wür­di­ger Cha­rak­ter­zug mei­ner­seits, immer ein biss­chen anders sein zu wol­len als die Mehr­heit. Spa­nisch, das war die »neue« Spra­che, modern, noch nicht so eta­bliert in unse­rem Cur­ri­cu­lum. Fran­zö­sisch erschien mir damals kul­ti­viert und leicht ver­snobt. Aus der alten Welt stam­mend. Und das Wet­ter sei sicher auch bes­ser in Spa­ni­en. Soviel zu mei­nen Gedan­ken als 13-jäh­ri­ge, die bis dahin weder Frank­reich, noch Spa­ni­en bereist hat­te.

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Neujahr in Paris

Mit 31 Jah­ren also das ers­te Mal Paris. Neu­jahr in Paris. Ich mag die­se Stim­mung zwi­schen den Jah­ren- die­se Tage füh­len sich leich­ter an, frei­er, nach Tran­sit­ta­gen. Das mag dar­an lie­gen, dass ich zwi­schen Weih­nach­ten und Neu­jahr grund­sätz­lich frei habe (da Betriebs­fe­ri­en), die­ses Jahr zöge­re ich die­se schö­ne Pha­se sogar noch um eine wei­te­re Woche hin­aus.

Ich drü­cke ein­fach die Pau­se­tas­te für mein Leben.

Und weil das all mei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen auch tun, weiß ich, dass in die­ser Zeit tat­säch­lich ein­fach mal nichts pas­siert. Arbeits­tech­nisch. Schon ab Mit­te Dezem­ber geht ein Satz, der sonst im Höher-Schnel­ler-Wei­ter-Zeit­al­ter bei­na­he Arbeits­ver­wei­ge­rung gleich­ge­stellt wird, sozi­al akzep­tiert durch: »Das muss war­ten. Mache ich im neu­en Jahr.«

Und so fühlt es sich an, als dre­he sich die Welt ein wenig lang­sa­mer, als sei­en die Leu­te mil­der und ver­ständ­nis­vol­ler. Viel­leicht ist das ja dann doch der »Spi­rit of Christ­mas«.

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Paris im Januar

Paris emp­fängt uns mit bei­ßend kal­ter Luft. Ich zie­he mei­ne Ther­moun­ter­wä­sche, zwei (!) Fließ­schich­ten und mei­ne Wind­ja­cke an. Drei Tage- soviel Zeit habe ich, um Paris auf­zu­sau­gen. Die Win­ter­ta­ge sind kurz, umso kon­zen­trier­ter lau­fen wir durch die Stadt. Die Pâtis­se­rien (übri­gens hat Mari­an­na hier einen tol­len Nasch­kat­zen-Gui­de geschrie­ben) bezir­zen uns durch ihre gro­ßen, ein­la­den­den Schau­fens­ter, in denen kunst­voll dra­pier­te Kalo­rien­bom­ben zum Ver­na­schen ver­füh­ren wol­len. Die Stra­ßen sind weit und von pracht­vol­len Häu­ser­fas­sa­den gesäumt, an jeder Kreu­zung befin­det sich eine meist rot beleuch­te­te Bras­se­rie. Es ist wie in mei­ner Vor­stel­lung und dann doch wie­der anders.

Ich mache vie­le Fotos. Von Stuck­fas­sa­den, Stra­ßen­zü­gen, Pra­li­nen, Mac­a­ron­tür­men. Paris‹ Wahr­zei­chen, den Eif­fel­turm und den Arc de Tri­umph, sehe ich nur bei Nacht. Viel­leicht sowie­so die schöns­ten Ansich­ten.

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Das wah­re Ant­litz einer Stadt zeigt sich aber in den klei­nen Details, dem, was am Weges­rand geschieht.

Hier ver­birgt sich lei­se All­tags­schön­heit. Ohne viel Pomp und Getö­se. Klei­ne All­tags­sze­nen: die Schlan­ge beim Bäcker an einem Sonn­tag­mor­gen. Die Grup­pe Kol­le­gen, die schon zum Lunch in einer uri­gen Bras­se­rie ein Glas Rot­wein trin­ken. Die Rei­ni­gungs­ko­lon­ne nach einem Markt­tag im ara­bisch gepräg­ten Stadt­teil Bel­le­ville. Men­schen, die ihre Zei­tung an einem der nost­al­gi­schen Kios­ke kau­fen. Ich lie­be die­se unbe­ob­ach­te­ten Momen­te, in denen die Stadt ein­fach fließt, wir mit­ten­drin.

Und dann fal­len sie mir auf: Die Rau­cher von Paris.

In den Häu­ser­schluch­ten, den Wohn­ein­gän­gen, an Metro­sta­tio­nen, vor Bou­ti­quen. Die Pari­ser rau­chen viel. Es passt zu die­ser Stadt in dem küh­len, bei­na­he bläu­li­chen Licht, dass im Janu­ar in der Luft liegt. Men­schen, die auf ihre Smart­phone schau­en, der Ziga­ret­ten­rauch ver­mischt sich mit ihrem eisi­gen Atem. Die­se stil­le, inti­me Atmo­sphä­re, inmit­ten einer leben­di­gen, geschäf­ti­gen Metro­po­le. Ein Moment des Inne­hal­tens.

Das ist für mich das stim­mungs­volls­te Sujet von Paris.

Viel­leicht sind die­se Minu­ten mit der Ziga­ret­te genau das, was mein Zwi­schen-den-Jah­ren-Gefühl ist: Der kur­ze Tran­sit­raum, in dem man die Pau­se­tas­te drückt. Inne­hält. Und das Leben für die­se kost­ba­ren kur­zen Minu­ten ste­hen­bleibt.

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Antworten

  1. Avatar von Franka

    Hal­lo Aylin,
    die klei­nen All­tags­sze­nen, die du beschreibst, sind auch das, was ich an Paris so geliebt habe. So stres­sig und tru­belig die Stadt auch sein mag, mit umso grö­ße­rer Selbst­ver­ständ­lich­keit schei­nen die Pari­ser ihre Ziga­ret­te oder ihren Fei­er­abend­wein zu genie­ßen. Ich mag die­ses Kon­trä­re.. per­fekt von dir ein­ge­fan­gen in schwarz-weiß.
    Lie­be Grü­ße,
    Fran­ka

    1. Avatar von Aylin

      Lie­be Fran­ka,

      Dan­ke- freut mich vor allem, dass Du als Paris-Erfah­re­ne in mei­nen Bil­dern die Stadt und ihr All­tags­trei­ben gut ein­ge­fan­gen siehst 🙂

      Lie­be Grü­ße
      Aylin

  2. Avatar von Freiwilligendienst im Ausland

    Schö­ne Beob­ach­tun­gen. Wäh­rend den Rau­chern in in ande­ren Län­dern das Aus­tre­ten zur Ziga­ret­ten­pau­se oft unbe­hag­lich erscheint, sind die Fran­zo­sen bei der Ver­ban­nung vor die Tür wie immer ganz ent­spannt.

    1. Avatar von Aylin

      Dan­ke, ja genau die­se ent­spann­te Ruhe hat mir sehr gefal­len 🙂

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