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Over­seas auf den Flo­rida Keys

Ich sitze im Flie­ger in die USA. Die Wochen vor dem Flug waren super anstren­gend und ich habe mich nur bedingt vor­be­rei­tet und mich eigent­lich nur auf meine Vor­stel­lung ver­las­sen, dass die Flo­rida Keys sicher gut wer­den.
Im Inter­net habe ich einen Pod­cast zu den Keys gefun­den und lau­sche gerade ganz gespannt den Epi­so­den. Irgend­wie fängt mich die Jingle am Anfang total ein. Wie ein Ohr­wurm mach er Lust auf mehr – Emer­ald Islands and cobald seas – Wel­come to 200 years on the Flo­rida Keys!

Ver­fah­ren kann man sich fast nicht. Es gibt nur den High­way No. 1 oder wie er auf den Flo­rida Keys heißt: Over­seas High­way.
Vom Fest­land bis zur Meile 0 in Key West sind es 205 Kilo­me­ter. Unzäh­lige Brü­cken ver­bin­den die Insel­kette an der Süd­spitze Flo­ri­das mit­ein­an­der. Nicht alle Inseln sind mit­ein­an­der ver­bun­den. Wer noch wei­ter möchte braucht ein Boot oder für die die es eilig haben auch mal ein Wasserflugzeug.

Overseas Highway mit Fahrradfahrern

Die Keys lie­gen zwi­schen dem Golf von Mexiko und dem Atlan­ti­schen Ozean. Abge­lei­tet von dem spa­ni­schen Wort Cayo, haben die Keys eine tolle Lage und sind prä­de­sti­niert für Was­ser­sport, ent­spannte Atmo­sphäre und auch ein wenig verrückt.

Kuchen als Belohnung

In Key West treffe ich James. Er ist mein Tour­guide für die Key Lime Bike Tour. Die Fahr­rä­der haben keine Schal­tung – wieso auch. Es ist flach hier. Keine sechs Meter ist die höchste Erhe­bung auf der Insel. Ein per­fek­ter Ort, um Fahr­rad zu fah­ren und ent­spannt die Stadt und Insel zu erkunden.

James auf dem Fahrrad in Key West

James lebt seit über 12 Jah­ren in Key West. Ursprüng­lich aus Seat­tle, zog er los und wan­derte bis nach Key West und wohnt jetzt hier. Gefühlt ist jeder hier von Min­ne­sota, Ohio oder einem der ande­ren Staa­ten, in denen es im Win­ter sehr kalt wird. Man kann es ihnen nicht ver­übeln. Diese Art von Aus­stei­ger­le­ben ist was den Charme von den Keys aus­macht und eine krea­tive und freund­lich relaxte Atmo­sphäre schafft.

James nimmt uns mit auf die Tour – wir kom­men vor­bei an Mal­lory Square, dem Ort an dem jeden Abend der Son­nen­un­ter­gang gefei­ert wird, am Little White House, in dem Henry Tru­man viele Wochen sei­ner Prä­si­dent­schaft ver­brachte und wir fah­ren durch das ehe­ma­lige Vier­tel der kuba­ni­schen Zigarrendreher.

Little White House in Key West

Eins fällt auf, es gibt über­all Hüh­ner. Die Kuba­ner brach­ten sie damals mit, um in ihrer Frei­zeit Hah­nen­kämpfe zu ver­an­stal­ten. Dann wurde es ver­bo­ten und die Hüh­ner sich selbst über­las­sen. Wie James klar­stellt, gefällt es nicht nur den Men­schen in dem Para­dies hier, son­dern auch den Hüh­nern. Es gibt sogar eine Hüh­ner­be­hörde, die sich um ver­hal­tens­auf­fäl­lige und ner­vende Hüh­ner küm­mert. Selbst darf man ihnen nichts antun – sie sind geschützt. Das Key West ein Gar­ten­pa­ra­dies ist, ist nicht zu über­se­hen. Die Tour führt uns durch kleine Stra­ßen und jedes Haus ist male­ri­scher als das andere. Die Pas­tell­töne an den Häu­sern sind geschützt und so muss man einen Antrag stel­len, wenn man die Farbe ver­än­dern möchte. Auch ragen keine hohen Gebäude in der Innen­stadt empor. Alleine die zig geschmück­ten Veran­den und Vor­gär­ten sind ein Kunst­werk für sich.

Nur wenige Minu­ten ent­fernt pas­sie­ren wir das Heming­way Haus und den alten Leucht­turm der Stadt – heute mit­ten in der Stadt, damals zu sei­ner Ent­ste­hung eher ein Wassergrundstück.

Southernmost Point USA

Nach einem kur­zen Stopp am süd­lichs­ten Punkt der USA, wel­cher in Wahr­heit einige Meter wei­ter auf einem Mili­tär­stütz­punkt liegt, fah­ren wir zurück zu unse­rem Start­punkt. James schlän­gelt sich noch­mal kurz mit uns am Hafen vor­bei und gibt noch letzte Tipps für einen aus­ge­las­se­nen Abend, bevor er uns den berühm­ten „Key Lime Pie“ eis­kalt ser­viert. Er wird in vie­len For­men ser­viert, aber hier beson­ders limettig im Geschmack mit einer klei­nen Creme­haube – je nach Geschmack und Vor­liebe in den ver­schie­dens­ten Restau­rants hier auch mit mäch­ti­gen Hau­ben. Die Tour macht ihren Namen wirk­lich alle Ehre.

James beim Ausgeben des Key Lime Cake

Wie James es vor­aus­ge­sagt hat, ziehe ich mit einer klei­nen Gruppe Abends noch ent­lang der beleb­ten Duval Street. Ein wenig Shop­pen und am Ende lan­den wir im Green Par­rot und lau­schen kuba­ni­scher Livemusik.

Im Wind und unter Wasser

Am nächs­ten Mor­gen zieht es uns aufs Was­ser. Mit dem Kata­ma­ran von Hones­tEco fah­ren wir zuerst in die Bucht vor Key West. Hier lie­gen viele kleine Segel­boote vor Anker. Wie uns Kapi­tä­nin Libby erklärt,  ist es die güns­ti­gere Vari­ante auf Key West zu woh­nen. Für ein Zim­mer mit 10 Qua­drat­me­tern zahlt man schon mal 1500 Dol­lar im Monat – ziem­lich happig.

Christiana auf dem Boot Blu Q

Cap­tain Libby setzt heute lei­der keine Segel und das ist auch bes­ser so. Wir fah­ren auf das offene Meer hin­aus und hier kommt es auf jeden Meter an. Die Keys sind auf ihrer Haupt­se­hens­wür­dig­keit ent­stan­den – dem Koral­len­riff. Die Was­ser­tiefe schwankt enorm und teil­weise sind die Durch­fahr­ten sehr eng und erfor­dern viel Erfah­rung. Bei dem Wind heute, nichts für ein Segelboot.

Beim Schnor­cheln haben wir heute etwas Pech. Das Was­ser ist durch den Wind etwas auf­ge­wühlt und die Hum­mer ver­ste­cken sich unter den Fel­sen. Rund um Key Largo und den John Pen­ne­kamp Coral Reef State Park sol­len die bes­ten Schnor­chel­spots sein. Auf Key Largo bie­ten auch viele Anbie­ter Schnor­chel- und Tauch­tou­ren an.

Ent­schä­digt werde ich aber auf dem zwei­ten Teil der Fahrt und die­ses Mal in tie­fe­ren Gewäs­sern. Wir sich­ten unzäh­lige Del­phine. Wir las­sen uns ein­fach zwi­schen ihnen trei­ben und sie sprin­gen hier und da aus dem Was­ser und zei­gen sich.

Delphin springt aus dem Wasser

Voll bepackt mit die­sen Ein­drü­cken fah­ren wir zurück nach Key West. 1819 wurde es zusam­men mit Flo­rida an die USA ange­glie­dert. Damals ver­lief hier eine der wich­tigs­ten Han­dels­rou­ten von Süd­ame­rika nach Europa. Wer vom spa­ni­schen Kuba aus nach Europa wollte, der musste hier vor­bei und Schwung holen. Lei­der haben die Riffe den See­fah­rern das Leben nicht leicht gemacht und hin und wie­der sank eins der Schiffe ent­lang der Küste. Wie James so schön sagte: Die Leute haben dann ihren Rum bei­seite gestellt und sind wie wild in Rich­tung Schiff gepad­delt, denn der Erste musste nicht nur die Leute ret­ten, son­dern bekam einen Ber­gungs­ver­trag mit dem Kapi­tän und der war einige Mil­lio­nen wert. Somit zählte Key West neben New York und Phil­adel­phia zu den wohl­ha­bends­ten Städ­ten im 19. Jahr­hun­dert und die schö­nen Vil­len las­sen noch heute von der Zeit träumen.

„Conch Repu­blic“ – eine Inspiration

Am Pier treffe ich Carol. Auch sie ist nicht gebür­tig von den Keys. Vor über 40 Jah­ren kam sie hier­her und die Magie des Ortes, so wie sie es selbst beschreibt, hat sie hier­be­hal­ten. Selbst ihre Fami­lie zog hin­ter­her und lebt die­sen klei­nen, ich nenne es mal „Aus­stei­ger­traum“. Den wah­ren Conch treffe ich sel­ten. Der Conch, gespro­chen Konk, kommt von einer Art Mee­res­schne­cke aus den Gewäs­sern der Region. Sie hat einen sanf­ten Geschmack und sind sehr zäh und wider­stands­fä­hig und so nann­ten sich die Men­schen ange­lehnt an die Wider­stands­fä­hig­keit „Con­chs“. Es gibt drei Typen davon: der Conch – gebo­ren auf den Keys, den Frisch­was­ser-Conch – nach sie­ben Jah­ren als Ein­woh­ner auf den Keys, und den Conch ehren­hal­ber – für beson­dere Leis­tun­gen für die Gestellschaft.

Conch Republic Flagge

Die „Conch Repu­blic“ ist eine eigene Nation und ein Dreh- und Angel­punkt hier auf den Keys. 1982 führte die US Regie­rung Grenz­kon­trol­len zu den Keys ein, um angeb­lich ille­gale Immi­gran­ten auf­zu­spü­ren. Dabei ging es wohl eher um ille­gale Dro­gen. Da dies zu lan­gen Staus bei der „Aus­reise“ führte, sag­ten sich die Insu­la­ner nach eini­gen geschei­ter­ten Ver­su­chen von den USA los und erklär­ten ihnen den sym­bo­li­schen Krieg, bei dem ein Mari­ne­of­fi­zier mit einem Stück Brot geschla­gen wurde. Danach kapi­tu­lier­ten sie und for­der­ten eine Mil­li­arde in Aus­lands­hil­fen. So ver­schwand etwa 10 Tage spä­ter, mit­ten in der Nacht der Grenz­kon­troll­punkt, aber die Tat­sa­che, dass sie die „Conch Repu­blic“ aus­ge­ru­fen hat­ten, erregte die Auf­merk­sam­keit der Medien und bei Aus­stei­gern über­all. Seit­dem fei­ern sie auch heute noch, mehr als 40 Jahre spä­ter, jedes Jahr die Geburt der „Conch Repu­blic“ mit einem 10-tägi­gen Fes­ti­val am 23. April.

Kran­ken­haus für Schildkröten

Das Fes­ti­val ver­passe ich lei­der aber ich habe auf „No Name Key“ noch eine Kay­ak­tour durch die Man­gro­ven vor und noch zwei wun­der­bare Pro­jekte zum Schutz der Koral­len­riffe und deren Bewoh­ner – die Schild­krö­ten – im Blick.

Turtle Hospital Krankenwagen

Über den Over­seas High­way bringt mich mein Auto zurück in Rich­tung Key Largo. In Mara­thon halte ich am Schild­krö­ten-Kran­ken­haus an. Die­ses groß­ar­tige Pro­jekt wird durch die Ein­tritts­gel­der und Spen­den­gel­der geför­dert. Vor dem Kom­plex ste­hen zwei Kran­ken­wa­gen nur für Schild­krö­ten. Melissa emp­fängt meine Besu­cher­gruppe. Sie trägt eine kleine Schild­kröte als Plüsch­tier um den Knö­chel und legt in einem irr­sin­ni­gen Tempo los. Sie hat uns viel zu erzäh­len. In einem klei­nen Schu­lungs­raum direkt neben den Behand­lungs­räu­men stellt sie die ver­schie­de­nen Schild­krö­ten in den Gewäs­sern der Keys vor und zeigt Bil­der von Schild­krö­ten an der Mee­res­ober­flä­che, die nicht mehr abtau­chen – das Merk­mal über­haupt, dass sich die Schild­kröte in einem schlech­ten Zustand befin­det. Von Frei­wil­li­gen und der Küs­ten­wa­che ein­ge­sam­melt, werde die Schild­kröte dann wie in einem rich­ti­gen Kran­ken­haus behan­delt, bekommt Blut­trans­fu­sio­nen, Tumor­be­hand­lun­gen und vie­les mehr.

Im Außen­be­reich führt uns Melissa zu den Was­ser­tanks und den Schild­krö­ten. Schon über 4000 von ihnen konn­ten seit der Grün­dung 1986 wie­der aus­ge­wil­dert werden.

MOTE Korallentank

Genauso wich­tig ist die Arbeit von MOTE Marine Labo­ra­tory & Aqua­rium. In meh­re­ren Koral­len­auf­zucht­sta­tio­nen, zum Bei­spiel auf Key Largo,  züch­ten sie Koral­len aller loka­len Arten. Ich besu­che die kleine Sta­tion und werde von Sum­mer emp­fan­gen. Nach einer klei­nen Ein­füh­rung in die Arbeit, darf ich selbst Hand anle­gen. Ich bekomme eine kleine Koralle und auf einer dia­mant­be­setz­ten Band­säge teile ich die Koralle in Fin­ger­na­gel große Stü­cke und klebe sie mit Kera­mik­kle­ber auf kleine Tellerchen.

Beim Korallen zersägen

Durch die Tei­lung wer­den die Koral­len zum Wachs­tum ange­regt und kön­nen dann nur einige Monate spä­ter am Riff wie­der aus­ge­setzt wer­den, wo sie sich dann wie­der in einen Ver­band zusam­men­schlie­ßen. Lei­der, und das merkte ich auch beim Schnor­cheln, brau­chen die Riffe sehr viel Auf­merk­sam­keit. Die erhöh­ten Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren durch die Kli­ma­er­wär­mung aber auch durch Stürme set­zen ihnen gewal­tig zu.

Leichte Kost zum Abschluß

Die Mischung macht es auf den Keys. Wäh­rend ich in Key West stun­den­lang durch die Stra­ßen lau­fen und Gale­rien und Museen besich­ti­gen könnte, so ist auch das Wis­sen um den Natur­schutz hier sehr wich­tig. Denn ohne die­sen könnte ich die Keys an Land und Was­ser nicht so genie­ßen, wie ich es gerne tue.

John Mirabella

Was auch nicht zu kurz kom­men darf, ist  hier  die Kuli­na­rik. Ame­rika ist doch eher für Bur­ger und Steak bekannt. Das berühmte Sloppy Joe’s in Key West,  in dem auch schon Heming­way rum hing, kann die­ses mäßige Fast Food.
Aber dafür ist man nicht auf den Keys, finde ich. Hier muss man sich von die­sen Din­gen lösen und sich wagen, die Sek­tion der Fisch- und Mee­res­ge­richte auf den Restau­rant­kar­ten zu bestel­len. Die Aus­wahl an Restau­rants ist rie­sig. Meine Favo­ri­ten sind die uri­gen und oft sehr ori­gi­nell gestal­te­ten alten Restau­rants, wie das „Half Shell Raw Bar“ in Key West, das „Casta­way“ in Mara­thon oder das „The Fish House“ in Key Largo. Ich bin noch nie so der Fisch­fan gewe­sen, aber die frit­tier­ten Conch, Shrimp Cevi­che und das fri­sche Sushi haben mich auf den Geschmack kom­men lassen.

John Pennekamp Coral Reef State Park

Und so fällt es mir wirk­lich schwer, die Keys wie­der ver­las­sen zu müs­sen. Der Ohr­wurm aus dem Pod­cast zusam­men mit den schö­nen Ein­drü­cken, den end­lo­sen Brü­cken über das blaue Meer und die Natur­welt haben mich, wie Carol es pro­gnos­ti­zierte,  „ver­zau­bert.“

Diese Reise wurde vom Frem­den­ver­kehrs­amt der Flo­rida Keys unter­stützt. Mehr Infor­ma­tio­nen zu den Keys fin­det ihr unter fla-keys.de

Cate­go­riesNord­ame­rika USA
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Dominik Mohr

Dominik folgt seinem Schatten durch die Welt. In einem minimalistischen und einfachen Reisestil wird man von ihm um die Welt geführt und einmal beschleunigt, geht es dann immer weiter. Meist geht die Tour an abgelegene Orte und bringt das tägliche Leben und die Hürden der Menschen näher.
Ausgefallene und teilweise auch ungewöhnliche Reiseziele rund um Afrika und den Nahen Osten stehen vereinzelten Reisezielen in den beliebten Gegenden entgegen und zeigen den Kontrast der Welten und der Natur.

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