Die Lalibela Felsenkirchen

Die für Äthio­pi­en typi­sche Begrüs­sung »Hel­lo, Money!« hörst Du kaum in Lali­be­la. Lali­be­laner sagen lie­ber: »How do you like Lali­be­la?«.

Über­trie­be­ner Stolz? Aber was wür­dest Du tun, wenn das »8. Welt­wun­der« in Dei­nem Kaff in einem der ärms­ten Län­der Afri­kas steht?

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Georgs­kir­che

Lalibela als 8. Weltwunder

Spä­tes­tens wenn Du vor der Georgs­kir­che stehst, ver­zeihst Du den Lali­be­lanern jede Atti­tü­de. So etwas gibt es kein zwei­tes Mal auf der Welt und das Stau­nen wird Dir hier beson­ders leicht gemacht.

Die kreuz­för­mi­ge Kir­che wur­de nicht gebaut, son­dern 13 Meter tief in den rohen, roten Stein geschla­gen. 10 wei­te­re Kir­chen in Lali­be­la wur­den inner­halb von wahr­schein­lich ca. 100 Jah­ren eben­falls aus dem Stein gemei­ßelt.

Die Kir­che muss zuerst an 4 Sei­ten frei­ge­stellt wer­den, um dann das Kir­chen­in­ne­re aus­zu­höh­len. Teil­wei­se sind sogar in der Kir­che Altä­re, geschwun­ge­ne Bogen und Ver­zie­run­gen aus dem Mono­lith her­aus­ge­ar­bei­tet.

Die enor­men Kir­chen wur­den im tiefs­ten Mit­tel­al­ter mit ein­fachs­ten Werk­zeug von Hand her­aus­ge­hau­en. Vor 800 Jah­ren gab es eben kei­ne Stein­bohr­ma­schi­ne oder Dyna­mit. Anders als in Kap­pa­do­ki­en ist der Stein in Lali­be­la extrem hart.

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Gläu­bi­ge Äthio­per pil­gern zu den Kir­chen

Christentum in Äthiopien

Dabei soll­ten die Kir­chen den gläu­bi­gen Äthio­pi­ern eigent­lich das Leben erleich­tern. Weil der Pil­ger­weg zum hei­li­gen Jeru­sa­lem so weit war, woll­te König Lali­be­la ein zwei­tes Jeru­sa­lem für sein christ­li­ches Volk bau­en.

Der wie­der­hol­te Fall Jeru­sa­lems an das isla­mi­sche Kali­fat zur Zeit der Kreuz­zü­ge war sicher auch eine Ursa­che für die Grün­dung der Kir­chen. Lali­be­la ist des­we­gen auch als »Neu-Jeru­sa­lem« oder »Jeru­sa­lem Afri­kas« bekannt.

Äthio­pi­en hat eine lan­ge christ­li­che Geschich­te und ist nach Arme­ni­en und Geor­gi­en eines der ältes­ten christ­li­chen Län­der der Welt. In Aks­um wur­de mehr als 50 Jah­re vor dem römi­schen Reich das Chris­ten­tum als Staats­re­li­gi­on ein­ge­führt.

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Äthio­pi­sche Jesus-Jün­ger

Afrika-Highlight

Ich war noch nicht im alten Jeru­sa­lem, aber das neue Jeru­sa­lem ist ein abso­lu­tes High­light jeder Rei­se. Wenn Du nur einen Ort in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka besu­chen kannst, lass es Lali­be­la sein.

India­na Jones zu spie­len und die Kir­chen in dem teil­wei­se 3‑dimensionalen Laby­rinth zu fin­den ist das Aller­größ­te. 10 der 11 Kir­chen sind in 2 Grup­pen unter­ein­an­der mit Tun­nels und Grä­ben ver­bun­den.

Ich wür­de des­halb unbe­dingt auf einen Gui­de ver­zich­ten. Du ersparst Dir nicht nur unzäh­li­ge Bibel­stel­len son­dern hast auch noch das Gefühl mit­ten im Aben­teu­er zu sein, statt nur her­um­ge­führt zu wer­den.

Im Anschluss eini­ge Tipps für Dei­ne Indi­vi­du­al­tour von Lali­be­la.

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Bet Medha­ne Alem mit Bet Maryam im Hin­ter­grund

Westliche Gruppe

Die ers­te (west­li­che) Grup­pe ist gar kein Pro­blem auf eige­ne Faust. Nach­dem Du am Ticket Office $50 USD (!) Ein­tritt bezahlt hast, stehst Du nach 2 Minu­ten schon vor dem welt­weit größ­ten mono­li­thi­schen Bau­werk, der Bet Medha­ne Alem.

Von dort ist es leicht die ande­ren 6 Kir­chen der west­li­chen Grup­pe zu fin­den. Sie sind leicht abfal­lend in west­li­cher Rich­tung auf­ge­reiht. Wel­che Ver­bin­dungs­we­ge Du wählst, liegt an Dir, es gibt z.B. einen 15m lan­gen Tun­nel zwi­schen Bet Maryam und Bet Gol­go­tha (Stirn­lam­pe!) oder als Alter­na­ti­ve einen ein­fa­chen Gra­ben.

Du kannst alle Kir­chen besu­chen, musst dabei aber jeweils die Schu­he aus­zie­hen. In jeder Kir­che ist ein Pries­ter, der manch­mal mit sei­nem Stock auf inter­es­san­te Inschrif­ten hin­weist, manch­mal gegen einen Obu­lus posiert oder sich manch­mal nicht beim Bibel­stu­di­um stö­ren lässt.

Schau auch unbe­dingt mal von oben auf die Kir­chen, wenn Du kei­ne Höhen­angst hast.

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Tie­fer Gra­ben vor der Bet Mer­k­ori­os

Östliche Gruppe

Der Ein­stieg zur zwei­ten (öst­li­che Grup­pe) ist schon etwas schwe­rer zu fin­den. Uns haben ein paar Dorf­jun­gen gehol­fen, gegen etwas Klein­geld und eine äthio­pi­sche »Cof­fee-Cola«. 😉

Die öst­li­che Grup­pe ist um eini­ges ver­wir­ren­der ange­legt und es macht Spass in den weit­läu­fi­gen Can­yons ver­lo­ren zu gehen. Trotz­dem ist es nicht schwer alle 4 Kir­chen und ein tol­les Mönchs­dorf zu fin­den.

Am obe­ren Ende des gro­ßen Can­yons liegt die­se Unter­kunft der Mön­che. Das klei­ne, alter­tüm­li­che Dorf ist eben­falls teil­wei­se in den Stein gegra­ben, teil­wei­se­be­steht es aus den typi­schen Lehm-Rund­hüt­ten. Mön­che rezi­tie­ren in ihren Höh­len die Bibel auf amha­risch.

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Post­kar­ten­mo­tiv Georgs­kir­che

Georgskirche

Die bekann­tes­te Kir­che und das Post­kar­ten­mo­tiv Lali­be­las ist die Kir­che des hei­li­gen Georgs: Bet Giyor­gis. Sie ist als ein­zi­ge der 11 Kir­chen wie ein Kreuz geformt und steht etwas abseits von den bei­den Grup­pen.

Die Georgs­kir­che ist auch ganz klar die schöns­te Kir­che, zumin­dest von außen. Die Bet Maryam in der west­li­chen Grup­pe hat das schö­ne­re Innen­le­ben.

Wäh­rend wir die bei­den Kir­chen-Grup­pen fast für uns allein hat­ten, tra­fen wir an der Georgs­kir­che dann auch auf Bus­la­dun­gen von Tou­ris­ten. Sogar eine Phan­tom 3 Droh­ne surr­te am Him­mel über der Kir­che.

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Can­yon zwi­schen zwei Kir­chen der öst­li­chen Grup­pe

Wegfindung

Wie gesagt, ver­zich­te bes­ser auf einen Gui­de, außer Du bist wirk­lich an den Legen­den der äthio­pi­schen Kir­che inter­es­siert. Wir haben bei einer ande­ren Grup­pe kurz rein­ge­lauscht. Der Mix aus Mythen und Bibel­stel­len hät­te uns wahr­schein­lich sehr schnell genervt.

Außer­dem macht es rie­si­gen Spass das Gelän­de auf eige­ne Faust zu erkun­den und Du hast danach eine viel bes­se­re räum­li­che Vor­stel­lung der rie­si­gen Anla­ge. Du kannst nicht wirk­lich ver­lo­ren gehen. Damit Du kei­ne Kir­che ver­passt, ver­wen­de eine Kar­te, wie zum Bei­spiel die von Wiki­pe­dia.

Ich habe außer­dem einen Rou­ten­vor­schlag in Goog­le Maps erstellt, mit dem Geheim­tipp unse­rer Dorf­jun­gen beim Zugang der Ost­grup­pe durch einen klei­nen, etwas ver­steck­ten Tun­nel vom Nor­den aus. Das ist nur ein Vor­schlag, spie­le lie­ber selbst India­na Jones!

Praxistipps Lalibela Kirchen

  • • Das $50 USD Ticket ist für 5 Tage gül­tig und wird vor fast jeder Kir­che kon­trol­liert.
  • • Dei­ne Pass­num­mer steht im Ticket und manch­mal wol­len sie den Rei­se­pass sehen. Bes­ser kein Second Hand Ticket von ande­ren Rei­sen­den kau­fen.
  • • Pro Kir­chen­grup­pe brauchst Du etwa 3 Stun­den, für die Georgs­kir­che noch­mal 1–2 Stun­den
  • • Die Kir­chen sind von 6 Uhr bis 12 Uhr mor­gens geöff­net und dann wie­der von 14 bis 17 Uhr
  • • Die ers­te Grup­pe ist lei­der kom­plett über­dacht und im Schat­ten, die Tages­zeit spielt für Foto­gra­fen daher kaum eine Rol­le
  • • Von der Georgs­kir­che und von der Bet Mer­k­ori­os in der zwei­ten Grup­pe kannst Du kurz nach Son­nen­auf­gang die schöns­ten Fotos machen
  • Rou­ten­vor­schlag: Die ers­te Grup­pe am Nach­mit­tag und die zwei­te Grup­pe plus Georgs­kir­che am nächs­ten Vor­mit­tag

Im Welt­rei­se­fo­rum erfährst Du, wie Du ganz Äthio­pi­en auf eige­ne Faust erkun­den kannst

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Blick von der Ost­grup­pe

Sonst so in Lalibela

  • • Sams­tag ist Markt­tag. Der Markt ist der gro­ße ebe­ne Platz in Sicht­wei­te der Georgs­kir­che.
  • • Das Hotel Liya’s Hall im Süden von Lali­be­la hat eine groß­ar­ti­ge Aus­sicht auf das Umland mit tol­lem Son­nen­un­ter­gang, ide­al für einen Sun­dow­ner. Gehört wohl einer Deut­schen, Prei­se sind human.
  • • Es gibt eine angeb­lich loh­nens­wer­te Wan­de­rung zum Klos­ter Ash­ke­ton Maryam auf dem mar­kan­ten Berg über Lali­be­la, ca. 1,5 Stun­den
  • • Mit teu­rem pri­va­tem Trans­port kommst Du auch zur angeb­lich loh­nens­wer­ten Höh­len­kir­che Yimreha­ne Kris­tos, ca. 40 km
  • • Mehr zu Lali­be­la wie immer bei Wiki­tra­vel

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Innen­an­sicht der Maryam Kir­che

Anfahrt nach Lalibela

  • • Ethio­pian Air­lines fliegt nach Lali­be­la mit Direkt­flü­gen von Gon­der, Aks­um und Bahir Dar (Tana Lake). (ca. 100 USD, Stand 2015)
  • • Von Addis Abe­ba nach Lali­be­la musst Du ein­mal zwi­schen­lan­den, aber nicht umstei­gen. (Stand 2015)
  • • Von Lali­be­la nach Addis gibt es Direkt­flü­ge, des­we­gen bes­ser Lali­be­la ans Ende legen (auch vom Wow-Fak­tor)
  • • Wenn Du mit Ethio­pian Air­lines nach Äthio­pi­en fliegst, bekommst Du 50% Rabatt auf alle Inlands­flü­ge. Damit kos­ten die meis­ten Flü­ge im Nor­den nur noch $50 USD! Teil­wei­se sparst Du Dir so 2 Tage im Bus. Boar­ding Pass von Dei­nem Flug nach Äthio­pi­en unbe­dingt auf­be­wah­ren und im EA-Office beim Flug­bu­chen der Inlands­flü­ge vor­zei­gen.
  • • Von Mek’e­le (Dana­kil), Bahir Dar (Tana Lake) oder Gon­der kommst Du mit dem öffent­li­chen Bus in 1 Tag nach Lali­be­la
  • • Von Addis oder Aks­um brauchst Du 2 Tage mit dem öffent­li­chen Bus

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Pries­ter der äthio­pisch-ortho­do­xen Kir­che

Gedankenspiel zum Abschluss

Stell Dir vor im Som­mer 1529 hät­te es nicht so viel gereg­net und Wien hät­te der osma­ni­schen Bela­ge­rung nicht wie durch ein Wun­der stand gehal­ten. Das osma­ni­sche Reich hät­te im Anschluss gro­ße Tei­le Euro­pas erobern kön­nen.

Das Chris­ten­tum wäre heu­te eine Rand­er­schei­nung: mus­li­mi­sches Deutsch­land, mus­li­mi­sches Öster­reich und mus­li­mi­sche Schweiz, eben­so ande­re Tei­le Euro­pas. Die Ame­ri­kas, die Phil­ip­pi­nen, Ost­ti­mor und Goa wären wahr­schein­lich nie chris­tia­ni­siert wor­den.

Das iso­lier­te christ­li­che Reich Abyssi­ni­en (Äthio­pi­en) hät­te wahr­schein­lich noch am längs­ten die Fah­ne für das Chris­ten­tum geschwun­gen. Die vor Inva­so­ren ver­steck­ten Fels­kir­chen wei­ter nörd­lich in Tigray wahr­schein­lich sogar noch län­ger als die in Lali­be­la.

Was wäre wenn? 😉

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Pries­ter in der Georgs­kir­che

Mei­ne Äthio­pi­en-Rei­se zusam­men mit Oli­ver vom Welt­rei­se­fo­rum fin­det mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von Ethio­pian Air­lines statt. Vie­len Dank! Mei­nun­gen, Bil­der und Emp­feh­lun­gen sind mei­ne eige­nen.

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Antworten

  1. Avatar von Norah

    Sehr span­nend! Ich bin immer wie­der erstaunt was bau­tech­nisch alles mög­lich war!
    Von Hand her­aus­ge­hau­en – unglaub­lich.…

    1. Avatar von Florian Blümm

      Angeb­lich haben Engel gehol­fen 😉

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