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Mär­chen­haf­ter Reich­tum und sinn­li­che Genüsse

Zuge­ge­ben: Die Wahl des Wüs­ten­staats zum WM-Aus­tra­gungs­ort ist umstrit­ten. Denn im Som­mer klet­tern die Tem­pe­ra­tu­ren auf über vier­zig Grad – abso­lut fuß­ball-welt­meis­ter­schafts-untaug­lich. Zudem gilt die Ver­gabe als weni­ger sport­lich denn finan­zi­ell moti­viert. Wie viel Bestechung im Spiel war, wird wohl nie ein­deu­tig geklärt wer­den. Jeden­falls hat Qatar momen­tan einen schlech­ten Ruf. Zu Recht? Ich fliege als Rei­se­jour­na­lis­tin hin. Die ers­ten fünf Tage bleibe ich „embe­ded“, also ein­ge­bet­tet in eine Gruppe Kol­le­gen. Wir wer­den her­um­ge­fah­ren und hofiert, wie das bei Pres­se­rei­sen üblich ist – schließ­lich wol­len sich die Gast­ge­ber von ihrer bes­ten Seite prä­sen­tie­ren. Als die ande­ren abrei­sen, bleibe ich auf eigene Kos­ten eine Woche län­ger, um mir mei­nen eige­nen Ein­druck zu verschaffen.

 

Ich lerne Waad ken­nen. Die mor­gen­län­di­sche Schön­heit ist in Doha gebo­ren und auf­ge­wach­sen: eine der 300.000 Ein­hei­mi­schen des Zwerg­staats. Im Auf­zug mei­nes Hotels spre­che ich die 30-Jäh­rige an, denn sie erscheint mir nicht so unnah­bar wie die ande­ren Frauen, die ihr Gesicht verhüllen.

Waads Blick dage­gen ist offen, ihr Gesicht dezent geschminkt, ihre Augen mit den dich­ten Wim­pern fun­keln leben­dig. Unter ihrer schwar­zen, nach­läs­sig geschnür­ten Abaya, dem tra­di­tio­nel­len isla­mi­schen Über­kleid, spit­zen eine zer­ris­sene Jeans und ein Glit­zer-T-Shirt her­vor. Sie lächelt mit Zäh­nen wie aus der Zahn­pas­ta­wer­bung. Ob ich sie inter­viewen dürfe? Ich hoffe auf eine halbe Stunde. Es wer­den meh­rere Tage gemein­sa­mes Erkun­den ihrer Hei­mat dar­aus. Sie klärt mich auf: Die Ver­schleie­rung, bei der das Gesicht selbst beim Essen unsicht­bar bleibt, prak­ti­zie­ren haupt­säch­lich Tou­ris­tin­nen, mit denen sie selbst auch nichts zu tun habe. Außer das gemein­same Beten zu vor­ge­schrie­be­nen Zei­ten, als wir gemein­sam unter­wegs sind. Und sie einen der all­ge­gen­wär­ti­gen Gebets­räume aufsucht.

 

 

Die futu­ris­ti­schen Hotels in Doha wir­ken auf mich wie soeben gelan­dete Raum­schiffe. Qatars Haupt­stadt ist eine gla­mou­röse Hotel- und Muse­ums­stadt inmit­ten einer rie­si­gen Bau­stelle. Arbei­ter in Leucht­wes­ten trans­por­tie­ren Mate­rial in Schub­kar­ren. Poliere in Plu­der­ho­sen und Tur­ban haken Lie­fer­scheine ab. Dazwi­schen fla­nie­ren Män­ner in wei­ßen Gewän­dern, denen man den Stolz am Gang ansieht. Erho­be­nen Haup­tes tra­gen sie Kuf­fi­yas, die tra­di­tio­nel­len Tur­bane der Bedui­nen. Waad erkennt ihre Lands­leute anhand der Farbe und der Art, wie sie die Kuf­fiya um ihr Haupt schlin­gen. Sie kann genau sagen, woher der Trä­ger kommt: aus dem Oman, aus Abu Dhabi, aus Kuwait. Die Mehr­zahl der Men­schen auf den Stra­ßen, in den Hotels und den Restau­rants sind ara­bi­sche Tou­ris­ten oder aus­län­di­sche Gast­ar­bei­ter – letz­tere machen 85 Pro­zent der Bevöl­ke­rung Qatars aus. Das sei der Grund, warum die Ein­hei­mi­schen daheim nie west­li­che Klei­dung trü­gen, erklärt Waad. Qata­ris zei­gen durch ihre tra­di­tio­nel­len Gewän­der, dass sie die „Haus­her­ren“ im Land sind. Män­ner in lan­gen wei­ßen Hem­den und Frauen in schwar­zen Ganzkörperumhängen.

Aus den Shishas von Cafés am Stra­ßen­rand riecht es nach Kar­da­mom, Weih­rauch und Minze. Waad ist wie alle ein­hei­mi­schen Frauen schwarz ver­schlei­ert. Doch ihre per­fekt pedi­kür­ten Füße zie­ren ele­gante Schuhe, eine teure Hand­ta­sche ist immer griff­be­reit. Trotz ihrer Ver­schleie­rung hat Waad eine sinn­li­che Anzie­hungs­kraft. Spür­bar selbst bei All­tags­ver­rich­tun­gen, wenn sie mir bei­spiels­weise Kaf­fee aus einer Kanne eingießt.

 

 

Sie fühlt sich wohl unter ihrer Abaya. Ein Schutz­schild, erklärt Waad – und ich ver­stehe. Waad protzt weder mit ihrer Figur, noch schämt sie sich für ver­meint­li­che Makel, wie das bei Geschlechts­ge­nos­sin­nen mei­ner Kul­tur fast zwangs­läu­fig ver­brei­tet ist. Zu dicke Schen­kel, zu gro­ßer Hin­tern, zu kleine Brüste, Bad Hair Day. Das ist Waad ein­fach egal. Qata­ri­sche Frauen bewe­gen sich sicher und stolz. Jedes west­li­che Mit­leid über Ver­schleie­rung emp­finde ich in Waads Gegen­wart unan­ge­bracht. Ihre könig­lich anmu­tende Ver­schleie­rung soll Män­ner vor weib­li­cher Attrak­ti­vi­tät (im Koran „Fitna“ genannt) schüt­zen. Hm, ok, das klingt für uns kon­tro­vers und frau­en­feind­lich. Doch: meine Geschlechts­ge­nos­sin­nen hier nut­zen die Vor­teile. Manch­mal, wenn sie es eilig hat, zieht Waad mor­gens nicht mal ihr Nacht­hemd aus und schlüpft nur unter ihre Abaya, „wie viele Frauen, wenn es pres­siert“. Sollte sie einen Pyjama unter ihrem schwar­zen Über­kleid tra­gen, nimmt ihr das nichts an Würde. (Waad, schel­misch: „Und kein Mann wird gereizt.“)

 

 

Män­ner und Frauen, die nicht mit­ein­an­der ver­wandt sind, ver­mi­schen sich in Qatar kaum. In den unter­schied­lichs­ten All­tags­si­tua­tio­nen wer­den die Geschlech­ter „aus­ein­an­der divi­diert“, erklärt sie. So war­ten Män­ner und Frauen in Ban­ken etwa an unter­schied­li­chen Schal­tern. „Durch­ein­an­der Anstel­len ist undenk­bar.“ Ich bli­cke mich immer wie­der erstaunt um, sehe Ver­schlei­erte genauso wie Mini­rock-Trä­ge­rin­nen – Gast­ar­bei­te­rin­nen und einige wenige Tou­ris­tin­nen – und frage Waad: „Warum wird Doha – eine Stadt aus Hotels und Museen – als Urlaubs­ziel immer attrak­ti­ver?“ Vor der Staats­grün­dung 1973 war die Haupt­stadt ein Mit­tel­ding zwi­schen Dorf und Kleinstadt.

Poten­tial ist zwei­fel­los vor­han­den. Nicht nur für son­nen­hung­rige Euro­päer und Ame­ri­ka­ner, die die Out­door-Spa-Berei­che und Hotel­bars bevöl­kern. Die Stadt hat einen lan­gen Strand aus feins­tem, wei­ßen Puder­sand, wie gemacht für eine Bacardi-Wer­bung. Die sie­ben Kilo­me­ter lange, sichel­för­mige Ufer­pro­me­nade „Cor­ni­che“ zählt zu den Attrak­tio­nen von Doha. Hier räkeln sich trotz­dem keine Bikini-Schön­hei­ten bei Cock­tails – Alko­hol ist außer­halb gro­ßer Hotels ohne­hin ver­bo­ten. Nicht ein­mal Frauen in Bur­k­inis – der geschlos­se­nen Bade­klei­dung isla­mi­scher Frauen – nut­zen den makel­lo­sen, jung­fräu­li­chen Strand. Die ein­hei­mi­schen Män­ner gehen genauso wenig im tür­kis­blauen Pracht­meer baden.

 

 

Doha ist in der Tat ein attrak­ti­ves Urlaubs­ziel, wenn auch (noch) nicht zum Baden. Und auch (noch) nicht unbe­dingt für west­li­che Urlau­ber wie mich. Qatar gilt als Fami­li­en­pa­ra­dies, begeis­tert sich Waad. Über­all ent­de­cken wir phan­ta­sie­volle öffent­li­che Spiel­plätze, die fast schon als Kunst­werke durch­ge­hen. Betuchte Gäste aus Paki­stan, Indien oder dem Iran span­nen hier aus. Sie genie­ßen den west­li­chen Luxus und kön­nen sich doch auf ihre mus­li­mi­schen Wert­vor­stel­lun­gen ver­las­sen. Der größte Plus­punkt, fin­det Waad: „Wir sind eine Insel des Frie­dens fast ohne Kri­mi­na­li­tät.“ Ganz anders als bei ihren Glau­bens­brü­dern in Syrien, Afgha­ni­stan oder dem Jemen.

 

 

Das könnte daran lie­gen, dass die Qata­ris sich alles leis­ten kön­nen, was ihr Herz begehrt: Im welt­wei­ten Ver­gleich erhal­ten sie das höchste Pro-Kopf-Ein­kom­men, obwohl sie weit von einer 40-Stun­den-Woche ent­fernt sind. Sagen Läs­ter­mäu­ler. Ein Grund­stück plus Haus pro Fami­lie gibt es vom Staat so gut wie geschenkt. Sagen Insi­der. Die Män­ner hal­ten sich die teu­ren Fal­ken, man­che auch ein Pferd oder Kamel. Wer wollte da kri­mi­nell wer­den wollen?

Qatar ver­strömt pri­ckelnde Lebens­zu­frie­den­heit. Der Golf­staat ist noch nicht ein­mal 50 Jahre alt. 15 Pro­zent der welt­wei­ten Erd­gas­vor­kom­men lie­gen auf sei­nem Staats­ge­biet, das klei­ner ist als Ober­bay­ern. Qatar will von der Staa­ten­ge­mein­schaft aner­kannt wer­den. Des­halb auch die WM 2022. Des­halb wer­den hier Super­la­tive gesam­melt. Kapi­tal und Erd­gas, die wir­ken, als wür­den sie nie ver­sie­gen, pushen den spru­deln­den Zukunfts­glau­ben des Mini-Staats. Alles ist mög­lich. Alles ist mach­bar. Siehe Weltmeisterschaft.

Die berühm­tes­ten Gas­tro­no­men aller Her­ren Län­der rei­ßen sich darum, hier eine Depen­dence zu errich­ten, um den Gold­rausch mit­zu­neh­men. Zum Bei­spiel Gor­don Ramsay. Der bri­ti­sche Spit­zen­koch betreibt drei Restau­rants im St. Regis Hotel im Diplo­ma­ten­vier­tel. „Medi­ter­ra­nean“ bie­tet High-End-Küche. Was sein Küchen­chef Elias Gemayel in exklu­si­vem Design-Ambi­ente in der West Bay von Doha ser­viert – dafür pil­gern Gour­mets aus aller Welt hier­her. Die bei­den ande­ren Lokale, „Opal“ und „The Raw Bar“ sind lege­rer. Für seine Restau­rants bekam Gor­don Ramsay bereits zahl­rei­che Aus­zeich­nun­gen, dar­un­ter meh­rere Michelin-Sterne.

 

 

Erstaun­lich für ein Land, das an ein­hei­mi­schen Zuta­ten kaum mehr als Fisch und Kak­teen­früchte zu bie­ten hat. Doch auch kuli­na­risch gilt: Alles ist mach­bar. Sämt­li­che Zuta­ten, die die Maes­tros brau­chen, wer­den vor­erst impor­tiert. Zwar begin­nen gerade die ers­ten Ver­su­che der Land­wirt­schaft, sich in Teil­be­rei­chen selbst zu ver­sor­gen. Dazu wur­den Kühe aus Deutsch­land impor­tiert und Bewäs­se­rungs­tech­ni­ken ein­ge­führt, die bereits die Wüste im Negev und Sinai frucht­bar mach­ten. Als Jahr­zehnte lang tätige Restau­rant-Tes­te­rin muss ich zuge­ben: Alle Gerichte sind köst­lich und auf Spit­zen­ni­veau – von der ungu­ten Öko­bi­lanz ein­mal abge­se­hen. Waad hat mir die ers­ten hei­mi­schen Bio-Pro­dukte schon im Ein­kaufs­cen­ter gezeigt und ver­si­chert, dass in ihrem Land auch am öko­lo­gi­schen Fuß­ab­tritt gear­bei­tet werde. Stich­wort sai­so­nal und regional.

Bei der größ­ten japa­ni­schen Restau­rant­kette welt­weit sind hei­mi­sche qata­ri­sche Erzeug­nisse tat­säch­lich zu fin­den: Das „Nobu“ ist auf dem Areal des Four Sea­sons Hotel in Doha zuhause und hat sich durch japa­ni­sche Küche mit ara­bi­schem Touch einen Namen gemacht. Außer­dem wegen sei­ner zwei atem­be­rau­ben­den Räum­lich­kei­ten für pri­vate Din­ner – die mon­däne „White Pearl Lounge“ und eine Dach­ter­rasse, mit Innen- und Außen­be­reich und gigan­ti­schem Pan­ora­ma­blick auf den Golf. Waad ist stolz dar­auf, mir die Loca­tion zu zei­gen. Ich bleibe – wie von ihr erwar­tet – mit offe­nem Mund ste­hen. Hier kom­men viele exqui­site Fische fang­frisch aus dem Meer direkt vor der Tür. Regio­na­ler geht es nicht. Als Kon­trast dazu füh­len wir uns, als wären uns Scotty auf einen inter­ga­lak­ti­schen Stütz­punk gebeamt. Doch das nächste Lokal kann den Sci­ence-Fic­tion-Fak­tor sogar noch top­pen, ver­spricht Waad.

Im obers­ten Stock des futu­ris­ti­schen Muse­ums of Isla­mic Art hat Star­koch Alain Ducasse sein Restau­rant „Idam“. Der Fran­zose hat für seine welt­wei­ten Lokale vom Guide Miche­lin mehr­mals die Höchst­wer­tung von drei Ster­nen erhal­ten. Auch in Doha gehört ein Restau­rant zu sei­nem Impe­rium. Ganz ehr­lich: Mis­ter Chef­koch kommt zwar nur ein paar Mal im Jahr vor­bei gejet­tet, er hat sich aber all das aus­ge­dacht. So läuft es welt­weit bei den Obe­ren der Ess-Klasse. Einen Besuch ist das atem­be­rau­bende Idam alle­mal wert. Alko­ho­li­sches steht zwar hier nicht auf der Karte, doch bei den krea­ti­ven Gerich­ten, die die ara­bi­sche Küche auf höchs­tem Niveau mit den Rezep­ten Alain Ducas­ses ver­eint, ver­zich­tet man gern auf Pro­zente. Kein Gerin­ge­rer als Star-Desi­gner Phil­ippe Stark hat das Restau­rant gestal­tet. Ich schreite die spek­ta­ku­lä­ren Fens­ter­fron­ten ab, ver­sinke im wei­chen Tep­pich mit den ara­bi­schen Kal­li­gra­phien und bli­cke hin­un­ter auf die Küs­ten­land­schaft mit Skulp­tu­ren­park. Auf einer Halb­in­sel hin­ter dem Muse­ums­re­stau­rant steht der aus sie­ben lan­gen, schma­len Stahl­plat­ten gestal­tete Turm „Wahr­zei­chen 7“ von Richard Serra. Waad erklärt: „Der Künst­ler spielt auf die Bedeu­tung der Zahl Sie­ben in der isla­mi­schen Kul­tur an.“

 

 

Ich habe mich auf Waads Emp­feh­lung im W‑Hotel ein­quar­tiert („Der Hot­spot der Stadt!“) und fühle mich dort wie ein Film­star. Mein Mini-Apart­ment öff­net sich mir hin­ter einem schwe­ren Vor­hang. Kaum rechte Win­kel, üppig mit Kis­sen beleg­tes King Size Bett, ein Bade­zim­mer wie ein Spa-Urlaub. Und über­all ist mund­ge­rech­tes Obst und Luxus-Scho­ko­lade drapiert.

Ahs und Ohs kom­men in der Lobby schon beim Ein­tre­ten: Das gesamte Hotel spielt in sei­ner Innen­ar­chi­tek­tur mit Per­len, denn die Per­len­fi­sche­rei brachte Qatar bereits vor Jahr­hun­der­ten Reich­tum, lange bevor Öl und Erd­gas ent­deckt wur­den. Ein kuli­na­ri­scher Höhe­punkt für Lang­schlä­fer ist der Sonn­tags-Brunch im „Spice Mar­ket Restau­rant“. Doch auch den Rest des Tages und abends ist das Restau­rant von Jean-Geor­ges Von­ge­rich­ten eine gute Anlauf­sta­tion. Der Küchen­chef ver­steht es, ara­bi­sche Ein­flüsse mit inter­na­tio­na­ler Haute Cui­sine aufs Feinste zu vermählen.

Doha berei­tet sich in jeder Hin­sicht – eben auch kuli­na­risch – auf die WM vor. Sie wird nicht wie sonst im Juni und Juli statt­fin­den, son­dern im Novem­ber und Dezem­ber. Sie zu ver­le­gen hat nach anfäng­li­chen Pro­tes­ten geklappt. Die Tem­pe­ra­tu­ren sind dann ver­gleich­bar mit unse­ren euro­päi­schen Som­mern, nur mit­tags wird es rich­tig heiß. Abends, wenn die Spiele statt­fin­den wer­den, herrscht ange­neh­mes Klima, wie im mit­tel­eu­ro­päi­schen Hoch­som­mer. Auch das Alko­hol­ver­bot wird in die­ser Zeit wohl auf­ge­ho­ben werden.

 

 

Kann ein Volk, bei dem Alko­hol ver­bo­ten ist, des­sen Groß­vä­ter noch als Per­len­fi­scher oder Noma­den ihre Fami­lien ernähr­ten – und oft hun­ger­ten – etwas mit all die­sen kuli­na­ri­schen Über­flü­gen anfan­gen? Mit einer WM? Mit all der Kunst im öffent­li­chen Raum? Waad bejaht. Ein jun­ges, hung­ri­ges Land wie ihres belohnt das Enga­ge­ment jedes Ein­zel­nen schnell mit Bil­dung, Auf­stieg und Erfolg. Das gilt kei­nes­wegs nur für Ein­hei­mi­sche. Wer drei bis zehn Jahre in Qatar lebt und arbei­tet, kommt sagen­haft reich nach Hause, sagen die Gast­ar­bei­ter. Kann sich hin­ter­her in der Hei­mat ein Haus leis­ten. Egal, ob in Maze­do­nien, Süd­afrika, Usbe­ki­stan, Tan­sa­nia, Indien oder in Thüringen.

Es gibt die ankla­gen­den Zei­ge­fin­gern auf die Hilfs­kräfte der Bau­bran­che, seufzt Waad. Doch kaum sind sie im Land, stau­nen die weni­gen Tou­ris­ten dar­über, dass die meis­ten der Gast­ar­bei­ter her­vor­ra­gend aus­ge­bil­dete Fach­leute sind. Meist Aka­de­mi­ker. Sie rea­li­sie­ren archi­tek­to­ni­sche, kuli­na­ri­sche und künst­le­ri­sche Über­flüge, von denen sie in ihrer Hei­mat nicht ein­mal träu­men dür­fen. Sei es, weil die Behör­den dort hoch­flie­gende Ideen ver­ei­teln. Oder weil die Inves­ti­tion im Hei­mat­land nicht zu stem­men wäre. Die Aus­sich­ten für die Fuß­ball-WM 2022 erzeu­gen bei allen Gast­ar­bei­tern – ob aus der Bau­bran­che oder hoch qua­li­fi­ziert – anste­ckende Vor­freude. Und erst recht bei den Ein­hei­mi­schen. Qatar wird sich als per­fek­ter Aus­rich­ter prä­sen­tie­ren, pro­phe­zeit Waad. „Am Ende wer­den alle sagen, sie war gut, die WM im Win­ter.“ Das Datum für das End­spiel hat sie sich schon in ihre bei­den Smart­phones ein­ge­tra­gen: 18.Dezember. Qatars Nationalfeiertag.

Waad lenkt ihren Por­sche Pan­amera über die fla­che Sandpiste.

Bei unse­rem Aus­flug kann ich eine beliebte Frei­zeit­be­schäf­ti­gung männ­li­cher Qata­ris aus nächs­ter Nähe erle­ben: Dune Bas­hing. Mit All­rad-SUVs geht es Dünen auf- und abwärts. Die Fah­rer las­sen ein biss­chen Luft aus den Rei­fen und hei­zen dann röh­rend durch die Wüste. Der Sand spritzt in hohem Bogen von den Kot­flü­geln. Nichts für Waad. Sie rümpft ihre hüb­sche Nase, Män­ner­spiel­plätze inter­es­sie­ren sie nicht. Sie liebt Kunst, Kul­tur und Kulinarik.

 

 

Nach zwei Stun­den Fahrt erhe­ben sich in der Weite der Stein­wüste vier je 15 Meter hohe Stahl­steh­len im Abstand eines Kilo­me­ters auf­ge­stellt. Der Künst­ler Richard Serra – schon wie­der taucht er auf – wollte damit die End­lo­sig­keit der Wüste durch­bre­chen. „Ost-Wes­t/­West-Ost“ hat er sein Werk genannt, das er als die größte Erfül­lung sei­nes Schaf­fens bezeich­net. Den Kopf weit in den Nacken gelegt, ste­hen Waad und ich davor. Ich bin ein wenig rat­los. Waads Wan­gen leuch­ten in der Abend­sonne. Voll anste­cken­der Begeis­te­rung und mit ihrem immer hoff­nungs­vol­len Blick in die Zukunft.

Auch die Klein­busse sind ver­mut­lich vol­ler Hoff­nun­gen, wenn sie die Bau­ar­bei­ter durch das Land zu den vie­len Bau­stel­len brin­gen. Deren harte Arbeits­be­din­gun­gen haben sich ver­bes­sert. Es gibt vor­ge­schrie­bene Mit­tags­pau­sen, grö­ßere Unter­künfte und Schutz­klei­dung, stren­ger gere­gelt als in Deutsch­land. Mit west­li­chen Augen betrach­tet ist nicht alles opti­mal, aber es wird besser.

Qatar lebt einen benei­dens­wer­ten Zukunfts­op­ti­mis­mus. Das wich­tigste Invest­ment in die Zukunft is t die Bil­dungs­of­fen­sive und die über­all sicht­bare Kunst. Um gerüs­tet zu sein für die Zeit nach dem Erd­gas, will der Golf­staat zu einem Zen­trum für Kul­tur, Sport und Tou­ris­mus im mitt­le­ren Osten auf­stei­gen. Wer hier­her kommt, sieht: Das ist schon pas­siert. Längst. Trotz der Bau­stel­len. Waad hakt sich unter: „Wirk­lich Zeit, den Blick vom Bau­zaun zu heben!“ Ich trage mir nun auch den Ter­min für das WM-End­spiel 2022 ins Handy ein. „Du kommst aber vor­her noch­mal?“ will Waad wis­sen. Ich nicke in Vorfreude.

Titel­bild: Michael Schneider

Cate­go­riesQatar
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Karin Lochner

Karin Lochner bastelte sich mit 13 Jahren ein Faschingskostüm als Rasende Reporterin. Fünf Jahre später veröffentlichte sie ihren ersten Artikel im Münchner Merkur. Seither schreibt sie über Reisen, Essen und Brauchtum. 2013 gewann sie den Walliser Medienpreis (1. Platz). Sie ist Autorin der Bücher »Heimat Ruhrgebiet«, »Sehnsucht Alm« und »Zu Gast in Bayern«. Wenn sie nicht unterwegs ist, unterrichtet sie Yoga und andere Bewegungskünste, die dabei helfen, sich biegsam in einen überfüllten Ochsenkarren zu schmiegen (Senegal), das Rütteln bei einer Überlandfahrt ohne Blessuren zu überstehen (Jamaica) oder das Schaukeln auf einem bockigen Kamel (Katar) mit Würde zu genießen. Die nächste Reise mit einem unkonventionellem Transportmittel kommt gewiss.

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  2. Ingrid says:

    Ich finde den Bericht sehr schön und er macht mich neu­gie­rig auf das Land. Natür­lich gibt es vie­les zu kri­ti­sie­ren an Qua­tar aber wie Karin rich­tig sagt, das gibt es über sehr viele Län­der die wir ohne groß nach­zu­den­ken berei­sen. Ich liebe Rei­sen in fremde Kul­tu­ren und wenn ich die Mög­lich­keit habe werde ich auch nach Qua­tar rei­sen und mir selbst ein Bild von dem Land machen. Vie­len Dank Karin .

    1. Danke, Ingrid, freut mich, dass ich Dir eine Freude berei­ten konnte, durch ein wenig „Mit­rei­sen“!
      Win­ter­li­che Grüße (also weit von Kata­ri­schen Wet­ter­ver­hält­nis­sen entfernt)
      Karin Lochner

  3. Müller Uschi says:

    Ja, die Karin,
    beschreibt ihre diver­sen Rei­sen Super toll! So ist auch diese ein beson­de­res „Schman­kerl“! Da ich erst kürz­lich von der Hur­tig­rute zurück­ge­kom­men bin, die eben­falls von Karin so tref­fend kom­men­tiert wurde, werde ich jetzt erst mal eine Rei­se­pause ein­le­gen, auch um das finan­zi­elle Pols­ter wie­der wach­sen zu las­sen. Dann „schau mer mal“, wohin die nächste Reise führt! :)
    Grüße von der Uschi

  4. Conny H. says:

    Liebe Karin,
    per­fekt ! Du hast wie­der wun­der­bar den Ton gefun­den und die­ses schöne Land sehr gut beschrie­ben. Macht Lust auf mehr

    danke
    Conny

  5. Rainer says:

    Hallo Karin,
    dein Bericht ist wie­der gewohnt per­fekt, gibt wun­der­bare Ein­bli­cke in ein Land aus 1000 und 1 Nacht. Und hilft hof­fent­lich auch, Vor­ur­teile abzubauen.
    Wei­ter so !

  6. Andreas says:

    Hallo Frau Lochner,

    1000 Dank für die­sen inter­es­san­ten Ein­blick samt den zau­ber­haf­ten Fotos: Leben­dig, greif­bar, spür­bar! Das nächste Mal würde ich auf jeden Fall ver­su­chen, eine wirk­lich län­ge­ren „Zwi­schen­stopp“ einzulegen …

    1. Herz­li­chen Dank, Andreas, es freut mich, dass ich Sie neu­gie­rig machen konnte. Den Zwi­schen­stopp in Doha soll­ten Sie sich gön­nen. Denn das Qatar Air­ways Netz­werk besteht aus über 150 Desti­na­tio­nen, da lässt sich man­ches Rei­se­ziel ein­bin­den. Mein Tipp: Bis zu 96 Stun­den Zwi­schen­auf­ent­halt in Qatar ist ohne Auf­preis beim „Qatar Air­ways Holi­days Sto­po­ver Pro­gram“ mög­lich, wenn Sie dies bei der Buchung ange­ge­ben. So kön­nen Sie die Kul­tur und die Sehens­wür­dig­kei­ten Qatars mit einem kos­ten­lo­sen Tran­sit­vi­sum ent­de­cken. Falls Sie diese Option buchen, erhal­ten Sie sogar eine Über­nach­tung in einem der zahl­rei­chen inter­na­tio­na­len Hotels in Doha. Und brand­neu: Ange­bote für zwei Über­nach­tun­gen gibt es bei Buchun­gen bis 28. Dezem­ber und Rei­sen bis ein­schließ­lich 31. Dezem­ber 2018. 

  7. Herz­li­chen Dank, liebe Bar­bara! Es freut mich, dass Du Dich von mei­nen Wor­ten hast berüh­ren las­sen. Es bewegt sich tat­säch­lich viel für die Frauen dort. Wäre schön, wenn sich die Vor­teile unsere Kul­tur und die der ori­en­ta­li­schen zukünf­tig ver­ei­nen wür­den. Einen Rie­sen-Plus-Punkt hat Qatar bereits: Die Frauen sind sehr gebil­det. Der Groß­teil der ein­hei­mi­schen Frauen stu­diert. Nir­gendwo bei mei­nen Rei­sen durch die Welt habe ich mich mit mei­nen Geschlechts­ge­nos­sin­nen bes­ser auf Eng­lisch unter­hal­ten kön­nen als in Qatar.

  8. Barbara Bauer says:

    Der Blick­win­kel der Ein­hei­mi­schen ist auf jeden Fall inter­es­sant. Es scheint sich im Hin­blick auf die Stel­lung der Frau in der Gesell­schaft und ihre Rechte in den ara­bi­schen Staa­ten zur Zeit doch etwas zu bewegen.
    Miß­stände in einem Land tref­fen nicht alle, vor allem nicht so sehr die rei­chen und gebil­de­ten Menschen,die meist ganz gut aus­wei­chen kön­nen. Auch wir leben gemüt­lich in unse­ren Woh­nun­gen wäh­rend andere auf der Straße schla­fen. Ein Rei­se­be­richt ist keine poli­ti­sche Abhand­lung. Wer wei­tere Aspekte erfah­ren will, kann im Jah­res­be­richt von amnesty inter­na­tio­nal nachlesen.Ich finde es wich­tig ein kom­ple­xes Bild zu bekom­men. Wird nur Nega­ti­ves berich­tet, ent­steht Angst und Angst ist ein schlech­ter Ratgeber.Viele Mosa­ik­steine erge­ben erst ein Bild.

  9. Katharina Happ says:

    Ich bin schon von Beruf´s wegen kri­tisch – schließ­lich kämpfe ich als Rechts­an­wäl­tin gegen Unrecht. Sollte ich des­we­gen (sogar noch mal) was zu dem Bericht etwas schrei­ben, obwohl ich dort noch nie wahr, nur, weil ich den Arti­kel gele­sen habe? Ja. Und zwar des­we­gen, weil ich Karin Loch­ner seit vie­len Jah­ren kenne. Ich war in eini­gen ihrer Schreib­se­mi­nare, und habe unge­fähr grob geschätzt 15 wei­tere Semi­nare mit ihr gemacht wie Yoga, Tanz, Qi Gung – und ein Semi­nar, des­sen Titel in etwa lau­tete: „Wie ver­än­dert sich dein Leben, wenn du wie Pippi Lang­stumpf leben wür­dest?“ Karin ist ein total ehr­li­cher Mensch, sehr auf Gerech­tig­keit bedacht, sie ist sehr weit­ge­hend unbe­küm­mert damit, ob sie ande­ren gefällt oder nicht. Also mutig.
    Und der Arti­kel hat mir gezeigt, wie sie das dort erlebt hat. Dass es für sie fas­zin­i­nie­rend ist, wie die Men­schen dort ver­su­chen, ihre Vor­stel­lun­gen von Glück zu ver­wirk­li­chen, die eben andere Vor­stel­lun­gen sind. Auch von Erotik.
    Das andere, dass es dort auch Dunk­les und Gefähr­li­ches gibt, ist in dem Bericht für mich gut fühl­bar gewe­sen. Ich finde den Bericht sehr gut. Ich habe eine deut­li­che Vor­stel­lung bekom­men, wie sich die­ses Land für mich anfüh­len würde.
    Katha­rina Happ

    1. Danke, liebe Katha­rina. Ich bin berührt, weil Du Dich trotz des „schlech­ten Rufs“ die­sem Lan­des geöff­net hast für mög­li­che posi­tive Sei­ten. Und das wegen „mei­nes guten Rufs“! An Orten zu sein, wo alles ist wie daheim, kann gut tun. Erhol­sam sein. Zugleich machte ich per­sön­lich oft die Erfah­rung, dass ich gerade, wenn ich mich damit kon­fron­tie­ren muss, dass Wert­vor­stel­lun­gen ganz ande­res sind als meine, dass mich genau das stark anregt, meine heile Welt zu hin­ter­fra­gen. Ich will kei­nes­wegs Dik­ta­tu­ren oder Dog­men idea­li­sie­ren. Den­noch denke ich, dass auch wir in unse­rer Kul­tur diverse men­tale Gefäng­nisse haben, die wir gar nicht mehr bemer­ken. Den Schlank­heits­wahn bei­spiels­weise. In Qatar war es erfri­schend zu erle­ben, wie egal es den Frauen war, ob sie einem Schlank­heits­ideal entsprechen.

  10. Andrea Kronmüller says:

    Das ist ein sehr inter­es­san­ter Bericht, der mich mit mei­nen Vor­ur­tei­len kon­fron­tiert, die ich der ara­bi­schen Welt gegen­über bis­her hatte! Sehr fas­zi­nie­rend und wich­tig. Die leb­hafte Dis­kus­sion bei den Kom­men­ta­ren ist auch sehr inter­es­sant! Da kommt etwas in Bewe­gung, wunderbar!

    1. Mich freut es auch, dass eine leben­dige Dis­kus­sion in Gang gekom­men ist, liebe Andrea! Mir ist in Qatar bewusst gewor­den, dass die Ein­hei­mi­schen dort auch große Vor­ur­teile unse­rer Kul­tur gegen­über haben. Inter­es­san­ter­weise bemit­lei­den uns die qata­ri­schen Frauen, weil sie das Bild haben, dass Frauen im Wes­ten „aus­ge­beu­tet und gede­mü­tigt“ wer­den. U.a. des­we­gen, weil bei einer Schei­dung die Frauen in Deutsch­land meist Gerichts­ver­hand­lun­gen hin­ter sich brin­gen müs­sen, um Unter­halt für ihre Kin­der zu erhal­ten. So was wird dort bereits sehr groß­zü­gig vor der Hoch­zeit gere­gelt. Oder allein wegen der Tat­sa­che, dass es bei uns flä­chen­de­ckend Pro­sti­tu­tion gibt. Fern­seh­be­richte über Zwangs­pro­sti­tu­tion in unse­rer Kul­tur sind sozu­sa­gen das Gegen­stück zu unse­ren Fern­seh­fil­men über aus­ge­beu­tete Bau­ar­bei­ter in Qatar.

  11. Irene says:

    Liebe Karin, Ich fand den Bericht über Qatar sehr bewe­gend und beein­dru­ckend, weil er sehr per­sön­lich ist. Mich hat gleich das Rei­se­fie­ber etwas gepackt – irgend­wo­hin. Danke, ich werde noch mehr von dir lesen.
    lg Irene

  12. Fuchs Ulla says:

    Liebe Karin,
    ganz tol­ler Bericht von einem Land wo man meis­tens nega­tive Bericht hört.
    Vie­len Dank fürs „mit­neh­men“.
    Herz­li­che Grüße
    Ulla

  13. Ralf Engels says:

    Bin eben­falls gespannt, wie es mit Qua­tar wei­ter geht. Wie­der ein­mal ein inter­es­san­ter Rei­se­be­richt. Auch die kon­tro­ver­sen Kom­men­tare zu die­sem Land habe ich hier mit Inter­esse gele­sen. Jede Repor­tage wirft ein eige­nes Licht auf Situa­tio­nen, Men­schen und Län­der; jeder nimmt die Welt auf seine Art wahr und das ist gut so. Die Welt ist so, wie wir sie wahr­neh­men, und oft ganz anders, als wir es uns zuvor aus­ge­malt haben. Schön, dass die Rei­se­de­pe­schen dazu bei­tra­gen immer wie­der ein neue Seite vom Gesamt­bild zu sehen. Gute Arbeit!

    1. Herz­li­chen Dank, lie­ber Ralf. Ich stimme mit Dir über­ein: Die Welt ist so, wie wir sie wahr­neh­men, und oft ganz anders, als wir es uns zuvor aus­ge­malt haben.

  14. Ingrid Rauchfuß says:

    Die Fotos sind toll! Ich habe jetzt jedes ein­zelne auf­ge­zoomt, und es gibt jede Menge dar­auf zu ent­de­cken. Kör­per­spra­che von Bau­ten und Menschen —

  15. Sabine Wolff says:

    Wow, ich bin beein­druckt von die­sen wun­der­schö­nen Bil­dern, die bei mir auch ohne Foto­gra­fien ent­stan­den sind. Vie­len Dank dafür und mehr davon. Sabine Wolff

  16. Annabelle says:

    Tol­ler Arti­kel und super Ein­blick in die Kul­tur Qatars!
    Qatar beweist, dass es durch­aus ein inter­es­san­tes Rei­se­ziel ist, ins­be­son­dere wenn man sich für Kunst, Kuli­na­rik und Archi­tek­tur interessiert.
    Wenn man aller­dings pri­mär Erho­lung und Betä­ti­gung in der Natur sucht und auch deren Viel­falt, sind andere Rei­se­ziele mög­li­cher­weise interessanter.
    Da Qatar aber auch schöne weiße Strände zu bie­ten hat, kann es sich als Bade­ur­laubs­ort ja noch entwickeln.
    Mal schauen, wie Qatar sein Poten­zial zukünf­tig noch nut­zen wird ;-)

  17. Katharina says:

    Ein sehr inter­es­san­ter Arti­kel! Nun sehe ich „die Kopf­tuch­ge­schichte“ mal anders, alles hat was Gutes und ein neuer Blick­win­kel bie­tet neue Erkenntnisse.
    Wun­der­schöne Fotos!

    1. Liebe Katha­rina, stell Dir vor, ich habe es sogar als rich­tig ange­nehme Erfah­rung erlebt, unter die­ser Abaya zu ste­cken, mit Kopf­tuch und von oben bis unten in das wal­len­dem Gewand ein­ge­hüllt. Meine Freun­din Waad ist Mode­schöp­fe­rin und hat mich mal zum Spaß als Ein­hei­mi­sche ein­ge­klei­det. Es ist ein biss­chen, wie in man­chen Schu­len hier­zu­lande, wo wegen des Mar­ken­wahns Schul­uni­for­men ein­ge­führt wur­den. Schon mal gehört? Oder, bei den kirch­li­chen Fes­ten, wie Ers­ter Kom­mu­nion, wo das gegen­sei­tige modi­sche Über­trump­fen sol­che Aus­maße ange­nom­men hatte, dass die Pfar­reien die Kin­der nur noch in schlich­ten, glei­chen Kut­ten antre­ten las­sen. Ich hätte es selbst nicht gedacht, aber die Abaya hat echt was von Schutz und Gebor­gen­heit. Wir soll­ten sie nicht pau­schal verteufeln.

  18. Charlotte Erichsen says:

    Ein sehr schö­ner Rei­se­be­richt, Karin! Mich hätte noch ein Blick in das futu­ris­ti­sche Museum isla­mi­scher Kunst inter­es­siert. Dass Frauen sich immer an die Gege­ben­hei­ten ihres Lan­des anpas­sen müs­sen und dabei aber viele Tricks ent­wi­ckeln, mit der Situa­tion umzu­ge­hen und Vor­teile zu fin­den, das hat der Bericht sehr humor­voll dargestellt.
    Emp­feh­lens­werte Lektüre!

    1. Danke Dir, liebe Char­lotte, das nächste Mal kommt noch der Blick ins Isla­mi­sche Museum, ver­spro­chen. Und die Tricks der Ladies: Wow! Ich hatte den Ein­druck, die hel­fen so der­ma­ßen zusam­men, dass wir uns im Wes­ten was abschauen könn­ten. Die sind keine Riva­lin­nen, son­dern Ver­bün­dete. Dadurch haben sie ihre Män­ner im Griff. Obwohl die den­ken, es sei umge­kehrt. Weil ja theo­re­tisch jeder Mann vier Frauen hei­ra­ten könnte. Der hat dann aber daheim nichts zu mel­den. (Egal, ob mit einer oder vier Ehe­frauen!) Jeden­falls gehen die Frauen sehr für­sorg­lich und wohl­wol­lend mit ihren Geschlechts­ge­nos­sin­nen um. Und machen sich das Leben mit­ein­an­der benei­dens­wert schön.

  19. Doris Schneider says:

    Die Rei­se­be­richte von Karin Loch­ner sind wie immer gut recher­chiert, inter­es­sant, gut geschrie­ben, mit anschau­li­chen Bil­dern ver­se­hen!!! Macht Lust auf mehr !

  20. Frau Véronique Hartmann-Alvera says:

    Ein inter­es­san­ter Bei­trag über ein Land mit dem ich in der Tat viele Vor­ur­teile ver­binde. Nach die­sem Arti­kel würde ich mich gerne vor Ort vom Gegen­teil überzeugen.
    Véro­ni­que Hart­mann-Alvera, München.

    1. Liebe Vero­ni­que, wenn auch Du Dich gerne vor Ort über die­sen Zwerg­staat infor­mie­ren magst – um Vor­ur­teile abzu­bauen – kann ich bald anfan­gen, eine Grup­pen­reise zu orga­ni­sie­ren! Danke für Deine Worte.

  21. margie otte says:

    ich habe mir noch nie Gedan­ken über Qatar gemacht,
    danke für den Arti­kel, jetzt bin ich doch ein biss­chen fas­zi­niert, jetzt könnte ich mir auch eine reise in die­ses Land vor­stel­len, allein schon wegen der Kunst von Richard Serra, den ich sehr bewundere.
    danke für die Inspiration.

    1. Zwei­fel­los, liebe Mar­gie: Du musst hin, wenn Du Richard Serra bewun­derst, der seine Kunst dort als „die größte Erfül­lung sei­nes Schaf­fens“ bezeich­net! Danke für Dein Feedback!

    2. Tania Fecht says:

      Die Kunst von Richard Sera ist mein magi­scher Ort in Qatar. Ich gehe dort immer zum wil­den Cam­pen hin.…
      Herz­li­chen Gruß aus Qatar, Tania Fecht

  22. margie otte says:

    liebe karin,
    ich finde Dei­nen Arti­kel sehr inter­es­sant, mir hat er Lust gemacht, die­ses Land im Auf­bruch zu bereisen.

    vie­len Dank!

  23. Ingrid Rauchfuß says:

    Ja! Und habt Ihr Euch das Foto von dem Herrn im wei­ßen Gewand groß gezoomt?
    Hier erwar­ten Euch einige Überraschungen.
    Schade, dass das For­mat keine Bild­un­ter­schrif­ten zulässt — ich wüsste gern, was die run­den, gemau­er­ten Bau­ten in sei­nem Hin­ter­grund sind.

    1. Liebe Ingrid, Danke für’s Feed­back und die Anre­gung mit den Bild­un­ter­schrif­ten. Die run­den, gemau­er­ten Bau­ten gehö­ren zum Isla­mi­schen Museum. Ich hätte noch ewig über alles Mög­li­che schrei­ben kön­nen, über die archi­tek­to­ni­schen Höhen­flüge im All­ge­mei­nen und die­ses sen­sa­tio­nelle Bau­werk im Beson­de­ren, das Foto­graf Michael Schnei­der so mär­chen­haft ein­ge­fan­gen hat. Ich dachte erst, es wäre ein Gemälde …

  24. Vanessa says:

    Schö­ner Arti­kel zu einem sehr kon­tro­vers zu dis­ku­tie­ren­dem Land. als frau und demo­kra­tin tu ich mich schwer damit… aber es ist gut, dass der Arti­kel einem erlaubt mal genauer hin­zu­gu­cken ohne sel­ber hin­fah­ren zu müs­sen! danke dafür! ‑die bil­der bei dem dekor sind natür­lich welt­klasse! und der stil des arti­kels gefällt mir sehr!

    1. Sehr gerne, liebe Vanessa, habe ich Dich mit­ge­nom­men ohne dass Du selbst in die­ses Land rei­sen musst. Ja, zwei­fel­los kon­tro­vers für uns, die wir das Leben in einer Demo­kra­tie genie­ßen kön­nen. Genau genom­men, ja noch gar nicht so lange .…

  25. Dagmar Schulz says:

    Danke für die­sen inter­es­san­ten und vor allem auf­klä­ren­den Arti­kel. Ich fühle mich moti­viert, ein­mal mehr meine von Presse und Hören­sa­gen gespeiste Mei­nung zu über­prü­fen und werde mich wei­ter mit die­sem inter­es­san­ten Land beschäf­ti­gen. Dag­mar Schulz, München

    1. Liebe Dag­mar, genau das will ich: Moti­vie­ren, mal die ewig glei­chen Pres­se­mel­dun­gen zu hin­ter­fra­gen. Wir Deut­sche sind ja auch – zu recht – empört, wenn wir alle flä­chen­de­ckend als Nazis dar­ge­stellt werden.

  26. Sabine Danzer says:

    Liebe Karin, mir gefällt Dein Rei­se­be­richt. Ich habe ihn mit wach­sen­der Begeis­te­rung gele­sen. Danke Dir. Herz­li­che Grüße

  27. Susanne says:

    Danke für diese Ein­drü­cke und Sicht auf Qua­tar und die schö­nen Bil­dern. So wird aus mei­nen Beden­ken, eine Option, dort mal hinzureisen.

    1. Eine Reise würde sich ren­tie­ren, liebe Susanne! Noch ist das Land nahezu unbe­rührt von west­li­chen Besu­chern. Und es gäbe noch so viel mehr zu ent­de­cken. Auch ich habe vie­les in die­sem Zwerg­staat noch nicht gese­hen. UNESCO Welt­kul­tur­erbe, Man­gro­ven-Wäl­der, einen unbe­rühr­ten Salz­see, der wie das Tote Meer sein soll. Ich habe schon wie­der Sehn­sucht nach die­ser beein­dru­cken­den Wüste.

  28. Brigitte says:

    Wäre es nicht eine tolle Zeit, wenn die Ein­ord­nung von gut und böse, von rich­tig und falsch, von lie­ben und has­sen nicht von irgend­ei­ner Natio­na­li­tät abhän­gen würde?
    Ich habe bis­her Idio­ten aus den unter­schied­lichs­ten Län­dern erlebt, völ­lig unab­hän­gig woher sie kamen.
    Aber, und das ist viel wich­ti­ger, ebenso gibt es offene, intel­li­gente, nette, inter­es­sierte und sym­pa­thi­sche Men­schen in allen Nationen.
    Kri­tik ist völ­lig okay, aber bitte auch noch ein biss­chen mehr sehen und wis­sen wollen.
    Der Arti­kel von Karin Loch­ner ist für mich eben das. Hin­schauen und nicht nur das sehen was angeb­lich ist.
    Mir ist ein per­sön­li­cher, sicher nicht 100% objek­ti­ver, Bericht viel lie­ber, als irgend­eine zusam­men­ge­stop­selte Statistik.

    1. Vie­len lie­ben Dank, Bri­gitte. Genau wie Du sagst: Intel­li­gente, inter­es­sante und sym­pa­thi­sche Men­schen gibt es über­all. Igno­rante halt lei­der auch.

  29. SiK says:

    Ein sehr per­sön­li­cher Rei­se­be­richt, der sicher­lich durch das Zusam­men­tref­fen mit einer jun­gen schö­nen und rei­chen Frau geprägt ist, die die Besu­che­rin stolz mit den schö­nen Sei­ten ihrers Hei­mat­lan­des bekannt macht. 1001 Nacht, statt Skan­dale und Ter­ror. Die Autorin macht selbst deut­lich, dass sie keine poli­ti­sche Repor­tage schreibt. Also könnte man den Bericht ein­fach als Schil­de­rung einer mär­chen­haf­ten Zeit sehen und sich über die Pro­bleme im Land auf ande­rer Ebene infor­mie­ren. Ich finde es inter­es­sant, über ein Land zu lesen, das ich selbst nie berei­sen würde. Und ich bin gespannt, wie zu Zei­ten der WM über Qua­tar berich­tet wird.

    1. Es freut mich, dass Du durch meine Worte mit­rei­sen konn­test. Und an einen Ort gekom­men bist, auf dem Du wohl kei­nen Fuß set­zen wirst. Ich bin auch sehr gespannt, wie dann die Bericht­erstat­tung 2022 über Qatar sein wird!

  30. Guido says:

    Lie­ber Andreas Moser, Sie sind jemand, der meint er hätte Ahnung und könnte das von sei­ner ein­ge­bil­de­ten hohen mora­li­schen Warte alles beur­tei­len und ver­ur­tei­len. Letzt­lich stel­len Sie nur Unwis­sen und Vor­ur­teile und schlimms­ten­falls eine Agenda zur Schau. Ich will kei­nen Roman schrei­ben und nur mal den pro­mi­nen­tes­ten Punkt auf­grei­fen: „Hun­derte Tote auf WM-Baustellen“.

    Legen Sie mal einen Beweis vor. Sie wer­den kei­nen fin­den. Weil es diese hun­der­ten Toten nicht gibt. Es gehört in Deutsch­land aber zum All­ge­mein­wis­sen, dass es in Katar tau­sende Tote auf WM-Bau­stel­len gibt. Das hat eine ein­zige Quelle, näm­lich 2 „Stu­dien“ des inter­na­tio­na­len Gewerk­schafts­ver­ban­des ITUC. Die letzte „Stu­die“ stammt von 2015. In Katar leb­ten damals rund 1,8 Mio. Gast­ar­bei­ter. Von die­sen Gast­ar­bei­tern sind pro Jahr etwa 1.000 gestor­ben. Diese Zahl hat die ITUC ein­fach für die 7 Jahre bis zur WM hoch­ge­rech­net. Fer­tig waren 7.000 tote Bau­ar­bei­ter auf WM-Bau­stel­len. Die ITUC hat dazu eine Pres­se­mit­tei­lung ver­fasst. Alle Medien haben die Pres­se­mit­tei­lung auf­ge­grif­fen „Gewerk­schaft rech­net in Katar mit 7.000 WM-Toten bis zur WM“. Bämm, Fette Schlag­zeile über­all. Seit­dem sind „tau­sende WM-Tote in Katar“ in Deutsch­land Allgemeinwissen.

    Die „Stu­die“ selbst hat lei­der kei­ner ange­guckt. Sie kön­nen sie bei der ITUC her­un­ter­la­den (Google: „Front­li­nes Report 2015 – Qatar: Pro­fit and Loss“). Sie wer­den aus dem Lachen (oder Wei­nen) nicht mehr her­aus­kom­men. Weder hat die ITUC geschaut, was die 1.8 Mio Gast­ar­bei­ter arbei­ten. Die über­große Mehr­heit arbei­tet als Nanny, als Ver­käu­fer, als Secu­rity, als Ser­vice­kraft, als Fischer … oder auf ande­ren Bau­stel­len. Nur etwa 2–3% arbei­ten auf WM-Bau­stel­len. Spielt alles keine Rolle, für die ITUC ist jeder gestor­bene Gast­ar­bei­ter ein WM-Toter. Noch hat die ITUC geschaut, woran diese Gast­ar­bei­ter über­haupt gestor­ben sind. Ver­kehrs­un­fälle, Kri­mi­na­li­tät, Krank­hei­ten, … Spielt alles keine Rolle. Alles WM-Tote.

    Die Krö­nung der Geschichte: Sta­tis­tisch ster­ben in Katar von den Gast­ar­bei­tern 0,6 Pro­mille pro Jahr (Zah­len mit denen die ITUC arbei­tet). In Deutsch­land liegt die Ster­be­rate im arbeits­fä­hi­gen Alter von 18–64 bei 2,6 Pro­mille pro Jahr. Deutsch­land müsste drin­gendst in Katar nach­fra­gen, wie die eine 4 mal gerin­gere Mor­ta­li­täts­rate hin­be­kom­men. Und Sie müss­ten völ­lig empört über Deutsch­land sein, weil hier die Men­schen mit mehr als 4 mal so hoher Wahr­schein­lich­keit ster­ben wie Gast­ar­bei­ter in Katar. Wie fin­den Sie das?

    Wenn sie noch irgend­wel­che Zwei­fel an der Stu­die haben: In der Stu­die wer­den auch die WM-Kos­ten berech­net. Bra­si­lien kam angeb­lich auf 15 Mil­li­ar­den USD. Russ­land angeb­lich auf 12 Mil­li­ar­den USD. In Katar wird die WM laut ITUC 200–222 Mil­li­ar­den USD kos­ten. Ist ja klar: die Kata­ris sind ein­fach völ­lig bekloppte Voll­idio­ten und man uss das anpran­gern. Wie kommt die ITUC auf die Zahl? Genau so „seriös“ wie auf die WM-Toten. Jede, wirk­lich jede Bau­stelle der letz­ten 20 Jahre in Katar ist für die ITUC eine WM-Bau­stelle. Erwähnt wird z.B. der neue Flug­ha­fen. Der wurde 2003 geplant. 2005 wurde mit dem Bau begon­nen. Katar hat sich über­haupt erst 2009 für die WM bewor­ben und 2010 zu den Zuschlag gewon­nen. Der Flug­ha­fen war für die Expan­sion von Qatar Air­ways schon lange über­fäl­lig. Die Fak­ten spie­len aber keine Rolle: Die Flug­ha­fen­kos­ten sind für die ITUC zu 100% WM-Kosten.

    Einen wei­te­ren Punkt will ich noch anrei­ßen: In Deutsch­land ist man besorgt über Isla­mi­sie­rung und Abschaf­fung des Deut­schen Vol­kes, wenn 2015 auf jeden Bio­deut­schen mal 0,02 Flücht­linge dazu kom­men. Rechts­extreme Par­teien kom­men Zulauf. Mas­sen­de­mos. Anschläge auf Flücht­linge. 3 Jahre lang hat das Thema Flüchtlinge/​Ausländer hier die Poli­tik domi­niert. Die Kata­ris sind längst eine win­zige Min­der­heit im eige­nen Land. Auf jeden Katari kom­men 6–7 Aus­län­der. Ist es ver­ständ­lich, dass die Bevöl­ke­rung da auch gewisse Ängste hat und man keine unge­bremste Zuwan­de­rung will (wie in Deutsch­land auch)? Weil man nicht die Struk­tu­ren hat, um bei fast 2 Mil­lio­nen Gast­ar­bei­tern die Situa­tion zu prü­fen, hat man ein Spon­so­ring-Sys­tem ein­ge­führt. Der­je­nige, der einen Gast­ar­bei­ter ins Land holt (egal ob Bau­ar­bei­ter, Nanny, Zim­mer­mäd­chen im Hotel), der haf­tet für die­sen Gast­ar­bei­ter. Stellt der Gast­ar­bei­ter Unsinn an, haf­tet der Spon­sor für Kon­se­quen­zen. Und dann wurde stan­dard­mä­ßig der Pass ein­kas­siert, damit die nicht Unsinn anstel­len und dann das Land ver­las­sen. Das ist dann trotz­dem nicht rich­tig und wird zurecht kri­ti­siert. Aber mit Blick auf die teil­weise Aus­län­der-Hys­te­rie in Deutsch­land, wird es ein Stück weit ver­ständ­lich. Und längst wurde da nach­ge­bes­sert und die Gast­ar­bei­ter haben nun mehr Rechte und kön­nen sich weh­ren, falls ihre Sponsoren/​Arbeitgeber sie nicht kor­rekt behan­deln. Das ist noch nicht per­fekt, aber um Licht­jahre bes­ser als z.B. in Saudi-Ara­bien. Kri­ti­siert wird aber immer nur Katar. Und haben Sie sich mal infor­miert, wie dra­ko­nisch Gast­ar­bei­ter in den UAE zum Teil bestraft wer­den? Nein, haben Sie nicht. 

    Ver­ste­hen Sie mich bitte nicht falsch. Katar hat in vie­len Punk­ten Kri­tik ver­dient. Und Katar hat sich mit der WM-Aus­rich­tung selbst frei­wil­lig ins Schau­fens­ter gestellt, dann muss Katar nun auch aus­hal­ten, das genauer hin­ge­schaut wird. Unin­for­mier­tes Nach­plap­pern von Fake News hilft aber nie­man­dem weiter.

    1. Lie­ber Guido,
      herz­li­chen Dank für die Mühe, die sich sich mit Ihrer Ant­wort an Andreas Moser mach­ten. Welch kon­struk­tive Dis­kus­sion Sie damit anstup­sen – falls Katar-Geg­ner bereit sind, beim „Nach­plap­pern von Fake News“ inne zu hal­ten. Auch mir als Autorin haben Sie damit ein Geschenk gemacht, weil ich zukünf­tig die genannte Stu­die zitie­ren kann, wenn das Katar-Bas­hing wie­der ein­setzt. Ich habe bei mei­ner Reise ins Land intui­tiv gespürt, was Sie mit Zah­len und Fak­ten dar­le­gen. Ich wünschte, es gäbe mehr Kom­men­tare wie Ihren im Netz. Es ist so ein­fach, empört anzu­kla­gen. Viel schwe­rer ist es dage­gen, andere Aspekte gel­ten zu las­sen. Nach­zu­for­schen, wo in unse­rer Kul­tur etwas im Argen liegt. Lie­gen könnte. Was wahr ist. Oder auch nur über den Tel­le­r­and zu schauen. Bezie­hungs­weise in Katars Fall: Über den Bau­zaun zu blicken.

    2. Sigi Sausewind says:

      Hallo Guido,

      das Spon­se­ring-Sys­tem für Gast­ar­bei­ter hat mich sehr beein­druckt. Es wäre schön, wenn Sie das in Deutsch­land ein­mal publik machen wür­den. Obwohl man hier ja schon seit 40 Jah­ren nicht mehr von Gast­ar­bei­tern spricht.
      Sicher­lich kann man in die­sem Punkt Katar nicht mit der BRD ver­glei­chen, denn hier tra­gen die ein­kom­men­steu­er­zah­len­den Men­schen die Haupt­last und keine spru­deln­den Ölquel­len (BRD-weit gese­hen, auf der Kom­mu­nal­ebene ist es natür­lich die Gewerbesteuer). 

      Das Spon­se­ring-Sys­tem wäre auch ein Schritt in Rich­tung Inte­gra­tion und Ver­ant­wor­tung. Grup­pen­bil­dun­gen- und aus­ein­an­der­set­zun­gen, ein Neben­ein­an­der-her-leben wäre so kaum mehr möglich. 

      Wäre schön, wenn Sie das in der BRD an die Öffent­lich­keit brin­gen könn­ten. Ich habe hier zum ers­ten Mal etwas dar­über gele­sen und würde gerne mehr hören.

  31. Ach, wie schön! Alles glit­zert und glänzt, die Bau­ar­bei­ter sind glück­lich, die Frauen sind glück­lich, dass sie sich ver­hül­len dür­fen, es gibt Kunst und Bil­dung, deut­sche Kühe, und die WM wird natür­lich super.

    Nur ein paar Dinge feh­len in einem Bericht, der sich jour­na­lis­tisch, wenn auch rei­se­jour­na­lis­tisch nennt:
    – Es sind schon Hun­derte an Bau­ar­bei­tern für die Fuß­ball-WM gestorben.
    – Aus­län­di­sche Bau­ar­bei­ter dür­fen wei­ter­hin ohne Zustim­mung des Arbeit­ge­bers das Land nicht ver­las­sen. Erin­nert ein wenig an Skla­ve­rei, nicht wahr? Ins­be­son­dere bei den Haus­an­ge­stell­ten führt diese Zwangs­lage oft zu sexu­el­lem Missbrauch.
    – Aus­län­di­sche Arbei­ter dür­fen kei­nen Gewerk­schaf­ten angehören.
    – Die ach so glück­li­chen Frauen haben im Fami­li­en­recht, im Erbrecht und im Staats­bür­ger­schafts­recht nicht die glei­chen Rechte wie Män­ner. Frauen, die nicht­ehe­lich schwan­ger wer­den, kom­men ins Gefäng­nis, bis sie den Vater des Kin­des heiraten.
    – Die deut­schen Kühe muss­ten impor­tiert wer­den, weil die Nach­bar­staa­ten ein Embargo gegen Katar ver­hängt haben. (Das ist aus­nahms­weise nicht die Schuld Katars, aber man könnte sol­che Zusam­men­hänge schon erklären.)
    – Homo­se­xua­li­tät ist in dem ach so moder­nen Land strafbar.

    „Mär­chen­haf­ter Reich­tum“? Wohl eher Reich­tum basie­rend auf der Aus­beu­tung von Arbei­tern aus Nepal und Bangladesh.

    Nor­ma­le­rewise gibt es bei den Rei­se­de­pe­schen ganz gute Arti­kel, die über das Sonne-Strand-alles-ist-schön-bla-bla der meis­ten Rei­se­blogs hin­aus­rei­chen. Aber hier habt Ihr Euch einen PR-Arti­kel unter­ju­beln lassen.

    1. Lie­ber Andreas Moser, ich ver­stehe Ihre Kri­tik. Es erscheint so leicht, dem Katar-Bas­hing zu fol­gen. Ich emp­finde das als unge­recht. Las­sen sie mich erklä­ren: Es gibt auch ziem­lich viel Deutsch­land-Bas­hing welt­weit. Ein bra­si­lia­ni­scher Freund, der seit Jahr­zehn­ten in Mün­chen lebt, erzählt, dass er beim jähr­li­chen Besuch in sei­ner alten Hei­mat Rio (nach sei­nen Wor­ten „einem der gefähr­lichs­ten Fle­cken Bra­si­li­ens“) jedes Mal von sei­nen Lands­leu­ten vor der Rück­kehr nach Deutsch­land gewarnt wird. Aus­län­der wür­den sadis­tisch ermor­det, Asyl­be­wer­ber­heime ange­zün­det, Flücht­linge kom­men grund­los ins Gefäng­nis und unter mys­te­riö­sen Umstän­den zu Tode. Die Deut­schen seien halt meist noch immer Nazis. Und die­ses wenig schmei­chel­hafte Bild, das aus­län­di­sche Medien ver­mit­teln, bestä­ti­gen mir auch Freunde aus den USA, aus Israel, den Nie­der­lan­den und Neu­see­land, um nur einige zu nen­nen. Ist es in Deutsch­land wirk­lich so? Was mei­nen Sie? Fakt ist: Bezüg­lich Katar füh­len wir uns im Wes­ten die­sem mit­tel­al­ter­li­chem Staat mora­lisch über­le­gen. Katar ist eine lupen­reine Dik­ta­tur, daran gibt es keine Zwei­fel. Auch ich bin mit Vor­ur­tei­len hin­ge­reist. Was mich stört ist, dass es so viele andere Staa­ten gibt, die genauso zu kri­ti­sie­ren wären. Aber immer zei­gen alle nur ankla­gend auf Katar, sobald mal etwas Posi­ti­ves über das Land gesagt wird; wenn etwas zu Spra­che kommt, das nichts mit der Aus­beu­tung von Bau­stel­len-Arbei­tern zu tun hat. Oder dass sich Gast­ar­bei­ter dort wohl füh­len. Alle Punkte, die Sie zu Recht auf­zähl­ten, kön­nen vie­len ande­ren Län­dern vor­ge­wor­fen wer­den, die wir berei­sen. Auch auf den Bau­stel­len für die WM in Russ­land gab es Gast­ar­bei­ter, die töd­lich ver­un­glückt sind, ebenso in Bra­si­lien und sogar in Europa, als die Olym­piade in Grie­chen­land 2004 statt fand. Ja, selbst auf den Bau­stel­len unse­rer Haupt­stadt Ber­lin sind etli­che Bau­skan­dale auf­ge­flo­gen, wo Bau­ar­bei­ter aus­ge­beu­tet und Unfälle ver­tuscht wur­den. Homo­se­xua­li­tät ist in den meis­ten Län­dern des Glo­bus ein Pro­blem. Das Urlaubs­pa­ra­dies Jamaica bei­spiels­weise gilt als eines der schwu­len­feind­lichs­ten Län­der der Welt. Frauen wer­den welt­weit unter­drückt und benach­tei­ligt. Ich wollte mit mei­nen – zuge­ge­ben sehr per­sön­li­chen – Ein­drü­cken die mir meine Zufalls­be­kannt­schaft ermög­lichte – einen Gegen­pol set­zen. Zum Inne­hal­ten. Nach­den­ken. Ist in unse­rer Kul­tur der Schlankheits‑, Fit­ness- und Jugend­wahn nicht auch Skla­ve­rei? Es gibt in Katar vie­les, das vor­bild­lich funk­tio­niert, z.B. unglaub­lich viele Bil­dungs­pro­gramme für die Jugend. Und auch die Gast­ar­bei­ter­kin­der sind da mit ein­be­zo­gen, kön­nen kos­ten­frei Musik­un­ter­richt erhal­ten. Alle Museen sind gra­tis, ob für Kata­ris, Gast­ar­bei­ter oder Tou­ris­ten. Ich könnte mir vor­stel­len, dass von einem Land wie Katar eine Auf­bruch­stim­mung aus­ge­hen kann, die diese kri­sen­ge­schüt­telte Region mit­reißt. Die dem Mitt­le­ren Osten gut tut. Und damit auch dem Nahen Osten. Ich wollte vom gro­ßen Zukunfts­op­ti­mis­mus die­ses Lan­des erzäh­len und dass mich die Gast­freund­schaft von mei­ner kata­ri­schen Freun­din Waad und ihrer Fami­lie ver­zau­bert hat. Ich hoffe sehr, dass die­ser Zwerg­staat sich unse­ren Wer­ten öff­net. Ich wün­sche mir zugleich, dass wir im Wes­ten bereit sind, neu­gie­rig auf diese so völ­lig andere Kul­tur zuzu­ge­hen. Die guten Sei­ten erbli­cken, die der Reich­tum ermög­licht. Und nicht immer nur ver­teu­feln. Katar wurde in sie­ben Jahr­zehn­ten von der Stein­zeit in die Zukunft kata­pul­tiert. In Europa hat die Ent­wick­lung vom Mit­tel­al­ter bis in die heu­tige Demo­kra­tie sie­ben Jahr­hun­derte gedau­ert. Ver­ges­sen wir das nicht. Ich glaube, wir könn­ten von­ein­an­der ler­nen und pro­fi­tie­ren. Viel­leicht wer­den Sie Katar irgend­wann ein­mal selbst berei­sen und sich einen per­sön­li­chen Ein­druck ver­schaf­fen? Ich wäre sehr neu­gie­rig, wie Sie das Land dann erleben.

    2. lie­ber andreas moser, waren sie schon mal in katar? um ehr­lich zu sein kling es nicht so. da wirkt karin loch­ner glaub­wuer­di­ger. zumal recher­che nicht ihre staerke zu sein scheint. in dem zusam­men­hang wuerde mich mal die quelle zu den hun­der­ten toten bau­ar­bei­ten interessieren.
      liebe gruesse petwr von felbert

    3. Tania Fecht says:

      Hallo Herr Moser,
      ich lebe seit 6 Jah­ren gerne in Qatar und arbeite dort als Rei­se­füh­re­rin. Ich bin es auch echt leid, dass immer nur auf die­sem klei­nen Land her­um­ge­hackt wird! Es gibt unglaub­lich viele Dinge, die schö­ner und bes­ser sind als mitt­ler­weile in Europa. Die unglaub­li­che Gast­freund­schaft die­ses Lan­des fas­zi­niert mich täg­lich aufs Neue! Ja, es gibt einige Dinge, die ich nie verstehen/​ akzep­tie­ren kann, aber das gibt es sicher­lich in jedem Land!
      Kom­men Sie doch mal zu Besuch und las­sen Sie sich verzaubern.…

      Danke liebe Frau Loch­ner, für den schö­nen Bericht!
      Viele Grüße 

      Tania Fecht

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