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Und dann ist da diese Mauer

Es dau­ert nicht lang bis man von Jeru­sa­lem aus an der Mau­er ankommt. Die­se rie­si­ge Mau­er, die Isra­el als Sperr­an­la­ge zum West­jor­dan­land hin erbaut hat.

Bei genauerem Schauen, kann man die Mauer sehen, wie sie die Autobahn teilt und sich ins Land rein arbeitet. Bei genaue­rem Schau­en kann man die Mau­er sehen, wie sie die Auto­bahn teilt und sich ins Land rein arbei­tet.

Ich erin­ne­re mich noch an die Mel­dung 2003, als ich dach­te, ach das kön­nen die doch nicht machen. Doch sie kön­nen. Ganz fer­tig ist die Sperr­an­la­ge immer noch nicht, dran gebaut wird aber lei­der immer noch. Und im Gebiet zwi­schen Jeru­sa­lem, Beth­le­hem und Ramal­lah steht da schon die­ses rie­si­ge Mons­trum. Die Ber­li­ner Mau­er wirkt klein dage­gen.

Mauer Westjordanland Streetart

Mauer Westjordanland Streetart-3474

israel-mauer-streetart

Mauer Westjordanland Streetart

Mauer Westjordanland Streetart

Wir sind die Mau­er ein Stück ent­lang gefah­ren, gemein­sam mit Fred Schlom­ka von den Green Oli­ve Tours. Und was wir dabei sehen und ler­nen, hät­te ich so nicht erwar­tet.
Die­ser Beton­wall teilt nicht nur ein Gebiet, er teilt Stra­ßen, er teilt auch paläs­ti­nen­si­sche Wohn­ge­bie­te will­kür­lich in der Mit­te und er bil­det Ghet­tos.

Isralische Sperranlage

Es gibt im Groß­raum Jeru­sa­lem bereits schon drei paläs­ti­nen­si­sche Vier­tel, die kom­plett von der Mau­er ein­ge­schlos­sen sind. Ich als neu­tra­le Per­son darf bei­de Sei­ten der Mau­er betre­ten, kom­me durch Zugangs­schran­ken und auch wie­der zurück. Für Paläs­ti­nen­ser, die das zufäl­li­ge Pech hat­ten auf der fal­schen Sei­te zu woh­nen, ohne zu wis­sen, wel­ches die rich­ti­ge Sei­te sein könn­te, ist es mit der Bewe­gungs­frei­heit vor­bei.
Sie dür­fen ihr ummau­er­tes Vier­tel nur mit beson­de­rer Geneh­mi­gung ver­las­sen, die nur der israe­li­sche Staat aus­stel­len kann. So eine Geneh­mi­gung bekommt man zum Bei­spiel, wenn man für eine israe­li­sche Fir­ma im West­jor­dan­land arbei­tet. Rich­tig, im West­jor­dan­land gibt es israe­li­sche Fir­men. Es hat Vor­tei­le dort ange­sie­delt zu sein – und zwar die bil­li­gen paläs­ti­nen­si­schen Arbeits­kräf­te. In Isra­el hin­ge­gen gibt es einen gesetz­lich fest­ge­leg­ten Min­dest­lohn.

Das West­jor­dan­land gehört ja nicht offi­zi­ell zu Isra­el, und die Paläs­ti­nen­ser sind auch kei­ne israe­li­schen Staats­bür­ger und unter­lie­gen daher nicht den israe­li­schen bür­ger­li­chen Geset­zen. Die Geneh­mi­gung sein Ghet­to ver­las­sen zu dür­fen wird aus­ge­stellt für die jewei­li­gen Arbeits­ta­ge zu den fest­ge­setz­ten Arbeits­stun­den. Mehr auch nicht, denn Paläs­ti­nen­ser haben auf israe­li­schem Gebiet nichts zu suchen.

Israelische Sperranlage

Wir haben natür­lich Israe­lis gefragt, was sie von die­ser Mau­er hal­ten. Und doch nicht weni­ge begrü­ßen die­se Sperr­an­la­ge und füh­len sich seit­dem siche­rer. Was mir völ­lig absurd vor­kommt, denn die Mau­er ist ja nicht fer­tig und wer will fin­det genü­gend Pas­sa­gen ohne Mau­er und Grenz­pos­ten, um auf israe­li­sche Sei­te zu gelan­gen.
Die Mau­er mag psy­cho­lo­gisch als Schutz­wall gegen den Ter­ro­ris­mus wir­ken, scheint mir aber eher eine phy­sisch ein­be­to­nier­te Okku­pa­ti­ons­li­nie zu bil­den, durch die Isra­el lang­sam aber ste­tig sein Gebiet Rich­tung Osten erwei­tert. Denn die Mau­er ver­läuft zu 80% durch das West­jor­dan­land und nicht auf der Gren­ze.

Aida Flüchtlingslager

Westjordanland-Flüchtlingslager

Direkt an der Mau­er zwi­schen Jeru­sa­lem und Beth­le­hem liegt auch ein Flücht­lings­la­ger (auf paläs­ti­nen­si­scher Sei­te), dass ich als sol­ches gar nicht erkannt hät­te, weil es kein pro­vi­so­risch gebau­tes Zelt­la­ger ist – nicht mehr ist. Das Flücht­lings­la­ger AIDA exis­tiert näm­lich schon seit 1948/​1950. Und irgend­wann haben die Flücht­lin­ge ange­fan­gen fes­te Behau­sun­gen zu bau­en.

Westjordanland-Flüchtlingslager Der Schlüs­sel als Sym­bol für das Rück­kehr­recht der ver­trie­be­nen Paläs­ti­nen­ser.

Westjordanland-Flüchtlingslager

Westjordanland-Flüchtlingslager

Westjordanland-Flüchtlingslager

Westjordanland-Flüchtlingslager

Siedlungen, so weit das Auge reicht

Die umstrit­te­ne Sied­lungs­po­li­tik der israe­li­schen Regie­rung ist auch nicht zu über­se­hen. Teil­wei­se fah­ren wir durch fer­ti­ge, bewohn­te Sied­lun­gen mit­ten im West­jor­dan­land, mit­ten in der Wüs­te, die eine blü­hen­de Vege­ta­ti­on und mono­to­ne Stadt­struk­tu­ren vor­wei­sen kön­nen.

Israelische Siedlung im Westjordanland

Israelische Siedlung im Westjordanland

Teils sieht man ange­fan­ge­ne Bau­stel­len oder frisch abge­steck­te neue Gebie­te, weit ent­fernt von der israe­li­schen Gren­ze.

Israelische neue Siedlung Westjordanland

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Antworten

  1. Avatar von Caro

    Hey Mari­an­na, span­nen­der Blog­bei­trag, der gut ver­mit­telt, wie man die Mau­er als Besu­cher der paläs­ti­nen­si­schen Gebie­te wahr­nimmt und wie schwie­rig es ist, zu ver­ste­hen, war­um der schlei­chend anhal­ten­de Land­raub der Israe­lis so sank­ti­ons­los fort­schrei­ten kann. Auch inter­es­sant, dass du Israe­lis zu der Mau­er befragt hast. Ich war gemein­sam mit Cari­tas inter­na­tio­nal auch vor Kur­zem in beth­le­hem & im gesam­ten West­jor­dan­land. Schau mal rein: http://blog-caritas-international.de/2019/06/24/reise-durchs-westjordanland-wenn-das-leben-trotzdem-stattfindet/

    1. Avatar von Marianna Hillmer

      Lie­ben Dank für den Link! Sehr span­nend.

  2. Avatar von Alex

    Inter­es­san­ter und span­nen­der Bei­trag. Toll vor allem, dass Rei­se­be­rich­te nicht immer nur die Son­nen- und Strand­sei­ten des Lebens the­ma­ti­sie­ren müs­sen, son­dern sich auch mit sozia­len oder poli­ti­schen Aspek­ten der Rei­se­län­der aus­ein­an­der­set­zen kön­nen. Letzt­lich gilt aber: »Die Mau­er muss fal­len, … ».

    Bes­te Grü­ße

    geschrie­ben mit licht

    http://geschriebenmitlicht.wordpress.com/

    1. Avatar von Marianna Hillmer

      Freut mich, Alex, dass dich die­ser Aspekt auch inter­es­siert. Mich näm­lich auch. Und dan­ke natür­lich für das Lob . VG

    1. Avatar von Marianna Hillmer

      Werd ich mal rein­schau­en. Dan­ke für die Emp­feh­lung.

  3. Avatar von Martin
    Martin

    Dan­ke für eine wah­re Vor-Ort Geschich­te. Ein­fach nur ekel­haft was da abgeht.

    1. Avatar von Marianna Hillmer

      Ja, lei­der gibt es nicht nur posi­ti­ve Din­ge beim Rei­sen zu berich­ten.

  4. Avatar von Mandy Raasch via Facebook

    Hach schööööön! Mor­gen geht mein Flug nach Isra­el. 🙂

  5. Avatar von Wolfgang Käseler via Facebook
    Wolfgang Käseler via Facebook

    Wun­der­bar. Ich lie­be die­se Aus­ge­wo­gen­heit. Zwi­schen Text und Bil­dern. Sehr schön… 😉

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