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Mehrere Anläufe hatte ich gebraucht, um diese Reisen nach Nordkorea überhaupt antreten zu können. Nach einigen Jahren intensiver journalistischer Auseinandersetzung mit dem brutalen Korea-Krieg und der daraus resultierenden Teilung der Koreanischen Halbinsel in zwei Welten, sollte ich 2015 auf Einladung des heutigen Ehrenpräsidenten der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft, Hartmut Koschyk, eine Bundestagsdelegation nach Nordkorea begleiten – als damals einziger Reporter. Ein Traum. Bis zum Tage des Abflugs hatte mich die nordkoreanische Seite allerdings gezielt im Unklaren gelassen, ob ich nun ein Visum bekommen würde oder nicht. Briefe auf hoher diplomatischer Ebene spielten Pingpong zwischen den Botschaften von Berlin und Pjöngjang. Letztlich blieb ich zu Hause – reine Schikane also – und der Besuch der Bundestagspolitiker begann mit einem Eklat. Offenbar stand ich dann auch aufgrund meiner regelmäßigen Publikationen über die Lage in der Kim-Dynastie auf einer entsprechenden Liste, denn der ständige Versuch, endlich ein Visum zu bekommen, blieb stets erfolglos. Aber wie annähernd über eine total isolierte Region fundiert berichten, in die man noch nie zuvor auch nur einen Fuß gesetzt hat? Am Ende war es dann wie so oft im Leben: man muss die richtigen Leute kennenlernen. Ich hatte also Glück.
Als ich die Fotografin Xiomara Bender für ein Interview zu ihrem mich visuell überraschenden Nordkorea-Bildband “The Power of Dreams” traf, eröffnete sich mir ein ganz anderer Zugang zu meinem journalistischen Lieblingsthema – der nun schon 71 Jahre alten Diktatur. Xiomara fotografiert seit 2011 regelmäßig in Nordkorea, kennt das Land mittlerweile fast auswendig, aus allen Blickwinkeln und mit all’ seinen Facetten. Durch ihren Vater Andreas Bender, der weltweit als Reiseführer für eher ungewöhnliche Reiseziele operiert und als einer der ersten Deutschen eine Reiseleiterlizenz für Nordkorea seitens des kommunistischen Regimes erhielt, kann sich Xiomara auf ein seit über 30 Jahren quasi gegenseitiges Vertrauensverhältnis zwischen ihrer Familie und der nordkoreanischen Tourismusbehörde verlassen, welche die strikte Aufgabe verfolgt, alle Ausländer im Land zu kontrollieren und währenddessen mit mindestens zwei sogenannten Reiseführern auf Schritt und Tritt zu begleiten. Dank Xiomaras Vater bekam ich nun ganz problemlos ein Visum für Nordkorea und begleitete Sie zwei Mal in 2018 in das Land am Ende der Welt, trotz dessen, dass die nordkoreanische Seite natürlich wusste, dass ich als Journalist und weniger als Tourist operieren würde. Aber offenbar bekam ich das Prädikat „harmlos“ verliehen.
Und ja, Nordkorea hat sich in den letzten Jahren geöffnet, natürlich auch des Geldes wegen, welches das von Sanktionen total gehandicapte, ärmliche Land auch so bitter nötig hat. So bin auch ich letztlich nur ein Devisen-Bringer für das Unrechtsregime. Dessen muss sich jeder Nordkoreareisende bewusst sein. Schließlich brachte mein Aufenthalt je Einreise den nordkoreanischen Staat etwa 2500 Euro ein. Ein teures Unterfangen also. Vom Abflug (von Peking oder Shanghai) an übernimmt die staatliche Tourismusbehörde die Kontrolle. Sie legt Hotels, Restaurants und Zeitpläne fest. Wirklich Ruhe vor den “Guides” hat man erst, wenn man von jenen im “Ausländerhotel” abgegeben wird und es hinter einem die Türen schließt. Ein Gefängnis light, denn auf eigene Faust darf man es nicht verlassen. Zudem bleiben individuelle Wünsche (Reiseroute, Abläufe) bis zuletzt unbeantwortet oder im Vagen. Obgleich sie Alles in ihrer Macht Stehende versuchen, um Gäste zufriedenzustellen. Das liegt in der Mentalität der Koreaner.
Für Touristen, die nicht wie ich journalistisch tätig sind, ist der Visa-Antrag heutzutage problemlos. So waren während meines ersten Aufenthalts anlässlich der Feierlichkeiten zu 70 Jahren Nordkorea im September 2018 so viele Ausländer im Land wie niemals zuvor. Der Großteil davon Chinesen, für die Nordkorea wie eine Kolonie, vor allem aber ein Abhängigkeitsstaat ist. Und so führen sie sich vor Ort auch auf. Kim Jong-un plant mit nahezu einer Million chinesischer Touristen im kommenden Jahr, vermelden Nordkorea-Analysten. Wie das in der Praxis aussehen soll, bleibt mir ein Rätsel. Für viele Chinesen ist ein Nordkorea-Trip eine Reise in die eigene maoistische Vergangenheit, inklusive Kontrolle und Gängelung. Viele sind nur bedingt an den Kulturreisen durchs Land interessiert, sondern wollen in die neu gebauten Spa-Hotels oder in die Skigebiete, die allesamt fernab liegen und gut zu kontrollieren sind. Aus nordkoreanischer Sicht bedeutet „perfekter Tourismus“, wenn Gäste kommen, die ihr Geld mitbringen – und ansonsten gut abschirmbar im Hotel oder einem isolierten Gebirge bleiben.
Leer und sonderbar zart
Meine ersten Gedanken vor Ort waren: diese große Leere, das Nichts zwischen den Gebäuden und Menschen und diese uniformen aber zarten, fast zerbrechlich wirkenden Wesen, die mich durch ihre Erscheinung, die aufrichtig und unbehelligt schien, sogleich in einen Bann zogen. Sie kamen mir verwandt vor, aber ebenso wie Außerirdische von einem fernen, unbekannten Planeten. Oder war ich selbst derjenige, welcher sich hierher verirrt hatte, von einem nebulösen – klassenverfeindeten – Himmelskörper kommend? Ich kann es bis heute nicht benennen, so skurril erscheinen die jeweiligen, gegensätzlichen Wahrheiten, wenn der Rest der Welt – wie ich – auf Nordkorea trifft. Und dann dieses Gefühl, wie in einem Bernstein eingeschlossen zu wandeln, Besucher einer konservierten Kultur zu sein. Zu Gast in einer Apparatur, in welcher Denunziation und strikte Überwachung herrschen, Deportationen und Machtmissbrauch zur Tagesordnung zählen und kaum Individualität möglich ist, bzw. als Entfaltungsform der eigenen Biografie völlig unbekannt sein muss. Zwei ganze Generationen schon kennen es nicht anders. Wie auch? Wie unter einer Glocke erscheint mir hier das Leben, draußen Unmengen Wasser, drinnen ein wenig Luft zum Atmen. Sie wissen es einfach nicht besser. Vielleicht ist Nordkorea die Tiefsee unter den Ländern der Erde. Kaum Licht dringt ein. Kein Internet, keine Mode, keine Popkultur, keine Pornografie, kein Hollywood, kein Ami auf dem Mond, keine Droge, keine Verheißung, keine Möglichkeit der freien Entscheidung. Die Gespräche mit Bruce Lee (so nannte sich einer unserer Aufpasser), welcher ein sehr gutes Deutsch beherrschte, stießen immer wieder auf eine Wand aus Unwissenheit. “Die Beatles? Noch nie gehört!”
Ein Hauch von Nostalgie
Auf einer der breiten, endlos wirkenden Straßen der 3‑Millionen-Metropole Pjöngjang, mit den weitläufigen Sichtachsen entlang der in Pastelltönen angemalten Prachtbauten, fährt ein älteres Mercedes-Modell und ein japanischer Kleinbus auf verschiedenen Spuren in die gleiche Richtung. Die Straßeninfrastruktur einer Großstadt mit dem Verkehrsaufkommen eines Dorfs in Deutschland. Eine Gruppe von Frauen – in einer Art Uniformierung – absolviert einen Appell am Straßenrand. Zu allen Himmelsrichtungen die betonierten Flure für Aufmärsche und Versammlungen von – wie symptomatisch für Nordkorea – sorgfältig organisierten Menschenmassen. So viel Raum und Platz. Eine Hauptstadt mit der Atmosphäre einer Filmkulisse oder einer Modelleisenbahnwelt. Alles erscheint akkurat und auf eine Weise künstlich, obgleich dieser Anschein (und so ein Großteil des abgeschotteten Landes) einer einzigen Inszenierung gleicht. Nach den Plänen und der Ideologie der Führer der Kim-Dynastie. Den drei Göttern Nordkoreas.
Es sind Erinnerungen, welche mich während meiner Aufenthalte in Nordkorea heimsuchen und das Reisen durch eine seltene Welt – vielleicht die Letzte ihrer Art – zu einer intensiven Empfindung haben werden lassen. Ich kannte die Symmetrien bereits von irgendwoher. Manche Farben, auch Gerüche, vielleicht auch die Mode mit ihren strengen Schnitten, kamen mir bekannt vor. Ganz bestimmt aber die Pjöngjanger Straßenbahnen, denn die roten Tatra-Wagen aus der ehemaligen Tschechoslowakei, ruckeln durch die Hauptstadt der Kim-Diktatur, als sei ich auf einer Zeitreise durch meine eigene Kindheit in der DDR. Auf vielleicht denselben Sitzschalen saß ich in Dresden auf dem Weg in den Kindergarten, in welchem wir uns auf den gleichen Metallklettergerüsten die Knie und Köpfe aufschlugen. Das Irgendwoher in meinem Kopf war meine eigene Vergangenheit. Hier wurde sie wieder lebendig. Sehr schnell kam dieses Gefühl einer Rückkehr in mir auf, obgleich mein Unterbewusstsein sehr wenig mit der kulturellen Realität vor Ort abgleichen konnte. Aber die Idee von der sozialistischen Stadt, die erkannte ich sofort wieder.
Zerschmetternde Klischees
Ich konnte mir vor Reiseantritt nur schwer vorstellen, wie frei und uneingeschränkt Xiomara in der Kim-Dynastie fotografieren konnte, aber dem war so, ich konnte es hautnah miterleben. Ein Fakt, der Sie zu einer Chronistin des Wandels der Diktatur hat werden lassen. Und so konnte auch ich ungehindert herumknipsen. Wenn ich jetzt während des Schreibens an Nordkorea zurückdenke, erinnere ich mich vor allem immer wieder an ein zärtliches Gefühl den Menschen gegenüber. Auslöser vor Ort war zum Beispiel ein sonderbarer und berührender Moment zugleich. Eine warme Empfindung breitete sich ausgerechnet während einer Militärparade in mir aus. Erwartet hatte ich Waffen. Stählerne Kanonen und bedrohliche Raketen. Feindselige Prahlerei und frenetisch zelebrierte Propaganda. Eine Präsentation der angeblichen Macht hatte ich mir, dem Anlass gerecht, während meiner Reisevorbereitungen zu Hause ausgemalt. Vor allem aber rechnete ich mit Aggression und Hysterie – gegen die USA, den Imperialismus, die westliche Welt. Ganz böse und bewusst beängstigend wirkte es in meinen Gedanken vor und erschuf in mir gehörig Respekt vor dem erstmaligen Aufenthalt auf der Koreanischen Halbinsel. Wie sonst sollte die letzte, im wahrsten Sinne des Wortes übriggebliebene stalinistische Diktatur ihren runden Geburtstag zelebrieren? Und wie anders könnte ein Land Wirkung erzeugen, welches medial über Jahrzehnte hinweg als globale, sogar atomare Bedrohung in den Köpfen der meisten Menschen weltweit eingenistet wurde? So assoziiert man mit dem Namen Nordkorea zuallererst Angst, Beklemmung, Unterernährung und eine vergleichslose Traurigkeit, welche die unterdrückte Bevölkerung ausstrahlen muss – glaubt man der Berichterstattung.
Doch es sollte der friedvollste, fröhlichste und bunteste Aufmarsch sein, den ich bisher erleben sollte. Und so stand ich also da, neugierig und erstaunt, inmitten einer dieser typischen, ausladenden und ellenlang geraden Prachtstraßen Pjöngjangs. Währenddessen rollten die Lastwagenkonvois mit offener Ladefläche, auf der sehr junge, zierliche Soldaten und Soldatinnen jubelten, zu meinen beiden Seiten an mir vorüber. Sie hielten Luftballons, anstatt Gewehren in ihren Händen und sie winkten ungeniert und lachten fast kindlich zu der Menge an hübsch herausgeputzten Nordkoreanern am Straßenrand, welche ihrerseits je Konvoi ein herzliches Danke ausriefen. Die Frauen in traditioneller, bonbonfarbener Tracht, die Männer mit schlichten Krawatten und in grautönigen Sakkos.
Es war ein Klischee-zerschmetterndes Bild, wie die aus Sowjetzeiten stammenden LKW auf mich zurollten und ausgelassene Freude, statt Zorn transportierten. Ich stand da allein auf weitem Asphalt, keiner der zahlreichen Polizisten, Ordnungshüter oder einer unserer beiden obligatorischen Aufpasser hatten mich daran gehindert, die Menschenmenge zu durchbrechen und einfach auf die Fahrbahn zu treten. Ich glaube in diesem Moment war die Kontrolle über uns verlorengegangen, denn ein jeder aus unserer Gruppe verschwand für einige Augenblicke in der Menge der jubelnden Nordkoreaner. Und so reckte ich meine Hand mal links mal rechts aus, zu den Händen der vielleicht jüngsten Garde der nordkoreanischen Armee. Die zierlichen Handflächen schlugen von oben auf die meine, welche ich ihnen von unten entgegenhielt. Hunderte vorbeifahrende Blicke konnte ich so erhaschen. Manche der gegenseitigen Berührungspunkte konnte ich für Sekunden festhalten, indem sich mein Blickfeld mit dem jeweiligen Kopf auf dem Konvoi mitdrehte. Aus dem kurzen Klatschen wurde so fast ein sehnsüchtiges, beiderseitiges Hinterherschauen. So hielt ich manchen Gesichtsausdruck in meinen Gedanken fest und nahm diese Form der Eindringlichkeit und Berührung mit mir zurück nach Hause, gen Deutschland, in die Freiheit. In eine andere Welt, so weit weg wie der Mond und seine erdabgewandte, dunkle Seite. Denn ich war hier der Voyeur, welcher unerreichbar hinter den Mauern, Landminen und Stacheldrähten, jenseits der Abschottung, eigene Eindrücke sammelte. Und eben Gesichter, die ich so zuvor noch nirgendwo gesehen hatte und denen ich nicht näher kam, als mit meinem eigenen Lächeln. Gesichter, die ein bisschen stolz, ein bisschen gutgläubig, schmächtig, etwas schüchtern, liebevoll und vor allem eines ausstrahlten: Würde und Güte.
Formation und Gemeinschaft
Diese altertümliche Bescheidenheit und Einfachheit begegnete mir sowohl in der Hauptstadt, als auch auf dem Land, in den Dörfern, in den Fabriken und landwirtschaftlichen Genossenschaften, am Meer wie im Gebirge. Ein Kleinbus fuhr uns holpernd und scheppernd in die Hafenstädte Wonsan und Hamhung im Nordosten. Dazwischen Felder, Ebenen und Hügel – aber vor allem landwirtschaftliches Gewusel. Alle Kraft für die genossenschaftliche Produktion. Ein Eindruck dominierte meine Wahrnehmung dabei immer wieder: Das Auftreten in Formationen und immerzu in Gemeinschaft. Ob bei der Maisernte, beim Tai Chi am Flussufer des Taedong, bei gymnastischen Übungen oder Tanzeinlagen am Straßenrand der pseudo-modernistischen Hauptstadt, welche vor allem den sogenannten Privilegierten vorbehalten ist – also den Parteitreuen. Niemand erscheint allein, entscheidet allein nach seinem eigenen Gefallen oder hegt auch nur irgendeine denkbare, vergleichsbare Freiheit, wie wir sie kennen und um deren Verwirklichung wir uns ereifern. Dieses Wissen schwingt ständig im Hinterkopf mit und trübt das romantische Erscheinungsbild, die sonst ursprüngliche Natürlichkeit des Anblicks.
Den absoluten Superlativ dieser Gruppendynamik stellt das Arirang-Festival dar, welches ich im »Stadion Erster Mai« in Pjöngjang zur Premiere anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten erleben konnte. Eine akribisch perfektionierte Inszenierung der siebzigjährigen Geschichte Nordkoreas, eine gewaltige Choreografie abertausender Akrobaten, Tänzer, Athleten, Musiker und Kindergruppen. In einer Synchronität jenseits von etwas je Gesehenem, von welcher hiesige Choreografen nur träumen können. In einer Ästhetik und Epik welche man mit jener einer Leni Riefenstahl vergleichen kann – allerdings in Farbe. Die Organisation von Massen beherrscht wohl kaum ein anderes Land derartig optimiert und konditioniert, wie es die Ideologie der Kim-Dynastie seinen Untertanen durch Drill und Disziplinierung auferlegt hat. Und so offenbarte sich vor mir eine noch nie erlebte Dramatik, ein Schauspiel, welches seines Gleichen sucht. Die Perfektion der Performance, der parallelen Bewegungen und Abläufe der etwa hunderttausend Beteiligten, beeindruckt mich bis heute. Unsere Tribüne war keine hundert Meter Luftlinie von der Herrscherloge entfernt, in welcher kein Geringerer als Kim Jong-un selbst, nebst seinen Getreuen, Platz genommen hatte. Ein sonores Raunen ging durchs weite Rund, des größten Stadions der Welt, mit einem Fassungsvermögen für etwa 150.000 Menschen, als der oberste Führer höchstpersönlich in Erscheinung trat. Gefeiert fast wie ein Messias, wie ein Enkel Gottes in jedem Falle, ihres Gottes. Denn sie wissen von keiner anderen Glaubensform. Doch was weiß ich, der eingebildete Freie? Das wird eine ganz andere Frage sein, bei welcher ich immer noch überlege, wie meine persönliche Antwort ausfällt.
Der Reisende wird gespiegelt
Doch so oder so: Nordkorea hält uns Westlern den Spiegel vor. Das Land am Ende der Welt ist schlicht und einfach das ganze Gegenteil dessen, was wir von hier, von Deutschland, von unserem Leben im Überfluss, kennen. Obgleich ich Erinnerungsrelikten meiner Kindheit in der Deutschen Demokratischen Republik überall begegnete. Die späten Achtziger sind hier noch allgegenwärtig. Mit den Plattenbauten in Reihe und Glied, den kleinen Büdchen, in denen es das Nötigste zu kaufen gib. Hier und da hüllte es mich immer wieder in eine nostalgische Stimmung. Zwei Male konnte ich Xiomara in dieses Land vor unserer Zeit begleiten und davon profitieren, dass Sie sich verhältnismäßig frei bewegen kann. So bilde ich mir ein, den ein oder anderen Blick hinter die Kulissen, an den Widersprüchlichkeiten vorbei, erhascht zu haben. Was an Eindrücken dominiert, fühlt sich absurd und auch befremdlich an. Aber ebenso bleibt eine unglaubliche, seltene Form der Schönheit jenseits der Uniformierung und Kollektivierung zurück.
Was nimmt man mit, zurück in die restliche Welt? Den festen Glauben daran, dass eine Wiedervereinigung Koreas möglich ist? Ja! Und ich wünsche es von ganzem Herzen! Behutsam und sensibel müsste es dann allerdings vonstattengehen. So fragil scheinen die Seelen der Menschen durch ihr Unwissen, ihre Unschuld. An einer Stelle der Reise wurde mir besonders mulmig zumute. Auch, weil man als Deutscher auf eine ähnliche Geschichte zurückblickt, dankbarerweise mit glücklichem Ausgang. Ich lief allein auf weiter Flur über ein paradiesisches Sandstück an der Ostküste Nordkoreas, die Sonne schien wie auf einer Urlaubspostkarte und ich blickte über das Japanische Meer, quasi in Richtung Freiheit. Viele Nussschalen verließen schon diese Küste. In der Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben – dabei ist die Küste Japans viel zu weit weg, viele Boote kentern oder die verzweifelten Flüchtlinge verhungern auf offener See. Wer Nordkorea als Nordkoreaner verlässt, muss es für immer tun, tot oder lebendig. Es gibt kein Zurück, so oder so. Zwei Tage später steige ich ganz selbstverständlich und privilegiert in den Flieger nach Peking. Keinen der Menschen, denen ich begegnet bin, werde ich sehr wahrscheinlich so schnell je wiedersehen.
Antwort
Ja.. Nordkorea ist ein Land für Reisende, die bereits viel von der Welt gesehen haben und etwas Außergewöhnliches suchen, ein Land, das man mit keinem anderen vergleichen kann..
MfG Kerstin
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