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I saw the bad moon rising

Sie gehö­ren zu Thai­land wie Mas­sa­gen, Tuk-Tuks und Pad Thai: Die legen­dä­ren Full Moon Par­tys auf Koh Pha Ngan. Doch am Vor­abend des „Bad Moon Rising“ bin ich ein­fach nicht hin­ge­gan­gen. Statt­des­sen nahm ich ein Boot rüber zur Nach­bar­insel, Pha Ngans ent­spann­ter Schwes­ter Tao. Doch Bruch­stü­cke der größ­ten Strand­party der Welt spül­ten trotz­dem an mein Ufer…

„Koh Pha Ngan! Koh Pha Ngan! Koh Pha Ngaaaaaaaaan!!!!“ ruft ein Junge mit ame­ri­ka­ni­schem Akzent, der aus­sieht, als gehöre er einer Bur­schen­ver­bin­dung an. Er rennt den schma­len Steg in der Mitte des Boo­tes ent­lang, Panik in den Augen. Zwei Fäh­ren ver­las­sen heute Abend den Pier in Surat Thani: Eine nach Koh Pha Ngan, Hei­mat der berühm­ten Full Moon Party, die mor­gen früh beginnt, und eine nach Koh Tao, Hei­mat von 51 Tauch­schu­len, Ten­denz stei­gend. Wenn ich mir die Pas­sa­giere auf bei­den Fäh­ren so anschaue, fühle ich mich wie­der wie damals in der Schule – die coo­len Kids sit­zen hin­ten im Bus, die Nerds sam­meln sich vorne. Ich sitze vorne, auf der Fähre nach Koh Tao, genauso wie der ame­ri­ka­ni­sche Bur­sche. Aber ums Ver­re­cken möchte der gerade nicht hier sein! Tat­sa­che, es ist ihm so ernst, dass er nun mit einem wag­hal­si­gen Sprung von der fah­ren­den Fähre wie­der auf den Pier hopst, wo er dann auf und ab läuft und völ­lig auf­ge­löst in die Nacht ruft: „Koh Pha Ngan! Koh Pha Ngan! Wo ist die scheiß Fähre nach Koh Pha Ngan?!“ Doch es ist zu spät. Die Fähre nach Koh Pha Ngan ist weg, genau wie seine Aus­sich­ten, die Rie­sen-Sause mitzuerleben.

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Dabei hatte er doch so viel Zeit, um sein Boot zu fin­den! Alle Pas­sa­giere hat­ten bereits Stun­den gewar­tet, bis beide Fäh­ren end­lich um 23.00 Uhr ableg­ten. Ich machte das Beste aus der Zeit, die mir gege­ben war: Ich ver­brachte sie mit drei Tür­ken aus Istan­bul, mit denen ich Raki trank und Shrimps satt in einem thai­län­di­schen Fisch­re­stau­rant ver­drückte. Der Raki war aller­dings nicht die beste Idee, denn ein Schwips war wenig hilf­reich bei dem was dann folgte…

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… Die schlimmste Boots­fahrt in der Geschichte aller Boots­fahr­ten. Nein, jetzt mal im Ernst: Ich dachte, ich würde das mit links hin­krie­gen, aber es gab Momente in die­ser Nacht, in denen ich tat­säch­lich um mein Leben bangte. Dabei fing alles so wun­der­voll an. Man stelle sich das mal vor: Ein altes, höl­zer­nes Boot schip­pert ent­lang eines ruhi­gen Kanals durch die ster­nen­klare Nacht, die Wel­len küs­sen sanft den Bug, wo ich sitze, war­mer Wind im Haar und eine sanfte Melo­die im Ohr – der per­fekte Beginn einer aben­teu­er­li­chen Reise auf eine Insel im Golf von Thailand…

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Doch zwei Stun­den spä­ter erwa­che ich in einer Ach­ter­bahn, mein Kopf stößt hart gegen die Boots­wand, meine Beine flie­gen durch die Luft, mein Magen dreht sich. Das Boot hat die süßen Gewäs­ser des Kanals hin­ter sich gelas­sen, jetzt sind wir auf hoher See und mein roman­ti­scher Kut­ter ist nicht mehr als eine win­zige Nuss­schale… oder viel­leicht eine Sar­di­nen­büchse, wenn man die Unter­brin­gung an Bord betrach­tet: Hun­dert Men­schen lie­gen eng anein­an­der gepresst und in der Löf­fel­chen-Stel­lung auf einer rie­si­gen Matratze, jeder ein­zelne ver­zwei­felt dar­auf kon­zen­triert, die Augen geschlos­sen zu hal­ten, um nicht zu brechen.

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Der höl­zerne Rah­men ächzt und kracht und als der fast volle Mond ein Licht­lein auf den thai­län­di­schen Golf wirft, beginne ich zu ver­ste­hen, dass die­ses Boot wahr­schein­lich schon über die sie­ben Welt­meere geschip­pert ist, als ich noch nicht mal gebo­ren war und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Nacht kommt, in der es ein­fach in der Mitte durch­bricht. Ich hoffe nur, dass heute Nacht nicht diese Nacht ist…Und Gott sei Dank, sie ist es nicht. Nach einer Ewig­keit erwa­che ich schließ­lich mit einem Lau­ten Knall. Am Ende muss ich doch ein­ge­schla­fen sein, Dank des tür­ki­schen Rakis! Bei Son­nen­auf­gang bumbst das Boot nun an den Pier von Koh Tao und der Frach­ter wird ent­la­den – zuerst die Eier, dann die Pas­sa­giere! Ich schnappe mei­nen Ruck­sack und springe eilig von der Hop­pe­tosse, bin erleich­tert, end­lich wie­der fes­ten Boden unter den Füßen zu haben – und werde zum Dank gleich von der Seite ange­schrien. Eine Horde Taxi­fah­rer steht groß ges­ti­ku­lie­rend vor mir und alle brül­len mich an wie Markt­schreier. „Koh Pha Ngan!!! Koh Pha Ngan!!! Boat to Koh Pha Ngan! Full Moon Party!“ Was?! Was wollt ihr alle von mir? Ich bin gerade erst ange­kom­men! Warum zum Teu­fel sollte ich gleich wie­der auf das nächste Boot hüp­fen wol­len, um auf die nächste Insel zu fah­ren? Alles, was ich will ist schla­fen und früh­stü­cken und mei­nen Brech­reiz los­wer­den! Also, kann mir bitte bitte ein­fach jemand hel­fen mein Hos­tel zu finden?

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Ein paar Minu­ten spä­ter sitze ich auf der Lade­flä­che eines Pick-Ups – Taxi auf Tao – und end­lich wirft man mich am Sairee Beach ab, wo ich schnell ins Hos­tel ein­che­cke und völ­lig erschöpft bis zum Son­nen­un­ter­gang schlafe. Aber Oh! Was für ein herr­li­cher Son­nen­un­ter­gang es ist! Und was für eine herr­li­che Nacht, die dar­auf folgt! Ich treffe zufäl­lig Freunde wie­der, die ich in Krabi ken­nen­ge­lernt hatte und wir essen zu Abend am Strand, hören ent­spannte Gitar­ren­mu­sik und trin­ken Sing­has, wäh­rend der Voll­mond über uns scheint. Fäh­ren, Long­tail-Boote und Was­serta­xis hat­ten die Insel bis zur letz­ten Minute ver­las­sen, um Par­ty­gän­ger nach Pha Ngan zu brin­gen. Die­je­ni­gen, die jetzt noch übrig sind, mögen es lie­ber ent­spannt, träu­men dahin und las­sen Later­nen in den Nacht­him­mel stei­gen, an dem der volle Mond klebt und Bil­der auf die sei­dige Was­ser­ober­flä­che malt.

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Die­je­ni­gen, die aller­dings zu Voll­mond auf Koh Pha Ngan blei­ben wol­len, haben keine andere Wahl, als gleich einen 3‑Ta­ges-Trip dar­aus zu machen. Denn was als impro­vi­sierte Strand­party in einer Holz­hütte für gerade mal drei­ßig Rei­sende anfing, hat sich mitt­ler­weile in eine Mas­sen­ver­an­stal­tung ver­wan­delt, die auf der gan­zen Welt bekannt ist. Die Pen­sio­nen und Gäs­te­hau­ser zie­hen dem­entspre­chend mit und sind in der Lage, zu ver­lan­gen was immer sie wol­len – ein Min­dest­auf­ent­halt von drei Tagen ist zu Voll­mond darum sehr wahr­schein­lich. Auch nach der gro­ßen Sause bleibt Koh Tao darum ruhig. Hier gönnt man sich Mas­sa­gen und geht schnor­cheln, macht sei­nen PADI Tauch­schein und fau­lenzt am Strand, wo man hin und wie­der die drei Meter ins Was­ser rollt. Ich trinke in den drei Tagen jede Menge Iced Lat­tés in einem süßen Café, finde einen Second-Hand-Buch­la­den und schnor­chele in den Koral­len, plau­sche mit net­ten Leu­ten, schlürfe Erd­beer-Dai­qui­ris im Meer und habe ohne jeg­li­che Erwar­tun­gen die Zeit mei­nes Lebens. Und als die Party-Meute am drit­ten Tag wie­der an Koh Taos Strände gespült wird – ver­ka­tert, müde, aber glück­lich – frage ich mich, ob ich jetzt was ver­passt habe? Und um ehr­lich zu sein: Keine Ahnung! Ich habe den thai­län­di­schen Voll­mond gese­hen, aber ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, unter ihm zu fei­ern. Und ich muss ja auch nicht alles wis­sen oder?

Was ich aller­dings unglaub­lich gern wis­sen würde, ist ob der ame­ri­ka­ni­sche Bur­sche es am Ende noch zu sei­ner Party geschafft hat oder ob er immer noch am Pier von Surat Thani auf- und abläuft und ver­zwei­felt in die Dun­kel­heit ruft: „„Koh Pha Ngan! Koh Pha Ngan! Koh Pha Ngan!“ , wäh­rend er die Party ver­passt, die doch die beste sei­nes jun­gen Lebens wer­den sollte…

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Und was meint ihr? Full Moon Party – Ja oder nein? Habe ich was ver­passt? Oder am Ende gar alles rich­tig gemacht?

Cate­go­riesThai­land
Gesa Neitzel

Eigentlich Fernsehredakteurin, aber viel lieber unterwegs, erzählt Gesa auf ihrem Blog von ihren Reisen um die Welt und vor allem zu sich selbst. In ihren Depeschen geht es um Fernweh, Heimweh, Bauchweh... und all den anderen Wehwehchen, die ein Nomadenleben so mit sich bringt.
In den letzten Jahren hat sie in Berlin gelebt, in Australien einen Jeep durchs Outback gefahren, in Lissabon ihr Herz verloren und in Bali nach ersten Surfversuchen gleich ein Loch im Kopf gehabt.

Gesa ist eine Suchende. Nach was? Das weiß sie selbst nicht so genau. Aber was auch immer es ist - es ist irgendwo da draußen und bis sie es gefunden hat, wird’s hier bestimmt nicht langweilig.

  1. Laura says:

    Die Art und Weise, wie ihr eure Rei­se­er­leb­nisse teilt, fes­selt den Leser förm­lich. Die Beschrei­bun­gen und die Atmo­sphäre, die ihr ver­mit­telt, machen Lust, selbst auf Ent­de­ckungs­reise zu gehen. Gro­ßes Lob für die inspi­rie­rende Erzählweise!

    Beste Grüße,
    Laura

  2. Alex says:

    Hallo Mit­ein­an­der.

    Beim drit­ten Auf­ent­halt in Thai­land war es dann soweit,… Full-Moon-Party. Und ich kann jedem mit ruhi­gem Gewis­sen sagen: Lasst es blei­ben. Schade um die Zeit und den Auf­wand. Das glei­che gilt für alle ande­ren Par­tys auf der Insel. Ich war dann spä­ter auf Ko Tao auf einer klei­nen Party (Blue Moon Expe­ri­ence) und das hat mir dann zuge­sagt und auch Spaß gemacht. Ansons­ten lie­ber spon­tan fei­ern und die Zeit genie­ßen, egal auf wel­cher Insel man ist.

    1. Vanessa says:

      Hi :) ein tol­ler Bericht! Ich stehe genau vor die­ser Ent­schei­dung.. Full­moon­party am 2.6. oder nicht ;) hab mich noch nicht entschieden!

  3. Aleksandra says:

    Hallo,
    ich habe dei­nen Blog genau zur rich­ti­gen Zeit entdeckt.…fliege nächs­ten Mon­tag nach Thai­land :) und war am über­le­gen, ob ich an der full moon party teil­neh­men soll oder nicht. Nach dem ich dei­nen Bericht gele­sen habe, wohl eher nicht! :D
    Kannst du mir viel­leicht ein Hos­tel auf Koh Tao emp­feh­len? :) Sind die Tauch­gänge teuer?
    Würde mich über eine Ant­wort (oder irgend­wel­che Tipps) sehr freuen.

    Danke und liebe Grüsse
    Aleksandra :)

    1. Gesa says:

      Hey Alek­san­dra,

      Mir reichte auf Koh Tao das Schnor­cheln, aber wenn du einen Tauch­kurs machen möch­test, bist du dort am rich­ti­gen Ort. Koh Tao gilt als ein sehr güns­ti­ger Ort, um den PADI Tauch­schein zu machen. Schau für Koh Tao doch auch noch mal hier vorbei:
      http://www.planetbackpack.de/von-bangkok-nach-koh-tao-der-guide-fur-backpacker/

      Ich war im Good Dreams Hos­tel am Sairee Beach – eines der weni­gen Hos­tels, die du vorab online buchen kannst. DIe Zim­mer sind sehr gut mit Kli­ma­an­lage, war­men Duschen, Inter­net und Schließ­fä­chern und der Besit­zer ist gleich­zei­tig ein Tra­vel Agent, der dir faire Preise macht. Von außen ist das Hos­tel aller­dings nicht schön – und auch nicht direkt am Strand. Emp­feh­len würde ich es trotz­dem. Ansons­ten gibt es aber auch diverse Resorts mit Beach Huts direkt am Strand..

      Viel Spaß und erhol dich gut!!

      Gesa

  4. levestiga0r says:

    Zu gut, habe letz­tes Jahr in mei­nem Thai­land Urlaub aber auch exakt die glei­chen Erfah­run­gen gemacht ;)
    Eben­falls anstatt Full Moon Party lie­ber nach Koh Tao und dann dort hef­tigst abge­chillt und dann noch den PADI Open Water Diver und Advan­ced Open Water Diver hin­ter­her gescho­ben. Koh Tao ist ein­fach eine traum­hafte kleine und ver­hält­nis­mä­ßig ruhige Insel.

  5. Heiko says:

    Alles rich­tig gemacht!
    War bis­her zwei­mal auf Koh Tao, via Koh Samui, und die Tage dort waren gigan­tisch nett. Full Moon Party ist ein­fach „To Big“ wie mir viele Leute, auch Thais bestä­tigt haben…
    Aber evtl. hast du ja mit dei­nen Leu­ten am Strand & Gitarre einen neuen Grund­stein für eine Party gelegt?
    ;-)

  6. Gesa says:

    Ein Freund von mir war da zur letz­ten Full Moon Party und bestä­tigte, was ich mir bereits dachte: Es gibt Dinge, auf die­ser Welt, die ich nicht gese­hen haben muss…

  7. Maike says:

    Keine Ahnung, wie so eine Full Moon Party ist, aber ich beneide dich um diese schöne RUHIGE Zeit am Strand! :) Würde ich glaube ich jeder Zeit lau­tem Par­ty­ge­wim­mel vorziehen.

  8. Simone says:

    Ich kann’s Dir nicht sagen, ich habe sie auch aus­ge­las­sen und mich lie­ber tage­lang ins Aqua­rium am hin­te­ren Ende von Koh Tao gelegt. :-)
    Danke für die Erinnerungen!

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