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Guadalajara – So lebt es sich im wahren Mexiko

Wer schon mal in Can­cun war, der war zwar in Mexiko, hat aber wohl nicht das rich­tige Mexiko ken­nen­ge­lernt. Denn das liegt außer­halb der Hotel­bur­gen der Kari­bik, zum Bei­spiel in Guadalajara.

Spä­tes­tens seit der neuen Net­flix-Serie „Nar­cos: Mexiko“, ist Gua­d­a­la­jara auch bei denen bekannt, die noch nie in Mexiko gewe­sen sind.

Lei­der wurde das Image der 5 Mio. Ein­woh­ner-Stadt durch eine wei­tere Serie über Dro­gen­kar­telle nicht unbe­dingt ver­bes­sert. Dabei hat die Stadt so viel mehr zu bie­ten, als Nar­cos, Schie­ße­reien und das, was man sonst noch so in den Medien über sie hört.

Vor sechs Jah­ren habe ich mich bei mei­nem Aus­lands­se­mes­ter in die zweit­größte Stadt Mexi­kos ver­liebt, um dann drei Jahre spä­ter meine Zelte in Deutsch­land abzu­bre­chen und nach Gua­d­a­la­jara auszuwandern.

 

Gua­d­a­la­jara für Anfänger

Gua­d­a­la­jara ist die Haupt­stadt des Bun­des­staa­tes Jalisco, liegt ca. 500 km west­lich von Mexiko Stadt und 300 km öst­lich vom Pazifik.

Auf 1.500 Metern Höhe gele­gen, ist das Klima per­fekt. Man sagt, hier herrscht das beste Klima der Welt. Im Win­ter fal­len die Tem­pe­ra­tu­ren sel­ten unter 20 Grad und im Som­mer wird es nicht hei­ßer als 35 Grad. Fast jeden Tag scheint hier die Sonne, selbst wäh­rend der Regen­zeit. Aber nicht nur das Wet­ter macht Gua­d­a­la­jara so lebens­wert. Hier ist alles ein Biss­chen gemüt­li­cher. Die Leute sind ent­spannt und gehen sehr offen und freund­lich auf einen zu.

Als gro­ßer, wei­ßer Aus­län­der falle ich hier beson­ders auf und werde oft von den Ein­hei­mi­schen ange­spro­chen. Wenn ich dann mit mei­nem sehr guten Spa­nisch ant­worte, sind sie erst mal erstaunt und kön­nen kaum glau­ben, dass die­ser „Gringo“ ihnen in ihrer eige­nen Spra­che antwortet.

 

 

Die Gemüt­lich­keit hält aber nur an, wenn die Leute zu Fuß unter­wegs sind. Sobald ein Tapa­tío – so wer­den die Ein­woh­ner von Gua­d­a­la­jara genannt – hin­term Steuer sitzt, ver­wan­delt sich plötz­lich sein Cha­rak­ter. Auf ein­mal wird alles wahn­sin­nig stres­sig, es wird gehupt und die ande­ren Auto­fah­rer wer­den angeschrien.

Natür­lich gilt das nicht für alle Men­schen hier, aber man merkt, dass im Stra­ßen­ver­kehr ein ande­rer Ton herrscht. Ich bin übri­gens viel besorg­ter, von einem Auto über­fah­ren zu wer­den, als in eine Schie­ße­rei von Dro­gen­kar­tel­len zu gera­ten. Diese Gefahr ist näm­lich viel prä­sen­ter und man muss wirk­lich sehr auf­merk­sam im Stra­ßen­ver­kehr sein.

Zur Fort­be­we­gung nutze ich hier meis­tens Uber und Mibici, der Bikesha­ring-Anbie­ter der Stadt. Sel­ber hin­ters Steuer setze ich mich nur, wenn es unbe­dingt sein muss.

 

Das leckerste Essen in Guadalajara

Wenn mich jemand fragt, was mir am meis­ten in Gua­d­a­la­jara gefällt, dann ist meine Ant­wort immer: „Das Essen.“

Ich habe noch in kei­ner Stadt so viele leckere und güns­tige Essens­mög­lich­kei­ten gese­hen. An den hun­der­ten Stra­ßen­stän­den der Stadt gibt es Tacos mit aller­lei Fül­lun­gen, leckere Früchte, frisch gepresste Säfte und vie­les mehr. Und das zu sehr güns­ti­gen Prei­sen. Für rund 3–5 Euro wird man hier kom­plett satt.

Aller­dings sollte man schon dar­auf ach­ten, ob die Stände sau­ber aus­se­hen. Der beste Indi­ka­tor ist, wenn die Ein­hei­mi­schen dort auch essen. Mit mei­nem deut­schen Magen hat mich hier die Rache des Mon­te­zuma schon so einige Male auf­ge­sucht. Doch wer die wirk­lich kuli­na­ri­schen High­lights in Gua­d­a­la­jara ken­nen­ler­nen möchte, der darf das Essen an den Stra­ßen­stän­den nicht verpassen.

 

 

Meine High­lights unter den Stra­ßen­stän­den sind Tacos Juan und der Gour­met Taco-Stand La Choza, bei dem es z.B. Tacos mit Enten- oder Kanin­chen­fleisch gibt.

Aber nicht nur an den Stra­ßen­stän­den kann man toll essen, son­dern auch in den vie­len Restau­rants mit mexi­ka­ni­scher und inter­na­tio­na­ler Küche. Gefühlt machen in Gua­d­a­la­jara jeden Tag 5 neue Restau­rants auf.

Stän­dig sehe ich neue Restau­rants, die direkt auf meine To-Do-Liste kom­men, wel­che mitt­ler­weile auf 50 Orte gewach­sen ist und jeden Tag län­ger wird.

Sehr gute Restau­rants mit geho­be­ner mexi­ka­ni­scher Küche sind z.B. Alcalde und Shel­ter. Ein beson­de­rer Geheim­tipp ist das Restau­rant Xoklo, wel­ches die alten Tra­di­tio­nen der mexi­ka­ni­schen Küche wie­der zum Leben erweckt. Dort gibt es zum Bei­spiel Tor­til­las aus rotem und blauem Mais und leckere Mole, eine Soße mit mehr als 30 Zuta­ten, z.B. Chili und Kakao.

In den letz­ten Jah­ren hat sich in Gua­d­a­la­jara auch eine tolle Kaf­fee-Kul­tur ent­wi­ckelt. Hier gibt es unzäh­lige nette Cafés, in denen man sich auch super mit sei­nem Lap­top zum Arbei­ten hin­set­zen kann.

Mein per­sön­li­cher Favo­rit ist Fitz­roy, ein Café, das von einem Schwe­den, einem Aus­tra­lier und einer Mexi­ka­ne­rin geführt wird. Auch El Ter­ri­ble Juan und Como si fuera Dom­ingo sind tolle Cafés, in denen sich ein Besuch lohnt.

Neben Kaf­fee gibt es in Gua­d­a­la­jara aber noch ein wei­te­res belieb­tes Getränk… den Tequila.

 
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Die Region des Tequila

Viele Leute den­ken bei Tequila an die Fla­sche mit dem roten Hut und unzäh­lige Shots mit Salz und Zitrone, die geschmack­lich nicht wirk­lich der Ham­mer sind. Dass die­ser Tequila nur ein Export­pro­dukt ist, von dem die meis­ten Mexi­ka­ner noch nie etwas gehört haben, wis­sen die wenigsten.

Ca. eine Stunde von Gua­d­a­la­jara ent­fernt liegt das kleine Städt­chen Tequila, wel­ches nicht nur wegen dem gleich­na­mi­gen Getränk einen Besuch wert ist.

Wer schon mal einen guten Tequila aus Mexiko getrun­ken hat, der wird danach nie wie­der zur Fla­sche mit dem roten Som­brero grei­fen wollen.

Natür­lich kön­nen in Tequila auch Tou­ren gemacht wer­den, in der man alles über die Her­stel­lung des Aga­ven­de­stil­lats lernt und auch den ein oder ande­ren Schluck pro­bie­ren kann.

Aber Ach­tung! Das Zeug ist ver­dammt stark!

Ein wei­te­res Bild, das wir von Mexiko haben, sind Män­ner mit Som­brero und Mariachi-Musik. Und auch das kann man in Gua­d­a­la­jara erleben.

 

Die Erde des Mariachi

Der Mariachi ist eine der bekann­tes­ten Tra­di­tio­nen Mexi­kos und stammt aus dem Bun­des­staat Jalisco. Beim Mariachi spie­len meist 7 bis 12 Musi­ker, manch­mal auch bis zu 20 auf Gitar­ren, Gui­tar­rón, Gei­gen, Trom­pe­ten und ande­ren Instru­men­ten. Häu­fig kommt auch Gesang mit dazu.

Ein beson­de­res Erleb­nis ist, wenn ein Mariachi-Ensem­ble in einem Restau­rant ein Geburts­tags­ständ­chen spielt. Mariachi hört man über­all in Guadalajara.

Um Mariachi live zu erle­ben, emp­fehle ich den Parián im Stadt­teil Tla­que­paque, wo es regel­mä­ßig tolle Live-Kon­zerte zu sehen gibt, beglei­tet von lecke­rem mexi­ka­ni­schen Essen.

 

Erleb­nisse in Guadalajara

Meine Lei­den­schaft sind Out­door-Akti­vi­tä­ten und außer­ge­wöhn­li­che Erleb­nisse. Darum dür­fen diese auch in die­sem Arti­kel nicht zu kurz kommen.

Vor ein paar Jah­ren noch gab es in Gua­d­a­la­jara nicht allzu viel erle­ben, doch in den letz­ten Jah­ren sind immer mehr Akti­vi­tä­ten dazu gekommen.

Beson­ders cool sind die Elek­tro-Gokarts bei VOLTA Racing, bei denen ich schon einige Run­den mit mei­nen Freun­den gedreht habe.

Wer auf Extrem­sport steht, der kann mit den Jungs von Des­cen­der in die umlie­gen­den Can­yons fah­ren und dort Can­yo­ning machen. Dabei seilst du dich von Was­ser­fäl­len ab, springst von Klip­pen und rutscht auf natür­li­chen Fels-Wasserrutschen.

Auch die Live Escape Game Com­mu­nity wird lang­sam grö­ßer in Gua­d­a­la­jara. Zu emp­feh­len sind hier Team Escape Gua­d­a­la­jara und Mr. E.

Wei­tere coole Erleb­nisse in Gua­d­a­la­jara sind die Indoor-Surf­an­lage Punto Surf und ATOMIX, ein Anbie­ter von Laser­tag und VR-Games.

Doch so schön und inter­es­sant Gua­d­a­la­jara auch ist, die Sicher­heit spielt natür­lich auch eine Rolle.

 

Ist es nun sicher in Gua­d­a­la­jara zu leben?

Lei­der sind die Sicher­heits­war­nun­gen für Mexiko und Gua­d­a­la­jara nicht unbe­grün­det. Man braucht hier jetzt nicht pau­sen­los Angst zu haben, dass man direkt von einem Dro­gen­kar­tell ent­führt wird, denn die Kar­telle tra­gen ihre Strei­tig­kei­ten meist unter sich aus.

Doch lei­der ist die Kri­mi­na­li­täts­rate in Mexiko schon sehr hoch. Mir sel­ber ist erst ein­mal etwas pas­siert. Als ich auf der Straße vor mei­nem Haus auf mei­nen Uber gewar­tet habe, kamen plötz­lich zwei Typen, die behaup­te­ten, eine Waffe zu haben.

Sie nah­men mir dann mein Handy ab, rann­ten weg und gut war es. Zum Glück war keine Gewalt im Spiel.

Doch lei­der wurde vor ein paar Mona­ten meine Freun­din Opfer eines Raub­über­falls. Sie wurde mit einer Waffe bedroht und musste dann mit ihrem Auto außer­halb der Stadt fah­ren und dort sämt­li­che Kre­dit­kar­ten­da­ten und Pass­wör­ter aufschreiben.

Schließ­lich hat der Dieb ihr das Auto, ihren Lap­top und ihr Handy abge­nom­men und dann ihr Konto leergeräumt.

Diese Dinge kön­nen lei­der pas­sie­ren und man ist nie zu 100 Pro­zent sicher. Ich habe zwar nicht den gan­zen Tag Angst, aus­ge­raubt zu wer­den, doch das Bewusst­sein ist immer da und ich bin beson­ders auf­merk­sam auf der Straße.

Tags­über kann man sich pro­blem­los fort­be­we­gen und es fühlt sich alles sehr sicher an. Wenn es dann dun­kel wird, sollte man schon beson­ders vor­sich­tig sein und wenn es geht nicht alleine durch dunkle Stra­ßen laufen.

Lei­der wird Mexiko in den Medien nur auf nega­tive Geschich­ten redu­ziert und die schö­nen Dinge, wel­che hier ein­deu­tig über­wie­gen, wer­den kaum kommuniziert.

Ich emp­fehle Gua­d­a­la­jara wei­ter­hin an alle meine Freunde und rate jedem, sich sel­ber ein Bild von der Stadt zu machen. Fast jeder Aus­län­der, den ich hier ken­nen­ge­lernt habe, hat sich in die Stadt ver­liebt und viele sind sogar hier geblieben.

Cate­go­riesMexiko
  1. Markus says:

    Ich habe auch von Ende 2013 bis Ende 2020 in Gua­d­a­la­jara gelebt und gear­bei­tet und kann die Stadt nur emp­feh­len. Beim Essen ist unbe­dingt auch die Torta Aho­gada (ertrun­ke­nes Brot) emp­feh­lens­wert, eine Spe­zia­li­tät der Region und nur dort erhält­lich. Ein Besuch im schnells­ten Restau­rant der Welt sollte auch nicht feh­len, im Gari­baldi. Es gibt nur eine Speise, Carne en su Jugo (Fleisch im eige­nen Saft), nur die Größe kann gewählt wer­den. Dazu gibt es köst­li­ches Boh­nen­mus und Tor­til­las. Bezüg­lich Kri­mi­na­li­tät hat­ten meine Frau oder ich kei­ner­lei Pro­bleme. Ich bin auch mit mei­nem Auto oder Rol­ler Tag und Nachts über­all ohne Pro­bleme unter­wegs gewe­sen. Aller­dings ist spe­zi­ell Ein­spu­rig mehr Auf­merk­sam­keit not­wen­dig, wie auch Jan schreibt, gefühlt jeder Dritte oder Vierte ist mehr mit dem Tele­fon beschäf­tigt als dem Verkehr.

  2. Anette says:

    Hallo Jan, dein Bericht ist sehr inter­es­sant. Ich reise Anfang April dort hin. Lebst du noch in Gua­d­a­la­jara? Und kannst du mir bitte noch wei­tere Tipps geben? Freue mich sehr auf deine Ant­wort. Liebe Grüße A

  3. Arthur says:

    „Die Rache des Montezuma“-zum Abbre­chen! :D
    Würde mich auch gerne mal so rich­tig sat­tes­sen an den gan­zen Mexi­ka­ni­schen Deli­ka­tes­sen – das eine Restau­rant in der Nähe ist dann lei­der auch nicht das Wahre…
    Bist du denn noch dort – und ist es noch so schön wie damals?
    Würde mich nach dei­nem fei­nen Arti­kel noch bren­nend interessieren!

    Liebe Grüße

  4. Barry says:

    Tolle Stadt, defi­ni­tiv! Ich war ziem­lich genau vor 30 Jah­ren da, Sep­tem­ber 1990, zufäl­lig zum Natio­nal­fei­er­tag. Wir hat­ten unsere Reise in San Fran­cisco, Kali­for­nien gestar­tet und waren in der Nacht zuvor nach einer wil­den lan­gen Auto­fahrt von Mazat­lan ange­kom­men. Mor­gens als wir aus dem Hotel kämen, wun­der­ten wir uns dann sehr über die vie­len Sol­da­ten und Poli­zis­ten auf den brei­ten Stra­ßen und befürch­te­ten zuerst einen Mili­tär­putsch o.ä.

    Zum Glück klärte sich das aber schnell auf – es war eine Parade – und wir hat­ten eine wun­der­bare Zeit dort. Ich glaube, die aus­ge­las­sene Rie­sen­party ging sogar meh­rere Tage.

    Einer der vie­len Höhe­punkte unse­res sechs­wö­chi­gen Trips von San Fran­cisco über Baja Cali­for­nia und spä­ter auf der Ost­seite des Kon­ti­nents via New Orleans bis nach New York – alles per Anhal­ter und teil­weise Grey­hound (und natür­lich die Fähre in Mexiko).

    Ich glaube, heut­zu­tage kann man sich ein der­ar­ti­ges Aben­teuer kaum noch vor­stel­len, denn die Welt ist durchs Inter­net ja zum Dorf gewor­den. Damals war man wirk­lich weg, mona­te­lang, und in kei­ner Weise erreichbar.

    Über die Orte auf der Stre­cke wuß­ten wir prak­tisch nichts, wir schau­ten auf die Karte und dach­ten: Ja passt ‑mal hin­fah­ren und anschauen. Daß wir Gua­d­a­la­jara ansteu­er­ten und es so zum süd­lichs­ten Punkt wurde war rei­ner Zufall. Wir hat­ten einen fes­ten Rück­flug in New York zwei oder drei Wochen spä­ter und dach­ten ein­fach nur: Naja, Mexico City würde jetzt einige hun­dert Stra­ßen­ki­lo­me­ter mehr bedeu­ten, also min­des­tens zwei Tage län­ge­res Fah­ren – das las­sen wir dies­mal lie­ber weg, soll ja nicht stres­sig wer­den und New Orleans braucht Zeit, Man­hat­tan erst recht…

  5. Daniel says:

    Und ihr kennt euch nicht? ;) Wird Zeit oder … :P

    Aber 5 Mil­lio­nen Ein­woh­ner? *wow

    Danke auch für deine Erzäh­lun­gen, wirk­lich span­nend. Kannte eben­falls nur die Serie. 

    Hatte auf Rei­se­de­pe­schen mal wie­der quer­ge­le­sen und bin in dei­nem Arti­kel hän­gen geblie­ben! Danke!

    1. Jan says:

      Danke Daniel. Wird wohl wirk­lich mal Zeit, dass wir uns ken­nen­ler­nen. 5 Mio. Ein­woh­ner ist ja sozu­sa­gen ein Dorf ;)

    1. Jan says:

      Danke Udo, das ist schön, dass ein alt ein­ge­ses­se­ner Gua­d­a­la­jara-Bewoh­ner das auch so sieht :) Liebe Grüße

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