Von lauten Beats und leisen Tönen

Als erfah­re­ne Tra­vel­ler, Viel­flie­ger, Rei­se­blog­ger – oder ein­fach als neu­gie­ri­ge und inter­es­sier­te Men­schen – sind wir vor allem eins: Offen für Neu­es! Nichts ist schö­ner, als wenn ein Ort uns zum Stau­nen bringt, wenn eine Begeg­nung nach­wirkt, wenn wir mit einer voll­kom­men uner­war­te­ten und anders­ar­ti­gen Erfah­rung kon­fron­tiert wer­den. Sol­che »Once in a lifetime«-Erlebnisse gibt es aber nun mal nicht an jeder Ecke. Man muss sich für sie öff­nen – und sich von ihnen fin­den las­sen.

Die Online-Platt­form Con­dé­nast Tra­vel­ler beschreibt in einem Arti­kel mit der schö­nen Über­schrift »50 Things to do in Euro­pe befo­re you die« unter Punkt 40 von 50: Ein­mal auf den Färö­er Inseln Musik hören. By the way… Auf Platz 39 emp­fiehlt das Maga­zin: ein­mal in Bar­ce­lo­na nach oben schau­en in den »Him­mel« der Sagra­da Famí­lia (done that!) und auf Platz 41 einer Fla­men­co Show in Anda­lu­si­en bei­zu­woh­nen. Hmmm, wid­men wir uns doch lie­ber vor­erst Platz 40, den Färö­ern – klingt irgend­wie exo­ti­scher. Und wer weiß, viel­leicht war­tet ja genau dort, im hohen Nor­den, eine die­ser ganz beson­de­ren, neu­en Erfah­run­gen…

 

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Ankunft in einer ande­ren Welt

 

Wir machen uns also auf den Weg zu der klei­nen Insel­grup­pe im Nord­at­lan­tik, irgend­wo zwi­schen Groß­bri­tan­ni­en, Nor­we­gen und Island. Unser Ziel: Das G! Fes­ti­val. Ein drei­tä­gi­ges Musik­spek­ta­kel am Strand von Syðru­gø­ta, das seit inzwi­schen 15 Jah­ren jeden Som­mer die Bewoh­ner der Inseln, die Fär­in­ger, ordent­lich zum Schwo­fen bringt.

Schon der Anflug auf den Flug­ha­fen von Vágar ist im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes spek­ta­ku­lär! Bei guter Sicht (und die ist alles ande­re als garan­tiert auf den Färö­ern Inseln) offen­bart sich uns ein ver­hei­ßungs­vol­ler Anblick. Raue, kar­ge Steil­küs­ten mit satt­grü­nem Kleid ragen uns ent­ge­gen. Der Sør­vágs­vatn, der größ­te Bin­nen­see der Inseln, erstreckt sich unter uns und stürzt in einem gigan­ti­schen Was­ser­fall, dem Bøs­dal­a­fo­s­sur, über 30 Meter tief hin­ab ins Meer. Aus der Höhe betrach­tet wirkt die Sze­ne­rie bei­na­he idyl­lisch, Tage spä­ter wer­den wir die rie­si­gen Klip­pen von Nahem erle­ben und uns unend­lich klein und zer­brech­lich füh­len gegen­über die­ser über­mäch­ti­gen Natur.

 

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Win­di­ge Böen bedin­gen eine eher unsanf­te Lan­dung – und ich mer­ke wie­der ein­mal, dass mei­ne Flug­angst noch nicht gänz­lich über­wun­den ist. Am Boden bekom­men wir dann eine Ahnung davon, was es heißt, eine Insel­grup­pe zu besu­chen, die mit rund 50.000 Ein­woh­nern die Grö­ßen­ord­nung einer mit­tel­eu­ro­päi­schen Klein­stadt hat. Sagen wir mal so: Es ist alles recht über­schau­bar. Am ein­zi­gen Gepäck­band in der Ankunfts­hal­le tref­fen wir sogleich auf eine Rei­he Musi­ker und Bands, die mit uns im Flie­ger aus Kopen­ha­gen saßen (es gibt nicht all­zu vie­le Flü­ge auf die Färö­er pro Tag) – und die uns in den kom­men­den Tagen on stage wie­der begeg­nen wer­den. Irgend­wie fami­li­är…

Vol­ler Vor­freu­de neh­men wir unse­ren Miet­wa­gen ent­ge­gen und düsen los durch die vie­len Tief­see­tun­nel, die die meis­ten Inseln der Färö­er mit­ein­an­der ver­bin­den. Vor­bei an klei­nen Dör­fern, auf engen Land­stra­ßen und ent­lang grü­ner Fel­der mit ihren tie­ri­schen Bewoh­nern. Es geht nach Nor­den. Auf, zum G! Fes­ti­val!

 

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Eine Büh­ne am Meer

 

Schon von wei­tem erken­nen wir: die­ses Fes­ti­val wird etwas Beson­de­res! Wer­den andern­orts rie­si­ge Wie­sen und Acker­flä­chen für loka­le Fes­ti­vals umfunk­tio­niert, fügt sich das G! ganz ein­fach mit­ten in die klei­ne Stadt im Süd­wes­ten der Insel Eystur­oy ein. Am Strand befin­det sich die Haupt­büh­ne, auf der Stra­ße ober­halb rei­hen sich Food­trucks und mobi­le Bars anein­an­der. Natür­lich gibt es auch einen Cam­ping­platz, auf dem in den kom­men­den drei Tagen auch stil­echt und non­stop durch­ge­fei­ert wird. Wer etwas mehr Ruhe sucht, der kann pri­vat bei den Anwoh­nern unter­kom­men – aber mal ehr­lich, wer Ruhe sucht, ist auf einem Musik­fes­ti­val ohne­hin falsch, oder?

 

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Som­mer­lau­ne

 

An die­ser Stel­le sei noch erwähnt, dass wir uns im nord­at­lan­ti­schen Som­mer befin­den. Das heißt, die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur liegt bei rund 12 Grad – am Tag wohl­ge­merkt. Mit Regen muss man eigent­lich immer und über­all rech­nen, dazu kommt eine zuwei­len recht stei­fe Bri­se, die uns als Will­kom­mens­gruß um die Ohren weht. Aber wahr­schein­lich machen genau die­se eher unty­pi­schen Bedin­gun­gen den eigent­li­chen Reiz des G! Fes­ti­vals aus. Die Fär­in­ger zumin­dest sind aus­ge­spro­chen gut gelaunt. Das Pro­gramm star­tet erst in den frü­hen Abend­stun­den, doch den gesam­ten Tag ist etwas los auf dem Gelän­de. Man lacht, trifft sich, nimmt ein Bad im Meer (die Was­ser­tem­pe­ra­tur liegt im Schnitt ganz­jäh­rig bei rund 7 Grad, wie wir ler­nen) und schmeißt sich anschlie­ßend in die Hän­ge­mat­te – oder bes­ser noch in einen der bereit­ge­stell­ten Hot Tubs. Mit einem küh­len Bier in der Hand lässt es sich dar­in ganz gut eine Wei­le aus­hal­ten…

 

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Eine alter­na­ti­ve zum Bad im Atlan­tik ist ein Segel­aus­flug auf sel­bi­gen: Der his­to­ri­sche Scho­o­ner Norðlý­sið ankert wäh­rend des Fes­ti­vals in der Bucht von Syðru­gø­ta und nimmt uns wäh­rend unse­res Besuchs an einem Mor­gen mit auf einen Aus­flug. Das auf­ge­wühl­te Meer schau­kelt uns ordent­lich durch, der Wind pfeift und gleich­zei­tig wird es ganz still und ruhig um uns her­um und die Färö­er Inseln ent­fal­ten ihre bei­na­he mys­ti­sche Kraft. Jen­seits der lau­ten Beats und Bäs­se des Fes­ti­vals sind es vor allem die lei­sen Töne, die unse­ren Besuch nach­hal­tig prä­gen. Das Rau­schen der Wel­len, das Krei­schen der Möwen, das Don­nern der bre­chen­den See an den ent­fern­ten Klip­pen – das Lied des Nor­dens… Hier drau­ßen auf hoher See sind wir ganz plötz­lich allein mit der geball­ten Kraft der Färö­er Inseln.

 

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Lan­ge Tage, durch­tanz­te Näch­te…

 

Am Abend und zurück an Land erwacht das G! Fes­ti­val dann rich­tig zum Leben – und mit ihm die bun­ten Gestal­ten der Nacht. Far­ben­froh geht es zu, ein wenig ver­rückt, feucht-fröh­lich (und das bei Bier­prei­sen, die es ordent­lich in sich haben…) – vor allem aber mit unglaub­lich viel Lebens­freu­de und Gemein­schafts­sinn. Schon kurz nach unse­rer Ankunft auf dem Fes­ti­val­ge­län­de ler­nen wir den Fär­in­ger Jóg­van ken­nen, der häu­fi­ger Urlaub an der deut­schen Ost­see macht und sehr gut Deutsch spricht. Freu­de­strah­lend bie­tet er uns an, uns auf dem Gelän­de her­um­zu­füh­ren und sei­nen Freun­den vor­zu­stel­len. Klar, ger­ne – schon sind wir Teil der Fes­ti­val­ge­mein­de…

 

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Wir tau­chen ein, in eine Nacht vol­ler Gesang, wum­mern­der Beats, lau­ter aber auch lei­ser Töne. An die­ser Stel­le sei noch erwähnt, dass »Nacht« auf den Färö­ern nicht gleich bedeu­tet, dass es dun­kel wird. Wir sind auf dem 62° Brei­ten­grad – eine Regi­on, in der die Son­ne im Som­mer nur kurz unter­geht. Es ist die Zeit der wei­ßen Näch­te, der White Nights. Kurz vor Mit­ter­nacht däm­mert es lang­sam, die Nacht bricht für weni­ge Stun­den über uns her­ein, bevor das frü­he Mor­gen­licht den Him­mel schon wie­der erhellt…

 

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Drei Tage wach…

 

Drei Tage lang tan­zen wir zu schwe­di­scher Pop­mu­sik von MØ, zu skan­di­na­vi­schem Hip Hop von Suspekt und zu Indie-Rock aus Öster­reich von Bil­der­buch, wir schun­keln zu Coun­try-Klän­gen von Kris Kris­toff­er­son und lau­schen den fremd­ar­ti­gen Gesän­gen tra­di­tio­nel­ler Fär­in­ger Volks­lie­der – und beim gro­ßen Fina­le am letz­ten Abend ste­hen dann Alpha­ville auf der Büh­ne. Die 80er wum­mern uns mit Syn­thi-Sounds ent­ge­gen und wir sin­gen mit tau­sen­den ande­ren Men­schen am Strand gemein­sam »Fore­ver young«. Das G! ist eine Fami­li­en­fei­er, Groß und Klein, Jung und Alt kom­men zusam­men und beju­beln jeden ein­zel­nen Künst­ler auf der Büh­ne – so unter­schied­lich die Stil­rich­tun­gen auch sein mögen. Vie­le Fär­in­ger Künst­ler sind dar­un­ter, die sich hier am Strand von Syðru­gø­ta zum ers­ten Mal einem so gro­ßen Publi­kum vor­stel­len. Und sie wer­den gefei­ert!

Drei Tage ver­wei­len wir, las­sen uns mit­rei­ßen, füh­len uns als Teil die­ser gro­ßen musi­ka­li­schen Gemein­schaft. Wir erle­ben ein musi­ka­li­sches Aben­teu­er, ein­ge­bet­tet in die unwirk­li­che Insel­welt der Färö­er. Ein Aben­teu­er, das man (min­des­tens) ein­mal im Leben gese­hen und erlebt haben soll­te…

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Ein gro­ßes Dan­ke­schön an das G! Fes­ti­val, dass wir zu Gast sein durf­ten, und an Visit Faroe Islands für die Unter­stüt­zung der Rei­se. But also a very spe­cial thanks to Mar­jun and Eli – for your hos­pi­ta­li­ty. It was so gre­at to be part of your fami­ly!

 

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Antwort

  1. […] der klei­nen Insel­grup­pe, den Färö­er Inseln, hat sich Katha­ri­na und Hen­ryk (Rei­se­de­pe­schen) von lau­ten Beats und lei­sen Tönen ver­zau­bern las­sen. Wäh­rend ich mich auf Finn­weh die neue Schei­be „Frost on Fidd­les“ von Frigg […]

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