„War­ning: Poten­tial for fur­ther erup­tion in the Mount Bromo com­plex.“ Klingt gut? Klingt gut!

Mit fünf­zehn war mein Gesicht ein sehr belieb­ter Ort für gemeine Pickel. Sie tum­mel­ten sich da ohne Rück­sicht auf meine Mei­nung, was ich nicht okay fand. War ihnen egal. Die Ein­woh­ner Javas haben ein ähn­li­ches Pro­blem: Ihr Land ist gespickt mit teil­weise äußerst puber­tie­ren­den Vul­ka­nen, die regel­mä­ßig in unschö­ner Weise eja­ku­lie­ren. Wobei der Ver­gleich nun etwas lahmt, denn die Fol­gen sind doch ungleich schwe­rer. Hm. Viel­leicht objek­tiv gesehen.

Cici und ich fin­den die Aus­sicht, einen brum­meln­den Vul­kan von nahem zu sehen, ähh… ziem­lich kor­rekt. Auf geht‘s. Eine kleine Odys­see bringt uns nach Nga­das, ein Dorf auf erfri­schen­den 2.300 Meter Höhe, wo wir bei einer net­ten Fami­lie unter­kom­men. Über den fein­säu­ber­lich bewirt­schaf­te­ten Hän­gen liegt Nebel, und wenn wir uns am offe­nen Feuer der rauch­ge­schwän­ger­ten Küche wär­men, kocht Mutti uns Reis und Kar­tof­feln. Zum Früh­stück. Und zum Abend­essen. Mit­tags auch, ver­packt zum Mit­neh­men. Es ist schön. Nachts, unter drei Woll­de­cken, träume ich von Schnit­zel mit Paprikasauce.

Ers­ter Versuch

„Hier links run­ter, durch die Senke und dann den Hang hin­auf – ob das geht?“ „Wenn wir es nicht pro­bie­ren wis­sen wir es nie…“ „Also los!“

Um es kurz zu machen: Wir schei­tern. Im erstaun­lich stei­len Gra­ben in der Ebene zie­hen wir uns an den Hal­men empor, bis zu den Bäu­men stap­fen wir durch die mann­ho­hen Farne. Selbst das über­ra­schend auf­tau­chende dor­nige Dickicht hält uns nicht auf, wir fol­gen tap­fer den Spu­ren eines unbe­kann­ten Tie­res. Grauer Lava­s­taub bedeckt hier alles, auch uns. Doch als sich bedroh­lich dunkle Wol­ken am Ber­ges­rand auf­tür­men und kein Ende in Sicht… wie gesagt.

Das Gute: Wun­der­schöne Land­schaft, kein ein­zi­ger Schlan­gen­biss und ein gesun­der Appe­tit bei Mutti. Es gibt Reis. Und Kartoffeln.

Zwei­ter Versuch

„Wir müs­sen uns professionalisieren!“

Bedeu­tet: Es wird teuer. Fünf Uhr mor­gens, nach dem zehn­ten Anlauf star­tet Papis Land­crui­ser mit einem unwil­li­gen Fau­chen. Heute bist du dran, Bromo.

Im Mor­gen­grauen hol­pern wir den Berg rauf, run­ter – mit­ten hin­ein in die Wol­ken­schwa­den, die im enorm wei­ten Vul­kan­gra­ben wabern. Der Boden ver­liert sein Leben, die letz­ten tap­fe­ren Farne ver­schwin­den unter einer grauen Staub­de­cke. Aus dem Nebel tau­chen ver­ein­zelt gespens­ti­sche Gestal­ten auf, auf ihrem lan­gen Weg zum Gras­pflü­cken am grü­nen Hang.

Jeder baut mal Mist, und was die­ser antike Kerl aus­ge­fres­sen hat weiß ich nicht. Die Strafe der Göt­ter war auf jeden Fall nach­drück­lich: Ab in die Erde, Halunke! Doof für die Leute – jedes Mal, wenn er sich auf­regt, spuckt er seine schlechte Laune aus einem der unzäh­li­gen Vul­kane Indo­ne­si­ens aus. Und eines ist klar. Er ist ganz kurz davor auszurasten…

Sein Bass, tief aus der Erde, lässt den Boden erzit­tern. Und da steht er vor uns, der Bromo, und aus sei­nem Inne­ren walzt eine Dampf­wolke empor wie aus dem Kühl­turm eines Atom­kraft­werks. Das dumpfe Grol­len wird lau­ter, wir kom­men an einem Tem­pel vor­bei, an des­sen Altar staub­be­deckte Opfer­ga­ben liegen.

Zwei Kilo­me­ter Sperr­zone? Inter­es­siert hier wohl nie­man­den. Der Auf­stieg zum Kra­ter ist nicht weit, aber steil. Und der Blick hin­ein furcht­erre­gend. Grau­gel­ber Dampf steigt aus den Tie­fen, und das unauf­hör­li­che Zür­nen und Rüt­teln lässt mich ehr­fürch­tig wer­den vor der unglaub­li­chen Macht der Erde.

 

Häh? Warst du nicht gerade noch in Sumatra?

Um es kurz abzu­ha­ken: Cici und ich sind von Suma­tra nach Kuala Lum­pur geflo­gen, und ein paar Tage spä­ter wei­ter nach Sura­baya in Süd­ost­java (damit haben wir ein neues Visum für Indo­ne­sien, wel­ches nur vier Wochen gül­tig ist).

Zwi­schen­durch hatte der wackere Lap­top die Nase voll und hat mein Win­dows eli­mi­niert. Was war ich froh, dass ich eine Woche zuvor in Kuala Lum­pur eine neue externe Fest­platte gekauft und alles Wich­tige gespei­chert hatte! Sys­tem läuft jetzt wie­der, und die ver­lo­re­nen Fotos sind sehr ver­schmerz­bar – wer noch ein­mal die wun­der­volle Nacht­stim­mung der KL Twin­tower sehen will – hier gibt’s Millionen.

Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

    1. siolita says:

      Abge­fah­ren, dass du zu den geschätz­ten 5,7 Pro­zent der Män­ner gehörst, die den Satz ken­nen. Liegt wohl an der voll­kom­me­nen Roberts.

  1. Jonas says:

    Hi, mal ne kurze Frage zu den traum­haf­ten Bil­dern: wel­ches Objek­tiv ver­wen­dest du haupt­säch­lich (40/80mm)? und sind die bil­der nach­be­ar­bei­tet oder „out of the cam“?

    1. klys says:

      jonas, ich hab nur das 20mm/1,7er-pancake von pana­so­nic und bin damit sehr glück­lich. jedes bild ist als raw auf­ge­nom­men und in pho­to­shop ange­passt – wie die jpg-enginge so ist, hab ich nie probiert…

    2. Jonas says:

      das pan­cake scheint ja ganz nett zu sein, bin gerade auf der suche nach einer guten kom­pak­ten rei­se­cam.. kann man aus den bild­be­zeich­nun­gen erken­nen wel­che von dir sind und wel­che von cici?

  2. Franzi says:

    Wahn­sinns Bil­der und tol­les Aben­teuer. Beson­der lus­tig finde ich den Ver­gleich dei­ner puber­tä­ren Weh-Wechen mit der Vul­kan­land­schaft Javas :D

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