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»Freilich, wenn man von Italien heimreist, ist es immer so. Man pfeift auf Prinzipien und Vorurteile, lächelt nachsichtig, trägt die Hände in den Hosentaschen und kommt sich als durchtriebener Lebenskünstler vor. Man ist eine Weile im wohlig warmen Volksleben des Südens mitgeschwommen und denkt nun, das müsse zu Hause so weitergehen.
Auch mir war es bei jeder Rückkehr aus Italien so gegangen und damals am meisten. Als ich nach Basel kam und dort das alte, steife Leben unverjüngt und unveränderlich antraf, stieg ich von der Höhe meiner Heiterkeit eine Stufe um die andere kleinlaut und ärgerlich herab.
Aber etwas von dem Erworbenen keimte doch weiter, und seither trieb mein Schifflein durch klare und trübe Wasser nie mehr, ohne wenigstens einen kleinen farbigen Wimpel frech und zutraulich flattern zu lassen.«
Hermann Hesse, aus „Peter Camenzind“
Eigentlich könnte dieser Text mit diesem Zitat auch schon zu einem guten Ende kommen. Kommt er aber nicht, jo mei. Reisen und Leben.
Zwei Jahre daheim
Bald zwei Jahre bin ich nun wieder zurück von meiner langen Fahrt durch die Welt. Unglaubliche Jahre, spannend, befriedigend, arbeitsreich. So viel ist passiert: Ich hielt Vorträge, fotografierte backstage auf Fashion Weeks, entwickelte mit guten Freunden im Reiseblogger Kollektiv tolle Aktionen, drehte eine Dokumentation in Somalia, realisierte diese Website mit großartigen Autoren und reiste vierzehnmal hinaus in die Welt.
Ich bezog zwei Wohnungen, kaufte neue Bettwäsche, fand Liebe – und verlor sie wieder.
Immer mit dabei hatte ich meinen bunten Wimpel, der frech im Wind flatterte. So stolz und hoch war das Fähnchen zu Beginn und lachte die Menschen an: „Ich lebe wie ich will! Und es wird gut werden!“ Und es wurde gut! Meine Sehnsucht nach einer tollen Freundin wurde gestillt, und ich tat das, was ich mir vorgenommen hatte: Mein Leben selbstbestimmt zu führen.
Aber machen wir uns nichts vor: Langsam und unauffällig bleichten die Farben meines Wimpels etwas aus, und da, wo der Stoff gegen die Stange schlug, fransten die Spitzen. Rutschte unaufhörlich etwas tiefer, und auch wenn ich das Fähnchen immer wieder entrüstet in die Höhe reckte: jedes Mal schmerzten die Muskeln mehr. Ein kleines bisschen kleinlauter, eine Spur weniger heiter. Natürlich war nicht alles toll, wie denn auch. Aber es lief doch eigentlich sehr gut? Weitere Fragen piksten mich: Wohin führt mein Weg? Was will ich eigentlich erreichen? Wie wird es weitergehen?
Keine Antwort
Ich habe noch keine Antwort auf diese Fragen. Nur eines weiß ich: Ich kann mehr. Ich will mehr. Ich bin wieder hungrig.
Hungrig nach einem Leben, bei dem ich abends gewiss bin, dass der Tag sich gelohnt hat, und nicht verschwendet wurde. Bei dem ich meine volle Energie in Ideen stecken kann, die mich begeistern. Bei dem ich hinaus ziehe und mich in die Welt schmeiße. Nicht in den Pool, sondern in die schäumende Brandung. Und oben wackelt lustig das bunte Klys-Fähnchen.
Hat mich die Reiserei verkorkst für ein beständiges Leben? Ist das die Kehrseite der Medaille, vielleicht sogar der größte negative Effekt des Reisens?
Wurscht. Niemand weiß, was morgen ist. Ich möchte zurückschauen und sagen können: »Alles in allem war das ne verdammt gute Zeit.«
Carpe Diem.
Danke an Cici für das Zitat!
Erschienen am
Antworten
Ich denke Reisen verkorkst niemanden, der es nicht schon irgendwie ist. Wenn es eine Flucht ist, wird sie dein Problem nicht lösen. Ansonsten hängt es ganz von dir ab, ob du eine Heimat brauchst, ein Zuhause mit Freunden, oder ob es dir reicht, von Insel zu Insel zu hoppen und hier und dort Menschen zu treffen. Ich für meinen Teil brauche das Zurückkommen, es erdet mich. Ich bin gerne viel unterwegs, merke aber das es noch schöner ist, wenn ich diese Erfahrung teilen kann. Übrigens eine hübsche Fotoauswahl!
Das Reisen verkorkst Dich nicht mein Junge. Lebe von und mit Deinen Erfahrungen! Eins gebe ich Dir dann doch noch mit: »Wer viel von dieser Welt gesehen hat, der lächelt, legt die Hände auf den Bauch und schweigt.«(Kurt Tucholsky) 😉 Bis bald mal, Cici
😀 Großartig!
Ich umarme euch. Punkt.
<3
Reisen ist die schönste Nebensache der Welt. Dank der Reisedepesche konnte ich, zumindest im Geiste, auch auf Weltreise gehen. Viel Glück und Erfolg weiterhin.
P.S. Wo ist denn deine Somalia Doku zu sehen?
Das freut mich, Thomas… die Doku gibts noch nicht zu sehen, ich gebe Bescheid!
Wenn die Liebe zur Fußnote im Leben verkommt und neben Bettwäsche steht, sollte man sich tatsächlich fragen, wie verkorkst man ist.
Das war ja nicht der ganze Text…
Ich hoffe, die Reiserei war nicht der Grund für das Ende der Beziehung: das fände ich traurig, auch wenn es ein wenig nachvollziehbar wäre: ein verliebter Mensch will nicht so viel Zeit ohne den anderen verbringen – und eifersüchtige Menschen: die Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht und Leiden schafft!
Wäre ja blöd, wenn du bei einer zukünftigen Beziehung ‑ja: die kommt sicher! ;0) – das dann immer aus Angst berücksichtigen würdest in deiner Reiseplanung: Kann Sie mit? Will ich Sie dabei haben? – das ändert ja auch die Art des Reisens: als Paar lernt man nicht so viele interessante Leute kennen wie als Alleinreisender und wird unflexibler – besonders auch, weil nicht jeder so unerschrocken alles mitmacht wie Du! ;0)
Ich bin mir sicher: Du machst Deinen Weg & es wird ein Guter sein!
Sehen uns vielleicht auf dem Maifeld? :0)Du sprichst sicherlich aus Erfahrung 😉 Maifeld, heute auf jeden Fall nicht, vielleicht am Wochenende!
Kein beständiges Leben mehr führen zu können, ist doch kein negativer Effekt des Reisens sondern seine Quintessenz. Denn eigentlich ist beständiges Leben ein Oxymoron.
… darum, Mensch, sei zeitig weise.
Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!Das klingt klug! Aber verliert man dadurch nicht auch viel: Heimat, Geborgenheit, Nähe?
Ich kann auf Deinen Kommentar nicht antworten, darum muß ich mir selbst antworten:
Das kommt, wie immer, darauf an, wie man Heimat, Geborgenheit und Nähe definiert.
Meine beste Freundin wohnt über 600 Kilometer entfernt am anderen Ende Deutschlands, dennoch bin ich kaum einer Person näher als ihr, da ist es dann auch egal ob ich bald in Rwanda oder Indonesien bin. Ich weiß, irgendwo auf der Welt ist ein Mensch, der für mich da ist − no matter what. Das verschafft mir auch Geborgenheit.
Das ist natürlich keine Geborgenheit oder Nähe, die man hat, wenn man in den Arm genommen wird.
Aber ein beständiges Leben garantiert weder die eine Art von Nähe noch die andere.
Eigentlich bedeutet Leben doch Veränderung, Anpassung, Risiko, Gefahr, Freude, Leid, Neues. Darum finden wir ja auch nicht, daß Steine leben, die sind viel zu beständig.Du spürst doch selbst den Hunger, das Verlangen, das Leben selbst. Gib ihm nach, nichts was an einem „beständigen Leben“ sicher und gut scheint, kannst Du nicht auch in einem „unbeständigen Leben“ haben. Es ist das beständige Leben, das Dinge ausschließt, nicht das unbeständige.
Lebe!
Und um meine beste Freundin zu zitieren: NOW!!!!!That’s what I do… 😉
Kommt mir ja alles sooo bekannt vor! Meine letzte richtig große Reise ist jetzt 1 Jahr und 1 Monat her. Mein Fähnchen war die letzten Monate, die ersten dieses Daheimseins, hoch oben, ganz hoch oben – und ja, manchmal ists etwas tiefer gerutscht. Aber wie auch du hab ichs immer wieder hochgebracht, mit mehr oder weniger Mühe. 1 Jahr und 1 Monat später: Jetzt gerade habe ich das Gefühl, es ist mit einem Karacho in die Tiefe gestürzt, und ich bin wieder dort gelandet, wo ich gestartet bin. Wie ich das Fähnchen, mich, wieder hochziehe – und vor allem wie hoch und wie munter es flackern darf – ich weiß es nicht. Aber ich bin froh zu lesen, dass ich mit diesem Unwissen nicht allein bin. Danke!
Manchmal dauert es eine Weile, bis man die Gründe sieht, glaube ich… und dann ist es wieder einfach. Wünsche dir alles Gute!
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