Dem würde der Regierungschef Arajik Harutjunjan (Partei Freiheitliches Mutterland) der Republik Nagorno-Karabakh sicherlich widersprechen, und die Mehrheit der 145.000 meist armenischen Einwohner wohl auch (die Azerbaijaner mussten fliehen). Nicht mal doppelt so groß wie das Saarland, hat es sich 1991 unabhängig erklärt.
Von Armenien werden die Frontlinien zu Azerbaijan kontrolliert, denn international wird das Gebiet nach wie vor zu letzterem gezählt. Nachdem Armenien die Gebiete erobert hatte, wurde 1994 ein Waffenstillstand ausgehandelt, der allerdings extrem brüchig ist – vor ein paar Tagen gab es wieder Gefechte mit mehreren Toten an der Waffenstillstandslinie. Dass Azerbaijan sein Militärbudget in den letzten Jahren dank sprudelnder Ölgewinne verdreizehnfacht hat, macht viele hier ziemlich nervös…
Als ich in Yerevan, der Hauptstadt Armeniens, von der Möglichkeit höre, der „Republik“ einen Besuch abstatten zu können, gibt es kein zurück mehr… wer weiß, wie lange es sie noch gibt? Das Visum, was man im Außenministerium in der Hauptstadt Stepanakert bekommt, ist auf jeden Fall schön bunt! Der Nachteil: Man darf danach nicht wieder nach Azerbaijan reisen – aber das liegt ja eh nicht mehr auf meiner Route. Zusammen mit dem Taiwaner I‑Fan mache ich mich auf den achtstündigen Weg in ein Land, das es nicht gibt…
Außer dem nicht zu bestreitenden „been here“-Faktor gibt es auch was zu sehen: zum Beispiel eine komplett zerstörte, ausgeweidete Stadt, die ehemals bis zu 100.000 Einwohner zählte, Aghdam. Eine Geisterstadt, nur ein paar Soldaten hängen herum. Die Beschreibung klingt nicht übel, es ist von Ausblicken vom Minarett die Rede, die denen Hiroshimas nach der Atombombe gleichen!
Das kleine Problem: Man darf nicht hin. Ob es noch Minen gibt, oder sie die Stadt nur vor fremden Augen verbergen wollen, man weiß es nicht genau. Bei der Visumserteilung mussten wir angeben, welche Orte wir besuchen, und dafür wurde uns ein Erlaubniszettel mitgegeben. Die Frage nach Aghdam wurde ziemlich überzeugend mit „You can NOT go there!“ beantwortet.
Wir finden am nächsten Morgen nach einigem Suchen einen Taxifahrer, der uns nach Aghdam bringt.
Ich jubele innerlich! Das gibt geniale Fotos, ich sehe sie schon vor meinem geistigen Auge… Die ersten eher ländlichen Ruinen tauchen auf. Der Fahrer zeigt in die Ferne und sagt „Aghdam“.
Doch was passiert? Verdammt, warum dreht er um??? In diesem Moment hätte ich viel gegeben, um russisch sprechen zu können. Doch wie auch immer ich auf ihn einrede, er weigert sich weiterzufahren, und kreuzt die Hände als wären sie in Handschellen. Ich kann nichts tun, wir fahren wieder zurück. Kacke!
Meine Enttäuschung wird am Nachmittag etwas gemildert, als wir ein schönes Kloster besuchen (für mich das letzte, ich hab nun genug gesehen). Und abends, als Gruppen von Mädchen, Jungs, Pärchen, Familien und Alten, ja die ganze Stadt, auf dem Hauptplatz flanieren, kommen wir beide uns wir kleine Celebrities vor – es wird geschaut, schüchtern gelächelt oder gekichert, manchmal traut sich sogar ein leises „Hello!“ über die Lippen 😉 … nette Menschen.
Nach zwei Nächten in der Republik Nagorno-Karabakh geht es wieder zurück nach Armenien. Es hätte besser laufen können. Aber vielleicht war es gut so… wer weiß…














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