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Die einsame Messe des armenischen Priesters

Der Gesang des Pries­ters hallt von den kah­len Stein­mau­ern wider. Er führt mich in den ein­zi­gen Teil des Klos­ters, der noch genutzt wird, seit über tau­send Jah­ren… die Kirche.

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Der Pries­ter ist allein. In einem blauen Gewand steht er in der Mitte des Raums, rezi­tiert, betet und singt. Kurz nimmt er mich wahr, er scheint sich zu freuen, dass ich komme, und ihm zuhöre. Die Mys­tik der uralten Gesänge der alt­ori­en­ta­li­schen arme­ni­schen Kir­che nimmt mich augen­blick­lich gefan­gen, die Zeit scheint still zu ste­hen: Ein über Jahr­tau­sende über­lie­fer­ter Ritus hat etwas unwill­kür­lich faszinierendes…

Doch die Gefähr­ten war­ten schon: Ozan aus Izmir, mit dem ich von Tif­lis aus hier­her gereist bin, und Mari­sell und Joanna, zwei sehr nette deut­sche Mäd­chen (die beide per­fekt rus­sisch spre­chen!), die ein­zi­gen ande­ren Gäste im Hotel. Die­ses ist im Übri­gen auch eine kleine Attrak­tion: Schö­ner sowje­ti­scher Bau­art, nur der vierte Stock scheint noch genutzt zu wer­den. Der Auf­zug wird vom Por­tier per Schlüs­sel akti­viert, nach­dem man den drei Wach­leu­ten, die im Foyer abhän­gen, mun­ter zuge­winkt hat. Aber die Dame, die uns oben in Emp­fang nimmt, spricht per­fekt eng­lisch – eine große Überraschung!

Der Abend auf dem Hotel­zim­mer ist so schnell ver­gan­gen, vol­ler Geschich­ten, Ziga­ret­ten und guter Laune, und erst als die Mäd­chen um acht Uhr mor­gens an unsere Tür klop­fen, mer­ken wir, dass es noch­mal eine Stunde Zeit­un­ter­schied zu Geor­gien gibt!
Der Bus nach Nor­den ist schon voll besetzt, aber die­ses Wort ist hier­zu­lande rela­tiv… es wird nie­mand zurück­ge­las­sen. Und die auf dem Dach befes­tig­ten Gas­tanks sind inso­weit beru­hi­gend, dass man sich bei einem schwe­re­ren Unfall in den Ser­pen­ti­nen der Berge keine Sor­gen um Ver­let­zun­gen machen braucht… Puff! :)
Mari­sell und Joanna über­neh­men im Ort rus­sisch quat­schend die Orga­ni­sa­tion und schnell haben wir einen net­ten Fah­rer, der uns zu den Welt­kul­tur­erbe-Klös­tern der Region Lori bringt.

Das Klos­ter liegt ein­sam auf einem Berg über einer klei­nen trau­ri­gen Stadt, nur noch wenige der einst zahl­rei­chen Schorn­steine rau­chen dort vor sich hin, alte Indus­trie­an­la­gen ros­ten, rie­sige Lager­hal­len verfallen.
Düs­ter sieht auch Hagh­pat aus, unter dem grau ver­han­ge­nen Him­mel, mit­tel­al­ter­lich, mys­tisch… Wir sind die ein­zi­gen Besu­cher, ver­lie­ren uns in den zahl­rei­chen Hal­len, Gewöl­ben, zwi­schen den mit Kreu­zen und arme­ni­schen Tex­ten ver­zier­ten Mau­ern und Grab­stei­nen… es ist sehr beein­dru­ckend. Und als der Pries­ter seine ein­same Messe beginnt, bin ich end­gül­tig in einer ande­ren Welt, einer Welt, in der die Zeit seit Jahr­hun­der­ten ste­hen geblie­ben ist…

Am Nach­mit­tag tren­nen sich lei­der schon wie­der unsere Wege, die Mäd­chen fah­ren mit dem Zug Rich­tung Geor­gien, und für uns geht es nach Yer­e­van, der Haupt­stadt Arme­ni­ens. Die zwei Hos­tels dort sind aus­ge­bucht, und unsere Couch­sur­fing-Anfra­gen wer­den nur nega­tiv beant­wor­tet. Mal sehen, wo wir heute Nacht blei­ben werden!

Die Crew: Ozan, Mari­sell, Joanna und meine Wenigkeit…

    1. fritz says:

      danke, ich klick mich grad durch dein archiv, vom beginn der reise bis zum ende.

      mein blog ist wohl etwas unüber­sicht­lich, ver­such schon län­ger mal ein inhalts­ver­zeich­nis ein­zu­rich­ten, die texte aus japan, paläs­tina und ber­lin sind alle recht gemischt. für dich vlt beson­ders inter­es­sant ist der ein­trag über die rui­nen­in­sel gunk­an­jima http://tokyofotosushi.wordpress.com/2011/04/02/die-touristenfreundliche-ruine-im-pazifik/

  1. Alex der Schwede says:

    Sehr schone Bilde und das Video is sehr Atmo­spha­risch. Ein bischen melan­ko­lisch dass ich nicht lan­ger ein teil deine Reise bin. Alex der Schwede :)

    1. klys says:

      mein freund, ich finde das auch äußerst schade. du bist tat­säch­lich, wie eine freun­din es aus­drückt, ein ech­ter glücksgriff!

  2. Susie Wise says:

    Lie­ber Jo, 

    das sind in der Tat wahre Gän­se­haut­bil­der. Und wenn ich den Text lese, höre ich, wie du ih erzählst, mit dei­ner schö­nen, dunk­len, war­men Stimme. Ins­ge­samt ein Kunst­werk. Vie­len Dank …

    1. klys says:

      oh, ich erröte! du bist sehr lieb, susie! (und ges­tern hab ich ganz viele fotos von put­zi­gen hun­de­ba­bys gemacht, du wirst dich freuen ;-)

  3. HJK says:

    Auch ich bin rich­tig still gewor­den und danke dir für den Besuch und die Zwei­sam­keit mit dem Pries­ter – es spricht die Seele an . Gruss V.

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