das lächeln des lamaji. und am ende war alles für die tonne.

Halb acht in der Früh. Der Wecker klin­gelt. Wir müs­sen auf­ste­hen. Früh­stück gibt es bis halb neun! Der Mor­gen­a­pell beginnt pünkt­lich um 9.20 Uhr. Kurz machen wir uns frisch. Zeit für einen schnel­len Kaf­fee im Bett muss sein. Noch im Schlaf­an­zug dis­ku­tie­ren wir unse­re Ideen für den heu­ti­gen Tag. Um 11 Uhr haben wir ein Mee­ting.
Wir öff­nen die Tür unse­res Trucks und bli­cken auf schnee­be­deck­te Ber­ge, das Gla­arks­house steht neben einer wun­der­schö­nen Gom­pa vol­ler bun­ter Gebets­fah­nen. 
Hand in Hand machen wir uns auf den Weg am Bach ent­lang zum Gäs­te­haus. Selbst nach fast drei Mona­ten auf etwa 4.000m Höhe geht uns beim zügi­gen Gehen noch die Pus­te aus. Dhia und Shawn, Zoe und Antoine sit­zen bereits beim Früh­stück. Tulup reicht uns Por­ridge und noch war­me Cha­pa­ti. Es gibt köst­li­chen hei­ßen Chai. Doch wir haben es eilig. Wir alle müs­sen zur Arbeit!

Arbeit? Nun. Als wir im Juni die­sen Jah­res beschlie­ßen, die Som­mer­mo­na­te in Lad­akh zu ver­brin­gen und uns klar wird, dass wir mehr als genug Zeit für die­sen indi­schen Teil des Hima­la­ya haben wer­den, sind wir uns schnell einig, dass wir eini­ge Wochen für eine sinn­vol­le Tätig­keit nut­zen wol­len. Da wir vom ehe­ma­li­gen König­reich Spi­ti – auch Litt­le Tibet genannt – nur Außer­ge­wöhn­li­ches hören, tip­pen wir qua­si mit dem Fin­ger auf die Land­kar­te und sagen „Okay, da soll es hin­ge­hen!“ Ohne viel dar­über zu wis­sen geschwei­ge denn dort jeman­den zu ken­nen, bleibt uns nichts ande­res übrig, als das Inter­net zu befra­gen: Vol­un­tee­ring in Spi­ti! Uns den Vor- und Nach­tei­len des Vol­un­tee­rings bewusst sam­melen wir vie­le Infor­ma­tio­nen und stel­len bereits im Juni den Kon­takt zu einer klei­nen NGO in Kaza, der Haupt­stadt Spi­tis her. Es wer­den eini­ge Mails aus­ge­tauscht und bald eini­gen wir uns auf eine Vol­un­tee­ring-Tätig­keit, die im August star­ten soll.

Als wir im August dann tat­säch­lich die Abzwei­gung vom bekann­ten und mitt­ler­wei­le sehr tou­ris­ti­schen Leh-Mana­li High­way über den Kunz­um Pass ins Spi­ti Val­ley neh­men, sind wir uns im ers­ten Moment nicht mehr so sicher, die rich­ti­ge Ent­schei­dung getrof­fen zu haben. Es reg­net. Es ist kalt. Es ist fins­ter. Das Tal wirkt äußerst bedroh­lich. Man warnt uns vor der gefähr­li­chen Stra­ße, die nur von Mai bis Okto­ber befahr­bar und auf­grund von Lands­li­des oft tage- oder wochen­lang gesperrt sein soll. Unse­re ers­te Nacht ver­brin­gen wir in einem unheim­li­chen Fluss­bett, umge­ben von Scha­fen und wil­den Pfer­den. Eigent­lich ganz idyl­lisch, doch uns schwant, wie remo­te Spi­ti tat­säch­lich sein könn­te. Zu die­sem Zeit­punkt wis­sen wir noch nicht, welch unver­gess­li­chen Erleb­nis­se uns bevor ste­hen.

Über eine aben­teu­er­li­che Stra­ße und die bis­lang furcht­erre­gends­ten Ser­pen­ti­nen unse­rer Rei­se gelan­gen wir am fol­gen­den Tag tat­säch­lich in das ver­zau­ber­te Spi­ti Val­ley. Bud­dhis­ti­sche Gebets­müh­len, uralte Mani Walls, weiß getünch­te Stu­pas und bun­te Gebets­fah­nen zie­ren die sonst schier unbe­wohn­ten und atem­be­rau­bend schö­nen Berg­hän­ge. Wild­pfer­de, Schafs­her­den, Yaks und Zie­gen sind lan­ge die ein­zig sicht­ba­ren Lebe­we­sen. Das Wesen der Land­schaf­ten ändert sich stünd­lich – wir wer­den uns Mond­land­schaf­ten, grü­ner Erb­sen­fel­der, Apri­ko­sen­bäu­me, Sand­dorn­sträu­cher, Fels­wüs­ten, schnee­be­deck­ter Ber­ge, tür­kis­far­be­ner Flüs­se, Wäl­der, moos­be­deck­ter Ebe­nen und sau­be­rer, idyl­li­scher, tibe­ti­scher Dör­fer gewahr – und schließ­lich den unglaub­lich freund­lich bli­cken­den, wun­der­schö­nen Men­schen. Nun, viel­leicht ist es hier doch ganz beson­ders? Und so gar nicht Indi­en!

 

Die aben­teu­er­li­che Anfahrt und die Ankunft im zau­ber­haf­ten Spi­ti Val­ley

 

Nach einer wei­te­ren unglaub­lich anstren­gen­den Fahrt und einer zwei­ten Über­nach­tung machen wir uns auf den Weg nach Kaza, das für die nächs­ten Wochen unser Zuhau­se sein soll. Das 10tau­send-See­len-Dorf Kaza wirkt auf den ers­ten Blick nicht ganz so idyl­lisch wie die umlie­gen­den Sied­lun­gen, ist jedoch ein wich­ti­ger Ver­sor­gungs­kno­ten­punkt der Regi­on. Und es hat sei­nen ganz beson­de­ren Charme: Strom gibt es manch­mal, doch nicht immer Guten. Es gibt zahl­rei­che Mini­märk­te, doch Brot, Bana­nen oder Eier gibt es nur zeit­wei­se. Wenn die Stra­ßen nach Spi­ti tage­lang gesperrt sind, gibt es Vie­les nicht. Es gibt zwei Inter­net­ca­fés; eines öff­net nach 18 Uhr (falls es Strom gibt) – das ande­re wirft den Gene­ra­tor an (sobald es mehr als 5 poten­zi­el­le Kun­den gibt). Es gibt einen ATM der geht – wenn es Strom gibt, doch manch­mal auch ein­fach nicht (und der Ser­vice­tech­ni­ker muss eine drei­tä­gi­ge Anfahrt auf sich neh­men). Es gibt eine Tank­stel­le, die höchs­te Indi­an Oil Tank­stel­le der Welt (die manch­mal sogar Ben­zin und Die­sel hat).

Unse­ren Truck, den hier nach weni­gen Tagen ein­fach jeder kennt, par­ken wir frech neben dem Heli­c­op­ter-Lan­de­platz am Ran­de des Dor­fes. Wir hof­fen, dass nachts nie­mand lan­den muss. Die Gers­te, die auf dem gesam­ten Lan­de­platz zum Trock­nen aus­ge­legt ist, stimmt uns opti­mis­tisch.

To make a long sto­ry short … Unse­ren ers­ten offi­zi­el­len Arbeits­tag … ver­pas­sen wir! In der Früh ler­nen wir Pas­cal ken­nen, der sich gera­de auf dem Weg in das benach­bar­te Pin Val­ley machen möch­te. Die Hän­ge­brü­cke, die eini­ge Berg­dör­fer mit der Haupt­stra­ße ver­bin­det, droht vom Matsch weg­ge­ris­sen zu wer­den. Das gesam­te Pin Val­ley lebt von einer erfolg­rei­chen Erb­sen­ern­te. Und die­se muss aus dem Tal zu den war­ten­den Trucks gebracht wer­den. Die Bau­ern klet­tern also mit jeweils 40 kg Erb­sen auf dem Rücken über die Hän­ge­brü­cke zu den Trucks. Auf­grund des Kli­ma­wan­dels und der zu stark schmel­zen­den Glet­scher der Regi­on steckt das Fun­da­ment der Brü­cke im Matsch des Schmelz­was­sers und bewegt sich. Daher soll eine sepa­ra­te Gon­del befes­tigt wer­den, mit wel­cher die Erb­sen­sä­cke über den Matsch gezo­gen wer­den kön­nen. Peter und Pas­cal wol­len schnell mit unse­rem Uni­mog in das Tal fah­ren, um das Schlimms­te zu ver­hin­dern. Auch wenn die Brü­cke weg­ge­ris­sen wer­den soll­te, soll doch wenigs­tens die Gon­del die Ern­te ret­ten. Peter hat viel nütz­li­ches Werk­zeug dabei. Den gan­zen Tag über wer­den Schrau­ben fest­ge­zurrt, Metall­ver­bin­dun­gen ver­stärkt, Sei­le befes­tigt. Völ­lig erle­digt schla­gen Pas­cal und Peter am Abend in Kaza auf. Die Gon­del hält und wird auch drin­gend benö­tigt – weni­ge Tage spä­ter stürzt die Brü­cke end­gül­tig ein. Und end­lich – wenn auch viel zu spät – schal­tet sich die Regie­rung ein und will eine sta­bi­le und dau­er­haf­te Brü­cken­lö­sung bau­en.

 

Erb­sen­ern­te im Pin Val­ley

 

Am fol­gen­den Tag begin­nen wir schließ­lich unse­re Tätig­keit bei der Orga­ni­sa­ti­on, die ver­schie­de­ne Pro­jek­te lei­tet, um die Homestays und Vil­la­ges der Gegend zu unter­stüt­zen. Peter küm­mert sich zunächst um die Solar­an­la­ge des Büros selbst, ich schmei­ße das Café, des­sen Erlös an die Gemein­de und eine Klos­ter­schu­le gehen soll. Alles in allem nicht das, was wir uns vor­ge­stellt haben. Wir erfah­ren bald, dass die­se angeb­li­che NGO eigent­lich gar kei­ne NGO ist. Eine (bewusst?) unge­naue Aus­sa­ge in der Selbst­dar­stel­lung des Unter­neh­mens hat uns viel­leicht in die Irre geführt?

 

Kaza und ein Sola­r­ofen auf dem Dach des Cafés

 

Zudem ler­nen wir bereits an unse­rem ers­ten Tag in Kaza vie­le Leu­te ken­nen. Wir spre­chen mit ihnen. Und wir spre­chen mit vie­len Ein­hei­mi­schen. Wir hören zu. Wir sind ver­un­si­chert. Und haken nach. Wir hören uns um. Und wir spre­chen mit noch mehr Leu­ten. Wir erken­nen, dass das The­ma „Vol­un­tee­ring“ wie in vie­len ande­ren Orten die­ser Welt auch in Spi­ti mar­ke­ting­tech­nisch äußerst erfolg­reich genutzt wird. Wir möch­ten uns kei­nes­falls ein all­ge­meingül­ti­ges Urteil dar­über erlau­ben, doch wir sind uns einig, dass sich eine Tätig­keit über die­se bestimm­te (eher intrans­pa­ren­te) Orga­ni­sa­ti­on für uns per­sön­lich nicht rich­tig anfühlt und beschlie­ßen, das gan­ze The­ma auf eige­ne Faust anzu­ge­hen. Nach weni­gen Tagen und einem guten, klä­ren­den Gespräch mit den Grün­dern der Orga­ni­sa­ti­on been­den wir unse­re Tätig­keit dort.

Gleich spre­chen wir lan­ge mit dem in Kaza gebo­re­nen Lotey, der »See­le« des Dor­fes – er kennt alles und jeden – und wer­den von ihm und sei­nem Freund Che­ring zur Mun­sel-Ling Child­ren Home School ins benach­bar­te Dorf Ran­grik geschickt. Dort brau­che man immer Hil­fe, doch es stün­de auf kei­nen Fall eine Orga­ni­sa­ti­on dahin­ter. Und dort erwar­te uns bereits der Lama Tashi Nam­gy­al – ein Mönch der unweit ent­fern­ten Kee Monas­tery – der die­se Schu­le in den 90er Jah­ren gegrün­det hat, die inzwi­schen mehr als 550 Schü­ler aus dem gan­zen Tal zählt.

 

Lama­ji Tashi Nam­gy­al und das Schul­ge­län­de Mun­sel-Ling

 

Und da sit­zen wir nun vor die­sem unglaub­lich cha­ris­ma­ti­schen, lächeln­den Lama und erklä­ren ihm ganz ein­fach: „Wir haben eini­ge Wochen Zeit. Wir sind kei­ne Leh­rer. Wir möch­ten ein­fach hel­fen, wo auch immer unse­re Hil­fe benö­tigt wird!“ Tashi Nam­gy­al – oder Lama­ji, wie ihn alle nen­nen – zögert nicht lan­ge und nach einem län­ge­ren und guten Gespräch über ihn und über uns und über die Schu­le greift er herz­lich nach der Hand, die wir ihm rei­chen: „You are from Euro­pe. In Euro­pe they know how to hand­le gar­ba­ge. We have more than 550 stu­dents. And we have a big pro­blem with gar­ba­ge! Could you think about our gar­ba­ge pro­blem?“

Dies war in etwa unser Brie­fing. Und so kurz wie das Brie­fing war auch unse­re Ent­schei­dungs­pha­se: Das machen wir! Uns war vor allem eines wich­tig: Wir wol­len nicht als sen­dungs­be­wuss­te Euro­pä­er in Litt­le Tibet auf­schla­gen und den Men­schen dort ihre Welt erklä­ren, ihnen Pro­ble­me auf­zei­gen die sie selbst gar nicht sehen, sie patro­ni­sie­ren oder Din­ge tun, die sie selbst viel bes­ser kön­nen als wir. Nie­mals hät­ten wir uns getraut, das The­ma Müll von uns aus anzu­spre­chen, so lan­ge wir uns nicht über ein tat­säch­lich exis­tie­ren­des Bedürf­nis nach Bes­se­rung bewusst sind, selbst wenn uns das The­ma nach lan­ger Zeit in Indi­en mehr als am Her­zen liegt. Doch wenn uns der Lei­ter die­ser Schu­le, der uns in den kom­men­den Wochen immer wie­der durch sei­ne zeit­ge­mä­ße und inno­va­ti­ve Denk­wei­se über­rascht, mit die­sem Pro­blem kon­fron­tiert, so möch­ten wir das anneh­men und ihn unter­stüt­zen so gut wir das eben kön­nen.

Nun sind Peter und ich alles ande­re als Umwelttechnik‑, Recy­cling- oder Müll­spe­zia­lis­ten, doch als Euro­pä­er und Kin­der der 80er Jah­re sind wir mit einem Umgang mit Müll auf­ge­wach­sen, den man in die­sem Teil der Welt (noch) nicht kennt. Und so sind wir davon über­zeugt, mit unse­ren Grund­kennt­nis­sen zumin­dest eini­ge Grund­ge­dan­ken für die Mun­sel-Ling Child­ren Home School ent­wi­ckeln zu kön­nen.

Nach einem Rund­gang über das Gelän­de mit dem lus­ti­gen und warm­her­zi­gen Lama­ji ler­nen wir vie­les über die Pro­ble­ma­ti­ken der Schu­le ken­nen. Wäh­rend man sich in Deutsch­land Gedan­ken über G8 und G9 Model­le, Pisa oder Kopf­tü­cher macht, sieht man sich in Ran­grik ganz ande­ren Pro­ble­men gegen­über: die Abge­schie­den­heit Spi­tis auf­grund der schlech­ten Zufahrts­stra­ßen, das äußerst har­te Kli­ma mit Tem­pe­ra­tu­ren im Win­ter von bis zu minus 35 Grad, zuge­fro­re­ne Was­ser­lei­tun­gen, nicht genü­gend Strom, kei­ne Hei­zun­gen, kei­ne gute Trink­was­ser­qua­li­tät, kei­ne aus­rei­chen­den Toi­let­ten für die 450 Schü­ler die in den Hos­tels woh­nen (450 Häuf­chen pro Tag sind wahr­lich eine Her­aus­for­de­rung) Krank­hei­ten (75% der Kin­der lei­den an Diar­rhoe), Läu­se, Nah­rungs­mit­tel­knapp­heit.

Den­noch hat Lama­ji mit sei­ner Schu­le Groß­ar­ti­ges erreicht: 550 Kin­der aus den umlie­gen­den Dör­fern wer­den hier auf Eng­lisch unter­rich­tet, was ihnen alle nöti­gen Chan­cen für die Zukunft offen hält. Und sie ler­nen doch auch ihre Hei­mat­spra­che Bothi (Tibe­tisch) sowie loka­len Tanz und Gesang, was ihnen den Bezug zu ihren Wur­zeln sichert.

Bei unse­rer Tour erhal­ten wir also einen guten Über­blick über die gesam­te Schu­le, sehen die ein­fa­chen Hos­tels für fast 450 Schü­ler, deren spar­ta­ni­schen Ess­räu­me, die Wasch­räu­me, die Leh­rer­zim­mer, die Klas­sen­zim­mer, das lei­der sehr trost­lo­se Grund­schul­ge­bäu­de – und sind beson­ders über­rascht von der Woh­nung des Lama­jis selbst: ein kar­ger Raum mit einer Matrat­ze, einem Tisch, ein paar Büchern, sonst nichts.

 

Bau­stel­le auf dem Gelän­de, die Schul­kin­der und ihre Schlaf­räu­me

 

Am Abend ler­nen wir Dia und Shawn aus Eng­land sowie Zoe und Antoine aus Frank­reich ken­nen, die hier befris­tet als Leh­rer arbei­ten. Mit ihnen wer­den wir in den kom­men­den Wochen die Pau­sen ver­brin­gen. Da wir einen unge­wohnt gere­gel­ten Tages­ab­lauf absol­vie­ren wer­den, freu­en wir uns dar­über, drei­mal täg­lich mit ein­fa­chen doch über­aus köst­li­chen Mahl­zei­ten ver­sorgt zu wer­den. Man bie­tet uns ein ein­fa­ches Zim­mer an, doch wir woh­nen wei­ter­hin im Gla­arks­house, das wir auf einem Hügel ober­halb der Schu­le, neben dem klei­nen Tem­pel der Schulan­lan­ge par­ken dür­fen.

Am fol­gen­den Tag machen Peter und ich uns an die Arbeit: wir spre­chen mit den Leh­rern, mit eini­gen Schü­lern, wir dis­ku­tie­ren, wir hören zu, wir beob­ach­ten das Müll­ver­hal­ten, ana­ly­sie­ren und klas­si­fi­zie­ren die vor­kom­men­den Müll­ty­pen, wir schau­en uns die Räu­me und immer wie­der das gesam­te Gelän­de an. Wir spre­chen mit Lama­ji über sei­ne Ideen und ver­ei­nen sie mit unse­ren Erfah­run­gen. Das größ­te Pro­blem bei der Müll­be­sei­ti­gung erken­nen wir schnell: es exis­tie­ren gar kei­ne Müll­ei­mer!
Plas­tik­müll exis­tiert auch erst seit ein bis zwei Jah­ren – seit im Dorf ein win­zi­ger Mini­markt zu fin­den ist, der die übli­chen Chips, Kek­se und Plas­tik­fla­schen anbie­tet.

In den kom­men­den Wochen ent­wi­ckeln wir ein simp­les Kon­zept: ein­fa­che Tren­nung des Mülls in allen Räu­men, sepa­rier­te Müll­ton­nen auf dem gesam­ten Gelän­de und eine ein­fa­che Recy­cling­sta­ti­on in Form eines klei­nen Gebäu­des mit Zufahrt zur Stra­ße. Wir spre­chen mit dem Haus­meis­ter, mit dem haus­ei­ge­nen Schrei­ner und mit den Bau­ar­bei­tern. Wir recher­chie­ren die noch sehr rudi­men­tä­ren Recy­cling­mög­lich­kei­ten in und um Kaza, eige­ne Ideen zur Wie­der­ver­wen­dung und Mög­lich­kei­ten von Ver­kauf diver­ser Müll­ty­pen. Peter ent­wi­ckelt ein stu­fen­wei­ses Imple­men­tie­rungs­pro­gramm für Schü­ler, Leh­rer und Ange­stell­te für die kom­men­den Mona­te und wir beschlie­ßen, mit eini­gen Kin­dern die tris­te 15m lan­ge Wand im Ein­gangs­be­reich der Grund­schu­le als Infor­ma­ti­ons­ta­fel für den neu­en Recy­cling­pro­zess zu bema­len – und somit bun­ter, freund­li­cher zu gestal­ten.

Am frei­en Sonn­tag fah­re ich mit Peter nach Kaza, wo wir unser Arbeits­ma­te­ri­al für die Mal­ak­ti­on kau­fen – oder bes­ser impro­vi­sie­ren: Far­ben, ein­fa­che Pin­sel, Hasen­git­ter zum Abstrei­fen von Far­be, abge­schnit­te­ne Plas­tik­fla­schen zum Mischen und vie­les mehr. Der gute Lotey über­setzt unse­re wil­den Ein­kaufs­wün­sche.

Den Aus­flug nach Down­town nut­zen wir auch pri­vat, um Wasch­was­ser für unse­ren Tank und Trink­was­ser auf­zu­fül­len. Nach Abspra­che mit den Ein­hei­mi­schen dür­fen wir – zur Unter­hal­tung und Belus­ti­gung der anwoh­nen­den Mön­che – eine zen­tra­le Was­ser­lei­tung des Dor­fes kap­pen und unse­re Trink­was­ser­ka­nis­ter fül­len.

Am nächs­ten Tag begin­nen wir mit der Unter­stüt­zung des Kunst­leh­rers Pas­san – eines Exil­ti­be­ters – und eini­ger älte­rer Schü­ler unse­re Mal­ak­ti­on. Die größ­te Her­aus­for­de­rung sind die Pau­sen, in wel­chen sich die win­zi­gen und zucker­sü­ßen Grund­schü­ler mit ihren Pat­sche­händ­chen ver­ewi­gen wol­len oder uns ein­fach nur zum Nie­der­knien unter­hal­ten.

 

Das Grund­schul­ge­bäu­de vor­her – und nach­her

 

Sobald es am Nach­mit­tag zu dun­kel wird um zu malen – nach­mit­tags gibt es kei­nen Strom und somit kein Licht – nut­zen wir die Zeit für die Arbeit am theo­re­ti­schen Teil unse­res Pro­jekts.

An den Aben­den sind wir völ­lig erle­digt. Doch über­glück­lich. Die Arbeit mit und unter den vie­len Kin­dern ist ein­fach unglaub­lich und unver­gess­lich. Unser Pro­jekt läuft gut und wir sind über­rascht vom Taten­drang des Lama­jis. Auch wenn er mit dem Bau der Recy­cling­sta­ti­on erst in 2015 begin­nen kann, so besteht er doch auf die Fer­tig­stel­lung eines Pro­to­ty­pen einer Müll­trenn­sta­ti­on – den wir tat­säch­lich noch vor unse­rer Wei­ter­fahrt fina­li­sie­ren kön­nen.

 

Der Bau des Pro­to­typs einer Müll-Tren­nungs-Sta­ti­on

 

Dass wir wäh­rend unse­rer Zeit in Mun­sel-Ling den lus­ti­gen Tea­chers Day, die Ein­wei­hung eines neu­en Gebäu­des sowie einen Cul­tu­ral Evening mit vie­len loka­len Tän­zen der Kin­der mit­er­le­ben dür­fen, ist mehr als ein Geschenk – und wird uns für immer in Erin­ne­rung blei­ben.

Doch am meis­ten wer­den wir wohl das gro­ße Herz und das Lächeln Lama­jis, das all­zeit geru­fe­ne „Good Mor­ning M’am Jen­ni­fer! Good Mor­ning Sir Peter!“ und das Lachen der Kin­der – sowie das zau­ber­haf­te Spi­ti Val­ley mit sei­nen ein­zig­ar­ti­gen Men­schen ver­mis­sen.

Mit Trä­nen in den Augen (ich) und sehr trau­rig (wir bei­de) fah­ren wir zum letz­ten Mal vom Hof der Mun­sel-Ling Child­ren Home School und wis­sen jetzt schon, dass wir eines Tages wie­der­kom­men wer­den. Nach Spi­ti.

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Antworten

  1. Avatar von Susanne Spies-Löser via Facebook
    Susanne Spies-Löser via Facebook

    Ein ganz wun­der­ba­rer Bericht von Euch

  2. Avatar von Franziska via KeineWeltreise
    Franziska via KeineWeltreise

    Dan­ke für die schö­nen Bil­der und damit die inter­es­san­ten Ein­bli­cke! Hat in mir das Fern­weh geweckt. Und wenn dabei noch die Nach­hal­tig­keit (Müll­tren­nung) unter­stützt wird, umso bes­ser!

    Grü­ße von Fran­zis­ka

    1. Avatar von Jennifer und Peter

      Dan­ke, Fran­zis­ka!
      Also, das Spi­ti Val­ley ist auf jeden Fall ein ganz gro­ßer Tipp für alle von Fern­weh Geplag­ten 🙂
      Ein High­light!

  3. Avatar von Mel

    Was für ein groß­ar­ti­ger Bericht.
    Wer denkt schon dar­an mal ein Recy­cling-Kon­zept für eine Schu­le zu ent­wer­fen? Wirk­lich klas­se. Ihr habt groß­ar­ti­ge Arbeit geleis­tet.

    LG Mel

    1. Avatar von Jennifer und Peter

      Dan­ke, Mel! Nun ja, wir wären ja auch nicht auf die Idee gekom­men. Schön, dass dem Lama­ji das The­ma auf dem Her­zen lag. Er hat gro­ßen Ein­fluss auf das Dorf und auch die klei­nen umlie­gen­den Dör­fer. Wir hof­fen, dass das Pro­jekt nun auch wei­ter läuft.
      Es grüßt die Jen!

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