All aboard

»Coming up to your right: the litt­le town of Nen­a­na«, ertönt eine freund­li­che Stim­me. Sie gehört einem Stu­dent Tour Gui­de der Alas­ka Rail­road, die in den Som­mer­mo­na­ten mit an Bord des Dena­li Star, Coas­tal Clas­sic und Gla­cier Dis­co­very Zuges geht. Die Gui­des infor­mie­ren die Rei­sen­den über Beson­der­hei­ten ent­lang der Stre­cke und hal­ten nach Tie­ren Aus­schau. Mit viel Begeis­te­rung erzäh­len sie span­nen­de Geschich­ten, die sich ent­lang der Schie­nen ran­ken. Zum Bei­spiel die, das sich in einem klei­nen Dorf vor eini­gen Jah­ren zwei der meist gesuch­tes­ten Män­ner der USA ver­steckt hiel­ten.

Das Rei­sen mit der Alas­ka Rail­road ist ein ganz beson­de­res Erleb­nis. Fast schon eine fami­liä­re Ange­le­gen­heit. Gleich zu Anfang wird man ein­ge­la­den, im Zug umher­zu­lau­fen, die Frei­luft-Wagen oder das Glas­kup­pel-Abteil, das einen 180 Grad Pan­ora­ma­blick auf die fan­tas­ti­sche Land­schaft bie­tet, zum Foto­gra­fie­ren und Stau­nen auf­zu­su­chen. Das macht die Fahrt super kurz­wei­lig. Auf eini­gen Abschnit­ten gerät man gar in Streß, so vie­le wun­der­ba­re Foto-Gele­gen­hei­ten gibt es. Ich bin qua­si stän­dig in Bewe­gung gewe­sen, um die sich per­ma­nent ändern­de Sze­ne­rie auf­zu­sau­gen. Hin­ter jeder Kur­ve ein neu­es fan­tas­ti­sches Natur-Bild. Wie ein nicht enden wol­len­der Film zieht die gran­dio­se Land­schaft mit ihren Ber­gen, Can­yons, Flüs­sen, Glet­schern, Seen, sat­ten Wie­sen, Fjords, grü­nen Wäl­dern und Tälern an einem vor­über. Wir konn­ten Adler, Bären und Elche ent­lang der Zug­stre­cke beob­ach­ten.

Die Alas­ka Rail­road wur­de 1923 fer­tig­ge­stellt. Sie läuft von Fair­banks im Nor­den bis nach Seward am Kenai Fjord im Süden. Genau den rund 800 km lan­gen Weg haben wir mit dem Zug bereist, und dabei drei Zwi­schen­stopps ein­ge­legt: am Dena­li Natio­nal Park, in der klei­nen Stadt Tal­keet­na und in Ancho­ra­ge. Vier Abschnit­te, alle unter­schied­lich, alle ein ein­zig­ar­ti­ges Erleb­nis. Alas­ka Rail­road bie­tet auf einem Abschnitt sogar »Flag Stops« an. Mit einer wei­ßen Tuch kann man den Zug über­all ent­lang der Stre­cke anhal­ten, um Auf­zu­sprin­gen. Ein Ange­bot für Ein­hei­mi­sche, die im Hin­ter­land leben. Aber auch für Besu­cher, die am Mor­gen irgend­wo aus­stei­gen, eine Wei­le wan­dern, und sich am Nach­mit­tag wie­der zum Aus­gangs­ort zurück­fah­ren las­sen.

Auf einer unse­rer Rei­se-Abschnit­te hielt der Zug in einer klei­nen Ort­schaft, um den Lok­füh­rer mit sei­ner Toch­ter aus­stei­gen zu las­sen. Schicht­wech­sel mit­ten im Nichts. Auf dem Weg nach Ancho­ra­ge hat­te der Zug zwei Stun­den Ver­spä­tung. Eini­ge Pas­sa­gie­re hät­ten ihren Flie­ger ver­passt. Kein Pro­blem. Irgend­wo vor Ancho­ra­ge wur­de der Zug ein­fach gestoppt. Dort war­te­te bereits der vom freund­li­chen Zug­per­so­nal orga­ni­sier­te Taxi-Trans­port zum Flug­ha­fen. Undenk­bar bei der Deut­schen Bahn. Aber auch wohl ein­zig­ar­tig für eine nord­ame­ri­ka­ni­sche Eisen­bahn­ge­sell­schaft.  Die Alas­ka Rail­road gehört übri­gens dem Staat Alas­ka und ist nicht mit einer ande­ren ame­ri­ka­ni­schen oder kana­di­schen Zug­ge­sell­schaft ver­bun­den. Neben Pas­sa­gie­ren wer­den auf allen Abschnit­ten auch Waren trans­por­tiert.

Lässt man sich dann doch mal in sei­nen Sitz fal­len und genießt das lang­sa­me Rei­sen durch die­se unend­li­chen Wei­ten, ist die Fahrt fast wie Medi­ta­ti­on. Das sanf­te Ruckeln des Zuges, das melo­di­sche »Tuuut, tuuut« und die am Fens­ter vor­bei­zie­hen­de atem­be­rau­ben­de Kulis­se, die zu einem gro­ßen Teil nicht über den Land­weg zugäng­lich ist. Zum ers­ten Mal macht »Der Weg ist das Ziel« für mich wirk­lich Sinn. Und dann haben wir noch »Alas­kan Kölsch« im Wil­der­ness Bord-Cafe ent­deckt … »Bes­ser wäre uner­träg­lich«, um eine gute Freun­din zu zitie­ren. Prost!

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