Und überall dem Buddha sein freundliches Gesicht

Mei­ne Lieb­lings­an­ek­do­te zum The­ma Bud­dhis­mus ist fol­gen­de (leset und stau­net): eine Frau, reif an Jah­ren, ver­ließ ihren Mann, kon­ver­tier­te zum Bud­dhis­mus, wo sie inner­lich schon immer sein woll­te. Als ich mit dem Kind zu Besuch war, stand dort neu­er­dings ein Bud­dha und die­ser bekam Gaben. Reis und etwas zu trin­ken. Das Kind war damals drei oder so. Es aß dem Bud­dha den tro­cke­nen Reis weg.
»Lass das«, sag­te ich, »das ist für Bud­dha.«
»Nein, Bud­dha teilt gern«, sag­te die Bud­dhis­tin.
»Auch sein Essen?«, frag­te das Kind, das damals über­haupt nicht ger­ne teil­te.
»Alles!«, sag­te die Bud­dhis­tin und sah dabei sehr glück­lich aus.
»ALLES?«, brüll­te das Kind und sie sah Bud­dha skep­tisch an. »Auch sei­ne Nase?«
Das ging dann eine Wei­le so. Mit hohem Ton­fall geru­fe­ne Fra­gen. »Auch sei­nen Po?«
Fazit: Bud­dha teilt alles.
Auch sei­nen Po.

Bud­dha ist wie das Kind und ich aus Indi­en nach Thai­land gereist, denn er ist in Nord­in­di­en gebo­ren.

Er wuchs reich und mut­ter­los auf und sein Vater woll­te nicht, dass er Armut sieht, damit er nicht der Vor­aus­sa­ge fol­gend Weis­heit in die Welt brin­gen wür­de. Echt, sol­che Eltern gibt’s und gab’s schon immer. Die den­ken dann, »bes­ser mein Kind macht etwas, das ich gut fin­de, als etwas, für das es geeig­net ist.« Noch dazu, wenn angeb­lich das Kind Weis­heit in die Welt bringt. Him­mel, da könnt ich mich gleich mit Bud­dhas Vater strei­ten. Lass den Jun­gen doch. Ver­mut­lich hät­te Bud­dhas Mut­ter das auch zu Bud­dhas Vater gesagt, aber sie war ja tot. Oft sind es ja auch die Müt­ter, die die Kin­der im Nest behal­ten wol­len, wohin­ge­gen die Väter sagen, dass die Kin­der ruhig flie­gen dür­fen, um ihr Leben zu leben, denn dafür ist es ja da. Leben ist ja nicht haupt­säch­lich dazu da, nicht zu ster­ben, son­dern um zu leben. Das ist mir in Indi­en auf­ge­fal­len, aber jetzt schrei­be ich schon wie­der von Indi­en.
Viel­leicht war Bud­dhas Vater inso­fern ein moder­ner Vater, dass er die Mut­ter­rol­le ein wenig mit­er­füllt hat?
Wer weiß das schon?
Küchen­psy­cho­lo­gie­schub­la­de zu!

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Angeb­lich wur­den die Stra­ßen von Indi­en von Dreck und armen Men­schen berei­nigt, wenn klein Bud­dha spa­zie­ren ging oder ritt oder schritt.
Eines Tages sah er doch Elend und Armut und das ließ ihn die Sinn­lo­sig­keit sei­nes bis­he­ri­gen Lebens erken­nen. Und damit ging es ihm wie vie­len Indi­en­tou­ris­ten nach ihm.
Er sucht dar­auf­hin einen Weg aus dem Leid und das ist wohl der Haupt­un­ter­schied zum Hin­du­is­mus, aus dem er ja kommt (wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe, wenn ich über­haupt in der Lage bin, Reli­gio­nen zu ver­ste­hen): der Hin­du­is­mus akzep­tiert, dass das Leben auch Lei­den ist. Dar­um ist es auch nicht schlimm, im ver­dreck­ten Gang­hes zu baden und danach zu ster­ben, denn ster­ben ist ja nicht schlimm, son­dern befrei­end. So habe ich es mir jetzt zusam­men­ge­dacht, aber den­ken hilft nicht.

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Lie­gen­der Bud­dha in Bang­kok, Wat Pho. 15 Meter hoch, 46 Meter lang. Man soll auf­pas­sen auf Taschen­die­be, die einem die Kame­ras weg­neh­men wol­len, was gar nicht geht, weil alle Tou­ris­ten ihre Kame­ras unun­ter­bro­chen benut­zen.

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Kind beklebt Bud­dha mit Gold. Bringt Glanz und Glück. Auf den Kopf geklebt: gute Gedan­ken, aufs Herz: gute Gefüh­le, auf den Bauch: Gesund­heit und auf die Füße: gute Rei­se. Wir ver­gol­den sicher­heits­hal­ber alles.

Und wie geht es wei­ter mit dem Lebens­weg von Sid­dha­rtha Gau­t­ama?
Nun, da will ich euch mal nicht wei­ter auf die Fol­ter span­nen: Mit 29 Jah­ren ver­ließ der Gute Weib und frisch gebo­re­nes Kind. Wie fin­de ich das? Blöd. Aber er ist Bud­dha und er hat sie anders ver­las­sen, als ande­re Män­ner ihre Frau­en ver­las­sen. Er hat sie mora­lisch hoch­wer­ti­ger ver­las­sen irgend­wie, weil er danach ja erleuch­tet wur­de und nicht die nächs­te Frau geknat­tert hat. Oh, da hat­te sich gera­de die Tas­tur auf zynisch ver­stellt. Ent­schul­di­gung.
Der Rei­se­füh­rer sagt, dass es in Thai­land soviel Pro­sti­tu­ti­on gibt, weil Män­ner ihre jun­gen Frau­en mit frisch gebo­re­nen Kin­dern ver­las­sen. Und die­se müs­sen ihr Geld nun irgend­wie ver­die­nen, um sich und die Kin­der durch­zu­be­kom­men. Es sind auch nicht nur Sex­tou­ris­ten, die das Phä­no­men begüns­ti­gen. Es sind auch Thai­män­ner, die ger­ne in den Puff gehen. Ich weiß nicht, was das jetzt mit Bud­dhis­mus zu tun hat.

Aber da sind wir wie­der beim Nest und beim Flie­gen. Er woll­te flie­gen. Das Pro­blem ist, dass viel­leicht sei­ne Frau auch lie­ber flie­gen woll­te, aber … genau, sie war die Frau. Das Kind war ein Sohn und er hieß Rahu­la, was wohl Fes­sel bedeu­tet. Das fin­de ich eine gleich­wohl gewag­te, wie auch muti­ge Idee, die Bud­dha und sei­ner jun­gen Frau da hat­ten. Nen­nen wir das Kind doch ein­fach beim Namen. Man könn­te Kin­der auch Kar­rie­re­knick nen­ne. Oder war der Name im Sin­ne der pos­ti­ven Deu­tung gemeint: fes­selnd?

Mei­ne klei­ne Fes­sel und ich schau­en uns eini­ge bud­dhis­ti­sche Akti­vi­tä­ten an und machen ein­fach mal mit.
Im Wat Pho tau­schen wir Schei­ne in Mün­zen und klap­pern uns ein­mal an den Wunsch­schüs­sel ent­lang. Pro Mün­ze ein Wunsch. Das Kind über­legt bei jedem Wunsch und hin­ter uns staut es sich. Kei­ner über­holt und ist genervt. Sie las­sen das klei­ne Mäd­chen in Ruhe ihre 50 Wün­sche über­le­gen. Es läuft auf sehr viel Gesund­heit für sehr vie­le Leu­te hin­aus und auf sehr viel Frie­den für sehr vie­le Län­der.
Klap­per­klap­per.
Danach sind wir bei­de glück­lich, sagen immer wie­der: »das war schön«. Viel­leicht stel­le ich zu Hau­se im Flur mal alle Töp­fe auf und klap­per da auch mei­ne Münz­wün­sche rein. Wenn das so froh macht.

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Irgend­wie gehts schon um Geld, habe ich den Ein­druck.

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Am inter­es­san­tes­ten fin­det das Kind, den Ker­zen- und Räu­cher­stäb­chen­weg­räu­mer in Bang­kok.
Der Schrein ist vier­eckig und der Ker­zen- und Räu­cher­stäb­chen­weg­ma­cher geht Run­de um Run­de und sam­melt gelas­sen alles ein. Er trägt Hand­schu­he, um sich nicht zu ver­bren­nen. Nimmt rau­chen­de Stäb­chen und bren­nen­de Ker­zen, wirft alles in eine Was­ser­brü­he und danach in einen Eimer.
Es ist so pro­fan.

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Am Ende des Tages wird er wohl auch all die Blu­men­krän­ze ein­sam­meln und? Wer­den sie erneut ver­kauft oder weg­ge­wor­fen?
Kind wür­de gern Ker­zen- und Räu­cher­stäb­chen­ent­fer­ne­rin wer­den. Oder Ele­fan­ten­brin­ger. Er läuft mit einer Schub­kar­re vol­ler Ele­fan­ten an uns vor­bei.

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Wir lachen dar­über auch die Tage danach noch. Kind sagt: »Dra­nerin­nerst du dich an den Mann, der die Ele­fan­ten auf der Schub­kar­re gebracht hat?«
Ich weiß nicht, war­um sie immer »Dra­nerin­nerst du dich?« sagt, aber ich mag es nicht kor­ri­gie­ren, denn ich mag es so, wie es ist.

Eines Tages wird sie es nicht mehr sagen und ich wer­de sie fra­gen: »Dra­nerin­nerst du dich, wie du immer dra­nerin­nerst du dich gefragt hast?«

 

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Antwort

  1. Avatar von Alicja
    Alicja

    Oh ich lie­be die­se tro­cke­ne, kri­ti­sche Schreib­wei­se!

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