Eine rätselhafte Stadt

Nichts wuss­te ich über die Stadt Graz, als mich von dort eine unge­wöhn­li­che Ein­la­dung erreich­te. Und da ich sel­ten eine Mög­lich­keit ver­strei­chen las­se, einen unbe­kann­ten Ort zu erkun­den, sag­te ich bald zu – es soll­te sich als eine bri­san­te Ent­schei­dung her­aus­stel­len…

Graz emp­fing mich in grau. Dicke Regen­wol­ken hin­gen über dem Land, als mich der schwatz­haf­te Taxi­fah­rer in den Orts­kern fuhr. Der Beginn einer rät­sel­rei­chen Rei­se. Und einem ver­hee­ren­dem Ende.

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Die ers­te von den vie­len Auf­ga­ben lös­te ich noch mit Bra­vour, im Gegen­satz zu mei­nen Kon­tra­hen­ten, die schon etwas frü­her ange­kom­men waren: Das Rät­sel um die ver­tausch­ten Zei­ger des Uhr­turms. Mit stolz­ge­schwell­ter Brust betrat ich das Hotel, wo eini­ge an der Bar saßen, schon kräf­tig am Zechen, und über lang ver­gan­ge­ne Erfol­ge schwa­dro­nier­ten. Die­ses Hotel Wies­ler wuss­te mich auf Anhieb gründ­lich zu ver­wir­ren, war doch in ehr­wür­di­gem Gemäu­er aller­hand Moder­nes zu fin­den, in kon­ge­nia­ler Mix­tur.

Wer mei­ne Geg­ner in die­ser Wet­te sind? Nun, natur­ge­mäß nur die Bes­ten ihrer Zunft, was wäre das sonst für ein lächer­li­cher Wett­kampf!  Mari­an­naNinaSte­fanTere­saChris­ti­neClau­dia und Andre­as, die­se geschei­ten Leu­te soll­te ich also besie­gen, mit muti­gem Herz und fri­schem Geist. Nun, ver­zeiht, wenn ich vor­grei­fe: Es soll­te anders kom­men.

Dies ist die Geschich­te von mei­ner größ­ten Nie­der­la­ge, und sie erfüllt mich immer noch mit Scham.

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Nach­dem ich in die Zeche­rei ein­ge­stie­gen war, und ein herz­haf­tes Mahl mit dem bie­rigs­ten Bier her­un­ter­ge­spült hat­te, such­ten wir noch eine Spe­lun­ke auf, wo sich als­bald die ers­ten nach dem Genuss des loka­len Hasen­feu­ers nicht mehr auf den Bei­nen hal­ten konn­ten. Dies war ein rech­ter Laden, auf den wirk­lich ganz Graz kein böses Wort kom­men lässt, mit einer deli­ka­ten Musik­aus­wahl.

Jetzt bin ich wohl selbst ein wenig ins Schwa­feln gekom­men! Nun, es ist auch gleich. Wer von mei­nen ver­ehr­ten Lesern noch dabei ist, dem dan­ke ich herz­lich. (Und der Rest soll sich zum Teu­fel sche­ren, wenn‘s genehm ist.)

Am nächs­ten Mor­gen soll­te das Spek­ta­kel begin­nen, und noch voll des guten Hasen­feu­ers nah­men wir unse­re Auf­ga­ben ent­ge­gen. In die­ser Stadt gibt es wohl so viel zu sehen, dass der Bür­ger­meis­ter eine Appli­ka­ti­on hat ent­wi­ckeln las­sen, die den Gast zu allem Sehens­wür­di­gen brin­gen soll. Die­se wür­den wir nut­zen, um unse­re Rät­sel zu lösen, die in kunst­vol­len Gedich­ten ver­steckt waren.

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Mein Kame­rad in die­ser Schlacht war der gute Andre­as, und sie­ges­ge­wiss mach­ten wir uns gemüt­li­chen Schrit­tes auf den Weg; hiel­ten an man­chem hüb­schen Ding und stie­gen mal hier, mal dort ein biss­chen her­um. Ja, so viel gab es zu sehen, dass wir die Rät­sel fast völ­lig ver­ga­ßen! Als wir uns wie­der der eigent­li­chen Auf­ga­be besan­nen, kam gera­de die Son­ne her­vor, und uns blen­de­te der Lieb­reiz der Stadt Graz. Wel­cher gut­her­zi­ge Mensch woll­te sich da mit schwie­ri­gen Rät­seln her­um­schla­gen! Doch wie­der ein­mal gewann das Pflicht­be­wusst­sein des Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rers. Und so besa­hen wir uns die crea­ti­ve Volks­kunst, die öffent­lich plat­ziert wur­de.

Und die Stadt Graz ist voll die­ser Stra­ßen­kunst, alle Ach­tung! Dank der Appli­ka­ti­on konn­ten wir unse­re Rät­sel gera­de noch zur rech­ten Zeit lösen – auch wenn uns die Ent­zif­fe­rung eini­ge Gehirn­zel­len kos­te­te. Das war kei­ne klei­ne Leis­tung, und wir klopf­ten uns gehö­rig auf die Schul­tern! Die eine und ande­re Fla­sche alten Weins wur­de abends noch geöff­net, um unse­ren siche­ren Sieg zu fei­ern.

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Was war das für ein Erwa­chen von unse­ren Träu­me­rei­en am nächs­ten Mor­gen! Die Rät­sel­meis­ter hat­ten einen gehei­men Schlüs­sel ver­wen­det, und nun acht Plät­ze ver­ge­ben. Ich moch­te gera­de­zu im Boden ver­sin­ken, so pein­lich war es, als der aller­letz­te Platz mir – ja: mir! – gege­ben wur­de! Ich konn­te es nicht fas­sen und kra­kel­te eine Wei­le her­um, mit tief­ro­tem Kopf und wir­rem Blick. Doch mein Gestam­mel ern­te­te völ­li­ge Igno­ranz! Also setz­te ich mich wie­der hin, und grü­bel­te ob die­ser Schmach, und zeter­te in mich hin­ein.

Nun, auch ein Meis­ter muss irgend­wann in sei­nem Leben die eine und ande­re Nie­der­la­ge ein­ste­cken, doch im Gegen­satz zum jam­mer­vol­len Wurm lässt er sich davon nicht ent­mu­ti­gen. Er schrei­tet umso kräf­ti­ger aus, wenn der Ruf eines fri­schen Aben­teu­ers an sein Ohr dringt, um sich und der Welt aufs Neue zu demons­trie­ren, wer ein gan­zer Kerl ist!

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Antworten

  1. Avatar von Hannah Meyer

    Für mich eine der lie­bens­wer­tes­ten Städ­te der Welt. Groß genug zum Fort­ge­ben, klein genug für Per­sön­lich­keit – Herr­li­che Früh­stücks­lo­ka­le, Mit­tags­ti­sche und Fort­geh­lo­ka­le,… i <3 graz

  2. […] auch bei Nina, Johan­nes, Ste­fan, Tere­sa, Chris­ti­ne, Andre­as und Clau­dia vor­bei. Die prä­sen­tie­ren euch noch mehr schö­ne […]

  3. Avatar von Michael
    Michael

    .…aber ihr habt die Schöns­ten und Inter­es­san­tes­ten Bil­der gemacht.….wer muss da noch sie­gen 😉

    1. Avatar von Johannes Klaus

      Wenn du das sagst, Michi! 😉

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