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Im Grünen warten die Riesenschildkröten

Santa Cruz, das wäh­rend unse­rer Gala­pa­gos-Ent­de­ckungs­tour als zweite Insel auf unse­rem selbst aus­ge­tüf­tel­ten Rei­se­plan steht, ist das Gegen­teil des kar­gen Eilands San Cris­tó­bal. Denn die zweit­größte und bevöl­ke­rungs­reichste Insel des Archi­pels ist üppig-grün. Und inmit­ten die­ser Vege­ta­tion ent­de­cken wir zahl­rei­che Gala­pa­gos-Rie­sen­schild­krö­ten, die jedoch nicht die ein­zi­gen sehens­wer­ten Tiere von Santa Cruz sind. 

Pri­vate Boote ver­bin­den täg­lich die drei gro­ßen Inseln der Gala­pa­gos. Und des­we­gen ste­hen wir an die­sem Mor­gen am Pier in Puerto Baquerizo Moreno auf San Cris­tó­bal. Unser Ziel ist Santa Cruz, die zweit­größte und bevöl­ke­rungs­reichste Insel des Archipels.

30 US-Dol­lar kos­tet eine ein­fa­che Fahrt. Um unsere Rei­se­kos­ten auf den Gala­pa­gos­in­seln in Gren­zen zu hal­ten, haben wir uns jedoch vor­ge­nom­men, jeden Preis freund­lich, aber hart­nä­ckig aus­zu­han­deln und so um jeden US-Dol­lar zu feil­schen. Und in die­sem Fall klappt es: Wir bekom­men die Tickets für 25 US-Dol­lar pro Per­son. So sit­zen wir wenig spä­ter tri­um­phal grin­send in einem klei­nen Boot, das über den wei­ten Ozean in Rich­tung Santa Cruz düst.

Der Pazi­fik zeigt sich von sei­ner ruhi­gen Seite, obwohl der Wel­len­gang in die­ser Jah­res­zeit häu­fig recht hef­tig sein soll. Nach einer ent­spann­ten zwei­stün­di­gen Fahrt läuft der Kut­ter schließ­lich im Hafen des Haupt­or­tes von Santa Cruz, Puerto Ayora, ein.

In der mit rund 15.000 Ein­woh­nern größ­ten Stadt der gesam­ten Gala­pa­gos­in­seln machen wir uns umge­hend auf Hotel­su­che. Einige klap­pern wir erfolg­los ab. Unsere Vor­stel­lung ent­spricht zehn US-Dol­lar pro Per­son für eine Über­nach­tung. Die Preise der von uns ange­frag­ten Hotels lie­gen meist deut­lich darüber.

Ich stehe vor dem Hotel Sali­nas. Ein erneu­ter Ver­such. Zwölf US-Dol­lar will der rüs­tige Hotel­ma­na­ger von jedem Gast haben. Ich frage höf­lich nach einem Rabatt, um unsere Zeh­ner­marke hal­ten zu kön­nen. Er schaut mich ver­ständ­nis­los an. „Für fünf US-Dol­lar kannst Du auf einem Stuhl auf der Ter­rasse schla­fen“, wirft er mir schlecht­ge­launt ent­ge­gen. Einen Preis­nach­lass kann ich ver­ges­sen, denke ich mir, der alte Knur­rer lässt nicht mit sich handeln.

Da das ein­fa­che, unspek­ta­ku­läre Hotel trotz­dem das güns­tigste weit und breit ist, wil­li­gen wir ein. Ein­ge­checkt. Unsere eigen­stän­dige Erkun­dungs­tour auf Santa Cruz kann also losgehen.

El-Chato-Schild­krö­ten­re­ser­vat: Die Nach­fol­ger von Lone­some George

Die nahezu kreis­runde Insel vul­ka­ni­schen Ursprungs ist nicht nur durch ihre hüge­lige Land­schaft geprägt. Son­dern auch durch die Gala­pa­gos-Rie­sen­schild­kröte. Der bekann­teste Ver­tre­ter die­ser Art, Lone­some George, starb zwar vor eini­ger Zeit im Alter von circa 100 Jah­ren. Doch auch die vom Namen her weni­ger berühm­ten Rie­sen­schild­krö­ten inter­es­sie­ren uns brennend.

Daher möch­ten wir schnellst­mög­lich zum El-Chato-Schild­krö­ten­re­ser­vat. Denn dies soll ein idea­ler Ort sein, um die Rie­sen mit ihren lan­gen Häl­sen aus der Nähe zu beob­ach­ten. Jetzt müs­sen wir das Natur­schutz­ge­biet nur noch irgend­wie erreichen.

In unse­rem Rei­se­füh­rer lesen wir, dass wir am ein­fachs­ten ein Taxi von Puerto Ayora neh­men, um zum Reser­vat zu gelan­gen. Nach zähen Ver­hand­lun­gen wil­ligt der junge Taxi­fah­rer Juan ein, uns für 30 US-Dol­lar zu unse­rem Ziel­ort zu brin­gen und dort auf uns für den Rück­trans­port zu warten.

Und schon die Fahrt zum Natur­schutz­ge­biet ist ein Erleb­nis. Denn die Insel Santa Cruz über­zeugt bereits auf den ers­ten Blick durch ihre grüne Natur. Damit steht sie im Gegen­satz zu eher kar­gen San Cristóbal.

Wir fah­ren berg­auf und durch­que­ren nach ein paar Minu­ten ein klei­nes Dorf. Dann bie­gen wir in eine Allee der beson­de­ren Art ein. Diese wird eben nicht nur von Bäu­men gesäumt. Eben­falls machen wir immer wie­der Rie­sen­schild­krö­ten am Stra­ßen­rand aus. Ein klei­ner Vor­ge­schmack auf das, was wir gleich zu Gesicht bekommen.

Das El-Chato-Schild­krö­ten­re­ser­vat ist ein weit­läu­fi­ges Gelände aus Wie­sen und eini­gen Bäu­men. Und mit­ten­drin bewe­gen sich die Rie­sen­schild­krö­ten im Schne­cken­tempo von A nach B. Oder sie fres­sen ein­fach in aller See­len­ruhe Gras.

Wir erkun­den die Anlage, dre­hen eine Runde. Immer wie­der tref­fen wir dabei auf die Wesen, die über 150 Jahre alt wer­den kön­nen. Ihre Mäu­ler rei­ßen sie regel­mä­ßig weit auf. Ihre Augen ver­dre­hen sich in die­sen Momen­ten leicht. Wie E.T. – der aus dem TV bekannte Außer­ir­di­sche, der stän­dig nach Hause tele­fo­nie­ren wollte – sehen sie aus.

Kom­men wir ihnen zu nahe, fau­chen sie, dann zie­hen sie ruck­ar­tig ihren Kopf ein, in den Pan­zer hin­ein. Trotz die­ser Scheu schaf­fen wir es mit etwas Geduld, Fotos aus der Nähe gemein­sam mit den gepan­zer­ten Krea­tu­ren zu machen. Dabei bli­cken wir den rie­si­gen Schild­krö­ten tief in die Augen.

Zum Abschluss unse­res Auf­ent­halts im Schild­krö­ten­re­ser­vat besich­ti­gen wir einen unter­ir­di­schen Lava­tun­nel, der sich auf dem Gelände befin­det. Die­ser Tun­nel ist ent­stan­den, als sich die äußere Schicht eines Lava­stroms ver­fes­tigte, der Lava­strom ver­ebbte und wie­der zurück­floss. Lam­pen beleuch­ten die­sen Tunnel.

Wir schlen­dern ein­mal durch, pas­sen dabei auf, dass wir unsere Köpfe nicht an den Fel­sen sto­ßen und bege­ben uns danach wie­der zum Aus­gang der schö­nen Anlage, wo der gedul­dige Juan auf uns wartet.

Los Geme­los: Grün bewach­sene Zwillingstrichter

Die Fahrt zum Reser­vat ver­bin­den wir mit dem Besuch der in der Nähe des Natur­schutz­ge­bie­tes im Hoch­land von Santa Cruz befind­li­chen Kra­ter Los Geme­los. Um die Zwil­lings­trich­ter herum sprie­ßen Farne aus dem Boden. Die Land­schaft ist extrem grün, eben­falls der dicht bewach­sene Krater.

Wir schauen uns diese aus der Nähe an. Vögel zwit­schern laut­stark. Dann hören wir aber den Motor des Taxis, das uns zurück nach Puerto Ayora bringt.

Bahía Tor­tuga: Meer­ech­sen wett­ei­fern beim Sonnenbaden

Schon aus der Ent­fer­nung ver­neh­men wir das sowohl kra­chende als auch beru­hi­gende Geräusch der Bran­dung. Einen unge­fähr zwei Kilo­me­ter lan­gen, gepflas­ter­ten Pfad sind wir nun von Puerto Ayora aus ent­lang­ge­lau­fen. Unser Ziel ist nicht mehr weit entfernt.

Der Ozean, der in unse­ren Ohren rauscht, umspült die in einem Natio­nal­park lie­gende Bahía Tor­tuga. Wenige Minu­ten spä­ter ist es end­lich soweit: Die Bucht mit pulv­ri­gem, wei­ßem Sand erstreckt sich vor uns. Ich atme die sal­zige Mee­res­brise ein.

Wir machen uns auf den Weg zum ande­ren Ende der Bucht. Wäh­rend­des­sen beob­ach­ten wir Sur­fer, die auf den Wel­len­käm­men mit ihren Surf­boards glei­ten. Ruhi­ger las­sen es hin­ge­gen die Meer­ech­sen ange­hen, die beim Son­nen­ba­den am Strand wett­ei­fern. Tou­ris­ten posie­ren für Fotos zwi­schen den Ech­sen, die sich auch dadurch nicht aus der Ruhe brin­gen lassen.

Schließ­lich bie­gen wir um die Ecke. Eine wei­tere Bucht ent­de­cken wir nun. Das Was­ser ist hier viel ruhi­ger. Wel­len? Fehl­an­zeige. Die Besu­cher des Natio­nal­parks neh­men an die­sem Strand­ab­schnitt ein Bad.

Uns inter­es­siert aller­dings eher die Umge­bung. An einer Seite der Bucht befin­det sich ein klei­ner Kak­teen­wald. Wir bege­ben uns in die­sen hin­ein – und müs­sen bei die­sem Spa­zier­gang auf­pas­sen, da er an eini­gen Stel­len über spit­zes Lava­ge­stein führt und wir unsere Füße nur mit Flip Flops schützen.

Mit die­sen aus­ge­latsch­ten Tre­tern schlur­fen wir kurz vor Son­nen­un­ter­gang zurück nach Puerto Ayora.

Puerto Ayora und die Charles Dar­win For­schungs­sta­tion: Fisch­reste und Lavaechsen

Die Pro­me­nade von Puerto Ayora ist gesäumt von Sou­ve­nir­lä­den, Restau­rants, Bars und Büros von Rei­se­agen­tu­ren. Ein recht lang­wei­li­ges und ein­tö­ni­ges Bild. Doch als wir uns etwas wei­ter aus dem Stadt­zen­trum ent­fer­nen, fin­den wir auch in die­sem Ort Plätze, die unsere Auf­merk­sam­keit erregen.

Beson­ders ein klei­ner Fisch­markt, wo Bewoh­ner der Ort­schaft fang­fri­schen Fisch kau­fen, hat es uns ange­tan. Doch See­lö­wen und Peli­kane haben den Fisch eben­falls gero­chen. Sie ver­su­chen, Reste bei den Ver­käu­fe­rin­nen abzu­stau­ben. Wir beob­ach­ten das Schau­spiel einige Minu­ten amüsiert.

Dann zie­hen wir wei­ter. Nach einem Abste­cher zum klei­nen, aber fei­nen Playa Estacion, ste­hen wir im Nord­os­ten von Puerto Ayora am Ein­gang der Charles Dar­win For­schungs­sta­tion, in der unter ande­rem ein Brut­pro­gramm für Rie­sen­schild­krö­ten ins Leben geru­fen wurde.

Die rie­si­gen Schild­krö­ten ste­hen jedoch die­ses Mal nicht in unse­rem Fokus. Wir betrach­ten lie­ber die gelb­gold-röt­li­chen Lavaech­sen, die wir wäh­rend unse­res Gala­pa­gos-Auf­ent­halts eben nur in der Charles Dar­win For­schungs­sta­tion auf Santa Cruz sehen.

Auf der Insel Isa­bela dem­entspre­chend nicht. Dort wird unsere Gala­pa­gos-Reise aller­dings trotz­dem einen krö­nen­den Abschluss fin­den. Doch dazu mehr in unse­rem kom­men­den Bericht.

Cate­go­riesGala­pa­gos
Christian & Daniela

Christian und Daniela tauschten ihren durchgeplanten Alltag in Deutschland gegen die ungewisse Freiheit einer langen Reise durch das holprig-schöne Südamerika. Langweilig wird es dem Journalisten und der (Hobby-)Fotografin dabei nicht. Denn im kunterbunten Ländermix des Abenteuerkontinents wandern sie über die längste Gebirgskette der Erde, verlaufen sich in Megastädten, schippern über den mächtigsten Strom der Welt und verschwinden tief im grünen, verworrenen Dschungel. Und da sie denken, dass sie nicht nur alleine etwas von diesen Erlebnissen haben sollten, drücken sie so oft wie möglich auf den Auslöser ihrer Kamera und tippen fleißig in die Tastatur ihres Laptops. Das Ergebnis: Geschichten von einer Reise.

  1. Die Gala­pa­gos­in­seln sind schon ein sehr inter­es­san­tes Rei­se­ziel, wo man so ein­fach auch nicht hinkommt.
    Das Rich­tige für Aben­teu­er­lus­tige Reisende.
    Beste Grüße,
    Paula

  2. Lisa says:

    Vie­len Dank für den tol­len Arti­kel. So ein Aben­teuer Urlaub hat doch was. Am schöns­ten ist es wenn man unge­bun­den ist. Keine Rei­se­pläne, keine Zei­ten die man ein­hal­ten muss…

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