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Der kaum bekannte Kafue Nationalpark im Westen Sambias ist eines der größten Schutzgebiete der Welt. Auf den Busanga Plains erlebt man unberührtes, wildes Afrika wie aus dem Bilderbuch.
Wir werden aufgefressen. Bei lebendigem Leib. Nach neun Jahren und vielen Tausend Pistenkilometern durchs südliche Afrika kriegen sie uns nun doch noch, die wilden Tiere. Sie stürzen sich aggressiv auf uns, beißen und saugen gierig das Blut aus unseren Adern. Nein, es sind keine afrikanischen Vampire. Aber diese kleinen, grau-gestreiften Monster sind fast ebenso blutrünstig: die TseTse-Fliegen. In Schwärmen attackieren sie unseren Toyota Land Cruiser, so dass wir panisch die Fenster hochkurbeln. Draußen brennt die Sonne mit 38°C auf die Trockensavanne. Im Autoinneren misst unsere Thermometer nach einer halben Stunde 46°C – wir haben keine Klimaanlage. Das Fenster wieder zu öffnen, ist keine Option. Nach einer zweiminütigen Pinkelpause neben dem Auto habe ich schon wieder drei geschwollene Stiche und zehn Fliegen mehr schwirren im Inneren. Ich jage sie mit dem dicken Reiseführer, doch diese Biester sind wie Zombies: Einmal draufhauen reicht nicht, nach zwei Minuten stehen sie wieder auf. Wir kämpfen eine aussichtslose Schlacht.
Kein Wunder, dass sich die meisten Touristen in den Kafue Nationalpark einfliegen lassen. Der freundliche Ranger am Eingangstor an der Teerstraße von Lusaka nach Mongu wollte uns kaum glauben, dass wir selbst anreisen. Erst als wir ihm die Buchungsbestätigung von Wilderness Safaris zeigten, öffnete er den Schlagbaum. Der Kafue Nationalpark zählt mit einer Fläche von 22.400 qkm zu den größten und dennoch kaum bekannten Schutzgebieten der Welt. Individualtouristen verirren sich nur selten in den Westen Sambias. Deshalb sitzt der Ranger auch meistens arbeitslos in seinem grasgedeckten Pavillon und spielt Schach auf einem selbstgebastelten Brett aus Pappe, mit Kronkorken als Figuren.
Die holprige Sandpiste schlängelt sich durch mannshohes Gras, dichtes Buschland und über ausgetrocknete Bachbetten. Mehrere Meter hohe Kandelaber-Euphorbien strecken ihre Arme in den stahlblauen Himmel. Von den Ästen einzelner Leberwurstbäume baumeln schwere, wurstförmige Früchte, die leider nicht so schmecken wie sie aussehen. Graue Termitenhügel ragen wie Zipfelmützen aus dem Gras. Lechwe-Antilopen mit elegant geschwungenen Hörnern und goldbraune Pukus knabbern an den wenigen Blättchen, die noch nicht vertrocknet sind. Nach vier Monaten Trockenzeit wirkt der Busch verbrannt und verdörrt. Nur an einigen Akazien sprießen schon frische grüne Blätter. Je weiter wir nach Norden vordringen, desto mehr weicht der Sand getrockneter Black Cotton Soil – zur Regenzeit verwandelt sich die Piste in eine riesiges, lang gezogenes Schlammloch. Nahe des Lufupa Camps im Herzen des Parks nähern wir uns dem namengebenden Fluss: Der etwa 300 Meter breite Kafue bahnt sich in unzähligen Schleifen seinen Weg gen Süden, wo er nahe der Grenze zu Simbabwe in den mächtigen Sambesi mündet.
Nach fünf Stunden Holperfahrt und der Scheinattacke eines übermütigen Elefantenbullen öffnet sich auf einmal der Wald und die TseTse-Fliegen verschwinden. Vor uns liegen die Busanga Plains: gelbe Grassavanne so weit das Auge reicht. Die Bäume flimmern am Horizont wie eine Fata Morgana. Mitten in der scheinbar unendlichen Weite dieser Landschaft versteckt sich unter einem gigantischen Feigenbaum und zwischen wilden Dattelpalmen eine Oase des Luxus: das Shumba Camp.
„Welcome to Shumba!“ Die holländische Campmanagerin Ingrid empfängt uns mit einem Lächeln und feuchten Tüchern, mit denen wir uns den Staub von den Gesichtern wischen. Vom hölzernen Hauptdeck mit Bar, Terrasse und kleinem Pool führt ein Steg zu unserem „Zelt“… wenn man das wirklich so nennen kann. Hinter den grünen Canvaswänden mit Fenstern aus Moskitonetz verbirgt sich eine Suite von der Größe eines Appartements, mit Outdoor-Dusche und Privatterrasse. Der Ausblick erfüllt jegliche Erwartungen von Afrika: Direkt vor unserem Zelt grasen eine Antilopen-Herde und ein dickes Hippo. Sattelstörche und Kronenkraniche picken nach Fröschen und ein Schreiseeadler kreist über der Savanne. „Shumba bedeutet Löwe“, erklärt uns Ingrid. „Die Busanga Plains sind berühmt für ihre Löwen. Und das Camp heißt so, weil sie hier regelmäßig zu Besuch kommen. Nach Einbruch der Dunkelheit begleitet Euch deshalb immer Jemand aus unserem Team zum Zimmer.“ Ingrid und ihr Mann Rob wanderten 2007 nach Sambia aus, um ihren Traum von Afrika zu verwirklichen. „Wir lieben die Abgeschiedenheit, Weite und Wildnis der Busanga Plains – diese Landschaft ist einzigartig. Hier kann man alle Tiere sehen, die man sich nur wünscht und begegnet dabei so gut wie keinem anderen Touristen.“ Und dazu gibt es für die Gäste von Wilderness Safaris jeglichen Komfort mit Gourmet-Menüs, frisch gebackenem Kuchen sowie allen Getränken von Wasser bis Gin Tonic. Einmal wöchentlich bringt ein Truck aus der Hauptstadt Lusaka frische Lebensmittel, den Strom und das heiße Wasser erzeugen Solarpanels. Nach drei Wochen Campingküche vom Gaskocher und Buschnächten in unserem 1,40 m breiten Zweimannzelt müssen wir uns an so viel Luxus erstmal gewöhnen.
Am späten Nachmittag treten wir den ersten geführten Game Drive an. „JohnD, ohne Leerzeichen vor dem D, wie die gelb-grünen Traktoren“, stellt sich unser sambischer Guide vor. „Meine Eltern haben mich nach den John Deere-Traktoren benannt. Aber ich bin ihnen nicht böse. Der Koch im Camp heißt Lemon und einer unserer Angestellten hat den Vornamen Fork und den Nachnamen Spoon“, erzählt er mit einem schelmischen Lachen. JohnD steuert das offene Safarifahrzeug mit stoischer Ruhe querfeldein über die Plains. Alle paar Meter kracht die Vorderachse in ein betonhart getrocknetes Schlammloch. Auf den ersten Blick nehmen wir nur platte Savanne wahr, doch plötzlich reckt ein Afrikanischer Otter seinen Kopf aus dem Gras und putzt sich hektisch das dunkel glänzende Fell. „Die gesamte Ebene ist durchzogen von Wasserkanälen, die zum Teil unterirdisch verlaufen. In der Regenzeit, wenn der Lufupa River über die Ufer tritt, ist hier alles überflutet und das Gras schwimmt wie ein Teppich obenauf. Manchmal taucht ein Nilpferd wie aus dem Nichts auf – die leben selbst in den schmalsten Kanälen überall auf den Busanga Plains“, erklärt JohnD. Ein paar Minuten später entdecken wir zwei Löwinnen und ihre drei Jungen, die sich faul im Gras wälzen – und das nur wenige Hundert Meter vom Camp entfernt!
JohnD kennt auf den Busanga Plains jeden Löwen beim Namen. Seit 17 Jahren arbeitet er als Guide und die Leidenschaft für seinen Beruf merkt man ihm sofort an. Das weitverzweigte Pistennetz auf der Ebene wirkt für uns verwirrend – JohnD erstellt aus dem Kopf eine Landkarte mit Waldinseln, Hippopools und sämtlichen Pisten. Er erklärt den Unterschied zwischen Puku und Lechwe-Antilopen, wie man männliche und weibliche Sattelstörche auseinanderhält, warum Krokodile zwei Stunden lang die Luft anhalten können und wie man nachts an den reflektierenden Tieraugen erkennt, ob es sich um einen Leoparden oder einen Buschbock handelt. JohnD ist ein lebendes Naturkundelexikon.
Die Sonne steht schon tief am Horizont und taucht die Savanne in rotes Licht. Wir halten unter einem Feigenbaum, dessen Stamm so dick ist, dass man die Golden Gate Bridge damit stützen könnte. Mit Blick auf Antilopen und Zebras vor der untergehenden Sonne knabbern wir geröstete Maiskörner und schlürfen ein Mosi-Oa-Tunya-Bier. Noch vor wenigen Stunden haben wir den heißen Busch verflucht. Und jetzt: Ach, wie schön ist Afrika!
Am Lagerfeuer zurück im Shumba Camp lauschen wir den grunzenden Hippos und laut stöhnenden Löwen bei der Paarung. Auf der Toilette erwartet mich noch eine Überraschung: Zwei daumennagelgroße, durchsichtige Frösche kauern in der Kloschüssel. Als alle Rettungsversuche fehlschlagen, spüle ich sie runter – nach einer Minute tauchen sie wieder auf. Scheinbar gefällt es den Fröschen im Klo.
Am nächsten Morgen erwartet uns der Höhepunkt unseres Besuchs im Kafue Nationalpark: eine Ballonfahrt über die Busanga Plains. Kurz nach Sonnenaufgang treffen wir Eric am Nilpferdteich nördlich des Camps. Der kernige Namibianer mit sonnengegerbter Haut und speckigem Lederhut wuchs als Sohn belgischer Eltern im Kongo auf, lebte später in Ruanda und führte dann 23 Jahre lang Ballonsafaris über der Namib-Wüste. Während er mit dem Flammenwerfer heiße Luft in den Ballon zischt, erklärt er die Regeln: „Im Ballon ist der Wind der Boss – auch wenn meine Frau an Bord ist.“ Fast unmerklich löst sich der Korb vom Boden. Die Nilpferde, die sich im Hippopool aneinander drängeln, schrumpfen zu kleinen grauen Punkten. Unter uns breitet sich ein labyrinthisches Netzwerk aus Wasserkanälen aus. Der 360° Ausblick über Savanne im weichen Morgenlicht lässt uns andächtig verstummen. Wir entdecken einen Karakal, der in einen der tief ausgetretenen Nilpferdpfade flüchtet, als Eric den Ballon etwas sinken lässt. Wir schleichen uns von oben an eine Zebraherde an, die in einer Staubwolke davonrennt. Die getrockneten Fußabdrücke von Elefanten, Nilpferden und Antilopen im Schlamm verwandeln die Plains in einen holprigen Acker. Im Ballon schweben wir wie auf einem fliegenden Teppich knapp über Akazienkronen und das zerfurchte, grün-gelbe Grasland. Der Wind spielt uns einen Streich und bläst uns Richtung Waldgrenze, so dass wir früher landen müssen. Als Trost erwartet uns ein Picknick mitten in der Pampa – Eric öffnet den Sekt gekonnt mit der Machete. „Die Ballonfahrten helfen im Kampf gegen die Wilderei“, erzählt er. „In der Touristensaison überfliegen wir alle paar Tage die Plains und die Wilderer wissen das. Wenn wir etwas Verdächtiges beobachten, melden wir das der Nationalparkverwaltung.“ Und die hat Hilfe nötig, denn der Zambia Wildlife Authority fehlt das Geld: für die Einrichtung einer touristischen Infrastruktur, für die Instandhaltung der Pisten, für die Bekämpfung der Wilderei. Viele der insgesamt zwanzig Nationalparks in Sambia sind praktisch nicht mehr zugänglich. Dass dieser Park noch existiert, ist nicht zuletzt Wilderness Safaris zu verdanken. Das Ökotourismus-Unternehmen betreibt fünf Camps im Kafue Nationalpark, finanziert Anti-Poaching-Kampagnen, bildet Guides aus und engagiert sich für Dorfprojekte in der Umgebung. Gäbe es die Camps nicht, würde kaum mehr Geld in die Nationalparkkasse fließen und mehrere Dutzend Menschen hätten keine Arbeit mehr. So wie Crispin, der zusammen mit drei Freunden in einem selbstgeschnitzten Einbaum zum Shumba Camp paddelte und dort nach einem Job fragte. Seitdem bedient er als Kellner zahlungskräftige Touristen aus aller Welt.
Am Abreisetag steht Campmanagerin Ingrid um 6 Uhr morgens auf unserer Terrasse: „Vor Eurem Zelt liegen zwei Löwen!“ Tatsächlich: Etwa 400 Meter entfernt kauen zwei Löwenmännchen an den Gebeinen einer Antilope. Um sie herum lauern 50 Kappengeier auf einen Happen. Eine halbe Stunde später trotten die Löwen seelenruhig zu Ingrids Zelt in den Schatten. „Das war´s wohl heute mit duschen im Zimmer“, stöhnt Ingrid und lacht.
Danke für die Unterstützung: Wilderness Safaris
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Hallo Astrid,
vielen Dank für den tollen Bericht. Wir reisen seit 2010 mit unserem Hanomag A‑L 28 (Bj,1968) durch Afrika. Unsere Tour führte uns auch zum Kafue Nationalpark. Und ja auch uns haben die Tse Tse Fliegen erwischt und wir waren Ihnen schutzlos ausgeliefert, weil wir im Black Soil steckengeblieben sind. Aber dennoch ein tolles Erlebnis…Wir waren auf dem Campingplatz des McBrides Camp und haben das volle Safari-Programm mitgemacht von Walking Safari über Night Drives bis hin zu Bootsfahrt auf dem Kafue-Fluss. Auch wir können den Kafue Nationalpark sehr empfehlen, wenn man die Tiere fast für sich alleine haben will. Wir haben nur sehr wenige Touristen dort getroffen – ganz im Gegensatz zum sehr beliebten South Luangwa Nationalpark. Hier geht’s zu unserer Reisegeschichte, wo wir auch erklären wie wir wieder aus der festgefahreren Situation rausgekommen sind:
http://www.runterwegs.de/safari-kafue-nationalpark-reisebericht/ash sale wedge sneaker
Hallo 957 US Dollar die Nacht, und dann selbst angereist das nenne ich mal sparen.
Bis eben war dieser Blog noch unter meinen Favoriten – Blogs.
Ja und der arme schwarze Mann darf kellnern.
Aber trotz allen ein schöner Beitrag.Der arme schwarze Mann hätte sonst gar keinen Job und würde im Busch in der Lehmhütte ohne Strom und fließend Wasser sitzen. JohnD ist ebenfalls ein Schwarzer und verdient als Guide weit überdurchschnittlich. Ohne Tourismus würden die meisten Nationalparks in Afrika nicht mehr existieren – und die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus bewahren viele Entwicklungsländer vor dem Bankrott.
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