Die höchste Dusche der Welt

Die Tour zum Sal­to Ángel, dem höchs­ten frei­fal­len­den Was­ser­fall der Erde, ist eine der wich­tigs­ten Tou­ris­ten­at­trak­tio­nen Vene­zue­las. Auch wir haben uns in den Natio­nal­park Cana­i­ma bege­ben, um die Was­ser­mas­sen in die Tie­fe rau­schen zu sehen.

Drei Tage dau­ert die Tour zum Was­ser­fall Sal­to Ángel, der weit­ab von einer Stadt mit­ten im vene­zo­la­ni­schen Urwald liegt. Da dies eine schwer zugäng­li­che Regi­on im Süd­os­ten Vene­zue­las ist, sind wir sowohl auf ein Flug­zeug als auch auf ein Boot ange­wie­sen, um die her­um­sprü­hen­den­de Gischt des „Rie­sens“ aus nächs­ter Nähe zu spü­ren.

Tag 1: Auf dem Fluss zum Sal­to Ángel

Wir schau­en auf das Roll­feld des Flug­ha­fens in der vene­zo­la­ni­schen Stadt Ciu­dad Bolí­var und sich­ten ein paar klei­ne Flug­zeu­ge, die für den Abflug vor­be­rei­tet wer­den. Der Flie­ger der Flug­ge­sell­schaft Trans­man­du mit der Kenn­zeich­nung YV2536 steht für uns bereit. Im beeng­ten Inne­ren bie­tet die Maschi­ne zwölf Sit­ze, deren Kopf­stüt­zen mit Leo­par­den­mus­ter über­zo­gen sind. Wenig geschmack­voll. Aber dies hin­dert das Flug­zeug zum Glück nicht dar­an, abzu­he­ben.

Der Flug ist kurz. Nach cir­ca einer Stun­de set­zen wir but­ter­weich auf der ein­zi­gen Lan­de­bahn mit­ten im grü­nen Dschun­gel des Natio­nal­parks Cana­i­ma auf. Dort war­tet bereits der Gui­de, der die Grup­pe, zu der wir gehö­ren, aus der Schar Tou­ris­ten her­aus­fil­tert und um sich her­um ver­sam­melt.

Die Tour­grup­pe besteht – neben uns – aus einer Eng­län­de­rin und einem Boli­via­ner, die bei­de ein Prak­ti­kum in Vene­zue­la absol­vie­ren, einem deutsch-nie­der­län­di­schen Pär­chen, das seit einem Jahr auf Cura­çao lebt, sowie zwei vene­zo­la­ni­schen Paa­ren, deren weib­li­che Parts mit ordent­lich Plas­tik aus­ge­stat­tet sind. Wir schau­en uns ver­wun­dert an, stel­len im Lau­fe unse­rer wei­te­ren Rei­se durch Vene­zue­la aller­dings immer wie­der fest, dass sich Schön­heits­chir­ur­gen in die­sem Land sicher nicht über einen Man­gel an Auf­trä­gen bekla­gen kön­nen.

Bekla­gen kön­nen wir uns auch nicht, denn unse­re Tour zum Sal­to Ángel geht unmit­tel­bar los. Wir wer­den zu einer Stel­le gefah­ren, wo wir in ein schma­les Boot umstei­gen, das uns strom­auf­wärts tie­fer in den Natio­nal­park hin­ein­bringt. Über drei Stun­den fah­ren wir auf dem Fluss Río Churún, bis wir das Camp, das sich am Fuße des Sal­to Ángel befin­det, errei­chen.

Auf die­ser Fahrt pas­sie­ren wir zahl­rei­che Strom­schnel­len, die der Boots­fah­rer geschickt über­win­det. Bei der Über­que­rung der gefähr­lichs­ten die­ser Was­ser­hin­der­nis­se müs­sen wir jedoch aus­stei­gen und für eini­ge Minu­ten unse­ren Weg zu Fuß – par­al­lel zum Fluss – fort­set­zen.

Bei die­sem kur­zen Fuß­marsch betrach­ten wir die Land­schaft des Cana­i­ma-Natio­nal­parks genau­er – und sind beein­druckt. Die­se sieht in der Nähe des Flus­ses wie Step­pe, aus der ver­ein­zelt Bäu­me aus dem Boden sprie­ßen, aus. Im Hin­ter­grund sind zusätz­lich dicht­be­wach­se­ne Tafel­ber­ge zu erken­nen, die in die­sem Moment von dunk­len Wol­ken umhüllt sind. Wenn wir es nicht bes­ser wüss­ten, könn­ten wir den­ken, irgend­wo in Afri­ka zu sein. Wir sind aber in Vene­zue­la. Dies wird uns spä­tes­tens wie­der klar, als unser Gui­de uns auf Spa­nisch auf­for­dert, in das auf uns war­ten­de Boot ein­zu­stei­gen, um zu unse­rem Ziel des Tages zu gelan­gen.

Dort ange­kom­men wer­fen wir direkt einen ers­ten Blick auf den mit 979 Metern höchs­ten Was­ser­fall der Welt. Und nur weni­ge Minu­ten von unse­rem Camp, wo wir die Nacht in Hän­ge­mat­ten ver­brin­gen, schie­ßen die Was­ser­mas­sen des Sal­to Ángel nach unten. Ein gran­dio­ser Anblick. Heu­te aus der Fer­ne. Aber mor­gen wer­den wir noch näher an den Was­ser­fall her­an­kom­men – und sei­ne gewal­ti­ge Kraft somit bes­ser erah­nen kön­nen.

Tag 2: Sal­to Ángel und wei­te­re Was­ser­fäl­le

Bereits gegen 6.30 Uhr ver­las­sen wir das Camp und machen uns end­gül­tig auf den Weg zum Sal­to Ángel. Das Boot bringt uns tro­cken über den Río Churún. Dann geht es zu Fuß wei­ter. Nach einer ein­stün­di­gen Wan­de­rung stop­pen wir an einem Aus­sichts­punkt, von dem an die­sem son­ni­gen Tag her­vor­ra­gend zu erken­nen ist, wie der Was­ser­fall von einem Vor­sprung des Tafel­bergs Auyan-Tepui in die Tie­fe stürzt. Im obe­ren Bereich ist der Sal­to Ángel noch ein rie­si­ger Strom, im unte­ren Drit­tel zer­stäubt das Was­ser hin­ge­gen zu einer wei­ßen Wol­ke aus klei­nen Trop­fen. Wir stau­nen bei die­sem impo­san­ten Anblick minu­ten­lang.

Dann geht es hin­un­ter zum Beginn der Fels­wand. Dort sam­melt sich das Was­ser zu einem rei­ßen­den Fluss, bevor es aber­mals 200 Meter in die Tie­fe rauscht. Genau an die­sem Punkt befin­den wir uns mitt­ler­wei­le – und zie­hen schnell unse­re Bade­sa­chen an, um in dem gesam­mel­ten Was­ser zu schwim­men. Ganz vor­sich­tig set­ze ich erst mei­ne Füße in das eis­kal­te Nass. Es schüt­telt mich vor Käl­te. Aber knei­fen ist jetzt nicht – und tau­che schock­ge­fros­tet in den natür­lich Pool ein. Ich hal­te es dar­in aller­dings nur weni­ge Minu­te aus. Auf­wär­men kann ich mich immer­hin wie­der, als wir zurück zum Fluss wan­dern, wo uns der Boots­fah­rer bereits erwar­tet.

Zudem war­tet auf uns das Mit­tag­essen, das wir im Camp ein­neh­men. Lan­ge hal­ten wir uns damit jedoch nicht auf. Denn wir haben heu­te noch eini­ges vor und fah­ren gegen Mit­tag des­we­gen mit dem Boot den Fluss strom­ab­wärts. Bis zur Lagu­ne von Cana­i­ma.

Die­se Lagu­ne hat eben­falls her­ab­stür­zen­des Was­ser zu bie­ten. Sogar meh­re­re Was­ser­fäl­le wie den Hacha, Wai­da­ma, Golond­ri­na und Ucai­ma. Für uns ist aller­dings der Was­ser­fall El Sapo als wei­te­rer Pro­gramm­punkt der Tour vor­ge­se­hen. Der Grund: Wir kön­nen hin­ter dem Was­ser­fall ent­lang des Fel­sens ent­lang­schlen­dern. Eine Gra­tis­du­sche gibt es trotz­dem, da wir an eini­gen Stel­len durch einen Was­ser­schwall hin­durch müs­sen. Dies ist nicht nur ein gro­ßer Spaß, son­dern auch eine Augen­wei­de, da sich vor dem Was­ser­fall ein Regen­bo­gen gebil­det hat.

Am Abend bil­den die Tour­teil­neh­mer noch ein­mal eine Grup­pe. Wir gehen in der klei­nen Ort­schaft an der Cana­i­ma-Lagu­ne in eine Open-Air-Bar. Vene­zo­la­ni­sche Sal­sa-Musik dröhnt uns schon vor dem Ein­gang ent­ge­gen. Fast ohren­be­täu­bend ist die Laut­stär­ke, als wir über die ver­wais­te Tanz­flä­che schlen­dern. Die bei­den Pär­chen aus Vene­zue­la blei­ben dort ste­hen – und zei­gen uns sofort, wie die zu die­sen Tönen pas­sen­de Schritt­fol­ge funk­tio­niert. Mit unse­rer ein­ge­üb­ten Schritt­fol­ge schaf­fen wir es hin­ge­gen nur zum Tre­sen, um ein paar – über­teu­er­te – Bie­re zu bestel­len. Das Gute dar­an ist, dass wir so nicht auf dem Tro­cke­nen sit­zen.

Tag 3: Mit dem Flug­zeug zurück nach Ciu­dad Bolí­var

Aus­ge­trock­net ist auch die Lagu­ne, die wir am kom­men­den Mor­gen auf eige­ne Faust zum Abschluss der Tour ein letz­tes Mal besu­chen, nicht. Dort fällt uns jetzt auf, dass – zu unse­rer Über­ra­schung – drei Pal­men aus dem See her­aus­ra­gen. Es sieht so aus, als ob die­se gar nicht an die­sen Platz gehö­ren wür­den.

Genau wie wir nicht dau­er­haft in den Natio­nal­park Cana­i­ma gehö­ren. Daher wer­den wir und die rest­li­chen Mit­glie­der der Tour­grup­pe zum Flug­ha­fen gebracht, wo wir in einen Flie­ger ein­stei­gen, der uns zurück nach Ciu­dad Bolí­var beför­dert.

Erschienen am



Antworten

  1. Avatar von Eva
    Eva

    http://2re2li.myblog.de/2re2li/2

    Vor 2 Jah­ren, aber Ende Juli/​August sah es dort so aus!
    Eine abso­lut tol­le Rei­se.… Vene­zue­la, Guya­na und Suri­na­me. …

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Das glau­ben wir sehr ger­ne, es ist eine tol­le Regi­on!

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Dan­ke – und das stimmt 😉

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len lie­ben Dank! 🙂

  2. Avatar von Ingi
    Ingi

    Rich­tig tol­le Foto­gra­fien!!!

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len, vie­len Dank 🙂

  3. Avatar von Nadine

    Wow, da kommt Fern­weh auf! Beim lesen hab ich mich rich­tig in euch hin­ein­ver­setzt und mir vor­ge­stellt, wie es wohl war. 🙂 Bestimmt total toll. Ich freu mich schon auf mei­nen Urlaub im Stu­bai­tal, aber so exo­ti­sche Geschich­ten kann ich danach nicht erzäh­len. 😉 lg Nadi­ne

    1. Avatar von Ingi
      Ingi

      Bei mir kommt auch Fern­weh auf…

    2. Avatar von Christian & Daniela

      Dann ab in die Fer­ne 😉

    3. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len Dank, es war klas­se 🙂 Wir wün­schen Dir einen schö­nen Urlaub!

  4. Avatar von puriy via Facebook

    Wun­der­bar (vor allem auch der Plas­tik-Hin­weis, dar­in sind vene­zo­la­ni­sche und kolum­bia­ni­sche Frau­en ganz groß ;-))! Der Sal­to Ángel und Rorai­ma sind nach wie vor mei­ne abso­lu­ten Sehn­suchts­zie­le. Als ich in Vene­zue­la war, hat es sich auf­grund der Tro­cken­zeit nicht gelohnt, den Trip zum Sal­to Angel anzu­ge­hen. Heu­te bereue ich es schon, vor allem, wenn ich Euren Bericht lese 😉 Freue mich auf die nächs­ten Berich­te aus Vene­zue­la!!!

  5. Avatar von Madlen

    Wun­der­bar (vor allem auch der Plas­tik-Hin­weis, dar­in sind vene­zo­la­ni­sche und kolum­bia­ni­sche Frau­en ganz groß ;-))! Der Sal­to Ángel und Rorai­ma sind nach wie vor mei­ne abso­lu­ten Sehn­suchts­zie­le. Als ich in Vene­zue­la war, hat es sich auf­grund der Tro­cken­zeit nicht gelohnt, den Trip zum Sal­to Angel anzu­ge­hen. Vor ein paar Jah­ren war mei­ne Schwes­ter noch ein­mal in der Gegend und in Ciu­dad Bolí­var kam ein­fach kei­ne Grup­pe für die­se Tour zustan­de, da kei­ne Tou­ris­ten da waren, das hat mich dann auch wei­ter­hin von den Trip abge­hal­ten. Heu­te bereue ich es schon, vor allem, wenn ich Euren Bericht lese 😉 LG, Mad

    1. Avatar von Christian & Daniela

      Vie­len Dank für Dei­nen Kom­men­tar, Mad­len! Das wird bestimmt irgend­wann mal klap­pen. Auf­ge­scho­ben ist nicht auf­ge­ho­ben 😉 Lie­be Grü­ße.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert