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Road­trip durch die kana­di­schen Rocky Mountains

Kennt ihr das: Ihr wacht mor­gens auf, draus­sen ist es schwei­ne­kalt und ihr liegt noch unter eurer kusche­li­gen, war­men Decke. Natür­lich habt ihr keine Lust auf­zu­ste­hen, aber den­noch pult ihr euch aus dem Bett und macht euch erst­mal einen Kaf­fee. Ihr seid vol­ler Taten­drang und freut euch auf den neuen Tag. Ihr müsst heute nicht zur Arbeit, dass wisst ihr und freut euch auf neue Abenteuer!

Also geniesst ihr euren Kaf­fee, packt eure Sachen und los geht’s. Ihr öff­net die Tür und ihr seht – nichts! Ein grau-weis­ser Schleier ver­hüllt die Welt. Es nie­selt, ist noch weit käl­ter wie ihr es euch vor­ge­stellt habt und die Sonne macht auch einen auf freien Tag.

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Naja, so in etwa ging es mir lei­der in den kana­di­schen Rocky Moun­ta­ins. Und das sie­ben Tage am Stück.


Es ist wohl eine Iro­nie des Schick­sals, dass man in die Rockies fährt und dann nur sel­ten Berge zu sehen bekommt. Nun gut, zuge­ge­ben – das Gejam­mer ist auf hohem Niveau, da es zwi­schen durch auch mal ein paar Licht­bli­cke gab. Die Sonne blickte hin und wie­der durch die Wol­ken, ver­ab­schie­dete sich dann aber bal­digst wie­der. Ihr könnt euch gar nicht vor­stel­len wie glück­lich ich über diese paar Son­nen­stun­den war. Denn die kana­di­schen Rocky Moun­ta­ins sind eine Traum­land­schaft aus tür­kis- und sma­ragd­grü­nen Seen inmit­ten gigan­ti­scher Berge umge­ben von dich­ten Laub­wäl­dern. Zu viert stürz­ten wir uns im Sep­tem­ber mit unse­rem RV also in das Wildnis-Abenteuer.

 

Ever­green Lake Emerald

Unsere Rocky Moun­ta­ins Tour star­te­ten wir in Bri­tish Colum­bia, genauer beim Lake Emer­ald im Yoho Natio­nal­park. Gleich­zei­tig war es auch der Start­schuss unse­res klei­nen Reise-Wetter-Desasters.

Bei Son­nen­schein erreich­ten wir den sma­ragd­grü­nen See in Mit­ten eines herr­li­chen Berg­pan­ora­mas. Der Lake Emer­ald hat sei­nen Namen nicht umsonst erhal­ten: Das Was­ser hat eine mil­chig tür­kis schim­mernde Farbe. Geschmol­ze­nes Glet­scher­was­ser spült Stein­mehl aus den Ber­gen in den See und färbt das Was­ser so aus­ser­ge­wöhn­lich ein. Das Farb­spiel wirkt in Mit­ten des Berg­pan­ora­mas so sur­real, so künst­lich. Wären die Tem­pe­ra­tu­ren etwas ange­neh­mer gewe­sen, ich wäre direkt hin­ein­ge­sprun­gen, so fas­zi­niert hat mich der See.

Jedoch blieb es nur beim bestau­nen der Far­ben. Nur kurz nach mei­ner Ankunft am Lake Emer­ald zogen schon ver­mehrt Wol­ken auf und es dau­erte nicht lang, da ver­ab­schie­dete sich die Sonne gänz­lich hin­ter einem weisse Vor­hang. Somit lies­sen wir auch den Rund­wan­der­weg um den See sau­sen, hüpf­ten in unse­ren RV, lies­sen Bri­tish Colum­bia erst ein­mal hin­ter uns und mach­ten uns auf zum berühm­ten Lake Louise in Alberta.

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Tou­ris­ti­sche Hoch­burg Lake Louise

Genau wie der Lake Emer­ald schim­mert der Lake Louise in einem mil­chi­gen Tür­kis. Die Far­ben sind dort sogar noch etwas inten­si­ver, als am sma­ragd­grü­nen See.

Aus einem mir unbe­kann­ten Grund scheint Lake Louise weit mehr Tou­ris­ten anzu­zie­hen als sein Nach­bar­see in Bri­tish Colum­bia. Ein über­füll­ter Park­platz ist dort offen­bar keine Sel­ten­heit. Viel­leicht liegt es an einem der meist foto­gra­fier­ten Hotels der Welt, dem Cha­teau Lake Louise, wel­ches direkt am See gele­gen ist. Ein ziem­lich umbe­ein­dru­cken­des und über­flüs­si­ges Bau­werk an sol­cher Stelle, wie ich finde. Viel­leicht mag es auch ein­fach nur daran lie­gen, dass Lake Louise auf der Stre­cke zwi­schen Banff und Jas­per liegt.

Meine Stim­mung war zwar durch die Men­schen­mas­sen etwas getrübt, doch es schien so, als ob uns Petrus hier bes­ser gesinnt war. Also mach­ten wir uns auf zu einer Wan­de­rung ent­lang des Sees. Bedau­er­li­cher­weise gibt es um den Lake Louise kei­nen Rund­weg son­dern nur einen Ufer­weg, der vom Hotel zum ande­ren Ende des Sees führt und den man auf sel­ber Stre­cke wie­der zurück lau­fen muss. Kaum erreich­ten wir das Ende des Sees, ver­liess uns Petrus Segen. Wol­ken ver­dich­te­ten sich und Nie­sel­re­gen tröp­felte auf uns nie­der. Es war Zeit, den Rück­weg anzutreten.

Der nächste Tag sollte uns mehr in den Nor­den der Rockies füh­ren – weg von den Wol­ken. Ent­lang des gran­dio­sen Ice­fields Park­ways. Die Pro­gno­sen für den süd­li­chen Teil der Rockies waren zu dem Zeit­punkt äus­serst durch­wach­sen – ganz im Gegen­teil zum Nor­den um Jas­per herum. Für den nörd­li­chen Ort waren die Meteo­ro­lo­gen weit zuver­sicht­li­cher was den Son­nen­schein anging.

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Ent­lang des Ice­fields Parkways

Der Ice­fields Park­way ver­bin­det Lake Louise im Süden mit Jas­per im Nor­den und gilt als High­light der kana­di­schen Rocky Moun­ta­ins. Er führt durch das lang­ge­zo­gene Tal und auf bei­den Sei­ten zie­hen sich die gigan­ti­schen Berg­kämme der Rockies ent­lang. „Der Park­way gilt als eine der schöns­ten Fern­stra­ßen der Welt…“ um Wiki­pe­dia zu zitie­ren. Also fan­tas­ti­sche Aus­sich­ten! Oder viel­leicht nicht ganz…

Bevor wir Lake Louise ver­las­sen, lese ich noch­mals mei­nen Rei­se­füh­rer: „Wir emp­feh­len den Ice­fields Park­way bei kla­rem Son­nen­schein zu fah­ren. So erhält man erst einen wun­der­ba­ren Blick auf das fan­tas­ti­sche Pan­orama.“ Ich schaue aus dem Fens­ter unse­res RVs. Der Regen hat inzwi­schen auf­ge­hört, die Wol­ken haben sich aller­dings noch immer nicht ver­zo­gen. Pech gehabt. Mal wieder.

Wir machen uns trotz­dem auf, denn die Wet­ter­pro­gno­sen, auf die ich eigent­lich nie was gebe, ver­spre­chen ja son­ni­ges Wet­ter in Jas­per. Die Hoff­nung stirbt bekannt­lich zuletzt.

Die Fahrt über den 230km lan­gen Park­way zieht sich für uns hin. Spek­ta­ku­lär wirkt auf unse­rer Fahrt lei­der kaum etwas, denn die Wol­ken schei­nen uns stän­dig zu fol­gen. Nein, eigent­lich wir fah­ren wir immer mehr in den feuch­ten Dunst hin­ein. Mit jedem wei­te­ren Kilo­me­ter errei­chen wir mehr an Höhe und so ver­schwin­den irgend­wann die Berge kom­plett in einer weiss-grauen Suppe.

Unsere Stopps rich­ten sich nicht mehr nach den High­lights des Ice­field Park­ways, son­dern nur noch nach dem Wet­ter, das lau­ni­scher ist, wie eine welt­be­rühmte Diva. Wir fah­ren an Glet­schern vor­bei, die wir nur noch dank unse­rer Karte erah­nen kön­nen. Selbst der neue Gla­cier Sky­walk kann sei­nem Namen keine Ehre mehr machen. Cloud­walk wäre zu die­sen Tagen wohl ein ange­brach­te­rer Name, denke ich mir. Das Wet­ter in den Rockies spielt ein fie­ses Spiel mit uns. Taucht die Sonne zwi­schen den Wol­ken doch mal spon­tan auf, hal­ten wir schnellst­mög­lich bei der nächs­ten Park­bucht an, um einen kur­zen Blick auf die Berge zu erha­schen. Kaum aus­ge­stie­gen, ver­schwin­det diese dann wenige Augen­bli­cke spä­ter wie­der. So bin ich dann froh, als die­ses Trau­er­spiel in Jas­per end­lich ein ver­meint­li­ches Ende findet.

This canyon has turquoise water from the claciers in the Rocky Mountains. It looks wild, rough and cold.kanada-reisedepeschen-07-1600x1067 kanada-reisedepeschen-08-1600x1067 kanada-reisedepeschen-15-1600x800

 

Jas­per und die Wildnis

Jas­per ist ein sehr tou­ris­ti­scher Ort. Ein Ort für Ski­fah­rer im Win­ter und Moun­tain­bi­ker im Som­mer. Ein wenig vom öster­rei­chi­schen Ischgl hat Jas­per wohl – nur im nord­ame­ri­ka­ni­schen Stil.

Die Umge­bung Jas­pers wirkt zwar nicht mehr ganz unbe­rührt, aber auf gewisse Weise wirkt sie noch immer wild und ver­sprüht einen gewis­sen Charme. Trotz sei­ner tou­ris­ti­schen Mas­sen, ist es keine Sel­ten­heit, dass man einen über­ra­schen­den Besuch von Kari­bus, eine Art der Ren­tiere, auf sei­ner Camp­site erhält. Ich kann euch sagen, dass kann ziem­lich beein­dru­ckend sein, wenn man bedenkt, dass die Tiere nicht gerade klein sind. Aber es sind ja fried­li­che Tiere. Ganz anders als Meis­ter Petz. Es soll schon vor­ge­kom­men sein, dass hung­rige Schwarz­bä­ren Jas­per City einen Besuch abstat­ten, um sich nach etwas Ess­ba­rem umzu­se­hen. Ein ziem­lich unge­müt­li­cher Gedanke.

Offen­bar haben wir die Wol­ken hin­ter uns gelas­sen und so machen wir uns zum Five-Lakes-Tail auf. Die Stre­cke ist eine ange­nehme Halb­tags­wan­de­rung. Sie führt, wie der Name schon sagt, ent­lang von fünf kris­tall­kla­ren Berg­seen. Einer schö­ner und grü­ner als der andere. Sehr ein­drucks­voll, vor allem bei Sonnenschein!

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Irgend­wann war es dann auch auf die­ser Wan­de­rung soweit – mein gelieb­ter Nie­sel­re­gen hol­ten uns auch hier ein. Die Wol­ken schie­nen uns zu ver­fol­gen, uns zu trie­zen und durch die Rockies zu scheu­chen. Nie­der­ge­schla­gen gaben wir uns unse­rem Schick­sal hin und so zogen wir nach knapp einer Woche wei­ter. Raus aus den Rockies und Alberta, zurück nach Bri­tish Colum­bia, Rich­tung Van­cou­ver Island.

Cate­go­riesKanada
Patrick Görsch

Der erste Interrail-Trip durch Europa und es war um ihn geschehen. Seit dem ist Patrick verliebt - verliebt in die Abwechslung, die Ferne und das Fremde. Er schmiss seinen Job als Webentwickler, verkaufte seine eigenen vier Wände und ist nun unterwegs in der weiten Welt.
Naturschönheiten und wilde Tiere begeistern ihn auf seinen Reisen gleichermassen wie fremde Städte und exotische Kulturen. Dabei ist er immer auf der Suche nach neuen Abenteuern, solang sie nicht in schrecklich furchteinflössende Höhen von über zwei Meter führen.
Wohin es ihn noch alles treiben wird, dass weiss er selbst nicht so genau.

  1. Hi Patrick,

    Och.. da habt ihr ja echt Pech gehabt mit dem Wet­ter. Manch­mal ver­fol­gen einem ein­fach die Wol­ken und man schaffts kaum, sie abzu­schüt­teln. Musste beim lesen Schmun­zeln, ist uns auf der Süd­in­sel in Neu­see­land vor Jah­ren genauso gegan­gen. Wol­ken, Regen und Wind sind uns auf Schritt und Tritt gefolgt. Das Gute, irgend­wann kommt die Sonne immer zurück.

    Wünsch euch dafür jetzt ganz viel Wetterglück 

    Liebe Grüsse & gute Reise,
    Reni

    PS: Tolle Bil­der trotz Nie­sel­re­gen & Wolken 

    1. Patrick says:

      Ab und zu hat Petrus wohl auch mal nen schlech­ten Tag oder ne Woche ;)
      Nun ja, immer­hin die Kana­dier haben sich über das Wet­ter gefreut. Die hat­ten ne ewige Hit­ze­welle und kein trop­fen Regen für Monate. Nicht so dolle im Regen­wald, wie man sich vor­stel­len kann.

      Dank die Reni :)

  2. Robert says:

    Oh Kanada! Bei den Bil­dern bekomme ich Fern­weh und würde am liebs­ten los­fah­ren. Nächs­ten Monat geht es erst mal ins Ski­ge­biet Rat­schings Jau­fen, aber viel­leicht kann ich meine bes­sere Hälfte ja auch noch über­re­den, mal Kanada in Angriff zu neh­men. Sie hat immer Angst, dass es zu ein­sam und karg ist; aber mit die­sen Bil­dern kann ich sie zumin­dest über­zeu­gen, dass die Land­schaft wun­der­schön ist. :P

  3. CicoBerlin says:

    Ach Kanada, unfass­bar schön! Tolle Bil­der, schö­ner Bericht! Und ein biss­chen bin ich froh, dass du auch keine Elch­bil­der hast. Denn die habe ich auf mei­nen Kanada Road­tripp (http://cicoberlin.com/2016/01/05/banff-nationalpark-canmore-kanada-reisebericht/) auch nicht schie­ßen kön­nen. Dafür bin ich so eini­gen Bären begeg­net. Viel­leicht begeg­net euch ja auch noch ein Grizzly auf dem Weg nach Van­cou­ver – bin gespannt und bleibe dran. Grüße von Nicole von CicoBerlin

    1. Patrick says:

      Ah, eine Leidensgenossin ;)
      Die Elche schei­nen sich irgend­wie in den Nor­den zu ver­zie­hen, meinte ein Ranger.
      Bären haben wir auch so einige gese­hen. Aller­dings nicht in den Rockies. Und ach ja – die Grizzlys…

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