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Was für ein Zufall: Es ist Dienstag und Dienstag ist Zugtag in Fianarantsoa. Gestern war ich noch in den Bergen und heute quäle ich mich schon wieder aus dem Bett. Die Ruhe der Vortage geht schon beim ersten Schritt in der Zivilisation wieder flöten, aber bis Samstag in Fiana warten, ist dann doch keine Option.
Marco, mein Schweizer Reisekumpan, und ich werden noch vor dem Frühstück im Gästehaus erstmal auf madagassisch belehrt:
Der Zug fährt nicht um sieben Uhr. Nie. Eher so gegen 9 Uhr. (Le train ne part pas à sept heures. Il part à cette heure!)
Nagut, die Einheimischen werden ja wohl die Erfahrung haben. Wir sitzen also um 6 Uhr ganz entspannt am Frühstückstisch. Um halb sieben erbarmt sich Christian, unser Gastwirt, uns dann doch in Richtung Bahnhof zu entlassen. Zu Fuß gehts los und plötzlich wird Christian immer schneller. Am Bahnhof werden wir schon sehnsüchtig von der Schalterdame erwartet. Anscheinend ist die Party vom Vorabend an den Bahnern vorbei gegangen. Der Zug fährt heute pünktlich um 7 Uhr und nicht einfach mal später.
Pünklich heißt nicht schnell
Wir sind dennoch nicht böse über die »pünktliche« Abfahrt. Die Fahrzeit ist typisch madagassisch eher unwichtig und wahrscheinlich nur für die Touris mit einer Zeit versehen: 10 bis 24 Stunden bis Manakara. Keiner der Touristen hat wirklich Lust 24 Stunden im Zug zu sitzen, obwohl die Linie Fianarantsoa-Côte Est (FCE) eine der beliebtesten Touristenstrecken in Madagaskar ist und sich landschaftlich wirklich lohnt.
Durch Zufall, oder einfach nur durch gute Verbindungen zur Schalterdame, dürfen wir auf der linken Seite Platz nehmen. Auf diese Seite ist so ziemlich jeder scharf und nicht nur weil die Scheiben dort sauberer scheinen, sondern auch weil sich die Panoramen der Berge dort wieder finden.
17 Zwischenhalte und 164 Kilometer liegen vor uns. Mit gemütlichen 30 Kilometern pro Stunde rollt der Zug in die Berge hinaus. Nach deutscher Rechnung ergibt sich eine Fahrzeit von sechs bis sieben Stunden. Da die Strecke aber einige von der Strasse abgelegene Regionen verbindet, werden gleich jegliche Waren transportiert und das natürlich in Form von Stückgut: von Hühnern bis Wellblech. Das macht das Beladen nicht einfacher und die Halte in den Bahnhöfen nicht kürzer. Am Anfang ist jeder Stopp noch spannend. Wir erkunden die Bahnhöfe und schauen dem Treiben zu. Nach dem fünften Halt werden die Kinder immer aufdringlicher und es macht einfach keinen Spass mehr, aus dem Zug zu steigen.
Saray, eine Mexikanerin, kommt auf die geniale Idee, Papierflieger zu bauen. Ihr kopierter Reiseführer steuert das Papier und ich die Arbeitskraft bei. Schnell haben die Kinder den Dreh raus. Die Papierflieger fliegen eifrig zwischen den Kindern draußen und Saray im Zug. Statt wie an jeder Station nach Stiften, Seife und Bonbons zu betteln, lenken wir die Kinder geschickt ab und zaubern ihnen ein Lächeln auf die Gesichter.
Als der Tag sich dem Ende zuneigt, werden auch die Stopps immer kürzer und nach 13 Stunden erreichen wir unser Ziel Manakara. Dass wir wirklich am Ziel sind, können wir nur erahnen. Es ist dunkel, stockdunkel. Die Stadt spart unfreiwillig und kollektiv Strom. Wir steigen aus dem Zug und werden von einer Horde Pousse-Pousse Fahrern empfangen. Im Schein der Kopflampe kämpfen wir uns aus dem Bahnhof.
Wir können nicht wirklich viel sehen und allein der Gedanke, uns im Chaos zu verlieren, lässt unsere Laune gegen Null sinken. Wir entscheiden uns, einfach zu Fuss ins Hotel zu gehen und die Pousse-Pousse-Fahrer zu ignorieren.
Es sind nur 15 Minuten in die Stadt und die Bewegung nach der langen Zugreise tut gut.
Beim Abendbrot im Hotel planen wir zusammen den nächsten Tag. Eine kalte Dusche rundet den Tag schlußendlich ab.
Gegenwind am auf dem Canal des Pangalanes
Marco und ich haben einen Tag in Manakara eingeplant. Diesen Tag heißt es effizient nutzen. Einige Franzosen laden uns ein, an ihrer Piroge-Tour auf dem Canal des Pangalanes teilzunehmen. Das Angebot nehmen wir mit Freude an.
Jean-Marie, unser Guide, empfängt uns frühmorgens herzlich auf seiner Piroge und die vier Bootsmänner fangen sofort an zu paddeln. Nach wenigen hundert Metern machen wir an der Hafeneinfahrt halt und während wir den Wellen zuschauen, kauft Jean-Marie unser Mittagessen direkt bei den einfahrenden Fischern ein.
Der Canal des Pangalanes verläuft parallel zur Küste des Indischen Ozeans und ist auf über 600 Kilometern die wichtigste Verkehrsader der Region. Wir nutzen ihn für einen kleinen Ausflug in Richtung Süden und er führt uns zuerst zu einigen Fischerdörfern. Nach knapp fünf Kilometern steigen wir auf der schmalen Landzunge, die uns vom Indischen Ozean trennt, aus und schlendern zum Strand.
Unter einer Palme machen wir es uns in der Mittagssonne gemütlich. Jean-Marie beginnt sofort unseren »Fang« zuzubereiten: Thunfisch, kleinere Fische und Shrimps. Nach einem kleinen Appero aus selbstgemischtem Kokus-Rum und einem Bad im Indischen Ozean serviert er uns einen Berg an frischen Meerestieren.
Wir genießen lieber die breite Palette an Fisch und Shrimps und lassen den Reis links liegen. Wir finden, unsere Ruderer haben eine extra Portion verdient. Die Energie sollen sie brauchen, denn es zieht langsam ein recht frischer Wind auf. Wir kehren zu unserem Boot zurück und kämpfen nun gemeinsam gegen den Wind an. Wir müssen uns mit ein paar extra Paddeln ins Zeug legen und trotzdem fahren wir fast rückwärts.
Das Mittagessen ist schon wieder abtrainiert als wir endlich wieder zurück sind.
Was für eine Freude erreicht uns, als wir im Hotel auch Strom vorfinden. Sie währt nur kurz: die Dusche geht nicht. In Manakara müssen wir uns anscheinend entscheiden: Strom oder Wasser.
Mit einem kalten Bier ist diese Entscheidung am Ende auch egal!
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