Fisch ohne Schnickschnack: Was ich am Malgana-Lagerfeuer über das Leben lernte 

»Habt ihr eure Taschen­lam­pen dabei?«, fragt Dar­ren Cape­well, den alle nur Capes nen­nen, als wir uns vor dem RAC Mon­key Mia Dol­phin Resort tref­fen. Fast alle nicken oder beja­hen die Fra­ge. Sei­ne Ant­wort kommt prompt: »Gut. Wir brau­chen sie nicht. Wir schau­en mit den Augen.«

Schon nach weni­gen Schrit­ten in die Dun­kel­heit mer­ke ich, wie sich mei­ne Augen anpas­sen. Der Him­mel über der Shark Bay in West­aus­tra­li­en ist wol­ken­frei, auch der Mond ver­steckt sich. Aber die Ster­ne leuch­ten so inten­siv, dass es nie ganz dun­kel wird. Es ist ein wun­der­ba­rer Moment, wenn die moder­ne Welt mit ihren künst­li­chen Lich­tern ver­schwin­det. Auf geht’s in die Did­ge­ri­doo Dre­a­ming Night Tour.

Ein Feuer und Geschichten aus 60.000 Jahren

Nach weni­gen Metern errei­chen wir das knis­tern­de Lager­feu­er, wo Capes uns in die Kul­tur der Mal­ga­na und Nhanda ein­führt. Das sind die Stäm­me, denen er ange­hört. Sie sind etwa 35.000 Jah­re alt. Ande­re Stäm­me in Aus­tra­li­en etwa 60.000 Jah­re. Capes selbst bie­tet seit 20 Jah­ren die­se Tou­ren an. Sei­ne Art ist ein­zig­ar­tig: tro­cke­ner Humor, Ein­wort­sät­ze, klei­ne Pro­vo­ka­tio­nen. Wir schau­en in den Ster­nen­him­mel. Zwi­schen den hel­len Fle­cken der Milch­stra­ße sehen wir dunk­le Schat­ten. Die­se Schat­ten haben einen Kopf und einen Kör­per und haben mit etwas Fan­ta­sie die Form eines Emus. Capes erklärt uns, dass die­ses Ster­nen­bild bis heu­te der Ori­en­tie­rung dient. Je nach Jah­res­zeit ver­än­dert es sich, sodass sei­ne Vor­fah­ren immer wuss­ten, wann bestimm­te Pflanz- und Ern­te­zei­ten waren.



Er bringt uns aber auch bei, dass das Wort »Did­ge­ri­doo« gar nicht von den Urein­woh­nern stammt. »Erfun­den von einem Deut­schen namens Lud­wig Leich­hardt«, erklärt er grin­send in eng­li­scher Spra­che. »Das Instru­ment heißt bei uns eigent­lich Yida­ki.“ Dann zeigt er uns, wie schwer es wirk­lich ist, die­ses Instru­ment zu spie­len. »Du musst ein- und aus­at­men zur glei­chen Zeit«, demons­triert er die Zir­ku­lar­at­mung. Was bei ihm mühe­los aus­sieht, ent­puppt sich bei unse­ren Ver­su­chen als kom­plett unmög­lich.

Fisch ohne Schnickschnack

Wäh­rend Capes von Songli­nes und den alten Geset­zen erzählt, legt er drei Fische auf die glü­hen­den Koh­len. Ohne sie aus­zu­neh­men, ohne zu ent­schup­pen, ohne jede Wür­ze. »So wie mei­ne Vor­fah­ren es gemacht haben«, sagt er tro­cken. Nach etwa 15 Minu­ten wen­det er sie, nach ins­ge­samt 30 Minu­ten nimmt er sie schließ­lich aus der Glut.

Vor­sich­tig zieht er die Haut ab und beginnt, das Fleisch zu zer­rup­fen. Ich bin gespannt und skep­tisch zugleich. Doch als ich den ers­ten Bis­sen pro­bie­re, bin ich über­wäl­tigt. Der Fisch ist zart, leicht sal­zig vom Meer­was­ser, kei­nes­wegs tro­cken. Es ist fas­zi­nie­rend, wie gut die­ses ein­fa­che Gericht ohne wei­te­re Zuta­ten schmeckt. Und nein, es ist nicht der Hun­ger, der das Geschmacks­er­leb­nis ver­stärkt, es schmeckt wirk­lich fan­tas­tisch. Erst kurz vor der Tour war ich beim Abend­essen.

Respekt vor dem Land

Was mich beson­ders beein­druckt, ist Capes Bot­schaft über den Respekt vor der Natur. »Nehmt nie­mals Stei­ne von einem Ort mit«, warnt er ein­dring­lich. Es wirkt para­dox, das von einem Mann zu hören, des­sen Volk hier in West­aus­tra­li­en seit zehn­tau­sen­den Jah­ren Kän­gu­rus, Emus und Ech­sen jagt. Doch er meint es ernst. In sei­ner Kul­tur gibt es kla­re Regeln: Man nimmt nur, was man braucht, und man bit­tet die Ahnen um Erlaub­nis.

Am Ende der Tour bedankt sich Capes bei den Ahnen dafür, dass wir hier sein durf­ten.

Yur­luyu gan­kalar­da. Nga­li­gu­ru-thard­u­gu mar­nu, mur­na­jir­la yur­lul gan­kalar­da. Ngar­li­gu­ru­gu mar­nu. – „Look after the coun­try and the coun­try will look after you.“

Es ist ein demü­ti­ger Moment, der zeigt, wie tief die Ver­bin­dung der Urein­woh­ner zu ihrem Land ist. Wir sind hier nur Gäs­te für eine Nacht, sie sind seit Jahr­tau­sen­den Teil die­ser Land­schaft.

Wenn ihr nach Mon­key Mia kommt, lasst die Taschen­lam­pen zu Hau­se. Manch­mal sieht man mit den Augen mehr als mit dem Licht.

Praktische Infos für deine Reise

Über­nach­ten: Am bes­ten über­nach­test du im Mon­key Mia Dol­phin Resort. Das geht sowohl in moder­nen Feri­en­woh­nun­gen, als auch auf dem Cam­ping­platz. Ganz egal, ob du mit Zelt, Cam­per­van oder Auto kommst, das Boughshed Restau­rant ver­sorgt dich mit gutem Kaf­fee, Kuchen, Früh­stück, Mit­tag oder Abend­essen in sehr guter Qua­li­tät.


Akti­vi­tä­ten: Die mor­gend­li­che Del­fin­tour ist ein abso­lu­tes Muss. Davon habe ich schon in einem ande­ren Bei­trag hier auf Rei­se­de­pe­schen berich­tet. Tags­über lohnt sich ein Aus­flug in den Fran­çois Peron Natio­nal­park. Abends emp­feh­le ich die Did­ge­ri­doo Dre­a­ming Night Tour. Fin­det sie nicht statt, dann legst du dich an den Strand, schaust in die Ster­ne und lauschst dem Schnau­fen der Del­fi­ne.

Anrei­se: Perth ist aus Euro­pa das am schnells­ten zu errei­chen­de Rei­se­ziel. Wer Sor­gen vor dem lan­gen Flug hat, fliegt mit Sin­ga­po­re Air­lines und ver­bringt als Stopp-Over 1–2 Tage in Sin­ga­pur. Für die Wei­ter­rei­se inner­halb West­aus­tra­li­ens kann man einen Miet­wa­gen, Cam­per oder Inlands­flü­ge nut­zen.


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