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Unsere beiden Helden Abdul und Gonzo Baba brachen zu einer epischen Bootsfahrt auf, die sie auf die Inseln Sumbawa, Mojo, Komodo, Rinca und Flores tragen würde. Sie schliefen unter den Sternen, schwammen mit Mantarochen, heckten wilde Kaperpläne aus und legten ihr Schicksal in die Hände Kapitän Araks – oder würden sie das Steuer an sich reißen?
Wir waren gerade vom Rinjani-Treck zurückgekehrt. Wir taten uns mit Anni und Steffen zusammen und fuhren mit ihnen nach Sengigi an die Westküste Lomboks und fanden uns in einem ausgesprochen edlen Hotel wieder, um das ich sonst einen großen Bogen gemacht hätte.
Leider waren die standard rooms nicht verfügbar – oder man wollte uns nicht – und die nächste Kategorie lag außerhalb unseres Finanzrahmens. Steffen und Anni hatten ihr Zimmer bereits im Voraus gebucht.
Doch anstatt uns nach einem anderen Gasthaus umzusehen, beschlossen Abdul und Gonzo Baba, sich dem Fatalismus hinzugeben, und sich einige wohlverdiente Bierchen zu gönnen, die nach den Anstrengungen der letzten Tage einschlugen wie eine Bombe. Dies war wohl der Moment, in dem wir uns am stärksten an die Zeit vor knapp 5 Jahren in Athen erinnert fühlten, als wir uns kennengelernt hatten. Wir tranken, feixten und warteten auf Buddy, den uns Steffen als »Geschäftspartner« für den Boottrip empfohlen hatte. Als er kam, hatten wir eindeutig Schlagseite – hervorragende Bedingungen, um einen Deal ein zu fädeln …
Abdul lallte durchaus wahrnehmbar (…) und auch dem Baba war das Gelage anzumerken. Doch er riss sich zusammen, um einen guten Deal für die beiden schrägen Gestalten raus zuschlagen, die sich hier auf wunderbare Weise materialisiert hatten – schließlich war Abdul in die Fänge des aberwitzigen Reiseunternehmens »Coconutyoga Travels« geraten. Alles hat seinen Preis.
Ich fand einen guten Draht zu Buddy, der zwar beteuerte ein Anfänger im Business zu sein, aber – ganz im Gegenteil – ein gerissener Geschäftsmann war – mit allen Wassern gewaschen. Nach langen, zähen, aber dennoch erstaunlich heiteren Verhandlungen, erzielten wir eine Übereinkunft.
Auf die Frage Buddys, wo wir übernachten würden (Stichwort: Abholung), berichteten wir, dass sich dieses winzige Detail unserer Kenntnis entzöge, da wir vergeblich auf einen standard room im Hotel gehofft hatten. Eine Minute später hatten wir einen solchen – der war freilich alles andere als standard. Zu meiner Irritation fuhr uns Buddy dann mit einem Jeep mit getönten Scheiben auf Wunsch von Steffen zu einem Edelitaliener. Ich fühlte mich wie im falschen Film. Diese Jeeps fahren zu Dutzenden in Sengigi herum und berichten vom oft kurzzeitigen Reichtum Derjenigen, die der Verlockung erlegen waren, ihr Land zu verkaufen. Danach feiern sie den Sommer ihres Leben – wer könnte es ihnen verdenken? Wenn sie aufwachen ist Ihnen oft nur noch der teure Jeep geblieben und Viele fahren fortan Touristen durch die Gegend. Buddy hingegen saß fest im Sattel.
Wir erreichten Alberto’s Pizza. Das Restaurant hatte einen Pool und fiel neben Schickimicki mit gesalzenen Preisen auf. Wir saßen direkt am Strand. Kerzen wurden entzündet. Ich fühlte mich unendlich fremd in diesem dekadenten Ambiente und wäre am Liebsten gelaufen wie Forrest. Doch nach einem kurzen Marsch zum nächsten Zigarettenstand konnte ich mich beherrschen, den anderen die Stimmung zu versauen. Ich würde noch früh genug wieder zum individuellen Reisen zurückkehren.
Nach einem viel zu kurzen Rasttag fuhren wir ins Nepper- und Schlepperparadies Bangsal, dessen Hafen hauptsächlich als Tor zu den Gili-Inseln dient und in dem es von windigen Gestalten nur so wimmelt. Hier bestiegen wir schließlich mit 25 (!) Anderen ein durchaus überschaubares Boot.
Nachdem ich vor der Hitze der Großraumkabine und der Enge des Matratzenlagers sofort die Flucht ergriff, fanden Abdul und ich uns an einem schmalen Korridor am Rande des Boots wieder – einer links, einer rechts von der Kabine. Dort schliefen wir unter freiem Himmel – eine der schönsten Umstände dieser Fahrt.
Morgenröte, Sonnenuntergang, Sternenhimmel, Fluten, Freiheit, Weite.
Diejenigen, die sich gegen Aufpreis eine Kabine besorgt hatten, schliefen weicher, waren aber dem Maschinenlärm und stickiger, abgasgeschwängerter Luft ausgesetzt.
Der erste Tag war recht ereignislos. Das Wetter war trüb, die große Gruppe fremdelte noch. Die erste Mahlzeit bewies endgültig, dass das Boot deutlich überbucht worden war. Wir waren wir aufgrund der aufziehenden Sturmsaison auf einem der letzten Boote, die diese Schifffahrt in dieser Saison anbieten würde.
So glich die Speisung einer Raubtierfütterung. Wer nicht schnell war, musste sich mit Reis und Chilisauce über den schlimmsten Hunger retten. Manche nahmen darauf keine Rücksicht und luden sich reichlich auf. Die Crew tat ihr Bestes, um diesen Mangel ein wenig auszugleichen, indem sie Eier und Hühner dazu kauften oder einen großen Fisch fingen.
Es war ohnehin nicht ihr Fehler. Sie schnippelten stundenlang in der kleinen Kombüse vor jeder Mahlzeit. Zu viert mussten sie sich um alles kümmern. Reich wurden sie davon nicht.
Noch bestand unsere Gruppe aus vielen kleinen Gruepplein. Französisch, Englisch und Deutsch waren die vorherrschenden Sprachen.
Unser erster Stopp war irritierend. Wir hielten vor einem ziemlich unattraktiven Küstenstreifen und fanden uns kurz darauf mit Schnorcheln unter Wasser – allein, es gab dort nichts zu sehen. Als wir kurz darauf heraus fanden, dass sich von den Aufbauten am Heck des Bootes wunderbar in die Tiefe springen ließ, drehte sich die Stimmung und die Gruppe wurde lockerer. Langsam tauten wir auf.
Als es Abend wurde, machte mich Abdul auf ein Schauspiel aufmerksam, an dem ich teilnahm – das mir aber zuvor entgangen war:
Der Kapitän steuert vergnügt rauchend das Boot. Er sieht exakt NICHTS. Dafür hört er offensichtlich gute Musik. Er wiegt in ihrem Rhythmus und bewegt das Steuer mit einer aufreizenden Lässigkeit, die besorgniserregend wirkt. Seine Brücke ist etwa 10 Meter vom Bug des Schiffes entfernt. Das ohnehin schmale Sichtfenster, das ihm zur Verfügung steht, ist von einer Plastikplane, auf der sich schwere Regentropfen gebildet haben, verdeckt, um den stürmischen Regen von uns abzuhalten. Er ist massiv geblendet vom Licht, das unseren Aufenthaltsraum erhellt, der sich direkt vor ihm befindet. Die Hälfte der Gruppe steht in seinem Sichtfeld. Er ist entspannt. Offenbar vertraut er seinen Instrumenten – einer Ansammlung von prähistorischen Gerätschaften, aus denen lose Kabel hängen. Es blitzt und donnert – unter dem strömenden Regen fahren wir ins NICHTS.
Die Gruppe ist relaxt. Die Crew nicht. Zwei stehen vorne im prasselnden Regen und versuchen verzweifelt mit aufgeregten Gesten dem Kapitän die erforderlichen Gratabweichungen anzuzeigen. Sie mimen uns gegenüber die fahrigen Manöver unseres Kapitäns. Dabei grinsen sie fatalistisch. Allein – Ihnen fehlt das Vertrauen. Sie schütteln resigniert den Kopf. Das sollten wir Niemanden erzählen.
Gemeinsam mit Abdul und Pascal aus der Dortmunder Südkurve, der sich auf Weltreise begeben hatte, begab ich mich an das Heck des Schiffes – unserem Lieblingsort. Dort saßen wir noch lange zusammen, tranken Bier, rauchten ein paar Sportzigaretten und betrachteten die Schemen der Küstenlinien der Inseln Lombok und Sumbawa, an denen wir in der Dunkelheit vorbeizogen und die Fahrrinne, die wir hinterließen. Wir amüsierten uns noch immer über die weit ausladenden Links- und Rechtskurven des Kapitäns, den wir inzwischen Arak getauft hatten – nach dem schwarz-gebrannten Hochprozentigen Indonesiens. Es kam uns vor, als saessen wir auf der Titanic – spätestens als wir in voller Fahrt mitten auf eine Insel zu hielten. Nur das Schachbrett fehlte, um uns würdig von unserer Existenz zu verabschieden. Ich scherzte: “He thinks he is Moses: this time I gonna cut the Island in the middle…finally!”
Zu seiner Ehrenrettung bleibt zu sagen, dass er sich schließlich doch als fähiger Kapitän entpuppte. Und so stoppte er im letzten Moment direkt vor der Insel. Wir konnten unseren Fatalismus-Modus wieder verlassen. In dieser Nacht würden wir nicht sterben.
Am Himmelszelt bildete sich ein Halo – ein Lichtring um den Mond. In den Genuss dieses Schauspiels waren wir schon am Rinjani gekommen. Dieses Mal war der Himmel vollständig klar und das Phaenomen blieb über mehrere Stunden sichtbar. Wir saßen noch immer am Heck, hörten Musik und blickten auf die Insel, den Halo und die Sterne. Ansonsten war es still.
Schließlich bildete sich aus dem Lichtring ein Wolkentunnel um den Mond. In ihm strahlten grünliche, gelbliche und rötliche Farbtöne. Ein magischer Anblick unter dem tropischen Sternenhimmel.
Es war eine Wohltat draußen zu schlafen und mit dem imposanten Morgenrot des zweiten Tages zu erwachen.
Wir fanden uns vor Moyo Island wieder. Nach einem Kaffee sprang ich ins Wasser und schwamm an Land. Ich fand mich inmitten kaum berührter Natur wieder. Am Fluss, der hier ins Meer mündete war das Zirpen der Zikaden ohrenbetäubend. Ich machte einen Spaziergang auf den Sandstreifen oberhalb der beiden Riffe. Eine Großzahl wunderschöner Muscheln, Schnecken und abgestorbene Teile des Riffs in allen Farben lagen ausgebreitet vor mir. Ein Stück trage ich noch immer um den Hals:
Die Anderen stießen vom Schiff hinzu und wir machten eine kleine Wanderung durch den Dschungel zu einem schönen Wasserfall mit natürlichen Pools.
Auf dem Rückweg ging ich für mich alleine, um dem Dschungel zu lauschen.
Schnell hatte ich mit Marc und Rahel angefreundet, einem sehr sympathischen Pärchen. Einerseits wirkten sie unzertrennlich, doch zugleich waren sie offen für andere Begegnungen.
Die Kleingruppen bestanden noch immer, doch die Kreise wurden immer offener. Da waren Tiffany und Christiane, die an einer indonesischen Schule auf Bali unterrichteten. Die drei lässigen Finnen mit dem staubtrockenen Humor, die sich mit dem Polen zusammengetan hatten. Eine kleine französische Fraktion. Eine Slowakin. Eine Halbindonesierin, die das erste Mal ihren Wurzeln nachspürte. Einige Engländer. Unvermeidlich Holländer. Eine starke Gruppe voller Vielfalt. Angenehm.
Der nächste Stopp war vor Satonda Island, einer weiteren kleinen vorgelagerten Insel an der Küste Sumbawas. Hier gingen wir schnorcheln.
Die Unterwasserwelt präsentierte sich in den leuchtendsten Farben: intakte Riffe, Schwämme und Fische aller Art, Formen und Farben waren direkt unterhalb des Wasserspiegels sichtbar. Ich tauchte in den ersten 45 Minuten nicht einmal auf und verbrachte danach nochmal die selbe Zeit, um in der Andacht dieser Fabelwelt zu schwelgen.
Die Rechnung bekam ich kurz darauf: Ich hatte mir den gesamten Rücken dermaßen verbrannt, dass ich für die nächsten 24 Stunden wie ein zu lange gekochter Flusskrebs aussah. Selbst eine Magnumflasche Aloe Vera konnte nur das Allerschlimmste verhindern.
Zeit für Kaperpläne ! Kapitän Ahab schlug wild in meiner Brust und das Piratenblut in Herrn Coconutyoga wallte auf. Begeistert nahm er den Ball auf. Der Baba hat Pause. Doch der Funken wollte einfach nicht auf die Gruppe übersprangen. Selbst dann nicht, als ein wunderschöner Dreimaster direkt vor uns auftauchte – das war doch unser Schiff:
Mark mutmaßte in seinem Bericht über unsere Fahrt, dass wir verhungert wären, wenn wir das Schiff an uns gerissen hätten. Doch da lag er falsch.
Das Wikingerblut hätte gelacht, wir hätten Teutonenlieder geschmettert, den Donnergott Thor auf unsere Seite gezogen, Arak, Gold und Frauen auf unseren Raubzügen erbeutet und wie geplant auf die Philippinen vorgestoßen. Oder war das nur mein Plan? Ich hätte die faulen Hunde alle Kiel holen lassen und mir genommen, was ich wollte. Was für eine lasche Generation. Wo war die Insel mit den wilden Kerlen?
Die Philippinen wären erst der Anfang gewesen. Danach hätten uns die Weltmeere offen gestanden. Wir hätten die Südsee, Panama und die Karibik unsicher gemacht, Mythen für die Ewigkeit geschaffen. Der Fluch der Karibik war gestern. Wir hätten die Inseln heimgesucht mit einer Wucht, dass selbst den Urenkeln noch bei der Erwähnung unserer Namen die Zähne geschlottert hätten. Wir hätten Steueroasen für immer trocken gelegt. Das Kap der guten Hoffnung hätten wir ebenjener beraubt. Auf den Molukken hätte keiner mehr aufgemuckt. Wir wären als Erfahrungsmilliardäre mit vollen Taschen in Rotterdam gelandet und hätten einen schönen Lebensabend mit Rum, Zigarren und Piratenbräuten verbracht. Die Oligarchen wären vor Neid grün und blau geworden. Die Regierung wäre uns bis zum Zwölffingerdarm hinten rein gekrochen. Falls wir das diesen weinerlichen Wichtigtuern erlaubt hätten. Schließlich hätten wir Klasse. Winselnd hätten sie uns angebettelt und wären doch nur eiskalt ausgelacht und an die Hunde verfüttert worden.
Es sollte nicht sein.
Am nächsten Morgen erwachte ich wie gewohnt mit dem Sonnenaufgang und sprang nach dem obligatorischen Pfannkuchen wieder in die Fluten, um die nächste Insel zu erkunden. Meist fuhren wir auch nachts, so dass wir uns morgens meist an einem unbekannten Ort wiederfanden.
Ich machte mich daran, das Riff mit seinen Mangrovenbäumen zu erkunden. Danach bestieg ich barfuß einen etwa 200 Meter hohen Hügel. Ich hatte den Wellengang bereits so stark adaptiert, dass der Aufstieg so schwankend vonstatten ging, als hätte ich mir gerade eine Flasche Schnaps hinter die Binde gekippt. Hier taumelt der Baba zum Gipfel:
Ich wechselte ein paar Worte mit dem Julio, dem Franzosen, der vor mir den Hügel erklommen hatte. Der Ausblick von dieser erhabenen Warte war überwältigend – scheinbar unendlich. Wir konnten klar die Strömungen zwischen Satonda und Sumbawa erkennen. Die Küste Sumbawas war von moosbewachsenen Huegeln dominiert. Regenwälder und sanfte Sandstrände runden das Bild ab. Das Meer schillerte in den herrlichsten Blau‑, Grün und Türkisfarben.
Julio stieg wieder hinunter und nun erreichte Dragan den kleinen Gipfel. Mit ihm hatte ich am Vorabend eine spannende Unterhaltung geführt. Er arbeitet in einer 2‑Jahres-Studie an einem Generator, der an einem günstigen Wellenspot aufgestellt, 10000 Liter Salzwasser am Tag in Trinkwasser umwandeln soll. Ein alter Traum!
Wo doch die Meeresspiegel steigen und absehbar ist, das bei der Trinkwasserversorgung durch schmelzende Gletscher und größenwahnsinnige Dämme große Engpässe auf uns zu kommen, die zu schweren Konflikten führen werden und stellenweise schon tun – dann, warum nicht beide Probleme an der Wurzel packen und das Beste aus dieser bedrohlichen Situation machen – Trinkwasser aus den Ozeanen zu erzeugen. Wasser war die Quelle, die niemals versiegen durfte – für Niemanden! Der Knackpunkt ist noch, eine nachhaltige Energiequelle für den Generator zu finden. Idealerweise wäre das die Urkraft des Meeres.
Wir hatten eine sehr interessante Debatte über ethische Fragen im Zuge der rasanten technologischen Entwicklung geführt. Dragan glaubte daran, dass der Fortschritt die Probleme, die er selbst mit sich brachte, durch Weiterentwicklung in Zukunft lösen würde – ich habe da große Bedenken. Ich bin überzeugt, dass wir nicht alles tun dürfen, was technisch möglich ist. Ich denke beispielsweise an die Gentechnik. Trotzdem hatten wir ein sehr konstruktives Gespräch und fanden viele Übereinstimmungen.
Da standen wir nun mit unseren Hoffnungen auf dem Hügel und blickten in die Weite. Wir wollten diese wunderschöne Welt unbedingt erhalten und sie in gutem Zustand an unsere Kinder weiterreichen, so wir das Land von unseren Ahnen geerbt hatten. Nur war der Vertrag zwischen den Generationen in Zeiten der maßlosen Gier einseitig aufgekündigt worden. Und nun lag es an uns, sich für einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen einzusetzen. Wir hatten nicht danach gefragt, aber weg ducken kam nicht in Frage. Es ging um unsere Zukunft.
Danach steuerten wir ein weiteres Highlight unserer Bootsfahrt an: die stellenweise wild zerklüftete Landschaft der Insel Komodo mit ihren Drachen – Relikte aus einer lange vergangenen Zeit. Sie finden sich ausschließlich auf 4 Inseln – Komodo, Rinca und zwei kleineren Inseln und es gibt sie sonst Nirgendwo auf der Welt.
Zwar finden sich auch auf Lombok, Sumbawa oder Flores kleinere Artverwandte – diese sind aber bei Weitem nicht so gefährlich wie die Komodo-Warane.
Die Insel steht unter Naturschutz, gut ausgebildete Ranger führen die Besucher über die Insel.
Sie tragen lange Stangen mit einer Gabel am Ende, mit denen sie die Drachen im Notfall auf Distanz halten können.
Wir machten eine kleine Wanderung ins Inselinnere und passierten einige Hirsche, die auf dem Speiseplan der Reptilien ganz oben stehen, und es dauerte nicht lange, bis wir den ersten Drachen auf einer kleinen Anhöhe erblickten. Er lag fast bewegungsunfähig im Gebüsch und wir konnten ihm näher kommen, als ich vermutet hätte.
Nach erfolgreicher Jagd, bei der die Tiere bis zu der Hälfte ihres eigenen Körpergewichts verspeisen, liegen sie für unbestimmte Zeit im Reptilienkoma und sind nicht zu sportlicher Aktivität anzuregen – nicht auszudenken, wie ich mich fühlte, wenn ich 35 Kilogramm Reis essen würde.
Einem jagenden Drachen wollte ich dagegen besser nicht begegnen – die Reptilien können sich erstaunlich schnell bewegen und sind bis zu zweieinhalb Meter lang.
Sie töten mit einem Gift, dass ihre Beute langsam schwächt. So werden sogar Wasserbüffel zur Beute der wilden Geschöpfe. Was für eine gruselige Vorstellung, von gierigen Drachen verfolgt zu werden und immer stärker zu entkräften bis die Reptilien über einen herfallen!
Darüber hinaus sind die Warane Kannibalen und attackieren sich gegenseitig. Als wir später auf Rinca weitere Exemplare sahen, konnten wir ein Weibchen dabei beobachten, wie sie nach Eiern ihrer Artgenossen grub – aus diesem Grund legt die Mutter auch zwei Löcher im Erdreich an – eines ist ihren Eiern vorbehalten, das Andere dient der Camouflage.
Die Beziehung der Mutter zu ihren Kindern endet bei der Eiablage. So kommt es durchaus vor, dass die Mutter unwissend ihre eigenen Eier verspeist. Gelingt es den jungen Waranen dennoch das Licht der Welt zu erblicken, sind sie noch lange nicht aus dem Gröbsten raus. Sie müssen jahrelang wie Geckos auf Bäumen leben und mit ihren langen Zungen nach Insekten angeln. Erst wenn sie groß genug sind, um den Kampf mit ihren Artgenossen bestehen zu können, kommen sie auf die Erde zurück. Ein wildes Leben.
Dieses alte Männchen erhält von den Rangern sein Gnadenbrot. Sonst werden die Warane nicht (mehr) gefüttert.
Und weil sie so schön sind:
Im Anschluss steuerten wir einen Spot an, an dem sich Dutzende von Mantarochen in der Strömung tummeln. Es war unglaublich, diesen erhabenen Meeresbewohnern so nahe kommen zu können.
Außerdem fanden sich hier riesige Fischschwärme.
Unser nächstes Ziel war der red beach – einem schönen Strand, der durch die Rotfärbung der Korallen zu seinem Namen gekommen ist.
Ich war ein ungewöhnlicher Eroberer: Während meine Vorfahren als Händler, Missionare oder mit dem Schwert gelandet waren, kam ich als Baba, der an Land schwamm, einen Kopfstand in den Sand legte und mich gesegnet fühlte, ohne irgendetwas verändern zu wollen – nein, im Gegenteil: ich wünschte mir, dass diese Naturwunder so bestehen konnten, wie sie waren.
Die folgende Strecke war eine der Schönsten der ganzen Fahrt:
Auf der Insel Rinca konnten wir erneut Dutzende von Drachen bewundern und wunderbare Ausblicke über die ganze Insel genießen, die deutlich sanfter als Komodo wirkte.
Schon die Ankunft auf der Insel war bemerkenswert. Denn die Guides hier waren Christen aus Flores und identifizierten mich mit meinen langen, vom Salzwasser und der Sonne erblondeten Haaren und dem üppigen Bart als – Jesus. Das war zwar zweifellos origineller als das ewige “long hair, long life, long banana” aus schmierigen Gesichtern, aber nach kurzer Zeit nicht minder befremdlich. Als ich mich an die Spitze des Erkundungstrips setzte, riefen sie: “Follow Jesus!”. Nach dem Boattrip hatte ich genug davon und entledigte mich von Haaren und Bart. Doch noch war ich Jesus. Oder Baba. Oder so.
Von Rinca aus war es eigentlich nicht mehr weit nach Labuan Bajo auf Flores. Doch es folgten noch zwei weitere Stopps. Der erste führte uns zu einer wunderschönen kleinen Insel. Die Sonne strahlte, das Meer leuchtete – ein perfekter Tag.
Ich war bester Stimmung. Der Trip schien wunderbar auszuklingen.
Wir befanden uns gerade 20 Minuten auf der Insel, als etwas Beunruhigendes geschah: ein Polizeiboot stoppte neben unserem Schiff. Das war nicht gut! Gras rauchen ist in Indonesien kein Kavaliersdelikt. Ich unterdrückte den Impuls, direkt zu unserem Boot zurück zu schwimmen, um die Beweise verschwinden zu lassen. Das wäre aber an Auffälligkeit nicht zu toppen gewesen. Konnte das Ganze höchstens schlimmer machen. Ich fragte mich, ob ich vorsichtshalber nicht für immer auf der Insel bleiben sollte. Robinson Style. Vielleicht war es sogar eine Schatzinsel. Um mich abzulenken, bestieg mit Marc, Rahel und Pascal einen nahen Hügel. Wir waren barfuß und der Boden war glühend heiß.
Flucht mit Schnorchel – man weiß nie, wozu man den brauchen kann…
“Viele gute Bücher wurden im Gefängnis geschrieben” raunte ich Pascal zu – wenigstens würde ich mit ihm dort gute Gesellschaft haben. Glücklicherweise stellte sich jedoch später heraus, dass die Polizisten nur zum Kaffee trinken gekommen waren.
Am Riff vor der Insel zu schnorcheln, stellte sich als schmerzhaft heraus. Das Riff wurde von Fischen mit unangenehmen Bissen verteidigt. Christiane und Tiffany hatten als erfahrene Taucher sogar eine Reihe von hochgiftigen Fischen ausgemacht, die man nur berühren sollte, wenn man ohnehin keine Hoffnung mehr hat.
Schließlich steuerten wir das letzte winzige Eiland unserer Fahrt an. Hier würden wir noch einmal übernachten, bevor es nach Flores ginge. Auf der uns zugewandten Seite der Insel gab es einen kleinen Sandstreifen, der im hellen Mondschein magisch leuchtete. Nach einem Bier am Heck des Schiffes mit Blick auf den Sehnsuchtsort, gab es nur noch eines – HIN.
Nachdem ich mich zunächst alleine auf der Insel befand, stieß nach und nach Andere aus der Gruppe dazu, bis wir zu acht waren. Kluge Geister besaßen einen Dryback, so dass wir sogar in den Genuss eines Joints kommen würden. Als viel schwieriger stellte sich das Entzünden eines Lagerfeuers heraus. Erst nachdem sich alle in die Beschaffung von Materialien für das Feuer beteiligten, wurden unsere Aussichten besser. Wir fanden etwas Rinde, Blätter, einige Zweige, angespülte Seile, Styropor und Plastik. Selbst damit war es noch eine Herausforderung das Feuer zu entfachen und am Leben zu erhalten. Doch nach kurzer Zeit war ich in der Zone und kroch die nächsten zwei Stunden um das Feuer herum und konnte unter Beweis stellen, dass ich in jahrelanger Arbeit das Volumen meiner Lunge drastisch erhöht hatte. Die Wasserpfeife lässt grüßen. Die Anderen genossen meine Arbeit – dazu fand ich selbst keine Zeit.
Nach anderthalb Stunden war mein Kreislauf dermaßen im Eimer, dass mir schummrig und schließlich schwarz vor Augen wurde. Für einen kurzen Moment – in dem mein Sichtfeld wie ein abgestürzter Windows-Bildschirm abschmierte – dachte, ich würde die Insel nie wieder verlassen. Doch 5 Minuten später blies ich wieder wie ein Wahnsinniger in die Glut.
Alles in Allem ein gelungener Abschluss unserer eigentlichen Fahrt.
Am Tag darauf fuhren wir nach Labuan Bajo, wo wir eine letzte Nacht verbringen würden, bevor es mit den lokalen Fähren und dem Bus wieder zurück nach Lombok gehen würde. Wir nutzten die Gelegenheit, um richtig gut essen zu gehen, unsere Biervorräte einmal mehr aufzufüllen. Hier mit Mark:
Mit den 3 Finnen unserer Gruppe und dem Polen stießen wir mit einem Arak Mojito an, der erstaunlich gut schmeckte, bevor die 4 wieder zu einem ihrer Raubzeuge aufbrachen, um zu unverschämt billigen Preisen riesige Flaschen schwarz-gebrannten (und methanolhaltigen – also nicht wirklich zu empfehlendem) Arak aufzutreiben. Aber den Finnen respektive dem Polen konnte das Teufelszeug nichts anhaben – sonst wären sie zu diesem Zeitpunkt schon lange tot gewesen. Hätte die Mannschaft nur aus solchen Typen bestanden, unsere Kaperfahrt hätte beginnen können. Die Frage war nur, wie lange ich dann Kapitän geblieben wäre…
Einige aus der Gruppe würden auf Flores bleiben, andere flogen zurück und nur ein Teil der Gruppe würde mit der Fähre und dem Bus zurück gelangen. Es wäre sehr schön gewesen, mit dem gleichen Schiff wieder zurück zu fahren, das uns schon lange ans Herz gewachsen war. Leider ließ sich darüber nicht verhandeln und der Preis, den uns der Kapitän anbieten konnte, war völlig überzogen. Das ließ die Frage offen, was um alles in der Welt die Crew zurück transportieren würde. Aber Manche Fragen sollte man nicht stellen. Mafia Shit…
Nach einem letzten Gelage und einer weiteren viel zu kurzen Nacht, fanden wir uns am nächsten Morgen am Fährhafen ein, um unsere endlose Rückfahrt anzutreten. Mit der Fähre von Labuan Bajo nach Bima im Osten von Sumbawa, dann mit dem Bus durch einen Großteil der Insel, einer weiteren Schifffahrt zurück nach Labuan Lombok und schließlich dem Shuttleverkehr, der uns zurück nach Sengigi brachte. Dort blieben wir aber nicht, sondern fuhren gleich wieder zurück nach Bangsal, um den letzten Tag von Abdul auf Gili Trawangan zu zelebrieren.
Ein kleines Bonmot zur Rückreise: nach der wunderbaren Atmosphäre auf dem Boot und der unheimlich sympathischen Crew, befanden wir uns nun knietief im übelsten Pusherbusiness. Wir wurden behandelt wie Vieh. Das galt nicht für die beiden Fahrten mit der lokalen Fähre – das waren jeweils sehr angenehme Erlebnisse und ein wirklicher Einblick in die Art wie die meisten Indonesier reisen. Doch die stundenlange Fahrt mit dem Bus durch Sumbawa war speziell. Ich freute mich zunächst riesig, auf dem Dach des Kleinbusses mitfahren zu können – allerdings waren wir dort oben schließlich zu siebt. Dennoch war es eine faszinierende Erfahrung. Denn Sumbawa wird abgesehen von zwei Surfspots im Westen der Insel kaum von Touristen besucht. Nicht im Entferntesten vergleichbar mit Lombok, geschweige denn mit Bali. Und so war die Begeisterung der Einheimischen in den Dörfern, die wir durchquerten, riesig – angesichts von so vielen Falang auf dem Bus. Nur in Gebieten, in denen der Tourismus noch eine Randerfahrung darstellt, kann man solch ursprüngliche Freude, Neugier und Offenheit kennenlernen.
30 Stunden lang waren wir unterwegs und Schlaf war allenfalls auf der zweiten Fähre möglich, wenn es nicht gerade auf das offene Deck regnete. Ansonsten war nur Koma.
Als wir uns schließlich wieder dauerhaft an Land befanden, konnten wir kaum noch laufen – wir hatten uns immerhin 5 Tage lang kaum an Land aufgehalten. Wir schwankten über Pfade entlang, als wären wir betrunken (ein Effekt, der sich nach dem Genuss nur eines Bieres vervielfachte). Wir unterlagen optischen Täuschungen, die uns suggerierten, dass einfache Steinpfade Bootsstege sein müssten und ein Kippen nach Rechts oder Links unweigerlich mit dem Fall in den Ozean verbunden sein würde.
Nach einer letzten Nacht in trauter Runde hieß es schon wieder Abschied nehmen. Abdul würde von Bali aus nach Hause fliegen; Marc und Rahel hingegen würden ihre Reise nach Malaysia fortsetzen, bevor sie nach Neuseeland und Südamerika weiterreisen würden. Gerade die Beiden und Pascal waren mir besonders ans Herz gewachsen und ich hätte gerne noch mehr Zeit mit ihnen verbracht. Die Zeit mit Abdul gehört ohnehin zu den absoluten Highlights meiner gesamten Reisen und es war erstaunlich, wie selbstverständlich er sich an meiner Seite befand. Wir hatten unsere eigenen Kontakte und unternahmen viele Dinge auf eigene Faust und doch waren wir immer miteinander verbunden. Jederzeit gerne wieder!
Abdul und Baba freuen sich auf den nächsten Raubzug. Inklusive Wahn. Mit Risiken und Nebenwirkungen.
Anmerkung: einzelne Bilder stammen von Marc und Julio und werden hier mit deren Einverständnis veröffentlicht.
Antworten
hi, wie kommen wir(2) im nov2015 von bali nach flores ohne einen flieger nehmen zu müssen – und was würde der transport p.p. kosten, hin und zurück ? Dauer? Islandhopping via lombok oder kommodo wäre evtl. auch eine option.( 4 Wo. Urlaub)
Danke für die Mühe.
Gruß ehhach. wie schön. fast als wäre man dabei gewesen. danke !
gerne! Schön, dass Du »mitgefahren« bist…
Tolle Bilder und respekt, was man dort für große Fische fangen kann !
Danke schön! Der Fisch war schon ein Prachtexemplar, der hatte richtig Power. Fast schon eine Schande so einen Fisch zu verspeisen. Aber sonst wären wir wohl verhungert…
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