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Die Geschichte von Potosi

Unge­fähr vier Fahr­stun­den von Uyuni ent­fernt, liegt auf über 4’000 m.ü.M. die Stadt Potosi. Bereits wäh­rend der Anfahrt erbli­cke ich den grau und rot schim­mern­den Cerro Rico. Der „rei­che Berg“, wel­cher sich hin­ter der höchst­ge­le­ge­nen Stadt der Welt auf­türmt, ist mit hun­der­ten von Stol­len durch­bohrt. Sil­ber­mi­nen. So haben sich wäh­rend einem hal­ben Jahr­tau­send die Spa­nier sei­nen Sil­ber­schatz geholt. Acht Mil­lio­nen Indios haben dabei ihr Leben gelas­sen und Spa­nien för­derte damals in nur 30 Jah­ren mehr Sil­ber aus dem Berg, als zu die­ser Zeit in ganz Europa im Umlauf war. Ket­ze­risch gesagt, war es quasi das Start­ka­pi­tal, wel­ches in Europa die Natu­ral­wirt­schaft des Feu­da­lis­mus ins Wan­ken brachte, und den Weg für den euro­päi­schen Kapi­ta­lis­mus ebnete.

Unterwegs am Cerro Rico

Cerro Rico

In der Zwi­schen­zeit hat diese Haupt­stadt der ärms­ten Region des ärms­ten Staa­tes Süd­ame­ri­kas an Bedeu­tung ver­lo­ren. Trotz­dem: Auch im Jahre 2013 kann in Potosi noch immer jeder­mann ganz legal Dyna­mit, Ver­stär­kungs­la­dun­gen und Zün­der in rauen Men­gen über die Strasse kau­fen, denn auch in die­sen Stun­den krat­zen tau­sende von Tage­löh­ner und ihre Fami­lien die Reste der Boden­schätze aus dem durch­lö­cher­ten Berg.

In die Silberminen von Potosi

Wer Klaus­tro­pho­bie, Atem­pro­bleme, Über­ge­wicht (oder einen gesun­den Men­schen­ver­stand) hat, kommt gar nicht erst rein in die Minen. Die unbe­leuch­te­ten Stol­len sind teil­weise unglaub­lich eng, oft noch zu einem guten Teil mit Was­ser geflu­tet. Ver­ti­kal und hori­zon­tal ver­zwei­gen unzäh­lige Neben­stol­len. Sau­er­stoff ist kon­stant Man­gel­ware, wäh­rend die Tem­pe­ra­tur zwi­schen eisi­gen 0 und glü­hen­den 40 Grad Cel­sius schwankt. Immer wie­der höre und fühle ich die Spren­gun­gen, wel­che alles erzit­tern las­sen. Ich ertappe mich bei kur­zen Stoss­ge­be­ten, damit die Decke über mir nicht ein­bricht. Es ist eine rechts­freie Gegend in die­sem Berg, hier herrscht ein­zig Tio – der Teu­fel und Schutz­pa­tron der Mineure. Sicher­heits­vor­keh­run­gen gibt es keine. Maschi­nen feh­len ebenso: Dyna­mit, Pickel, Schau­fel, Schub­karre, Stirn­lampe und ein Plas­tik­helm müs­sen rei­chen. Kin­der­ar­beit ist in Boli­vien zwar offi­zi­ell ver­bo­ten, bloss kon­trol­lie­ren tut das kei­ner. Und so sehe ich denn auch viele Arbei­ter, wel­che kaum älter als 12 Jahre sind.

Eines Tages ver­lor der „Cerro Rico“ für die aus­län­di­schen Inves­to­ren man­gels „Return on Invest­ment“ an Attrak­ti­vi­tät. Seit­her sind die Mineure in Koope­ra­ti­ven orga­ni­siert. Sie haben den Berg vom Staat gepach­tet und schuf­ten so auf eigene Rech­nung. Wer sich die­ser Arbeit annimmt, ist kein lan­ges Leben beschert. Wer Glück hat und durch Tio von Arbeits­un­fäl­len ver­schont wird, der hat viel­leicht zehn, wohl nicht mehr als 20 Jahre, bis die gif­ti­gen Dämpfe, der Staub, der 96-pro­zen­tige Trink­al­ko­hol, der Tabak und Coca­kon­sum ihren Tri­but for­dern. Und das bei einem Monats­lohn von knapp 50–200 Franken.

Nach meh­ren Stun­den bin ich heil­froh wie­der aus dem Berg raus zu sein. Von der phy­si­schen Anstren­gung habe ich mich (auch auf 4’000 Meter) erholt. Was bleibt, sind die Gedanken.

Ein Mineur verlässt bei Arbeitsbeginn seine Unterkunft

Ein Mineur ver­lässt bei Arbeits­be­ginn seine Unterkunft

Einkaufstour der etwas anderen Art

Ein­kaufs­tour der etwas ande­ren Art

Unterwegs im Cerro Rico

Unter­wegs im Cerro Rico

Aufzug...

Auf­zug…

Ein Mineur bastelt seelenruhig an einer Sprengladung

Ein Mineur bas­telt see­len­ru­hig an einer Sprengladung

bol31 Tio will regelmässig gehuldigt werden

Tio will regel­mäs­sig gehul­digt werden

Chemische Weiterverarbeitung

Che­mi­sche Wei­ter­ver­ar­bei­tung – drei­mal dürft ihr raten, was mit dem toxi­schen Was­ser geschieht

Cate­go­riesBoli­vien
Doris & Michael

Beide lieben wir alles was mit Bewegung, Menschen, Natur oder fremden Ländern zu tun hat. Und seit wir uns kennen, lässt uns der Gedanke nicht mehr los, irgendwann gemeinsam eine grosse Reise zu unternehmen. Weil Träume zum Leben da sind, haben wir im Oktober 2012 Arbeitsstelle sowie Wohnung aufgelöst und das Mobiliar verkauft. Dafür haben wir im Gegenzug unser grösstes Luxusgut in den Rucksack eingepackt: Zeit!

  1. Nina says:

    Gerade ges­tern habe ich in Sucre den sehr bewe­gen­den Doku­men­tar­film „The devils miners“ gese­hen. Er berich­tet über die Kin­der­ar­beit in Poto­sis Mie­nen. Sehr sehenswert!

    1. Hoi Nina

      Merci für die Ergän­zung! Wir mögen uns noch gut daran erin­nern, wie wir die­sen Doku­men­tar­film – eben­falls in Sucre ;) – gese­hen haben. Wirk­lich sehenswert! 

      by the way: einen wun­der­schö­nen Blog habt ihr – wir wer­den sicher noch öfters vorbeischauen!

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