Unzählige Schlaglöcher feixen hämisch, als der Bus tief in sie hineintaucht. Diese unasphaltierte Schotterstraße ist sozusagen das gelobte Land für fromme Schlaglöcher. Kurdistan.
Eine Reise im Overnight-Bus im Osten der Türkei ist ein äußerst erfolgversprechender Weg, um ein tief überzeugter Menschenhasser zu werden. Und ich lasse euch nicht im Dunkeln wandeln, ich teile ihn mit euch!
Es ist ja nicht so, dass es nicht unangenehm genug wäre, sich beim Versuch, eine akzeptable Sitzposition zu finden, die komplette Rückenmuskulatur zu versteinern. Auch die zahlreichen Stops zu den unmöglichsten Zeiten an den merkwürdigsten Orten (natürlich mit kompletter Festbeleuchtung im Bus) sind zu verschmerzen. Dass daraufhin die komplette Besatzung des Busses wild Formulare wedelnd durch den Gang trampelt und dabei die ruhesuchenden Reisenden anarscht, auch das darf gnädig übersehen werden. Ist ja auch wichtig, dass die gefühlt unzähligen Papiere ordnungsgemäß gefüllt werden!
Nein, auch die Klimaanlage trifft keine Schuld. Das Personal scheint geübt darin zu sein, abwechselnd den Sauna- und Südpolmodus zu aktivieren. Ist sicherlich gut für das Immunsystem.
All das wäre erträglich. Wäre da nicht eine Sache: Die anderen Fahrgäste.
Verständlicherweise muss der hinter mir Sitzende halbstündlich Dehn- und Streckübungen an meiner Rücklehne ausüben. Gesundheit geht vor!
Eine schöne Sitte ist es auch, zumeist geschlossene Schuhe zu tragen. Das zahlt sich besonders aus, wenn die Sitznachbarn – nach dem langen Tagewerk natürlich verdientermaßen – die Lederschuhe von den Füßen streifen, um komfortabel die Busfahrt zu genießen… man kann ja auch durch den Mund atmen.
Die junge Mutter mit den knisternden Plastiktüten kramt eine ganze Weile nach den knusprigen Chips. Die halten den Kleinen beschäftigt. Da helfen auch keine Ohrstöpsel mehr.
Der Junge braucht Bewegung! Zum Glück findet Elefantenfuß die Buslänge des dreißig Zentimeter breiten Ganges völlig ausreichend.
Es soll Reisende geben, die auch trotz der zwei Pannen um halbdrei und halbvier nachts diese spannenden Beobachtungen nicht machen können, weil sie friedlich schlummern. Arme Leute, denke ich, wenn man so viel verpasst!
Was bleibt ist Resignation – oder Hass. Ich resigniere nicht, nein!
Ich hasse.
Wahrlich, lange habe ich gesucht, bin auf vielen Holzwegen geirrt und musste enttäuscht in düsteren Sackgassen umkehren. Doch nun habe ich ihn gefunden: Den perfekten Weg, Menschenhasser zu werden. Werdet auch ihr erleuchtet!
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geschrieben um drei Uhr nachts, während einer Pannenpause. Danach ging’s mir etwas besser… 😀
Im Übrigen war damit noch die Reise nicht zu Ende:
22:00 Uhr Start in Diyarbarkir, Südosttürkei
10:00 Uhr Ankunft Kars, Nordosttürkei (maximal 2 h gedöst)
11:00 Uhr Start Minibus Richtung georgischer Grenze
11:30 Uhr Umkehr, um weitere Passagiere reinzustopfen, darunter ein kotzendes Mädchen
14:00 Uhr Ankunft an der fast verlassenen Grenzstation, nach Fahrt am Ende eines Konvois, den man in den Staubwolken nur selten schemenhaft erkennen konnte (Staublunge)
14:30 Uhr Unser Fahrer hat einen georgischen alarmiert, der uns am Feldweg an der Grenze im grünen Mercedes erwartet, und eine sehr gute monetäre Verhandlungsposition hat.
15:00 Uhr Ankunft im nächsten Ort
16:00 Uhr Minibus nach Tiflis
19:00 Uhr Ankunft an der chaotischen Busstation in Tiflis
20:30 Uhr Dank Alex rudimentärer Russischkenntnisse und wirrer Fahrt durch Tiflis Ankunft am Ziel.






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