Auf dem Mekong

Von der nörd­li­chen Gren­ze Thai­lands nach Luang Pra­bang mit dem Boot – bes­ser kann man sich nicht auf die wun­der­bar fried­li­che Atmo­sphä­re in Laos ein­stim­men. Doch wer in einem Dorf am Ufer eine Pau­se ein­legt, merkt schnell, dass er kei­ne Ahnung hat, wie es den Men­schen hier geht.

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Zwei Tage dau­ert die Fahrt von Huay Xai an der thai­län­di­schen Gren­zen bis nach Luang Pra­bang in Laos. Zwei Tage, in denen man kei­ne ein­zi­ge Stadt pas­siert und nur eine Brü­cke, die noch eine Bau­stel­le ist. Zwei Mal zehn Stun­den auf dem Was­ser, der Blick wird schläf­rig und bleibt irgend­wo am Hori­zont hän­gen, wo der brau­ne Fluß auf wei­ße Sand­bän­ke und dun­kel­grü­nen Wald trifft.

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Mor­gens liegt Nebel über dem Mekong, lei­se tuckert der Motor, wäh­rend eine frem­de Welt vor­bei­zieht und der Kapi­tän mit schlaf­wand­le­ri­scher Sicher­heit die Fel­sen umschifft, die über­all aus dem Was­ser ragen.

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An Bord der »Nagi of Mekong« sind heu­te nur sie­ben Pas­sa­gie­re. Wir kön­nen uns aus­brei­ten – und die Fami­lie des Bin­nen­schif­fers eben­falls. Das Baby schläft auf dem Fuß­bo­den.

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Es ist acht Mona­te alt, die Frau im roten Hemd ist sei­ne Groß­mutter.

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Das ist ihr Mann, der Kapi­tän. Stun­den­lang hockt er im Lotus­sitz hin­ter dem Steu­er­rad auf einer Auto­bank, die auf ein Holz­ge­stell mon­tiert wur­de.

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Und das ist die Toch­ter. Weil das Paar kei­ne eige­nen Kin­der hat, hat es das Mäd­chen von Ver­wand­ten adop­tiert. Sie ist jetzt 16 Jah­re alt, seit zwei Jah­ren ver­hei­ra­tet und die Mut­ter des Babys.

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Ran­gie­ren ist Frau­en­sa­che. Mit lan­gen Stan­gen manö­vrie­ren die bei­den Frau­en das Lang­boot zwi­schen den ande­ren Schif­fen auf den Fluss.  Auch sonst schei­nen sie ein per­fekt ein­ge­spiel­tes Team zu sein. Sie brin­gen sich Tee, wech­seln sich mit dem Kind ab, lachen und packen an, ohne dass einer erkenn­bar das Kom­man­do hät­te.

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Kur­zer Halt am Ufer. Ein Jun­ge hat einen Fisch gefan­gen.

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Die Frau des Kapi­täns kauft das Mit­tag­essen ein und ver­han­delt mit dem Jun­gen über den Preis.

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Die Toch­ter hat schon die Koch­müt­ze auf, da muss sie noch schnell am Ufer die Lei­nen lösen.

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Es gibt Kleb­reis, gekoch­te Gur­ken und zwei schar­fe Pas­ten mit Bana­nen, Chi­li und Erb­sen.

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Das hier ist Pak Beng, das ein­zi­ge etwas grö­ße­re Dorf auf der Stre­cke. Es gibt einen Markt, meh­re­re Gast­häu­ser und eine Stra­ße mit Restau­rants für die Boots­tou­ris­ten.

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Wir über­nach­ten in einem Gast­haus, die Schif­fer­fa­mi­lie auf dem Boot.

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Im Moment steht das Was­ser nied­rig, manch­mal reicht es bis an die­se Lat­te.

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Ob sich ein Dorf im Dschun­gel ver­steckt, erkennt man an Boo­ten und spie­len­den Kin­dern auf den Sand­bän­ken.

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“Gebt den Kin­dern kein Geld”, sagt der Gui­de, der auf jedem Tou­ris­ten­boot mit­fährt. Er nennt sich Kae, obwohl er eigent­lich Vayu Che­a­chao heißt. Auch das Dorf, das er “Bam­boo Vil­la­ge” nennt, hat bestimmt einen ande­ren Namen.

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Die Ver­stän­di­gung mit Kae ist schwie­rig, mit den Men­schen im Dorf erst recht. Die­ses Mäd­chen weicht nicht von mei­ner Sei­te. Immer wie­der mur­melt sie “Sabai­dee” (»Hal­lo«) und hält mir ihre selbst geknüpf­ten Arm­bänd­chen hin.

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Die Men­schen, die hier leben, gehö­ren zum Volk der Hmong. Vor ein paar Jah­ren sei ein gro­ßer Teil des Dor­fes an Mala­ria gestor­ben, sagt Kae. In sei­nem Dorf im Nor­den von Laos behan­de­le man Mala­ria mit Opi­um und Heil­kräu­tern.

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Es gibt zwei Brun­nen und Strom­ver­sor­gung zwi­schen 18 und 21 Uhr. Die Men­schen leben von der Land­wirt­schaft.

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Das Dorf macht einen fried­li­chen Ein­druck – abge­se­hen von sie­ben Tou­ris­ten, die nicht wis­sen, wie sie sich ver­hal­ten sol­len.

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Nur ein hol­län­di­sches Paar hat kei­ne Beden­ken, den Kin­dern ein paar geknüpf­te Bänd­chen und Beu­tel abzu­kau­fen.

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Die ande­ren fünf selt­sa­men Besu­cher lotst der Gui­de zum Dorf­la­den. Er meint, es sei bes­ser, den Kin­dern Hef­te und Stif­te zu schen­ken. Wir sind nur von Mäd­chen und klei­nen Jungs umringt. Sind die grö­ße­ren Jun­gen in der Schu­le? Kön­nen die Mäd­chen über­haupt etwas mit Hef­ten anfan­gen?

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Mit gespielt ver­zwei­fel­ten Bli­cken ver­su­chen sie, uns vom Kauf abzu­hal­ten, und zei­gen immer wie­der auf ihre Hand­ar­bei­ten. Lei­der ver­ste­he ich das erst im Nach­hin­ein.

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Auch die alte Frau, die vor­bei­kommt, kann nicht ver­mit­teln.

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Kei­ne Spur von Begeis­te­rung, als wir schließ­lich die Hef­te und Kugel­schrei­ber ver­tei­len. Wahr­schein­lich sind die Kin­der mit nichts so gut aus­ge­stat­tet wie mit Hef­ten und Kugel­schrei­bern. Schließ­lich kommt Kae drei Mal pro Woche mit einer Boots­la­dung Tou­ris­ten vor­bei.

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Sel­ten habe ich mich so fehl am Platz gefühlt wie beim Ver­tei­len der Hef­te und Stif­te. Hät­te ich viel­leicht doch bes­ser ein paar Hand­ar­bei­ten gekauft?

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Infor­ma­tio­nen: Das Boot star­tet früh mor­gens in Huay Xay auf der lao­ti­schen Sei­te des Mekong. Gleich gegen­über liegt die thai­län­di­sche Grenz­stadt Chiang Khong. Es gibt ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten, die Stre­cke zurück­zu­le­gen. Das soge­nann­te Speed­boat (unge­fähr 30 Euro) ist bestimmt die dümms­te Form der Fort­be­we­gung. Statt 20 Stun­den braucht es nur sechs, doch es macht einen ohren­be­täu­ben­den Lärm und ent­lässt die Pas­sa­gie­re in Schock­star­re. Der Kapi­tän des Speed­boats trägt einen Motor­rad­helm, nicht aber die Pas­sa­gie­re. Die bil­ligs­te Vari­an­te (etwa 20 Euro ohne Essen und Über­nach­tung) ist das Slow­boat mit bis zu 70 Pas­sa­gie­ren, die auf Holz­bän­ken zusam­men­ge­pfercht ger­ne lus­ti­ge Besäuf­nis­se ver­an­stal­ten. Anbie­ter der mitt­le­ren Preis­klas­se (zum Bei­spiel »Nagi of Mekong«) kos­ten 120 Euro inklu­si­ve Essen und Über­nach­tung. Der Luxus-Crui­ser »Luang Say« ver­langt für die­sel­be Stre­cke unge­fähr 350 Euro.

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Antworten

  1. Avatar von Muriel

    Schö­ner Arti­kel, der auch ver­deut­licht was so oft das Pro­blem mit den »Geschen­ken« vor Ort ist. Die Mäd­chen dür­fen nicht mehr in die Schu­le, da Sie Arm­bän­der an Tou­ris ver­kau­fen müssen…und wie Sie ja selbst gese­hen haben, gibt es lei­der immer noch wel­che die sogar die Arm­bän­der kaufen…*Kopfschüttel*

    Was wir immer mit neh­men und auch unse­ren Kun­den raten wäre, als Alter­na­ti­ve zu stief­ten und Hef­ten (macht ja wirk­lich jeder):

    Sei­fen­bla­sen Tuben (das ken­nen die meis­ten Kin­der in SOA lei­der nicht)
    Spring­sei­le
    Gum­mi­bär­chen
    Mal­krei­de
    Krei­sel
    Luft­bal­lons

    Lie­be Grü­ße
    Muri­el

  2. Avatar von Alex Sefrin

    Ich muss zuge­ben, dass ich auch die bil­li­ge Vari­an­te genom­men hat­te, aber ich habe die­se Fahrt wie kei­ne ande­re genos­sen. Es war ein­fach wun­der­bar die Land­schaft vor­bei­zie­hen zu sehen. Nur in Pak Beng war es etwas hek­tisch, da alle mit einem Schlag ver­such­ten eine Blei­be für die Nacht zu fin­den. Die, die sich zuvor zuge­dröhnt hat­ten, hat­ten dann halt das Nach­se­hen – jedem das Sei­ne.

  3. Avatar von Florian Blümm

    Ein Unter­schied wie Tag und Nacht zur Besäuf­nis­klas­se!

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