Had­dis ist unser Fah­rer. Nein, war unser Fah­rer. Wir haben Had­dis verloren.

Had­dis war einst Major, als die sozia­lis­ti­schen Mili­tärs Äthio­pien aller­lei Pein berei­te­ten. Er hat sich her­auf­ge­kuscht und her­auf­ge­brüllt, und schließ­lich hatte er einen schö­nen ruhi­gen Platz hin­ter einem Schreib­tisch und füllte Quit­tun­gen aus. Manch­mal durfte er schreien. Das waren die guten Zei­ten. Wären sie doch nur so geblieben!

Had­dis ist kein Major mehr, und hat sich einen alten Toyota Land­crui­ser gekauft. Er möchte jetzt Tou­ris­ten in abge­le­gene, auf­re­gende Gegen­den fah­ren und bekommt dafür neun­zig Dol­lar am Tag. Das ist in Äthio­pien viel Geld. Had­dis hat auch eine feine Phi­lo­so­phie: When you are happy, I am happy. Ist das nicht schön!

Had­dis mag sei­nen sil­ber­nen Land­crui­ser sehr. Und des­we­gen mag er auch asphal­tierte Stra­ßen sehr. Kann man ver­ste­hen. Was er gar nicht so gern hat, sind bad roads. Das sagt er des­halb auch oft, und wer mag schon bad roads, möchte man da den geneig­ten Leser fra­gen. „Wer mag schon bad roads?“

„Wir!“, sagen wir.

Wir, das sind Robert, unser „Boss“ aus Ham­burg, und Magda und Michal, ein kon­ge­nia­les Pär­chen aus War­schau. Und ich. Abends waren wir in Addis Ababa was essen, und ich schloss mich spon­tan ihrem Plan an, den Süden zu erkun­den, nackige Ein­ge­bo­rene und wilde Tiere zu sehen. Lag auf mei­nem Weg Rich­tung Kenia. Für acht Tage hat­ten sie einen Gelän­de­wa­gen mit Fah­rer orga­ni­siert, und drei, vier Tage würde ich sie beglei­ten. Ein guter Plan.

Doch zurück zu unse­rem Lieb­lings­thema, den bad roads. Die mögen wir natür­lich auch nicht ein­fach nur so, son­dern aus dem Grund der Reise her­aus: Abge­le­gene, auf­re­gende Gegen­den. Da gibt es nur sel­ten frisch geputzte Auto­bah­nen hin, und des­we­gen benutzt man einen Gelän­de­wa­gen. Der Gelän­de­wa­gen als sol­cher liebt bad roads. Auf good roads fühlt er sich nutz­los, er ver­steht sich mit den Kol­le­gen nicht so, und schleicht gede­mü­tigt über den schwar­zen Teer.

Had­dis hat ein gutes Herz, vor allem wenn er gerade nicht durchdreht.

Das pas­siert aller­dings, denn bad roads jagen ihm eine Höl­len­angst ein. Außer­dem kennt sich Had­dis selt­sam wenig aus, und spricht auch nicht die Spra­chen des Südens. Er spricht aber eine Form des Eng­lisch, nen­nen wir es Had­dis-Eng­lish, mit dem er uns die wich­ti­gen Dinge erklärt: „This is not the argu­ment!“ (er meint agree­ment), und sein Lieb­lings­aus­druck „No, no, bad roads!“. Wenn Had­dis durch­dreht, kann er das Geschwätz sei­ner Kun­den gar nicht ertragen.

Robert hat auch ein gutes Herz, doch was er gar nicht mag ist Had­dis, wenn Had­dis durch­dreht. Vor allem wenn Robert Hun­ger hat. Keine gute Idee, dann mit ihm Streit anzu­fan­gen! Das ist der Moment, wenn der Rest der Gruppe schmun­zelt. Und dar­auf war­tet, dass Robert reflex­ar­tig Had­dis in die Fresse haut. Ver­geb­lich, leider.

Tag 2: Had­dis beschließt, dass er nicht mehr will.

Er wurde heute gezwun­gen, fast dreis­sig Kilo­me­ter mehr zu fah­ren, und das auf bad roads (also nicht-asphal­tiert). Dabei wäre doch die direkte Stre­cke nach Arba Minch eine good road, und außer­dem was this not the argu­ment! Und was wol­len die Tou­ris­ten denn nur in den nor­ma­len Dör­fern, die Tou­ris­ten sol­len Kro­ko­dile anschauen! Oder foto­fer­tige Ein­ge­bo­rene und Tel­ler­lip-girls! Natür­lich kriegt Had­dis so nen Hals. Er will zurück.

„I go back to Addis. Tomor­row mor­ning.“ Im Prin­zip ist jeder ein­ver­stan­den, wäre da nicht diese kleine Sache. Er wurde bereits bezahlt für die ers­ten Tage, und will das Geld nicht zurück­ge­ben. Er ist belei­digt und gekränkt. Wes­halb, das ver­steht Had­dis, sonst niemand.

Kri­sen­sit­zung. Ich plä­diere dafür, ihn zu beru­hi­gen, die Tour im Natio­nal­park mor­gen noch zu machen und dann abzu­bre­chen. Ich werde ihn anlü­gen, dreist und ohne Gewis­sens­bisse. Doch es schal­ten sich lokale Gui­des ein, und han­deln einen Kom­pro­miss aus, wir machen die Tour sehr früh, und dann bekommt er noch eine Tank­la­dung Die­sel… und ab dafür.

Had­dis ist sehr froh, als er diese ver­rück­ten Bleich­ge­sich­ter los ist.
Er hat sich wirk­lich alle Mühe gege­ben, aber irgendwo ist auch mal Schluss! Es gibt eine Grenze!

Die Ver­rück­ten sind froh, dass Robert nicht wegen Tot­schlags (oder wäre es nur Not­wehr?) in einen äthio­pi­schen Knast kommt. Und sie wie­der ohne ver­ständ­nis­lo­ses Geze­ter über ihre gelieb­ten bad roads rum­peln dür­fen… im Bus… zu den nacki­gen Ein­ge­bo­re­nen und den wil­den Tie­ren. Oder so.

Und des­halb wol­len die komi­schen Leute auf die bad roads:






  1. Alexander says:

    Hallo Johan­nes, ganz groß­ar­tige Fotos!
    Afrika ist oft nicht so, wie Du es Dir vor­stellst, oder?!
    Und die Men­schen auch nicht.
    Ich sollte es wis­sen, ich habe lange in Äthio­pien gelebt – auch in der Zeit, wäh­rend der Had­dis Major wurde…

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  4. Captain Hook says:

    Volle Kraft vor­aus. Ich kann mich Had­dis lei­der nur anschlie­ßen: Für den Job sind Good Roads unschlag­bar. Spre­che hier sogar aus eige­ner Erfah­rung, denn nun beglei­tet mich ein klei­ner wei­ßer Hüp­fer. Kaum zu glau­ben aber nach Blanco, Pinki, Bar­bie und Fly­ing Dut­chana folgt nun Blanco B.I.G. Werde lang­sam groß und mobil..hihi…
    Aber ich muss zuge­ben auf Bad Roads hat man ein­fach das bes­sere „wow ist das hier alles ursprüng­lich gefühl“. Genieß es noch bevor du nach Asien abrückst. Davon träumt näm­lich Haddis :)

    1. klys says:

      über had­dis schmut­zige phan­ta­sien möchte ich mir jetzt keine wei­te­ren gedan­ken machen ;-) und solange wün­sche ich dir all­zeit good roads und eine beid­sei­tig lie­be­volle bezie­hung mit dem schö­nen blanco… :D

  5. Es gibt ein schö­nes Lied aus einer Zeit namens die „80er“. Es heißt „Don’t pay the ferry man till he gets you to the other side“. – Oder in eurem Fall: Don’t pay the Had­dis­man…“. haha.

    Was ande­res: bei dir kann man immer jedes Bild neh­men und an die Wand hän­gen, so schön sind deine Fotos.

    Ser­vus aus Kiwi-Country

    1. klys says:

      ja, das ist wohl wahr! eine lehre, die ich immer wie­der neu ler­nen muss…
      und was heisst auf abruf? gehts dem­nächst nach hause?

  6. Josh says:

    Na da haben sich die Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Had­dis doch wohl gelohnt für die tol­len Bil­der. Ich werd mich für dich ein­set­zen, dass nicht so viel geteert wird…schon ein Unding! ;) Gute Fahrt!

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