Seit Jah­ren hatte ich mit glü­hen­den Augen Berichte über Ang­kor ver­schlun­gen. Die Rui­nen­stadt, die nach ihrem Nie­der­gang von Dschun­gel über­wu­chert wurde, zog mich magisch an. 

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Von den vier­tau­send Inseln im Süden von Laos fuhr ich über 20 Stun­den bis in den Wes­ten Kam­bo­dschas. Siam Raep liegt direkt vor den Toren Ang­kors. Der Stadt ist deut­lich anzu­mer­ken, wie rasant sie in den letz­ten zwei Jahr­zehn­ten gewach­sen ist, seit zu Beginn der 90er-Jahre die Demo­kra­ti­sie­rung der kam­bo­dscha­ni­schen Gesell­schaft ein­ge­setzt hat. Wenn ich die gewal­ti­gen Haupt­ver­kehrs­adern ver­ließ und mich mit dem Fahr­rad auf eine Erkun­dungs­fahrt in die klei­nen Gas­sen trei­ben ließ, lan­dete ich schnell in Vier­teln, die fast länd­lich anmu­ten. Was­ser­büf­fel kreuz­ten mei­nen Weg. Der Kon­trast zwi­schen den herr­schaft­li­chen Hotel­an­la­gen und den ärm­li­chen Behau­sun­gen, die nur einen Stein­wurf ent­fernt lie­gen, erschlug mich glatt. Das Nacht­le­ben stieß mich ab. Die Pub Street kam mir wie eine Minia­tur­aus­gabe der Kao­san Road vor. Bei mei­nem Besuch bekam ich so lange Kokain und Frauen von zwie­lich­ti­gen, schmie­ri­gen Gestal­ten ange­bo­ten, bis ich ange­ekelt das Weite suchte.

Längst ist Ang­kor wie­der eine der meist­be­such­ten Tou­ris­ten­at­trak­tio­nen Süd­ost­asi­ens. Der Tou­ris­mus boomt so sehr, dass den Rui­nen der erneute Ver­fall droht; sie sind dem Ansturm nicht mehr gewachsen.

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Mich beein­druckte von Anfang an die Freund­lich­keit der meis­ten Kam­bo­dscha­ner. Ich hatte ver­mu­tet, dass ich nach dem Frie­den von Laos mit dem Land frem­deln würde. Zwar bestä­tigte sich, was ich gehört hatte: Das Leben war tat­säch­lich hek­ti­sche­rer; aber die pul­sie­rende Kraft des Lebens zog mich uner­war­tet stark an. Wäh­rend ich im Kon­takt mit Lao­ten oft das Gefühl hatte, erst das Eis bre­chen zu müs­sen, um wirk­lich in Kon­takt zu tre­ten, so erschie­nen mir die Khmer offe­ner und direk­ter. Stän­dig blieb ich ste­hen, unter­hielt mich mit Moto- und Tuk-Tuk-Fah­rern, mit Händ­lern, Sol­da­ten und behin­der­ten Men­schen, die von Minen ver­stüm­melt wor­den waren. Viele erzähl­ten erstaun­lich offen vom Krieg und ihrem Schick­sal. Die Groß­el­tern-Gene­ra­tion war wäh­rend der Schre­ckens­herr­schaft der Roten Khmer in einem bes­tia­li­schen Geno­zid dezi­miert wor­den. Wer auch nur im Ver­dacht stand, ein Intel­lek­tu­el­ler zu sein, war sei­nes Lebens nicht mehr sicher. Mit Gewalt sie­delte Pol Pot die Bevöl­ke­rung wie­der aufs Land und träumte von einer kom­mu­nis­ti­schen Bau­ern­ge­sell­schaft. Nicht mal die Roten Khmer selbst waren im Stru­del von Miss­trauen und Denun­zia­tion vor den Scher­gen aus ihren eige­nen Rei­hen sicher. Pol Pot hatte das denk­bar grau­samste Régime geschaf­fen. Noch heute ist das dunkle Kapi­tel nicht auf­ge­ar­bei­tet. Der aktu­elle Pre­mier­mi­nis­ter ist frü­he­rer Offi­zier der Roten Khmer und alte Seil­schaf­ten haben noch immer Bestand. Die beacht­li­chen Ein­nah­men die Ang­kor ein­bringt gehen größ­ten­teils an eine pri­vate Firma. Trotz­dem schien mir die Hoff­nung vie­ler jun­ger Men­schen auf eine bes­sere Zukunft groß. Sel­ten habe ich eine dyna­mi­schere Jugend erlebt – trotz läh­men­der Kor­rup­tion und him­mels­schrei­en­der Unge­rech­tig­kei­ten. Die jun­gen Khmer bli­cken nach vorne und sind extrem offen für Ein­flüsse von außen.

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Wer sich auf die Stan­dard­tour begibt und sich nur einen Tag Zeit nimmt, um die Tem­pel in einem Rund­um­schlag zu besu­chen, dem ent­geht fast zwangs­läu­fig viel von dem Zau­ber, der von den Bau­wer­ken aus­geht. Der wird immer noch stau­nend vor den gigan­ti­schen Tem­peln ste­hen, aber es wird schwie­rig, inmit­ten von Men­schen­mas­sen, Geschnat­ter und Blitz­licht­ge­wit­ter ein Gefühl von Mys­tik zu emp­fin­den. Am Abend mag man dann in einer Bar sit­zen und der Mei­nung sein, für die nächs­ten zehn Jahre genug Tem­pel gese­hen zu haben. Die 1000 Bil­der ver­schwin­den in der Schub­lade. Nur ein wei­te­rer Strich auf der Bucket List.

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Als ich am zwei­ten Abend los­zog, um den Son­nen­un­ter­gang zu betrach­ten, wusste ich end­gül­tig, was ich nicht wollte. Der Tem­pel, den alle Tou­ris­ten ansteu­ern, liegt auf einer Anhöhe. Einige nut­zen den Ser­vice, auf einem Ele­fan­ten nach oben getra­gen zu wer­den. Von oben hat man einen wun­der­ba­ren Blick auf den Dschun­gel und die Tem­pel­an­lage von Ang­kor Wat. Man bekommt einen guten Ein­druck von den immensen Dimen­sio­nen. Alles wäre wun­der­bar, stünde man nicht in einer Men­schen­traube. Unter die­sen Umstän­den kommt kaum Atmo­sphäre auf. Ich hatte mir hin­ge­gen eine exis­ten­ti­elle Erfah­rung erhofft und nahm mir daher alle Zeit, die Erha­ben­heit der Kulisse auf mich wir­ken zu las­sen. Ich buchte ein Ticket, das mir inner­halb einer Woche drei Tage Ein­tritt verschaffte.

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Ich begann die Tem­pel in mei­nem ganz eige­nen Rhyth­mus zu erkun­den. Es gelang mir immer wie­der, den Mas­sen zu ent­ge­hen, die die Tem­pel wie die Lem­minge besich­tig­ten, indem ich die Tem­pel in ande­rer Rei­hen­folge erkun­dete. Ich fand güns­tige Momente, in denen ich die Tem­pel fast alleine erkun­den konnte.

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Wenn mir doch eine Gruppe in die Quere kam, die mit gro­ßen Bus­sen ein­fal­len, war­tete ich gedul­dig ab, bis sie wei­ter­ge­zo­gen war und ich mich wie­der in die Atmo­sphäre ver­sen­ken und sie tief in mich ein­zu­sau­gen konnte.

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Ich kehrte zum Hotel zurück, wenn ich genug in mich auf­ge­so­gen hatte und ließ die Impres­sio­nen lange auf mich wir­ken und zog erst dann wie­der los, wenn das Feuer in mir loderte. Die Wahl ein­sa­mer Streif­züge an der Seite eines freund­lich-zurück­hal­ten­den Fah­rers, der gedul­dig vor den Tem­peln war­tete, war Gold wert.

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Beim letz­ten Besuch habe ich die Rui­nen mit dem Fahr­rad erkun­det. Diese Erfah­rung erschien mir die indi­vi­du­ellste Mög­lich­keit, die Rui­nen­stadt zu erle­ben. Auf diese Weise erschließt sich einem die wahre Größe am eindrucksvollsten.

Mich berausch­ten schon die Fahr­ten auf dem Rück­sitz mei­nes Fah­rers: wir fuh­ren gemäch­lich durch die Dschun­gel­land­schaf­ten und weit­läu­fi­gen Tem­pel­an­la­gen; dabei lauschte ich den Klän­gen des Sound­tracks von Into the wild – Musik, die mich tief im Inne­ren berührte. Die Zei­len die Eddie Ved­der in society vor­trug, schie­nen wie für mich geschrie­ben wor­den zu sein:

 

“It’s a mys­tery to me
We have a greed with which we have agreed
You think you have to want more than you need
Until you have it all you won’t be free

When you want more than you have
You think you need
And when you think more than you want
Your thoughts begin to bleed

I think I need to find a big­ger place
‚Cause when you have more than you think
You need more space

Society, you’re a crazy breed
I hope you’re not lonely wit­hout me”

 

Ang­kor war vom 9. bis zum 15. Jahr­hun­dert das Zen­trum des Khmer-König­reichs Kam­buja. Als das Khmer-Reich durch Land­ge­winne in fort­wäh­ren­den Krie­gen mit Cham, Thai und Viet­na­me­sen seine größte Aus­deh­nung erreichte, umfasste es neben Kam­bo­dscha Teile der moder­nen Staa­ten Thai­land, Viet­nam, Laos und Myan­mar. Das mäch­tige Impe­rium erstreckte sich über ein Drit­tel des süd­ost­asia­ti­schen Fest­lan­des. Schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen haben nicht über­dau­ert. Ein­zig die detail­lier­ten Berichte chi­ne­si­scher Diplo­ma­ten, Händ­ler und Rei­sen­der und die Stein­re­li­efs  geben Zeug­nis über das Leben in der Stadt. IMG_2086

Ang­kor liegt in einer Ebene nörd­lich des Tonle-Sap, einem See im Wes­ten Kam­bo­dschas. Eine ganz wesent­li­che Vor­aus­set­zung für die blü­hende Hoch­kul­tur Ang­kors war der Bau eines aus­ge­klü­gel­ten und weit­ver­zweig­ten Bewäs­se­rungs­sys­tems. Das Wet­ter in der Region hängt vom Som­mer­mon­sun ab. Der meiste Regen fällt zwi­schen Juni und Novem­ber. Ent­spre­chend kurz ist die Wachs­tums­pe­ri­ode für die Pflan­zen. Dazu kom­men erheb­li­che jähr­li­che Schwan­kun­gen. Manch­mal bleibt der Mon­sun ganz aus. So sind Miss­ern­ten durch Dür­ren oder Über­schwem­mun­gen die Regel. Die Lösung bestand in gigan­ti­schen Was­ser­spei­chern, um den Regen in feuch­ten Jah­ren zu spei­chern und in tro­cke­nen wie­der abzugeben.

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Bei dro­hen­den Über­schwem­mun­gen konnte man das Was­ser schnell in den Tonle-See ablau­fen las­sen. Diese Anlage ist ein Meis­ter­werk der Inge­nieur­kunst und bis heute sind nicht alle Geheim­nisse ihrer Funk­ti­ons­weise gelüf­tet. Der Tonle-See, der in der Tro­cken­zeit dem Mekong zufließt, kehrt unter den Was­ser­mas­sen des Mon­sun­re­gens seine Rich­tung um und die Flä­che des Sees ver­grö­ßert sich immens. Es ent­ste­hen Über­schwem­mungs­ebe­nen – ideale Vor­aus­set­zun­gen für den Anbau von Reis. Der gewal­tige Fisch­be­stand im See stellt zudem eine wich­tige Pro­te­in­quelle dar. Diese Fak­to­ren boten die Vor­aus­set­zung für die Khmer, inten­si­ven Reis­an­bau zu betrei­ben und damit die die Grund­lage für ihre Hoch­kul­tur zu schaf­fen. Nur mit meh­re­ren Reis­ern­ten konnte solch ein gro­ßes Volk ernährt und Über­schüsse erzielt wer­den. Han­del blühte auf, der den Bau der Tem­pel­an­la­gen finanzierte.

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Ich war vom ers­ten Moment an gebannt von Ang­kor. Beim Streif­zug durch die Tem­pel ergriff mich tiefe Andacht. Ich war wie geblen­det von der außer­ge­wöhn­li­chen Archi­tek­tur. Auf eine merk­wür­dige Weise fühlte ich mich, als würde ich heim kom­men. Ich emp­fand Demut vor der Schöp­fungs­kraft der Erbauer. Sie hat­ten sich über Jahr­hun­derte mit immer gewal­ti­ge­ren Tem­peln, Bewäs­se­rungs­an­la­gen und Paläs­ten gegen­sei­tig über­trumpft. Trotz aller Bewun­de­rung, sollte man sich nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass es am Ende Skla­ven und ein­fa­che Bau­ern waren, die sich zu Tode schuf­te­ten, um die Visio­nen der Mäch­ti­gen wahr wer­den zu lassen.

 

Ang­kor Wat ist rein von den Dimen­sio­nen das ein­drück­lichste Bau­werk. Schon der erste Blick aus der Ferne sprengt jeg­li­che Vor­stel­lungs­kraft, egal wie oft man Bil­der oder Videos gese­hen hat. Die Spit­zen der Tem­pel ragen lockend über die Umfas­sung der Außen­mauer. Der Tem­pel­kom­plex liegt da wie eine Insel – umschlos­sen von einem gewal­ti­gen Was­ser­gra­ben. Er scheint über­mäch­tig und uneinnehmbar.

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Gebannt lief ich auf einem 300 m lan­gen Damm über den mäch­ti­gen Was­ser­gra­ben. Er sym­bo­li­sierte den Ur-Ozean und diente zugleich als Was­ser­re­ser­voir. Die Außen­mauer ist mit leb­haf­ten Reli­efs bedeckt, die ganze Mythen­zy­klen von Kriegs­zü­gen, Ritua­len und All­tags­le­ben der Khmer am Königs­hof und auf den Märk­ten darstellen.

IMG_2078 IMG_2083 IMG_2084 IMG_2088 Ich ließ den ers­ten Wall hin­ter mir, und stand nun auf einem wei­ten Vorplatz.

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Unwill­kür­lich fragte ich mich, wie es mög­lich war, sol­che monu­men­ta­len Anla­gen zu errich­ten. Was hatte die Herr­scher zu sol­chen Visio­nen inspi­riert? Doch das wäre, als wollte man die grie­chi­sche Antike ohne die Kennt­nis ihrer Mythen und phi­lo­so­phi­schen Texte verstehen.

Nach eini­gen hun­dert Metern gelangte ich zum zen­tra­len Kom­plex. Ich betrat fünf kon­zen­tri­sche und recht­wink­lige Höfe mit Tür­men in Form von Lotos­blü­ten, die Brahma, den Schöp­fer­gott symbolisieren.

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Von hier aus gelangt man ins Zen­trum der Anlage, dem Allerheiligsten. IMG_1995

Im Zen­trum steht der mit 65 Metern höchste Turm.

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Darin befin­det sich das Haupt­hei­lig­tum für den Gott Vish­nus – den Erhal­ter der Welt. Der Turm sym­bo­li­siert den Berg Meru aus der Hin­dum­y­tho­lo­gie, den Mit­tel­punkt des Uni­ver­sums. Er ist ein Abbild des Kailash in West­ti­bet.

Die Tem­pel­an­lage ist gespickt mit Dar­stel­lun­gen, die in den Stein gemei­ßelt sind.

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Unweit von Ang­kor Wat befin­det sich das Areal von Ang­kor Thom (die große Stadt). Mit die­sem Macht­zen­trum hatte Ang­kor seine größte Aus­deh­nung erreicht. Im Groß­raum Ang­kor sol­len etwa 750 000 Men­schen gelebt haben – eine für die dama­lige Zeit unvor­stell­bare Zahl! Noch ein­drück­li­cher als die Ein­woh­ner­zahl war die gigan­ti­sche Aus­deh­nung der Stadt. Man gelangt über gewal­tige Tore hin­ein, die einst für Ele­phan­ten gedacht waren.

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Das inter­es­san­teste Bau­werk von Ang­kor Thom ist das Haupt­hei­lig­tum – der Bayon.

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Es besteht aus gewal­ti­gen Skulp­tur-Tür­men, die auf allen vier Sei­ten mit dem Ant­litz Bud­dhas geschmückt sind. Man ver­mu­tet, dass die Gesich­ter gleich­zei­tig den Herr­scher Jaya­va­ram VII. dar­stel­len. Die Könige des Khmer-Rei­ches betrach­te­ten sich als irdi­sche Inkar­na­tion der Göt­ter. Es ist erstaun­lich, welch leben­dige Aus­drucks­kraft in die­sen aus mas­si­ven Stein­blö­cken zusam­men­ge­füg­ten Gesich­tern liegt. Mir schien die Mimik der Gesich­ter tiefe Güte, Anmut und Weis­heit auszustrahlen.

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Beson­ders zur Zeit des Son­nen­un­ter­gangs kam ich regel­mä­ßig hier­her. Die meis­ten Tou­ris­ten ström­ten zum Aus­sichts­punkt für den Son­nen­un­ter­gang; am Bayon wurde es ange­nehm ruhig. Im schwin­den­den Licht war die Majes­tät des Bau­werks am ein­drück­lichs­ten. Die Gesich­ter schie­nen in der gol­de­nen Abend­sonne zu lächeln. Dann ver­wan­del­ten sie sich in Sche­men. Im Däm­mer­licht ver­wisch­ten sich Ver­gan­gen­heit und Gegenwart.

Die ältes­ten Tem­pel im Stadt­ge­biet von Siam Raep ist die Rou­los-Gruppe, die weit außer­halb des archäo­lo­gi­schen Parks liegt und von deut­lich weni­ger Tou­ris­ten besucht wird:

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Beson­ders fas­zi­nie­rend fand ich die Anlage von Ban­tey Srei, die sich eben­falls einige Kilo­me­ter abseits der Haupt­hei­lig­tü­mer befin­det. Sie wurde der Legende nach von einem Brah­ma­nen in Auf­trag gege­ben – als Pries­ter und Gelehr­ter Ange­hö­ri­ger der höchs­ten indi­schen Kaste. Er war der Guru eines Herr­schers von Ang­kor. Die Tem­pel sind mit leben­di­gen Dar­stel­lun­gen aus der Mahab­ha­rata geschmückt, einem der Epen in den Veden, den Ursprungs­tex­ten, auf denen der Hin­du­is­mus basiert. Mytho­lo­gi­sche Bil­der mit Tem­pel­tän­ze­rin­nen, Göt­tern und Dämo­nen schmü­cken die Tem­pel genauso wie Alltagsszenen.

SAMSUNG DIGITAL CAMERA SAMSUNG DIGITAL CAMERA SAMSUNG DIGITAL CAMERA SAMSUNG DIGITAL CAMERA Der Hin­du­is­mus gelangte durch Händ­ler und Brah­ma­nen von Indien aus nach Kam­bo­dscha. Für mich war span­nend, der indi­schen Kul­tur in den Tem­peln von Ang­kor zu begeg­nen. Genau die­ser Route war ich gefolgt: von den Höhen des Hima­laya bis nach Süd­ost­asien. Immer dabei: Lord Shiva

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Shi­vas Reit­tier Nandi:

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Erst spä­ter wur­den die Hei­lig­tü­mer Ang­kors in bud­dhis­ti­sche Wats (Klös­ter) umgewandelt.

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Dabei ver­misch­ten sich hin­du­is­ti­sche und bud­dhis­ti­sche Ele­mente mit den frü­her vor­herr­schen­den von Geis­tern und Dämonen.

 

Meine Lieb­lings­tem­pel waren Ta Prohm und Preah Khan. Im Gegen­satz zu den meis­ten ande­ren Tem­peln lässt man hier zu, dass Baum­rie­sen auf den Mau­ern und Tem­peln wach­sen. Das erweckt den Ein­druck, als erobere sich der Dschun­gel die Tem­pel zurück, und ver­mit­telt ein Gefühl davon, wie Ang­kor gewirkt haben muss, als es nach sei­nem Nie­der­gang voll­stän­dig vom Dschun­gel über­wu­chert war. Gerade das grüne Laby­rinth des Dschun­gels trägt erheb­lich zur mys­ti­schen Atmo­sphäre bei, einer Aura ver­gan­ge­ner Zei­ten und einer ver­gan­ge­nen Welt. Die Natur zeigt deut­lich, wie schnell sie sich nach dem Nie­der­gang einer Hoch­kul­tur zurück­holt, was ihr der Mensch in Jahr­hun­der­ten abge­run­gen hat.

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Ich meinte zu erah­nen, wie sich Henri Mouhot gefühlt hatte, als er 1860 auf diese unglaub­li­chen Bau­werke inmit­ten des Dschun­gels stieß. Sein Bericht machte Ang­kor in Europa bekannt. Ang­kor war jedoch nie in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Die Khmer wuss­ten auch nach dem Nie­der­gang um die Exis­tenz der alten Tem­pel. Ang­kor Wat wurde durch­gän­gig ver­ehrt, das Umland von Reis­bau­ern und Fischern bewohnt.

Immer wie­der ließ ich mich in ein­sa­men Nischen nie­der und genoss die wun­der­volle Atmo­sphäre für einige Stun­den: Ich lauschte den Klän­gen des umge­ben­den Dschun­gels; ich war umge­ben von mäch­ti­gen Bäu­men, Tem­peln und Mau­ern, fühlte mich erfüllt und glück­lich. Ich spürte, wie sich tie­fer inne­rer Frie­den in mei­nem Her­zen aus­brei­tete. Ich gab mich die­sem Gefühl voll hin.

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Ich liebte es, durch die dunk­len Räume zu schlei­chen, jeden Win­kel zu erkun­den, dem Schat­ten­spiel zu fol­gen und dann wie­der im glei­ßen­den Licht der Sonne zu ste­hen und auf den Dschun­gel zu bli­cken; wann immer ich die Tem­pel durch­streifte, emp­fand ich kind­li­ches Stau­nen und Ehr­furcht; Das Gefühl von Zeit­lo­sig­keit und Frie­den war voll­kom­men. Die Größe der Herr­scher Ang­kors war lange ver­gan­gen; aber sie haben etwas geschaf­fen, was uns noch heute tief im Inne­ren berührt und uns daran erin­nert, wel­che Schöp­fer­kraft wir in uns tra­gen. Die Frage ist nur, wie wir sie ein­set­zen: zum Wohl oder zum Ver­derb der Menschheit.

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Der Ver­fall der Bau­werke, die noch heute sol­che Andacht aus­lö­sen kön­nen, war einer der ein­drück­lichs­ten Erfah­rungs­ho­ri­zonte für mich: Welt­rei­che gelan­gen zu Größe, Macht und Ruhm. Sie ent­wi­ckeln außer­ge­wöhn­li­che Kul­tur. Doch diese Kon­zen­tra­tion an Macht war nur mög­lich, weil sie auf dem Rücken vie­ler Men­schen aus­ge­bil­det wurde, die viel Ver­ach­tung, Unter­ord­nung und Leid kann­ten. Irgend­wann ist jedes Groß­reich durch seine Deka­denz zugrunde gegan­gen. Auch die Gesell­schaft von Ang­kor war kol­la­biert. Es war wohl eine ganze Reihe von Fak­to­ren, die zum schlei­chen­den Unter­gang des Khmer-Rei­ches geführt hat­ten. Schon lange waren die Bäume an den stei­len Hän­gen der nahen Kulen-Berge im Nor­den der Stadt voll­stän­dig abge­holzt wor­den. Ero­sion führte zu Über­schwem­mun­gen; Sedi­mente setz­ten sich in den Bewäs­se­rungs­ka­nä­len fest. Es kam zu einem Kli­ma­wan­del. Sowohl die Dür­ren als auch die Über­schwem­mun­gen wur­den immer ver­hee­ren­der. Es gelang nicht mehr, das Was­ser­sys­tem an diese Extreme anzu­pas­sen. Das Khmer-Reich stellte sich neu auf und ver­la­gerte sei­nen Schwer­punkt von der Land­wirt­schaft in den Ebe­nen von Ang­kor auf den See­han­del mit Indien, China und der isla­mi­schen Welt von Pnom Penh aus, bis die Viet­na­me­sen die Khmer über­flü­gel­ten. Schließ­lich konnte man dem Druck der Thai aus dem Wes­ten und den Viet­na­me­sen aus dem Osten nichts mehr entgegensetzen.

 

Viel­leicht lie­gen diese Wel­len­be­we­gun­gen in der Natur der Schöp­fung: Geburt, Auf­stieg, Größe, Über­maß und Nie­der­gang. Welt­rei­che sind ent­stan­den und wie­der ver­gan­gen. Doch nie­mals zuvor besaß die Mensch­heit solch zer­stö­re­ri­schen Waf­fen und einen solch (selbst)destruktiven Lebens­stil. So stellt sich mir die Frage, ob wir als ganze Spe­zies vor dem Unter­gang ste­hen, ob sich die Natur über­haupt noch von unse­rem dro­hen­den Kol­laps erho­len kann oder ob wir nicht doch einen Weg fin­den, aus den wie­der­keh­ren­den Feh­lern der Geschichte zu ler­nen und eine wei­tere Stufe in der Evo­lu­tion zu erklim­men, und zu einem Gleich­ge­wicht fin­den, das uns auch in Zukunft Exis­tenz ermöglich.

Cate­go­riesKam­bo­dscha
Oleander Auffarth

Grenzenlose Neugier auf fremde Kulturen und die Suche nach einer neuen Essenz für mich und die Welt zog mich 2009 nach Indien. Seitdem bin ich dem Reisen und der Magie der Suche verfallen.

  1. Mat says:

    Sehr schö­ner und aus­führ­li­cher bericht!

    Wür­dest du denn sagen das die tem­pel mehr athmo als die indi­schen haben? Und:
    – kann man in der anlage auch sel­ber mit einem moped rumfahren ? ($?)
    – wie sind die ein­tritts­preise ca.?
    Danke dir,
    mat

    1. Vie­len Dank, Mat!

      Da die Tem­pel von Ang­kor stark indisch beein­flusst sind, ist das unmög­lich zu beant­wor­ten, zumal das Wahr­neh­men der Atmo­sphäre auch immer stark von den inne­ren Gefüh­len abhängt. AM ehes­ten könnte ich Ang­kor mit Hampi in Süd­in­dien ver­glei­chen (dazu kommt auch noch ein Beriht bei gele­gen­heit). Beide Orte haben mich auf unter­schied­li­che Weise ähn­lich stark angezogen.
      Mit dem eige­nen Moped die Tem­pel zu erkun­den, ist nicht erlaubt, bleibt die Wahl eines Moto­rol­ler-Fah­rers oder das Fahr­rad. Bei mei­nem letz­ten Besuch galt noch 1 Tag 20 Us-DOl­lar, 3 Tage 40 US-Dol­lar. Scheint noch aktu­ell zu sein.

      Liebe Grüße!

      Ole­an­der

    1. Vie­len Dank, Syl­via! Lei­der kam ich jetzt erst zu einer Ant­wort. Ich hoffe Du hat­test eine wun­der­bare Erfah­rung in den Rui­nen! Ganz liebe Gruesse! Oleander

    1. Danke schön, Michael! Freut mich, dass Dir der Bericht und die Pho­to­gra­phien gefal­len! Die Archi­tek­tur ist in der Tat umwer­fend, das kön­nen die Bil­der nur ansatz­weise abbil­den. Liebe Grüße! Oleander

  2. Claudia says:

    Vie­len Dank für den span­nen­den Bericht! Wir wer­den im kom­men­den März end­lich dort sein. Ich träume da auch schon seit Jah­ren von. Inter­es­sant fand ich, dass Dir Ta Prohm so gut gefal­len hat. Von den Fotos, die ich über die Jahre gese­hen habe, reizt die­ser mich auch am meis­ten. Bin gespannt ob ich das dann vor Ort auch so sehe.
    LG, Claudia

    1. Sehr gerne, Clau­dia! Ich freue mich, dass der Bericht auch gele­sen wird. Im Ta Prohm gab es ein­fach einen Platz, an dem ich immer alleine sein konnte und die Atmo­sphäre voll auf mich wir­ken las­sen konnte. Aber am Ende haben die Tem­pel jeder für sich seine Reize, min­des­tens so beein­dru­ckend fand ich die abend­li­che Atmo­sphäre am Bayon und die schie­ren Aus­maße von Ang­kor Wat. Manch­mal ist es aber auch ein allein ste­hen­der, kaum besuch­ter und ver­fal­le­ner Tem­pel im „Dschun­gel“, der die Phan­ta­sie beflü­gelt. Archi­tek­to­nisch außer­ge­wöhn­lich ist auch die Tem­pel­an­lage Banta Srey. Es gibt ein­fach unheim­lich viel zu ent­de­cken und Ang­kor ist auch bei wei­tem nicht die ein­zige Tem­pel­an­lage aus der Hoch­zeit der Khmer in Kam­bo­dscha. Für Kin­der ist das sicher auch ein unver­gess­li­ches Erleb­nis! Ich hoffe, Ihr dürft ähn­lich fas­zi­nie­rende Erfah­run­gen machen! Liebe Grüße! Oleander

  3. Tol­ler Bericht, Ole­an­der. Sehr aus­führ­lich und mit viel Hin­ter­grund­wis­sen gespickt. 

    Ich war im August in Ang­kor. Tat­säch­lich sind alle Men­schen am frü­hen Mor­gen an dem gro­ßen Teich ste­hen geblie­ben, um den Son­nen­auf­gang zu sehen bzw. zu foto­gra­fie­ren, was ja gar kei­nen Sinn ergibt, weil die Sonne hin­ter den Rui­nen auf­geht und diese darum nur schwarz erschei­nen. Jeden­falls hatte ich die Haupt­an­lage von Ang­kor Wat unge­fähr eine Stunde für mich allein. 

    Durch­aus ein spi­ri­tu­el­les Erleb­nis, irgendwie.

    1. Vie­len Dank, Phil­ipp, freut mich sehr, dass Dir der Bericht gefällt! Lei­der sind wir ja (noch) nicht dazu gekom­men, uns per­sön­lich über Kam­bo­dscha auszutauschen.
      Schon lus­tig, was Grup­pen­dy­na­mik erzeu­gen kann und umso bes­ser, wenn Du das für Dich nut­zen konn­test, um Ang­kor Wat ganz für Dich alleine zu haben. Für mich war der Besuch eine sehr spi­ri­tu­elle Erfah­rung! Das galt haupt­säch­lich für die Tem­pel, die von Baum­rie­sen über­wu­chert sind.
      Liebe Grüße! Oleander

  4. Aylin says:

    Lie­ber Ole­an­der, Du ver­knüpfst wun­der­bar Geschichte, Gegen­wart und Deine eigene Sub­jek­ti­vi­tät. Vor allem Dein End­ge­danke gefällt mir sehr gut! LG, Aylin

    1. Lie­ben Dank für Deine tolle Rück­mel­dung, Aylin! Gerade der End­ge­danke ist mir sehr wich­tig und ich hab mich sehr gefreut, dass Du dar­auf ein­ge­gan­gen bist und er Dich ange­spro­chen hat. Ganz liebe Grüße! Oleander

  5. ch.grygier says:

    Hallo… toll geschrie­ben und schön anschau­lich der Bericht. Konnte vie­les gut nach­emp­fin­den, ging mir auch so als ich vor 3 Jah­ren selbst dort war und ziem­lich begeis­tert war von die­sen bau­wer­ken und der tat­säch­lich mys­ti­schen Stim­mung in die man gera­ten kann, nicht muss… Beste Grüße aus ber­lin *Chris­tian*, 48J

    1. Vie­len Dank, Chris­tian! Schön, dass Du Dich rein­füh­len konn­test. Mit einem 7‑Tage-Pass hast Du den Besuch ja schön aus­ge­reizt. Ich bin auch der Mei­nung, dass 3 Tage das abso­lute Mini­mum sind, um die Aus­maße der Tem­pel­an­la­gen rich­tig zu begrei­fen. Spi­ri­tua­li­tät oder Mys­tik kann man natür­lich nicht her­bei­zau­bern, umso schö­ner wenn man Zugang dazu fin­det. Liebe Grüße! Oleander

  6. Nina Soentgerath via Facebook says:

    Sehr schö­ner Arti­kel. Ich war vor­letzte Woche dort und habe mir einen lang geheg­ten Traum erfüllt!

    1. Danke, Nina! Schön, dass Du Dir die­sen Traum erfül­len konn­test. Für mich hat der Besuch auch min­des­tens das gehal­ten, was ich mir erhofft hatte und ich würde jeder­zeit noch­mal dort­hin rei­sen! Liebe Grüße! Oleander

  7. Biene says:

    Ein tol­ler Bericht. Ich war erst im Okto­ber in Ang­kor – und selbst zur Haupt­zeit las­sen sich ruhige Momente inmit­ten der erha­be­nen Bau­werke erle­ben – man muss sie nur ein­ge­hend suchen und anti­zy­klisch vorgehen.
    Danke für diese schön geschrie­ben Erin­ne­rung an ein tol­les Erlebnis.
    Viele Grüße,
    Sabine

    1. Vie­len Dank, Sabine! Ich gebe Dir unein­ge­schränkt recht! Viele suchen aller­dings gar nicht danach, ihnen ist das eigene Kon­ter­fei vor den Tem­peln und das abend­li­che Besäuf­nis wich­ti­ger, was ich per­sön­lich sehr schade finde! Erst wer sich rich­tig ein­läßt, erkennt die wahre Größe die­ser unver­gleich­li­chen Bauwerke.
      Liebe Grüße! Oleander

    1. Ein Besuch in der Regen­zeit ist sicher auch heute noch die sicherste Vari­ante, um den Mas­sen zu ent­ge­hen; ich war jeweils im März da. Der Ansturm auf die Tem­pel hat seit dem Ende der 90er erheb­lich zuge­nom­men. Mit viel Geduld und krea­ti­ven Erkun­dungs­tou­ren kann man stille Momente glück­li­cher­weise auch heute noch erha­schen. Steu­ert man weni­ger bekannte Tem­pel an, kann man stun­den­lang in der Atmo­sphäre versinken.

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