In mei­ner ältes­ten Erin­ne­rung bin ich fünf Jah­re alt und esse eine Süßig­keit, Dul­ce de Leche, in einem klei­nen Dorf im Nor­den Argen­ti­ni­ens. Ich erin­ne­re mich genau an die Leu­te, die dort waren, die Stim­mung, und natür­lich wie die­se Süßig­keit geschmeckt hat. Ich habe kein Foto von die­ser Situa­ti­on, aber mei­ne See­le hat alles gespei­chert.

Vie­le Jah­re spä­ter schwim­me ich mit Johan­nes in einer Lagu­ne. Beim ers­ten Anblick, die Lagu­ne war nicht etwas Beson­de­res. Aber nach einer Abzwei­gung fin­den wir ein sehr schö­ne Stel­le, die von Fels­wan­de umge­ringt war, nur durch eine klei­ne Öff­nung zugäng­lich.

Wir waren ganz allein, das kla­re Was­ser hat­te eine inten­siv dunk­le Far­be. Und die Fel­sen waren von Blu­men bedeckt, Blu­men die ich wie­der­erkannt, da mei­ne Mut­ter daheim viel Geld dafür bezahlt. Wun­der­schön. „War­um haben wir kei­ne Kame­ra! Ich muss unbe­dingt eine haben!“ Ich fin­de mich damit schnell ab und genie­ße die unwirk­li­che Schön­heit… sie weckt Erin­ne­run­gen in mir.

„Johan­nes“, rief ich, „du musst unbe­dingt hier kom­men um die­se Koral­len anzu­schau­en!“ „Ich will nicht“, sagt er, „ich frie­re.“ Ich bestehe dar­auf. Er kommt und sieht auf die Koral­le. „Aha. Die Koral­le ist tür­kis“, sagt er gleich­gül­tig. Natür­lich erle­ben wir Plät­ze auf unter­schied­li­che Wei­se und das gesam­te Erleb­nis besteht von vie­len inne­ren und äuße­ren Dimen­sio­nen. 😉

Wenn ich dar­über den­ke, fin­de ich es gut, dass ich kei­ne Kame­ra dabei hat­te. Ich konn­te die Erin­ne­rung nicht in ein Foto aus­la­gern, und wur­de gezwun­gen alle mei­ne Sin­ne zu benut­zen um alles in mir zu spei­chern. Zu See­le­gra­fie­ren.

Saint-Exu­pery schrieb in der Klei­ne Prinz: Das Wich­tigs­te ist für die Augen unsicht­bar. Viel­leicht wir soll­ten manch­mal weni­ger Bil­der neh­men und mehr erle­ben. Nein, ich habe euch kein Foto zu zei­gen, aber das könn­te auch in kei­nem Fall mein Erleb­nis ver­mit­teln…

Ein paar Fotos haben wir aber natür­lich trotz­dem: Von ande­ren Plät­zen in den Inseln und Lagu­nen bei El Nido, im Nor­den Pala­wans…

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  1. Avatar von othis
    othis

    alex… ein wun­der­ba­rer mensch!

  2. Avatar von Georg Karp

    Die hier vor­ge­stell­ten See­le­gra­fien gehen wirk­lich unter die Haut. Und die­ser Sub­sti­tu­ti­on­be­griff für das lang­wei­li­ge Wort Foto­gra­fie­ren soll­te öfters ver­wen­det wer­den, wenn die emo­tio­na­le Kom­po­nen­te die tra­gen­de Rol­le im Motiv spielt. Also, bit­te wei­te­re see­le­gra­fie­ren.

    1. Avatar von klys

      ger­ne doch!

  3. Avatar von Ali Schwarzer

    Hihi, das letz­te Bild erin­nert mich an Peter Jack­sons King Kong. Feeeeeel­sen! Feeeeel­sen vor­aus!!!

  4. Avatar von Nicole
    Nicole

    »See­le­gra­fie­ren«, das könn­te mein Lieb­lings­wort des Jah­res wer­den.

    sehr schö­ne Sei­te mit ein­ma­li­gen Bil­dern und Berich­ten, die bes­ser in kei­nem Rei­se­füh­rer zu fin­den sind. Mei­ne See­le macht sich da auch eige­ne Bil­der davon und lässt mich das ein oder ande­re fast leben­dig mit­er­le­ben.

    Ganz lie­be Grues­se aus Mann­heim

    1. Avatar von klys

      lie­be nico­le, vie­len dank, und bes­te grü­ße zurück ins schö­ne mann­heim!

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