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Spannung liegt in der Luft. 30.000 Menschen starren gebannt auf eine kleine Leinwand neben der Tribüne. Die Uhr zählt unerbittlich – jede zehntel, jede hunderstel Sekunde. Dann erscheint ein Fahrer am oberen Pistenrand… Und ohrenbetäubender Jubel bricht los!
An einem Wochenende Anfang Januar waren wir zu Gast im schweizerischen Adelboden im Berner Oberland – bei einem Rennen des alpinen Skiweltcups. Okay, wir sind begeisterte Wintersportler und trotzdem waren wir skeptisch, ob der Trubel und die Party rund um das lokale Großereignis uns in unserer Bergliebe bestätigen oder eher bestürzen würde. Aber wenn uns das Reisen eines gelehrt hat, dann das man Neuem stets offen begegnen soll. Also ließen wir uns ein, auf das alpine Abenteuer rund um den sportlichen Wettkampf.
Bereits im Bus vom Bahnhof in Frutigen in das kleine Bergdorf Adelboden ein erster Vorgeschmack: Fahrer und Gäste singen gemeinsam das Adelboden-Lied „Vogellisi“: Wenn i nume wüsst wo s’Vogellisi wär, s’Vogellisi chunt vo Adelbode her. Adelbode liit im Berner Oberland, s’Berner Oberland isch schön… Ah, ja. Stimmung ist angesagt – und zwar sofort bitte. Als gebürtige Rheinländerin fühle ich mich augenblicklich an illustre Szenen im Kölner Karneval erinnert. Alaaf! Aber wenn selbst der Busfahrer mitfiebert und über das Mikro lautstark mitsingt ist es schon irgendwie rührend!
Wie groß die Begeisterung für den Weltcup vor Ort tatsächlich ist, erleben wir dann, als wir schließlich auf dem Wettkampf-Gelände ankommen. Ein Schweizer Fahnenmeer soweit das Auge reicht. Es wird getanzt, musiziert, gesungen und… getrunken. Und das schon morgens um 10 Uhr. Wir haben entschieden uns einzulassen auf alles, was heute passieren wird. Ja, z’Oberland ja, z’Oberland, z’Berner Oberland isch schön!
Breath in, breath out…
Wir steigen in den Sessellift und fahren hoch auf den Chuenisbärgli – zum Starthang. Das Reiseblogger-Leben hat so seine Vorteile: „Zugang Media“ steht auf unseren Badges – und das heißt, wir dürfen auch ins „Fahrerlager“ und live dabei sein, wenn Hirscher, Kristoffersen und Co. ins Rennen gehen. Mit jedem Meter im Lift entfernt sich das Tröten, der Gesang und das Läuten der Kuhglocken im Tal. Unter uns glänzt die Rennpiste und entblößt ihre ganze Macht: Steil ist sie – und hart. Der eisig präparierte Hang im Schatten der mächtigen Gipfel wirkt live noch gewaltiger als im Fernsehen. Wie mag es den Fahrern vor dem Start gehen, wenn sie in genau diesem Lift hinaufschaukeln? Mit dem Wissen, dass sie sich in Kürze mit Vollgas hier hinabstürzen müssen. Risikobereitschaft, Mut, Erfahrung und fahrerisches Können – nur wenn alles passt, hat man eine Chance auf den Sieg. Wird es heute passen? Als wir am Starthaus ankommen ist es still. Alle sind hochkonzentriert. Kein Wort zu viel. Der Countdown läuft! Zum ersten Mal an diesem Tag spüre ich einen Schauer, der mir über den Rücken läuft. Das könnte doch etwas Großes werden hier…
Tanz auf dem Berg
Die Spannung steigt. Die ersten Fahrer gehen zum Start. Kameras werden in Position gebracht. Trainer, Helfer, Springer – sie alle starren gebannt auf einen kleinen Bildschirm neben dem Starthäuschen. Die Uhr zählt rückwärts, es sind nur noch wenige Sekunden. Eine kleine Ampel springt von rot auf grün. „Lauf, lauf, lauf“, schreit das Team seinen Fahrer lautstark an. Und er lässt laufen. Das Rennen ist gestartet. Hoffen, bangen, zittern. Niemand sagt etwas, alle starren weiterhin auf die Live-Übertragung. Auch wir. Und wir sehen: Einen Fahrer, im Einklang mit dem Berg, in gleichmäßigen, wiegenden Bewegungen. Immer am Limit, kraftvoll, aggressiv – und dennoch in vollkommender Harmonie. Er biegt ab, mit einem Sprung auf den Zielhang – und damit direkt in den „Hexenkessel“ von Adelboden. Ein Sturm brandet auf. Das Jubeln und Anfeuern der Fans im Tal dröhnt bis hinauf zu uns. Und wieder habe ich eine Gänsehaut am ganzen Körper…
z’Berner Oberland isch schön!
Am Ende des Tages schauen wir uns tief in die Augen – was haben wir erwartet vom Skiweltcup? Eine Gaudi. Eine Veranstaltung für die Masse. Aber wir mussten erkennen, dass heute an diesem Ort mehr passiert ist. Wir haben mitgezittert bei jeder Zwischenzeit, die Sportler angefeuert – und die Sieger des Tages gefeiert. Für uns bleiben die wahren Giganten des Winters noch immer die Gipfel selbst. Mit ihrer Anmut, ihrer Größe, ihrer Unberechenbarkeit. Aber wir haben heute auch Helden auf Skiern erlebt. Großartige Sportler, die sich mit viel Schweiß und Tränen an ihre Grenzen bringen. Und uns damit packen. Reisen bedeutet nicht immer nur Geschichten zu erzählen von fernen Ländern und exotischen Kulturen. Manchmal ist eine Reise auch einfach ein Ort, an dem man Dinge sieht und fühlt, die man nicht erwartet hätte. Eine großartige Erfahrung.
Und eines ist jetzt schon sicher: Nicht nur bei den olympischen Winterspielen, sondern auch an jedem anderen Wochenende dieses Winters werden wir das Wettkampf-Treiben im Fernsehen künftig mit anderen Augen sehen…
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