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Wer Vietnam besucht, hat die Halong-Bucht auf der Bucketlist. Doch die legendäre Inselwelt ist längst überfüllt und dreckig. Nicht weit entfernt liegt ein ähnliches Wunder der Natur: Tràng An. Die Landschaft ist durchzogen von Seen und Flüssen, gefluteten Höhlen und bizarren Karstfelsen, die wie Türme aus den Reisfeldern aufsteigen. Mit dem Fahrrad lässt sich die Region, die vom Delta des Roten Flusses geprägt ist, gut erkunden.
Ihr Ruf zerstört sie: Die Halong-Bucht in Nordvietnam zählt zu den sieben spektakulärsten Landschaften der Welt. In einer riesigen Bucht ragen aus grünlichem Wasser Kalkberge mit weißen Stränden und Regenwald empor. Eine fast mystische Schönheit, über die jedes Jahr rund zehn Millionen Besucher mit Booten herfallen! Dabei gibt es eine prächtige Alternative ohne Drängelei, Plastikberge und Ölgestank.
Wie ihre berühmte Schwester ist das Gebiet von Tràng An von Karstfelsen durchzogen. Monsunregen hat über Jahrmillionen steile Kegel, schmale Täler, Höhlen und ein verzweigtes Fluss-System gegraben. Doch während ins gut 150 Kilometer weiter nördlich gelegene Inselarchipel die Touristenmassen pilgern, soll die sogenannte „trockenen Halong-Bucht“ zwar wunderschön, aber eher geruhsam sein. Das hat uns Thanh Pham erzählt, der eine kleine Reiseagentur in der Hauptstadt Hanoi betreibt.
Nach zwei Stunden Taxifahrt für 20 Euro sind wir am Rand des Gebirges in Tam Coc. Das Dorf ist einer von drei Startpunkten für Bootstouren in das Felsenland, das gar nicht so richtig trocken ist und durch dessen Herz keine einzige Straße führt. Mit den Füßen rudert uns Phong an mächtigen Karstbergen vorbei, durch Schluchten und überflutete Höhlen, deren Decken wir berühren könnten. Der 20-Jährige paddelt, als ob er für Olympia trainiert. Phong lacht, zeigt auf den Magen und sagt, dass wir seine letzte Tour seien. Im Abendlicht fliegen Kraniche. Von ihren Ruheplätzen in den Steilwänden aus jagen sie im flachen, sattgrünen Schilf.
Viele Familien in der Gegend bieten „Homestays“ – Zimmer oder Bungalows mit Aussicht in tropische Gärten und typischem Essen, das gerne mit den Gästen zubereitet wird. Bei Reisnudeln, gebackenem Fisch und scharfem Schweinefleisch holt selbst die Oma ihr Smartphone raus und macht gemeinsame Bilder mit Victory-Zeichen. Symbole einer neuen Zeit in der sozialistischen Republik, die sich in den vergangenen 30 Jahren von einem der weltweit ärmsten zu einem der dynamischsten Länder in Ostasien entwickelt hat; vor allem dank privater Initiative.
Tràng An profitiert von nachhaltigem Tourismus. Zwar zieht es immer mehr Reisende in die Region, doch Bevölkerung und Touristen versuchen verantwortlich zu handeln. Zudem schützt der Titel des UNESCO-Natur- und Kulturerbes die einzigartige Landschaft sowie die archäologischen Stätten vor Bausünden und hilft den Menschen vor Ort. Sie führen Touristen, verkaufen lokale Produkte, vermieten Zimmer. „Unser Homestay zwischen Reisfeldern und mit Blick auf Karstfelsen war richtig gemütlich und die Eigentümer sehr herzlich. Sie habe uns für ein paar Tage fast in die Familie aufgenommen“, berichtet Stefan Schneider. Auf seiner Reise durch Vietnam hat dem Ratinger Tràng An mit am besten gefallen.
Wir nehmen Fahrräder und fahren die knapp 20 Kilometer lange Nordkante des Landschaftskomplexes ab. Vom Berg Hang Mua, auf den sich 486 Stufen wie ein Drachenschwanz schlängeln, schauen wir auf das kugelförmige Felsenlabyrinth, zwischen das sich schlammige Flüsse und leuchtend grüne Reisefelder quetschen. Ein paar Kilometer weiter verstecken sich die Reste der alten Hauptstadt Hoa Lu, die um das Jahr 1000 das Machtzentrum Vietnams war. Zwei Tempel und Teile der alten Befestigungsanlage schmiegen sich zwischen die Karstberge, die schon immer als natürlicher Schutz dienten. Siedlungsspuren aus über 30.000 Jahren wurden in den Höhlen Tràng Ans gefunden.
Über Wege abseits des Autoverkehrs radeln wir über das Land. Bauern pflügen mit Wasserbüffeln. In Teichen mit Hyazinthen schnattern weiße Peking-Enten, die oft nicht weit weg in Garküchen als Köstlichkeit mit dünnen Pfannkuchen, Gemüse und Saucen serviert werden. Händler liefern mit hoch bepackten Mopeds Besen oder Decken aus. Oft winken und rufen Kinder „hallo“. Ab und an scheppern aus rostigen Lautsprechern lokale News, Verhaltensregeln für die Bevölkerung oder kommunistische Propaganda.
Den nächsten Stopp machen wir In Bai Dinh: Es ist die größte buddhistische Anlage in ganz Südostasien. Vom See im Tal führen Treppen mit Hunderten Buddha-Statuen aus weißem Alabaster zu gigantischen Tempeln. In der Phap-Chu-Pagode wird ein 10 Meter hoher und 100 Tonnen schwerer Buddha angebetet. In meditative Ruhe erbitten die Gläubigen Segen, Glück und positive Energie. Die ältesten Bereiche der Anlage stammen aus dem Jahr 1136. Doch noch immer wird an dem fast 600 Hektar großen Gelände gebaut. Gerade entstehen neue Bus-Parkplätze für die vielen Pilger. Mit dem Rad scheint es, kommt hier kaum einer hoch.
Zum Vân Long Reservat nehmen wir am nächsten Morgen ein Taxi. 30 Minuten dauert das und kostet fünf Euro. Das Feuchtgebiet mit seinen Karstfelsen und Schilflandschaften liegt am Deltarand des Roten Flusses. Auf dem Weg vom chinesischen Yunnan, über Nordvietnam in den Golf von Tonkin bewässert der mächtige Strom überall Reisfelder und schafft wichtige Rückzugsgebiete für bedrohte Tiere – wie die Delacour-Languren. Die auffällig schwarz-weiß gefärbten Primaten schlafen in Kalksteinhöhlen und turnen tagsüber geschickt über die steilen Klippen. Rund 250 Delacour-Languren soll es nur noch geben, etwa 150 Tiere leben in Van Long. Das kleine Schutzgebiet ist damit wie Tràng An eine Perle der Natur.
Tràng An erreichen
Für die 120 Kilometer von Hanoi bis Tam Coc brauchen Autos gut 2 Stunden; in jedem Hotel und über die Apps Grab sowie Be lassen sich sichere und bequeme „Private Taxis“ buchen.
Von Hanoi aus fährt ein Zug in den Süden. Erste Halstestelle nach etwa 2 Stunden ist Ninh Binh, das direkt am Welterbe Tràng An liegt. Die Strecke fahren täglich 5 bis 6 Züge.
In Tam Coc wohnen
In und um Tam Coc, das als Traveller-Centrum der Region gilt, gibt es viele gute Pensionen, Hotels und Homestays. Empfehlenswert sind das Tam Coc Garden, die Horizon Bungalows sowie TamCoc Nature.
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Dieses Reisebericht ist wunderbar detailliert und fesselnd! Die Beschreibung derBootstouren durch Tràng An und der umliegenden Sehenswürdigkeiten wie Bai Dinh ist lebendig und ehrlich. Besonders gut finde ich die authentischen Einblicke in das lokale Leben und die positive Entwicklung Vietnams. Ein sehr inspirierender und bildhafter Artikel!
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