Norwegen? War eigentlich nicht der Plan. Und doch bin ich geblieben.

Wenn es nach mei­ner Mut­ter geht, ist mei­ne Rei­se­lust qua­si ange­bo­ren. „Du hast schon als Klein­kind mon­tags den Kof­fer gepackt, wenn du am Wochen­en­de bei Oma und Opa über­nach­ten soll­test“, erzählt sie gern. Und ich glau­be ihr das sofort. Denn ehr­lich gesagt: Ich bin nie lan­ge still geses­sen.

Wäh­rend mei­nes Tou­ris­mus­stu­di­ums habe ich in Aus­tra­li­en und Süd­afri­ka gelebt, bin durch Län­der gereist, deren Namen mei­ne Oma kaum aus­spre­chen konn­te, und war sicher: Das ist mein Ding. Wei­te Welt, frem­de Kul­tu­ren, Aben­teu­er bit­te mit Son­nen­un­ter­gang.

Nor­we­gen? Hat­te ich nie so rich­tig auf dem Schirm. Zu kalt, zu teu­er, zu… na ja, ehr­lich gesagt: zu wenig auf­re­gend.

Und dann kam Nor­we­gen. Uner­war­tet, unauf­ge­regt – und völ­lig rich­tig.

Mein Mann bewarb sich als Geo­lo­ge über­all dort, wo es eben Mög­lich­kei­ten gab – und bekam dann ziem­lich kurz­fris­tig ein Job­an­ge­bot aus Sta­van­ger. Er war sich unsi­cher. Ich nicht. Ich habe das Aben­teu­er gese­hen. Viel­leicht ein biss­chen naiv, aber – who cares?

Inner­halb von zwei Mona­ten haben wir alles in Deutsch­land hin­ter uns gelas­sen, unse­re Kat­zen in die Trans­port­bo­xen gepackt und sind zum aller­ers­ten Mal nach Sta­van­ger geflo­gen. Ein­fach so. Ein klei­nes Aben­teu­er, war­um nicht? Nur bis sich etwas Bes­se­res fin­det.

Was ich nicht wuss­te: Die­ses „War­um nicht?“ wür­de mein Leben kom­plett auf links dre­hen.

Von der Welt­ent­de­cke­rin zur Aus­wan­de­rin

Es dau­er­te nicht lan­ge, bis mich die­ses Land ein­ge­fan­gen hat­te. Und zwar nicht mit wil­den Aben­teu­ern oder gro­ßer Dra­ma­tik – son­dern mit etwas ganz ande­rem: Ruhe.

Nicht nur die Stil­le drau­ßen in der Natur – die ist beein­dru­ckend, kei­ne Fra­ge – son­dern die­se inne­re Ruhe, die das Leben hier mit sich bringt. Alles ist ein biss­chen weni­ger hek­tisch, ein biss­chen bewuss­ter.

Unse­re bei­den Kin­der wur­den hier gebo­ren – und wir hat­ten Zeit für­ein­an­der. Für die ers­ten Rei­sen zu dritt, spä­ter zu viert.

Und dann habe ich den gro­ßen Schritt gewagt: Ich habe mich selbst­stän­dig gemacht und mei­nen eige­nen klei­nen Rei­se­ver­an­stal­ter gegrün­det.

Rei­sen heu­te: weni­ger Check­lis­te, mehr Ver­bin­dung

Das Fern­weh ist geblie­ben – aber es hat sich ver­än­dert. Frü­her woll­te ich mög­lichst viel sehen, mög­lichst weit weg. Heu­te möch­te ich ver­ste­hen, ver­bin­den, ein­tau­chen.

Und genau das ist der Kern von Away­zing Rei­sen – mei­nem eige­nen, klei­nen Rei­se­un­ter­neh­men, das ich vor zwei Jah­ren gegrün­det habe. Ich pla­ne indi­vi­du­el­le Tou­ren für Men­schen, die genau­so ticken wie ich: neu­gie­rig, offen, mit Lust auf ech­te Begeg­nun­gen.

Ob durch die Wei­te Nami­bi­as, die far­ben­rei­chen Städ­te Marok­kos oder die stil­len Wäl­der Nor­we­gens – ich zei­ge Orte, die etwas in einem bewe­gen. Ich gestal­te Rei­sen an Orte, die ich ken­ne. Die ich mit guten Gewis­sen und ehr­lich anbie­ten kann. Denn: Ich kann nun mal nicht das gan­ze Jahr über auf Rei­se sein. Und das zweit­bes­te was ich mir vor­stel­len kann, ist es Rei­sen für Gleich­den­ken­de zu gestal­ten. 

Aus­wan­dern ist kein Urlaub. Aber es ist ein Aben­teu­er.

Natür­lich ist nicht alles immer Fjord und Frei­heit. Es gab vie­le Momen­te, in denen wir gezwei­felt haben, ob das wirk­lich die rich­ti­ge Ent­schei­dung war. Ob wir nicht doch bes­ser die Zel­te abbre­chen und zurück in die Hei­mat zie­hen soll­ten.

Denn eines fehlt uns hier ganz enorm: Fami­lie. Beson­ders mir. Ich habe in den ers­ten Mona­ten oft geweint.

Auch der Schritt in die Selbst­stän­dig­keit ist kein Pony­hof. Da hän­gen vie­le Emo­tio­nen dran – Selbst­zwei­fel, Exis­tenz­ängs­te, schlaf­lo­se Näch­te. Und trotz­dem wächst man mit jedem ein­zel­nen Tag dar­an.

Das klingt viel­leicht abge­dro­schen, ich weiß. Aber ich bin auch jeden Tag ein biss­chen stolz. Stolz auf mich – und auf uns. Dass wir hier alles allein auf­bau­en. Dass wir zwar kei­ne Fami­lie vor Ort haben, aber vie­le wun­der­ba­re Men­schen gefun­den haben, die sich mitt­ler­wei­le wie ein gro­ßes Stück Hei­mat anfühlen.Und dass ich beruf­lich genau das tun darf, was ich kann – und was ich lie­be.

Mutig sein lohnt sich. Auch mit Kof­fer.

Heu­te lebe ich mit mei­ner Fami­lie in der Nähe von Sta­van­ger, umge­ben von Ber­gen, Was­ser und sehr wet­ter­fes­ten Nach­barn. Wir ver­brin­gen mehr Zeit drau­ßen als drin­nen, wir leben lang­sa­mer – und irgend­wie inten­si­ver.

Wenn ich zurück­bli­cke, den­ke ich oft: Nor­we­gen war nie Teil des Plans. Aber es war genau das Puz­zle­stück, das noch gefehlt hat. Und viel­leicht ist das ja das schöns­te an ech­ten Aben­teu­ern: Dass sie dich über­ra­schen.


Antwort

  1. Avatar von Steffen
    Steffen

    Sehr schön zu lesen, wie du Lei­den­schaft, Aus­wan­dern und Beruf ver­bin­den kannst.

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