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Ein Sturm zog über das Meer und ich mir die Bettdecke über den Kopf.
Der Katamaran mit Doppelkiel lag zwar noch ruhig auf dem Wasser, aber die grauen Wolken gefielen meinem Magen so gar nicht. Der Kapitän kämpfte alleine mit dem Segel, während wir alle unter Deck lagen und mit unserer Übelkeit zurecht kommen mussten. „Es ist wohl ein evolutionshistorischer Reflex,“ vermutete der Kapitän später. „Selbst gestandenen Seglern wird schlecht wenn sie graue Wolken auf See sehen.“ Hier kannst du auch nichts machen. Unter dir Wasser, über dir Wasser, und nirgendwo ein fester Ort. Da signalisiert das Gehirn „Hau ab.“
Flucht unter Deck.
Eine Stunde später wachte ich wieder auf. Unser Skipper Jankov hatte uns durch den Sturm gebracht, die Sonne schien rot über dem Wasser und machte sich bereit für die Nacht. Es war ruhig. Ich stand alleine mit unserem Kapitän am Bug und wir schauten still aufs Meer. Jankov machte ab und an ein Foto und ich tat es ihm gleich. Seit zwölf Jahren segelt er schon durch das Meer vor Kroatien, genau wie sein Vater es sein Leben lang gemacht hat. Hat er denn in der Zeit nicht genug Fotos vom Meer gemacht, fragte ich ihn. „Natürlich“ sagte er und schaut weiter Richtung Horizont. „Doch jede Minute ist das Meer anders.“
Kroatien mit einem Segelboot zu bereisen ist wirklich die beste Art das Land zu entdecken. Man fährt vorbei an hunderten Inseln auf denen Römer, Griechen und Italiener schon vor Jahrhunderten Felder anlegten und Gewürze pflanzten. Die uralten Steinmauern, welche die Felder trennten, dekorieren heute noch die Inseln. Unser Boot schlängelte sich an ihnen vorbei und ich erwartete jeden Moment riesige Statuen an den Ufern, wie sie in Herr der Ringe auftauchen. Kroatien hat etwas ursprüngliches, etwas antikes. Es ist kein Wunder, dass die Serie Game of Thrones hier gedreht wird.
Wir legten in Skradin an, einen kleinen Ort in der Nähe vom Krka Nationalpark. Von unserem Boot betraten wir direkt den Marktplatz, an dem ein junger Mann Gitarre spielte. Die Architektur ist seit Jahrhunderten ausgelegt für den Schiffsverkehr – vom Boot aus ist man direkt im Zentrum.
Endlich wieder festen Boden unter den Füßen liehen wir uns ein paar Fahrräder und brachen auf zum sogenannten Ethno Village – einem Jahrhunderte alten Dorf hinter einem Wasserfall. Das Wasser ist hier allgegenwärtig und der Fluss läuft teilweise durch die Häuser. Früher wurden so Mühlen betrieben, heut ist das Dorf nur eine Touristen-Attraktion. Allerdings eine wunderschöne.
Die Gelassenheit auf See hatte mich wirklich überrascht. Wenn wir schwimmen wollten, wurde kurz der Anker gesetzt und wir hielten an auf dem klaren Meer. Hielt der Wind, wurde das Segel rausgeholt. War es still, trieb uns der Motor voran. Ab und zu grüßte ein anderes Segelboot oder ein Muschelfarmer, aber ansonsten gab es nur uns und den Horizont.
Es war bereits Abend als wir Kornati erreichten, ein Archipel aus unbewohnten Inseln. Wobei… Nicht ganz unbewohnt. Unser Skipper erzählte uns von vier bis fünf Familien, die hier während der Saison lebten und Reisenden mit Branntwein und Essen versorgen. Mit dem Strom, den jedes Haus selbst erzeugen muss, werden dann teilweise große Lichtdekorationen betrieben, welche die Segler locken sollen. Unser Skipper winkte oft nur ab. „Ich kenne einen guten Laden“ sagte er und wir legten an.
Es gab gebackenen Fisch, am Morgen erst gefangen und in den gusseisernen Topf gelegt als wir anlegten. Das Filet schmolz von den Gräten.
Die kroatische Küche ist nicht gerade weltbekannt, aber wenn man sucht, kann man richtige Geheimtipps finden. Unser Skipper musste nicht mehr suchen, er kannte alle Orte schon. Am Tag zuvor führte er uns in ein Restaurant, welches uns ein Risotto servierte, das acht Stunden lang kochte und so durchtränkt mit Geschmack war, dass ich allein deswegen schon noch einmal nach Kroatien kommen würde.
Am nächsten Morgen fragte ich den Skipper, wie denn das Wasser sei, für eine kurze Runde Schwimmen. Er lachte schwach und resigniert. „Das fragen mich Reisende jedes Mal“ sagt er etwas genervt und amüsiert. „Ich sag dir, was ich immer sage: Es ist nass und salzig. Probiers aus!“
Er hatte recht. Und etwas frisch war es auch.
Wir schauten uns noch schnell die anliegenden Häuser an und stiegen zum höchsten Punkt der Insel.
Und dann ging es auch schon wieder Richtung Hafen.
Bevor wir Kroatien verließen, hatte unser Skipper noch den größten Schatz für uns vorbereitet. Einem Freund von ihm gehörte eine Insel, auf der auch nur eine kleine Hütte stand. Jede Saison, an zwei Tagen in der Woche, bereitete er dort eine kleine Auswahl an Gerichten für Reisende zu. Man musste schon wissen, wo man ihn finden kann, denn nirgends war es ausgeschildert oder mit großer Reklame beworben. Es gab Oktopus in Rotweinsoße und Pfannkuchen in kompletter Dunkelheit. Glücklich und mit vollen Magen paddelten wir im Beiboot wieder zurück zu unserem Katamaran und ließen uns unterm Sternenhimmel von den Wellen in den Schlaf schaukeln.
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