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Japan abseits der Massen: Meine Geheimtipps jenseits klassischer Routen

Mein Name ist Lena, ich bin Foto­gra­fin, lei­den­schaft­li­che Food-Blog­ge­rin und noto­ri­sche Rebel­lin gegen Tou­ris­ten­mas­sen. Zusam­men mit mei­nem Mann Max, des­sen Begeis­te­rung für Wan­der­we­ge sich nur von mei­ner Lie­be zu Tem­pura-Restau­rants über­tref­fen lässt, begab ich mich kürz­lich auf eine ganz beson­de­re Rei­se nach Japan. Orga­ni­siert hat­ten wir unse­re Rei­se über Dim­sum Rei­sen, einen Spe­zia­lis­ten für maß­ge­schnei­der­te Erleb­nis­se in Asi­en. Statt der übli­chen Tokio-Kyo­to-Hako­ne-Rou­te woll­ten wir tie­fer ein­tau­chen, dort­hin, wo man das echte(re) Leben fin­det.

Kunstinsel Naoshima
Skurrile Begegnungen zwischen Kürbissen

Unser ers­tes Ziel war die Kunst­in­sel Nao­shi­ma. Die Anrei­se ver­lief rei­bungs­los: Mit der Fäh­re ging es von Uno Hafen direkt zur Insel. Eine kur­ze Über­fahrt, die schon Lust auf mehr mach­te. Dim­sum Rei­sen hat­te die Ver­bin­dung per­fekt getimt, inklu­si­ve Zug­ti­cket nach Oka­ya­ma, von wo aus wir star­te­ten. Schon die Über­fahrt mit der Fäh­re ließ mich mei­ne Kame­ra stän­dig bereit­hal­ten. Denn wo sonst begeg­net man über­di­men­sio­na­len Kür­bis­sen, die am Ufer gedul­dig Modell ste­hen? Max roll­te die Augen, weil ich unbe­dingt ein Foto mit einem Kür­bis machen woll­te (und er sich ziem­lich doof dabei anstell­te, mich gut zu tref­fen, Unver­schämt­heit!) – aber hey, wie oft bekommt man die­se Gele­gen­heit schon? Spoi­ler: Nur ein­mal!

An jeder Ecke war­te­ten Kunst­in­stal­la­tio­nen dar­auf, ent­deckt zu wer­den. Beson­ders fas­zi­nie­rend fan­den wir das Chi­chu Art Muse­um, das ele­gant in die Land­schaft inte­griert ist und mit sei­nen mini­ma­lis­ti­schen Räu­men nicht weni­ger beein­druck­te als die Kunst selbst. Zwi­schen Instal­la­tio­nen von Yayoi Kusa­ma und Tadao Andos genia­ler Archi­tek­tur fan­den wir aus­rei­chend Zeit, den Frie­den der Insel bei einer Scha­le frisch gebrüh­ten Tees zu genie­ßen und einem Stück Matcha-Cheeseca­ke, das fast zu schön zum Essen war. Fast.

Iiyama
Japans bestgehütetes Geheimnis und köstliche Dorferlebnisse

Als wir Iiya­ma erreich­ten, nach einer beein­dru­cken­den Shink­an­sen­fahrt über Oka­ya­ma und Naga­no, das uns als das „best­ge­hü­te­te Geheim­nis Japans“ emp­foh­len wur­de, wur­den wir herz­lich von loka­len Dorf­be­woh­nern emp­fan­gen. Unse­re Gast­ge­be­rin, eine älte­re Dame namens Sachi­ko, zeig­te uns nicht nur, wie man tra­di­tio­nel­le Buch­wei­zen­nu­deln („Soba“) selbst her­stellt, sie amü­sier­te sich auch herz­lich über mei­ne anfäng­li­che Unge­schick­lich­keit. Ich lach­te mit ihr, wäh­rend Max in der Zwi­schen­zeit die Ber­ge und Wäl­der erkun­de­te und uns am Abend mit Geschich­ten über sei­ne Begeg­nung mit einem äußerst neu­gie­ri­gen Fuchs unter­hielt. In Japan sind Füch­se („Kits­une“) übri­gens nicht nur süße Tie­re, son­dern gel­ten als klu­ge, magi­sche Wesen und Beglei­ter der Gott­heit Ina­ri, die für Reich­tum und Land­wirt­schaft steht, das erklär­te uns Sachi­ko, wäh­rend wir gemein­sam Tee tran­ken und ich heim­lich bewun­der­te, wie flink ihre Hän­de beim Soba-Kne­ten waren. 

Am nächs­ten Mor­gen führ­te uns unser Weg auf die Fel­der von Kanoe, wo wir von einem loka­len Gui­de in die Geheim­nis­se des Sasa­zu­shi ein­ge­führt wur­den, einer regio­na­len Spe­zia­li­tät, die so hübsch aus­sieht, dass man sie fast nicht essen möch­te. Auf mit Essig und Zucker gewürz­tem Reis wer­den gebra­te­nes Ei, rosa Ing­wer und wil­des Berg­ge­mü­se lie­be­voll auf einem Bam­bus­blatt arran­giert, ein klei­nes Kunst­werk, das wir direkt von der Hand­flä­che ver­speis­ten. Ich war über­rascht, wie frisch und aro­ma­tisch es schmeck­te, und Max behaup­tet bis heu­te, sein zwei­tes Blatt war ihm nur aus Ver­se­hen in den Mund gefal­len.

Gestärkt ging es wei­ter zum Kosuge-Schrein, den wir mit dem Auto erreich­ten. Der Weg dort­hin führ­te uns vor­bei an einem Tem­pel, des­sen Hor­ten­si­en in einem lila Far­ben­rausch stan­den, es war wie ein klei­ner Blü­ten­tun­nel ins Spi­ri­tu­el­le. Am Ein­gang des Kosuge-Ber­ges, einem Zen­trum des Shu­gen­do, began­nen wir unse­re Wan­de­rung zu den höhe­ren Hal­len des Schreins. Mit gelie­he­nem Bam­bus-Wan­der­stock und fes­tem Schuh­werk mach­ten wir uns an den Auf­stieg über moos­be­wach­se­ne Stu­fen, vor­bei an klei­nen Gebets­hal­len und stei­ner­nen Wäch­ter­fi­gu­ren. Der Weg war rut­schig, aber still und so wun­der­schön, dass ich fast ver­gaß zu foto­gra­fie­ren.

Oben ange­kom­men, war die Aus­sicht ein stil­ler Lohn. Ich weiß nicht, ob es der Sake vom Vor­abend, der stei­le Weg oder die spi­ri­tu­el­le Aura war, aber irgend­was ließ uns bei­de schwei­gend dasit­zen, bis uns der freund­li­che Besit­zer wie­der abhol­te und zum Mins­hu­ku zurück­brach­te.

Biwa-See
Ein Tag mit Seegras, Stille und Sardinen

Die Stre­cke von Iiya­ma zum Biwa-See leg­ten wir bequem per Zug und anschlie­ßen­dem pri­va­ten Trans­fer zurück. Die Stre­cke von Iiya­ma zum Biwa-See leg­ten wir bequem per Zug und anschlie­ßen­dem pri­va­ten Trans­fer zurück. Dim­sum hat­te alles orga­ni­siert, sodass wir sogar unter­wegs Zeit für ein Ben­to im Zug hat­ten. Unser Ziel war Kino­mo­to, ein unschein­ba­res, aber his­to­risch bedeu­ten­des Städt­chen nörd­lich des Biwa-Sees, das sich anfühl­te wie ein leben­di­ges Stück Ver­gan­gen­heit.

In Kino­mo­to selbst schien die Zeit still­zu­ste­hen. Wir besuch­ten eine der ältes­ten Soja­saucen-Braue­rei­en Japans, die Dai­ko Sho­yu, wo uns Ken­suke Osugi erklär­te, wie man mit viel Geduld und noch mehr Hand­ar­beit eine Sau­ce braut, die nach Hei­mat schmeckt. Ich durf­te drei Sor­ten pro­bie­ren, eine davon soll beson­ders gut zu kal­tem Tofu pas­sen, sag­te er. Ich nick­te wei­se, obwohl ich kal­ten Tofu eigent­lich nicht beson­ders mag.

Danach ging es wei­ter zur Sake-Braue­rei Yama­ji Shu­zo, gegrün­det im Jahr 1532. Yuko Yama­ji emp­fing uns mit einem ver­schmitz­ten Lächeln und einer klei­nen Aus­wahl an Sake-Glä­sern. Max war begeis­tert, ich blieb vor­sich­tig (und trank trotz­dem alle drei Pro­ben, der Wis­sen­schaft zulie­be). Es war einer die­ser Momen­te, in denen man sich fragt, war­um nicht jeder Tag mit einer Sake-Ver­kos­tung beginnt.

Am Nach­mit­tag schlen­der­ten wir durch die Stra­ßen, vor­bei an tra­di­tio­nel­len Bäcke­rei­en und einem klei­nen bud­dhis­ti­schen Tem­pel, der ganz selbst­ver­ständ­lich Teil des All­tags­le­bens zu sein schien. Kein Lärm, kein Stress, nur Geschich­ten in alten Holz­bal­ken und stil­len Innen­hö­fen.

Kyushu Selfdrive
Abenteuerliche Entdeckungen auf Yakushima

Unse­re letz­te Etap­pe führ­te uns nach Kyus­hu, eine ganz schön lan­ge Stre­cke, die wir dank Inlands­flug nach Kago­shi­ma und anschlie­ßen­der Fäh­re nach Yakus­hi­ma erstaun­lich ent­spannt meis­ter­ten, genau­er gesagt zur mys­ti­schen Insel Yakus­hi­ma. Schon die Anrei­se per Miet­wa­gen ent­lang der Küs­ten­stra­ßen und durch ver­wun­sche­ne Wäl­der fühl­te sich an wie das Betre­ten einer Welt, die direkt aus einem Mär­chen stam­men könn­te. 

Auf Yakus­hi­ma wan­der­ten wir nach einer male­ri­schen Auto­fahrt ent­lang der Küs­ten­stra­ße zwi­schen uralten Zedern, man­che über tau­send Jah­re alt, und wur­den bei­na­he hyp­no­ti­siert von der grü­nen, moos­über­zo­ge­nen Land­schaft, die die per­fek­te Kulis­se für Max‹ Wan­der-Lei­den­schaft bot. Die aben­teu­er­li­chen Wege und eine spon­ta­ne Begeg­nung mit einer Her­de neu­gie­ri­ger Hir­sche mach­ten unse­ren Auf­ent­halt unver­gess­lich. Ich bin mir sicher, ein Hirsch hat mich ange­lä­chelt, aber viel­leicht war das auch nur die fri­sche Luft.

Warum das wahre Japan abseits der Hauptwege wartet

Nach die­ser Rei­se ver­ste­he ich Japan ein wenig tie­fer. Ob kunst­vol­le Begeg­nun­gen auf Nao­shi­ma, herz­li­ches Lachen beim Nudel­ma­chen in Iiya­ma oder spon­ta­ne Aben­teu­er am Biwa-See und in Yakus­hi­ma, die Magie Japans ent­fal­tet sich beson­ders inten­siv an Orten, an denen vie­le ande­re vor­bei rei­sen. Ich habe nicht nur ein­zig­ar­ti­ge Fotos und ein paar Rezep­te mit­ge­bracht, son­dern auch Erin­ne­run­gen an Momen­te, die ich nie ver­ges­sen wer­de. 



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