Norderney Anreise

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Inselwind und Alltagspause: Fährfahrt nach Norderney

Ich glau­be, ich habe gera­de Sand in mei­nem Kaf­fee. Jule lehnt sich zurück, die Augen halb geschlos­sen, das Gesicht in den Wind gereckt, und ich fra­ge mich, ob wir je so schnell den All­tag abge­schüt­telt haben wie an die­sem Tag.

Alles begann früh­mor­gens in Leip­zig. Ther­mos­kan­ne in der Hand, Jacke viel zu warm für den Bahn­hof, aber wahr­schein­lich genau rich­tig für das, was uns erwar­te­te: ein Früh­lings­aus­flug an die Nord­see. Die Zug­fahrt war lang, aber über­ra­schend unkom­pli­ziert. Ein­mal umstei­gen, in Han­no­ver. Kein Stress, kei­ne Ver­wir­rung. Fast sie­ben Stun­den Fahrt lagen vor uns, aber das war völ­lig in Ord­nung. Wir hat­ten Bücher, Musik, und vor allem: kei­ne Ter­mi­ne. Es war eine von die­sen Fahr­ten, bei denen das Ziel fast neben­säch­lich wird. Die Gesprä­che flie­ßen frei­er, das Han­dy bleibt irgend­wann ein­fach lie­gen, und man erin­nert sich, wie sel­ten man ein­fach nur unter­wegs ist.

Am Fähr­an­le­ger in Nord­deich blies uns dann der ers­te rich­ti­ge Wind ins Gesicht – sal­zig, kühl und vol­ler Ver­spre­chen. Zwi­schen war­ten­den Autos, Kin­der­wä­gen und Möwen­ge­kreisch fan­den wir uns schnell zurecht. Also ab geht’s mit der Insel­fäh­re Nor­der­ney ins Insel­aben­teu­er. Ich hat­te die Tickets bereits online über FRISONAUT, das Buchungs­sys­tem der Ree­de­rei, besorgt. Das war ein­fach, über­sicht­lich und vor allem: wir muss­ten vor Ort kei­ne ner­vi­gen Tickets mehr suchen. Ein­stei­gen und los.

https://www.frisonaut.de/de/mobilitaet/norderney/faehre/fahrplan

Auf dem Pro­gramm stand die neue Schnell­ver­bin­dung zur Insel. Seit März 2025 ver­kehrt regel­mä­ßig die „Fri­sia E‑1“, die ers­te voll­elek­tri­sche Schnell­fäh­re der Regi­on. 30 Minu­ten dau­ert die Über­fahrt – emis­si­ons­frei, lei­se und fast ein biss­chen sur­re­al in ihrer Sanft­heit. Das Schiff glitt förm­lich über das Was­ser, und plötz­lich war alles weit weg: Leip­zig, die Bahn, der Bild­schirm im Büro.

Ich lehn­te am Gelän­der und atme­te tief ein. Wie fühlt sich die ers­te Bri­se Insel­wind an? Ehr­lich? Wie ein klei­ner Reset-Knopf für die See­le. Der Wind schmeckt nach Salz und Fern­weh, die Haut wird sofort leben­di­ger, und irgend­wo zwi­schen Nord­deich und Nor­der­ney habe ich das Gefühl, wie­der bei mir selbst zu sein.

Die Fäh­re ist übri­gens nicht nur schnell, son­dern auch fami­li­en­freund­lich. Was soll­ten Fami­li­en bei der Über­fahrt beach­ten? Wär­men­de Klei­dung und klei­ne Snacks sind Gold wert, beson­ders für Kin­der. Die Aus­sicht ist fan­tas­tisch – aber auch zugig. Wer recht­zei­tig da ist (am bes­ten 30 Minu­ten vor Abfahrt), kann ent­spannt ein­stei­gen und sich einen Platz sichern.

Die Prei­se waren fair: Unse­re Fahr­kar­te hin und zurück als Erwach­se­ne kos­te­te 23,60 €, Kin­der zwi­schen sechs und 13 Jah­ren zah­len 11,80 €, und die ganz Klei­nen fah­ren sogar kos­ten­los. Für uns war das ein run­des Ange­bot – vor allem mit dem Wis­sen, dass wir damit auch einen Bei­trag zu nach­hal­ti­ge­rem Rei­sen leis­ten.

Norderney Anreise Fähre
© Domi­nik Luck­mann

Und dann: Nor­der­ney. Fahr­rä­der gelie­hen – Jule nann­te ihres „Bru­no“, meins klap­per­te beim Tre­ten, was wir schnell zu einem Sound­track erklär­ten – und los. Kein kon­kre­ter Plan. Nur: raus, durch­pus­ten, trei­ben las­sen. Die Insel ist weit­läu­fig, aber über­schau­bar, win­dig, aber herz­lich. Und es ist genau die­ser Kon­trast, der sie so beson­ders macht.

Irgend­wann – viel­leicht war es nach dem Leucht­turm, viel­leicht war es auch irgend­wo zwi­schen den Dünen – lan­de­ten wir im „Surf­ca­fé“. Ein Tipp aus Ins­ta, den ich notiert, aber fast ver­ges­sen hat­te. Drin­nen roch es nach Kaf­fee und Cur­ry, drau­ßen war es grau, aber nicht trost­los. Wir saßen mit dicken Tas­sen in der Hand, schrie­ben Post­kar­ten und lach­ten über gar nichts – und alles.

Ich notier­te auf mei­ne Kar­te an mich selbst:
„Mehr Meer. Weni­ger Müs­sen.“

Nor­der­ney hat uns nicht über­wäl­tigt. Es hat uns ein­ge­nom­men. Lei­se. Mit Wind, Wei­te und genau dem rich­ti­gen Maß an Frei­heit. Und viel­leicht ist das das Schöns­te, was einem auf einer Insel pas­sie­ren kann.



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