Josh wirft wieder einmal einen Blick auf die sowjetische Generalstabskarte. Nur ein paar Meter steht er neben mir, schon wird er fast von den bleichen Nebelschwaden verschluckt. Wir grinsen – kein Plan, wo wir sind!
Mit dem Kompass und der veralteten Karte haben wir uns morgens von Dilijan aus aufgemacht, ein Kloster tief im Wald zu finden – doch ohne Sicht können wir keinerlei Bergzüge wiedererkennen. Zu weit im Norden oder Westen, oder doch noch ein paar hundert Meter weiter? Mir ist es egal, ich habe genug Kloster gesehen, und die Landschaft ist so großartig verwunschen, dass es mich nicht verwundern würde, wenn aus den Nebelwolken ein paar blasse Herr-der-Ringe-Elfen zum Vorschein kommen würden…

Keine Menschenseele kreuzt unseren Weg. Durchnässt geben wir schließlich auf, und machen uns auf den Weg nach Süden, immer dem Kompass nach, zurück nach Dilijan. Im Tal folgen wir den Bahnschienen, die viel zu selten befahren werden, vorbei am Bahnhof. Was machen all die Männer dort den ganzen Tag?
Es gibt nicht viel Arbeit in diesen kleinen Städtchen, und Dilijan hat offensichtlich weitaus bessere Zeiten gesehen, damals, als es Armenien unter den Sowjets wirtschaftlich sehr viel besser ging. Grau und deprimierend liegt es da, unter den tiefhängenden Wolken, doch ich freue mich hier zu sein, raus aus der Stadt, in der ich schon viel zu viel Zeit verbracht habe: Yerevan.
Als ich Freitag aufwachte, war mein erster Gedanke: „Ich muss hier weg!“. Es war nichts zu erwarten hier, ich habe alles gesehen, was mich interessiert, der Iran feiert Ramadan, in Armenien ist Wochenende. Keine Chance auf eine Entwicklung bezüglich meines Visums. Zeit für einen Ausflug!
Und was war es für eine nette Überraschung, als ich durch die Straßen Dilijans schlenderte, unvermutet in meinem Rücken zu hören: „Johannes!“ Josh aus Luxemburg, mit dem ich mich in Yerevan letzte Woche sehr gut verstanden und ein paar Dinge gemeinsam unternommen hatte, kommt grinsend heranspaziert. Und sein Plan, am nächsten Morgen das Kloster zu suchen, ist genau nach meinem Geschmack…
Am Abend darf ich, gemeinsam mit Alfred dem Australier, in der Familienpension mitschmausen, es wird irgendwas gefeiert. Und das freut mich auch, es wird aufgetragen was der Grill hergibt, den Vodka abzulehnen wäre eine Beleidigung! Sowas mach ich nicht, man passt sich an, ist Ehrensache.
Familienzusammenführung
Klys freute sich außerdem besonders, ein paar entferntere Verwandte wiederzutreffen:











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