Wer wie ich in den sanften, fast mediterran anmutenden Hügellandschaften Rheinhessens aufgewachsen ist, kennt den »richtigen Winter« nur noch aus den Erzählungen seiner Großeltern. Ich war noch jung, als mein Großvater mir Geschichten von früher erzählte. Damals, als der mächtige Rhein noch regelmäßig zufror. Eine Bühne für Volksfeste unserer Region.
Für mich ist das heute kaum mehr vorstellbar. Meist habe ich als Kind vergeblich auf weiße Weihnachten gewartet, denn der Winter in meiner Heimat ist zumeist grau, regnerisch und unangenehm nass-kalt.
Schnee in nennenswerter Menge gibt es selten und die ersten weißen Flocken lassen den völlig überraschten Nahverkehr in schöner Regelmäßigkeit zusammenbrechen. Ich hatte genug von diesem Winter.…
Kurzentschlossen entfloh ich, sehr zum Missfallen meiner Familie, dem drohenden Weihnachtsstress. Mit einem guten Freund reiste ich zwei Wochen in die einsame Wildnis Nord-Finnlands…
Für wenige Stunden und nur bei klarem Himmel erleuchtete eine unsichtbare Sonne die Welt, die sonst nur schwarz und weiß kannte.
Der Mond war unsere Sonne.
Doch an manchen Tagen ließ auch er sich nicht blicken.
An Trinkwasser zu kommen war eine schweißtreibende Arbeit, selbst bei unter ‑20°C.
Jetzt weiß ich, wie sich wirkliche Kälte anfühlt.…es war wirklich schweinekalt.
Wenig Raum für Privatsphäre bot unsere 15 m² Schutzhütte.
Stetes Feuer und viele Kalorien ließen uns die eisigen Nächte überstehen.
Roter Mond über Kiefernwald, 12:30 Uhr mittags.
Wintermärchenwald.
Elche waren die einzigen anderen Lebewesen, die ich sah.
Der tiefen Pulverschnee und der große Rucksack zehrten meine Kräfte auf.
Die Kälte schuf vergängliche, filigrane Kunstwerke.
Himmel und Erde schienen fließend ineinander überzugehen.
Frische Elchfährten machten es uns leicht die großen Trughirsche zu finden.















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