Tarzan kann mich mal

Ich habe Höhen­angst. Es ist nichts Pho­bi­sches, ich habe kei­ne Angst, dass mein Flug­zeug abstürzt oder der Ber­li­ner Fern­seh­turm umkippt, wenn ich drin bin. Ich weiß, dass das nicht pas­sie­ren wird. Da erstickt man eher an einem Apfel, rutscht im Bad aus oder fährt mit dem Auto gegen einen Baum.

Aber Wis­sen nützt nichts: Wenn ich mehr als zwei Meter über dem Boden bin, wird mir schwin­de­lig. In Boquete in Pana­ma war ich Zipli­nen. Heißt: Ich habe mir ein Klet­te­rer-Geschirr ange­legt und mich dann an Stahl­sei­len in Schluch­ten gestürzt. Mit einem klei­nen Leder­hand­schuh als Brem­se. Bei Regen. Auf Stahl. Und über­lebt. Da kann ich jetzt lan­ge für Äpfel essen, duschen und Auto fah­ren.

SIE rauscht am Seil runtet

Unse­re Freun­din Lisa, die zwei Wochen zu Besuch ist, woll­te unbe­dingt die Adre­na­lin-Tour durch den Dschun­gel machen. Soll ich? Soll ich nicht? Höhen­angst… Außer­dem bin ich deut­lich schwe­rer als die Mädels, also auch deut­lich schnel­ler. »Yolo«, sagt Lisa. »You only live once.« Genau das ist ja mein Beden­ken.

Ande­rer­seits: Hier schwin­gen sich auch adi­pö­se Amis in die Tie­fen. Und, na ja, ein biss­chen Yolo halt. Jor­gé holt uns ein paar Minu­ten nach halb acht ab. Es nie­selt. Wir klet­tern bis zur Holz­hüt­te, wenig fach­män­nisch zusam­men­ge­häm­mert. Oben an den Übungs­sei­len zeigt er uns die paar Regeln. Nur mit dem Leder­hand­schuh brem­sen, nur hin­ter dem Metall­rad ans Kabel fas­sen, wenn man die Fin­ger behal­ten will. Nicht los­las­sen.

Nach ein paar Malen denkt man nicht mehr an die Tech­nik. Man genießt. Ich flie­ge!

»The Bull« nennt Jor­gé eine Stre­cke zwi­schen zwei Baum­kro­nen – er wackelt am Seil, ich hüp­fe überm Abgrund auf und ab. Ein Rodeo.

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Dann kommt die Tar­zan-Schau­kel. Ein recht gro­ßes Wort für ein blau­es Tau, das an einem Baum befes­tigt ist. Viel­leicht 15 Meter lang. Dahin­ter: Fel­der. Bes­ser gesagt: Dar­un­ter, weit dar­un­ter. Denn es sind gut 50 Meter abwärts bis zum Zwie­bel­feld.

Ich hake mich ein. Unse­re Beglei­ter Jor­gé und Oscar zie­hen mich von der Absprung­platt­form kurz hoch und las­sen mich los. Dann kommt ein kur­zer Moment der Schwe­re­lo­sig­keit. Viel zu kurz, gefolgt von einer unglaub­li­chen Beschleu­ni­gung. Der Boden rast unter mei­nen Bei­nen an mir vor­bei. Ich schwin­ge ins Nichts. Am ande­ren Ende der Lei­ne ste­he ich in der Luft. Mit­ten in Pana­ma, an einem Seil, 50 Meter über einem Feld.

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Das Adre­na­lin pumpt mir durch die Venen. Noch­mal! Dies­mal ohne Hän­de. Und ein drit­tes Mal, kopf­über.

Ach, gelieb­tes Adre­na­lin, mir ist das nicht zu hoch, mir ist nicht schwin­de­lig, mir ist nicht schlecht. Es ist mir gar nichts in die­sem Moment. Es ist ein­fach nur geil.

Doch beim Abstei­gen zit­tern mei­ne Knie. Und mein Gesicht schmerzt. Vom Grin­sen.

 

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Antworten

  1. Avatar von Cono Sur Reisebüro via Facebook

    Oh wie schön ist Pana­ma, wir brin­gen Euch hin!

  2. Avatar von Bianca

    Wow, du hast mei­nen größ­ten Res­pelt. 😀 Ich habe sel­ber schreck­li­che Höhen­angst und weiß genau, wel­che Über­win­dung es kos­tet, so etwas zu pro­bie­ren. Das Adre­na­lin und die Glücks­ge­füh­le sind es aber auf jeden Fall wert fin­de ich.

    Bes­te Grü­ße aus dem Defer­eg­gen­tal

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