Wie ist es mög­lich, dass eine Jah­res­zeit in ihren unver­wech­sel­ba­ren Far­ben und Düf­ten See­len­zu­stände und Emo­tio­nen auf­nimmt, die so stark und inten­siv sind, dass wir jedes Mal über­rascht sind, wenn der Kalen­der den Monat Novem­ber erreicht? Der Herbst ist ange­kom­men, und ein ange­neh­mes Gefühl beglei­tet uns, so wie die Lust, unbe­kannte Land­schaf­ten und kleine ver­steckte Kost­bar­kei­ten zu ent­de­cken, uns glück­lich und ver­we­gen macht. Aus­bli­cke, ein schö­nes Pan­orama oder ein­fach nur Win­kel in den Gas­sen der Stadt ver­wan­deln sich im Herbst zu Orten, die wegen der Inten­si­tät ihrer Far­ben bewun­dert wer­den. Von kräf­ti­gem Rot bis hin zu Ocker­gelb erscheint ein Regen­bo­gen war­mer Farb­töne vor unse­ren Augen, und wir sind ver­zau­bert von der Schön­heit der Natur um uns herum.

Heute ist ein mil­der Herbst­son­nen­tag, der durch­drun­gen ist vom Duft des Hol­zes, das ange­zün­det wurde für die Kamine im Innern der Wohn­häu­ser, die das Schloss umge­ben. Wir befin­den uns in Levi­z­zano Ran­gone, einem klei­nen Dorf in der Nähe der Stadt Modena und ganz wenige Minu­ten vom berühm­ten Mara­nello, der Hei­mat von Fer­rari, entfernt.

Um den Ort herum erstre­cken sich sanfte Hügel mit Wein­ber­gen in den tau­send Far­ben des Herbs­tes. Die Ruhe wird nur vom Gezwit­scher der Vögel unter­bro­chen, die glück­lich zwi­schen den Wein­bee­ren her­um­flie­gen, die nach der Ernte auf den Boden gefal­len sind. Die Zeit der Wein­lese ist nun­mehr been­det, die Wein­trau­ben wur­den geern­tet, und die Win­zer in der Nähe des Dor­fes arbei­ten hart, um den Lam­brusco zu erzeu­gen, den Wein, der in die­sem Teil der Emi­lia in der Gemeinde Cas­tel­ve­tro di Modena sou­ve­rän herrscht.

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Unser Aus­flug hat uns zu die­sem Ort geführt, der wegen sei­ner Schön­heit und sei­ner Voll­kom­men­heit einem Mär­chen­buch für Kin­der ent­sprun­gen zu sein scheint. Wir stei­gen auf zur Burg von Levi­z­zano und bewun­dern  ihre beein­dru­cken­den Mau­ern und ihre Archi­tek­tur, die auf das 12. Jahr­hun­dert zurück­geht, als der Bau begann. Der Turm der Mat­hilde ragt in den Herbst­him­mel empor, und zusam­men mit dem Burg­ge­bäude bil­det er das Sym­bol von Levi­z­zano Ran­gone.  Das his­to­ri­sche Zen­trum besteht aus einer klei­nen Ansied­lung von Häu­sern aus einer ande­ren Zeit, die mit Weis­heit und Sorg­falt reno­viert wur­den und Geschich­ten erzäh­len von Lebens­läu­fen, die von ein­fa­chen Din­gen gekenn­zeich­net waren.

Nach der Mit­tags­pause set­zen wir die Reise auf unse­rer Har­ley David­son fort, um die Okto­ber­düfte voll­stän­dig in uns auf­zu­neh­men. Die Sonne erhellt mit ihren leich­ten Strah­len die Wein­berge, die Levi­z­zano umge­ben; ein voll­kom­me­ner Zau­ber und ein erstaun­li­ches Schau­spiel öff­nen sich vor unse­ren Augen. Wir hal­ten an, um einige Fotos zu schie­ßen, und fah­ren dann wei­ter auf der Straße nach Puia­nello, die aus Haar­na­del­kur­ven und atem­be­rau­ben­den Aus­bli­cken besteht.

Rechts und links sehen wir die Fur­chen, ein geo­mor­pho­lo­gi­sches Phä­no­men der Ero­sion, das durch den Aus­tritt von Was­ser auf Lehm­bö­den her­vor­ge­ru­fen wurde und so das Gebiet geformt und model­liert und damit eine mond­ähn­li­che Land­schaft gebil­det hat. Nach­dem wir einige Kilo­me­ter auf der Pro­vinz­straße zurück­ge­legt haben, errei­chen wir das „San­tua­rio della Beata Ver­gine della Salute“ (das Hei­lig­tum der seli­gen heil­brin­gen­den Jung­frau), das sich auf dem Hügel von Puia­nello, in der Gemeinde Cas­tel­ve­tro, auf 475 m über dem Mee­res­spie­gel erhebt.

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Eine Ter­rasse über die Po-Ebene öff­net sich vor uns, von der aus man ein Pan­orama bewun­dern kann, das bis zu den Alpen reicht. Die Wall­fahrts­kir­che wurde im 17. Jahr­hun­dert nach dem Wil­len des Gra­fen Ugo Ran­goni zum Dank für die Ret­tung vor der Pest errich­tet. Damals war der Wall­fahrts­ort eine Kapelle, die der „heil­brin­gen­den Got­tes­mut­ter“ gewid­met wurde. Im Laufe der Jahre ver­fiel die­ser kleine Gebets­ort, und die Grä­fin Teresa Ran­goni lei­tete im Jahr 1716 den Bau der jet­zi­gen Wall­fahrts­kir­che ein, die 1721, fünf Jahre nach der Grund­stein­le­gung, ein­ge­weiht wurde.

Wir blei­ben noch einige Minu­ten so sit­zen und bli­cken nach oben, um jedes archi­tek­to­ni­sche Detail der Wall­fahrts­kir­che zu erfas­sen, wäh­rend drau­ßen die Sonne hin­ter den viel­far­bi­gen Hügeln her­vor­guckt. Es ist Zeit, nach Hause zurück­zu­keh­ren und die Emo­tio­nen die­ses Herbst­sonn­tags in uns auf­zu­neh­men, die wir als unaus­lösch­li­che Erin­ne­rung behal­ten werden.

Cate­go­riesIta­lien
Francesca Cuoghi

Francesca Cuoghi lebt in ein kleines Dorf in der Nähe von Modena in Emilia Romagna. Sie bezeichnet sich als Geschichtenerzählerin denn als Journalistin und Kommunikationsspezialistin. Durch ihre Geschichte drückt Francesca ihren Wunsch aus, Momentaufnahmen des Lebens und der Orte zu übermitteln, die so im Gedächtnis von uns Reisenden bleiben.

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