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Meine wichtigste Erkenntnis über das Reisen

Rei­sen macht nicht glück­lich. Das ist die wich­tigste Erkennt­nis über das Rei­sen, die ich im ver­gan­ge­nen Lebens­jahr gewon­nen habe. Es klingt ziem­lich nega­tiv, das so zu sagen. Dabei ist es gar nicht so gemeint.

Ich bin ver­gan­ge­nes Jahr viel gereist: in den Liba­non, nach Süd­ame­rika, nach Japan und Süd­ko­rea, nach Finn­land oder Sierra Leone. Ich hatte die Mög­lich­kei­ten dazu. Je öfter man reist, umso selbst­ver­ständ­li­cher wird es. Das ist ganz natür­lich. Das gilt für alles, was man im Leben tut.

Ich habe mir in der soge­nann­ten Tra­vel-Blog­ger-Szene einen Namen erschrie­ben. Das ist schön, weil es zeigt, dass man irgend­wie mit dem vor­an­kommt, was man gerne macht. Man fühlt sich bestä­tigt in dem, was man tut.

Aber was macht es für einen Unterschied?

In einem Inter­view mit Spie­gel Online habe ich erklärt: „Das Unter­wegs-Sein wird gerne als Sehn­suchts­zu­stand ver­klärt. Nur die prak­ti­schen Rei­se­ab­läufe sind oft ermü­dend und ernüch­ternd. Man stellt fest, das Rei­sen per se auch kein dau­er­haf­tes Glück bedeu­tet, weil die eupho­ri­schen Momente wie sonst auch im Leben nur punk­tu­ell auftreten.“

Genau so ist es.

Für viele mag das depri­mie­rend klin­gen. Wenn ich Leu­ten von mei­nen Rei­sen erzähle oder wenn sie davon im Inter­net lesen, dann fol­gen oft Kom­men­tare wie „Benei­dens­wert“ oder „Wahn­sinn, wo du immer unter­wegs bist“.

Das stimmt einerseits.

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Ande­rer­seits habe ich mich auf Rei­sen oft schon ziem­lich ein­sam gefühlt. Ich wusste an den schöns­ten Orten der Welt nichts mit mir anzu­fan­gen. Ich habe mir über das Für und Wider die­ses oder jenes Lebens­stils, die­ser oder jener Ent­schei­dung den Kopf zer­bro­chen statt ein­fach den Moment zu genießen.

Im bes­ten Fall habe ich das Rei­sen wie im Rausch erlebt. Ich habe mich nicht mit mir selbst, son­dern mit der Welt beschäf­tigt und dem, was sie zu bie­ten hat.

Aber nach fast jeder Reise kam irgend­wann der Moment, in dem ich in mei­nem Zim­mer in Ber­lin saß und mich gefragt habe: Was hat sich eigent­lich verändert?

Diese Frage wurde nach mei­ner Reise nach Peru immer grö­ßer. Die Geschichte dar­über han­delt von die­sem Wider­spruch aus Erwar­tung und Enttäuschung.

In der Ferne, beim Sich-Trei­ben-Las­sen spürt man näm­lich sehr stark die Ener­gie des Lebens. Zuhause am Abend in der eige­nen Woh­nung schrumpft die große Welt wie­der zusam­men. Als sei man nie wirk­lich weg gewesen.

Wie kann das sein?

Ich bin über­zeugt, dass es ein Irr­glaube ist zu mei­nen, das Rei­sen lade einen mit einer posi­ti­ven Ener­gie auf, mit der man sein Leben dau­er­haft ändern kann. Das mag gelin­gen, wenn man wirk­lich lange fort­geht und sich in exis­ten­zi­elle Extreme begibt – ein hal­bes Jahr in ein Klos­ter in Asien, Wochen allein durch die Wüste, mit dem Segel­boot über den Atlan­tik, eine Expe­di­tion auf einen hohen Berg.

Aber das gewöhn­li­che, zeit­lich beschränkte Rei­sen macht aus dir kei­nen bes­se­ren oder glück­li­che­ren Men­schen. Es ändert meist auch nur wenig an dei­ner Hal­tung. Man trägt seine Sor­gen und seine gro­ßen Fra­gen an das Leben im Ruck­sack durch die Welt. Im bes­ten Fall ver­gisst man sie eine Weile. Aber sie ver­schwin­den nicht.

Das ist eine ernüch­ternde Erkennt­nis. Aber zumin­dest für mich trifft sie zu.

Die Mög­lich­keit, in ein Flug­zeug zu stei­gen und weg­flie­gen zu kön­nen, ver­än­dert über­haupt nichts.

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Diese Fest­stel­lung ist kei­nes­falls so nega­tiv, wie sie viel­leicht klingt. Im Gegen­teil – sie ist von einem Bewusst­sein getra­gen, das am Ende zu viel mehr Zufrie­den­heit füh­ren kann als jeder Selbst­fin­dungs­trip in Südostasien.

Ebenso wenig wie die große Back­pack­ing-Tour ein life chan­ger ist, sind es andere ein­zelne her­aus­ra­gende Erleb­nisse wie zum Bei­spiel ein Bun­gee-Sprung, das lang ersehnte Aus­lands­se­mes­ter in Soundso oder ein Sportwagen.

Es sind die Dinge, die wir jeden Tag tun, die den größ­ten Unter­schied in unse­rem Leben machen. Und die wirk­lich lang­fris­tig zu einer grö­ße­ren Zufrie­den­heit mit unse­rem für sich genom­men unfass­bar pri­vi­le­gier­ten Leben beitragen.

Es ist nicht das ein­ma­lige Erleb­nis, das Außer­ge­wöhn­li­che, das Extrem. Son­dern die Bestän­dig­keit, das All­täg­li­che, die kon­stante Arbeit an sich selbst.

Es geht vor allem darum, nega­tive Rou­ti­nen abzu­stel­len und Gewohn­hei­ten zu ent­wi­ckeln, die posi­tiv zum täg­li­chen Wohl­be­fin­den bei­tra­gen. Meist sind das ganz pro­fane Dinge: frü­her auf­ste­hen, häu­fi­ger Men­schen anspre­chen, bes­ser zuhö­ren, sich immer nur einer ein­zel­nen Sache mit vol­ler Kon­zen­tra­tion widmen.

Es geht darum, im Klei­nen und Stück für Stück an sei­nen Inter­es­sen und Poten­zia­len zu arbei­ten, um den soge­nann­ten gro­ßen Zie­len näher zu kommen.

Dinge als rich­tig erken­nen und sie dann umsetzen.

Es geht also um den gesam­ten state of mind, um die Hal­tung, die man gegen­über den Din­gen ent­wi­ckelt und die Art und Weise, mit der man den All­tag lebt. In jedem Moment.

Das formt den Cha­rak­ter. Alles andere ist Attitüde.

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Aber was ist nun mit dem Rei­sen anzu­stel­len, wenn es lang­fris­tig gar kein so gro­ßer Glücks­brin­ger ist?

Das Rei­sen zu ler­nen, heißt das Leben zu ler­nen. Es gibt kei­nen Unterschied.

Am Anfang schrieb ich: Rei­sen macht nicht glück­lich. Man müsste viel­leicht sagen: Die Mög­lich­keit, rei­sen zu kön­nen, macht nicht glück­li­cher als das nor­male Leben.

Natür­lich, Rei­sen ist oft spek­ta­ku­lä­rer als der All­tag. Jede Form von Abwechs­lung und unge­wohn­tem Erleb­nis hin­ter­lässt stär­kere Erin­ne­run­gen als die mono­tone Abfolge von Auf­ste­hen, Arbei­ten, Essen und Schlafen.

Wahr­schein­lich muss jeder die Frage, warum er irgendwo hin­reist und nicht woan­ders hin oder eben über­haupt nicht, für sich selbst beantworten.

Ich kann nur für mich spre­chen: Ich sehe Rei­sen als wert­volle Berei­che­rung mei­ner Erfahrungswelt.

Das geschieht auf ganz unter­schied­li­che Art und Weise. Das Motiv einer Reise kann das Inter­esse an der Lebens­wirk­lich­keit eines bestimm­ten Kul­tur­krei­ses sein. Eine jour­na­lis­ti­sche Recher­che. Der Reiz, über kör­per­li­che Gren­zen zu gehen. Das Bedürf­nis nach Ent­span­nung und Kon­tem­pla­tion. Der Wunsch, sich der Welt zu ent­zie­hen. Der Ver­such, sich selbst zu fin­den (oder wiederzufinden).

Ich denke, das sind gute Gründe.

Aber das Rei­sen sollte nicht zum Sehn­suchts­zu­stand ver­klärt und zur Glücks­phan­ta­sie erho­ben werden.

Wahr­schein­lich sollte man jeden Tag begin­nen wie die große Reise, von der man sich so vie­les erhofft.

So funk­tio­niert es viel­leicht irgend­wann, gelas­se­ner und gleich­zei­tig fokus­sier­ter durch das Leben zu gehen. Mit wachem Ver­stand und offe­nem Herz statt mit Des­in­ter­esse und Zynis­mus. Seine eigene Bedeu­tung zurück­zu­stel­len vor der Größe und Fülle der Dinge, die einen jeden Tag umge­ben. Mehr zu genie­ßen statt in End­los­schlei­fen der Reflek­tion über sich selbst zu verharren.

Das gelingt mir noch lange nicht so oft, wie ich mir das wünsche.

Aber es fällt eben nicht mit einer Reise vom Him­mel. Es ist ein lan­ger Weg.

Cate­go­riesÄgyp­ten
  1. jens says:

    Hallo, sehr guter Arti­kel. Ob Rei­sen ver­än­dert kann ich so nicht sagen.
    Ich habe meine erste Fern­reise auf eigene Faust mit 40 Jah­ren unternommen,
    vor­her war nie Zeit ( genom­men ) für das Reisen.
    Nach der Reise habe ich mein Leben Kom­plet verändert.
    Ich würde sagen die Reise hat mir die Zeit gege­ben um alles zu überdenken.
    Grüße aus dem Schwarz­wald Jens.

  2. Yadgar says:

    „steigt regel­mä­ßig in Flug­zeuge, um sein Fern­weh zu mildern“

    Die Öko­bi­lanz muss ver­hee­rend sein!

    Für mich war schon 1983, mit gerade mal 14 Jah­ren klar: wenn rei­sen, dann nur unmo­to­ri­siert! Gerne auch über inter­kon­ti­nen­tale Ent­fer­nun­gen (mein abso­lu­tes Sehn­suchts­ziel war immer Afgha­ni­stan, dicht gefolgt von Indien), aber nie schnel­ler als in Fahr­rad- oder gar Fußgängergeschwindigkeit…

    …was zur Folge hatte, dass ich bis heute eigent­lich nichts von der Welt gese­hen habe, schon gar nicht Indien, geschweige denn Afghanistan!

  3. Claudia says:

    Hallo Phil­ipp,
    ein tol­ler Arti­kel! Eigent­lich gibt es viel zu wenige über Reise- und Lebens­phi­lo­so­phie und dar­über, was das Rei­sen eigent­lich bedeu­tet (für jeden einzelnen).
    Trotz­dem stimme ich dir nicht in allen Punk­ten zu. Ich bin seit fünf Mona­ten von einer ein­jäh­ri­gen Welt­reise über vier Kon­ti­nente durch 20 Län­der zurück. Ober­fläch­lich betrach­tet bin ich ein­fach zurück ins alte Leben: alte Woh­nung, alter Job usw. Tat­säch­lich haben sich bei mir aber ganz viele kleine Dinge ver­än­dert, ein­fach weil mein Blick sich durch die Reise so sehr gewei­tet hat. Ich ver­folge ganz andere Ziele, treffe andere Leute, mache andere Pläne. Die Energie,die mir das gibt, ist mit mei­nem Vor­rei­se­e­ner­giepe­gel in kei­ner Weise zu ver­glei­chen. Keine Ahnung, wohin mich das führt. Aber es fühlt sich gut an, und ich wer­den den Pfad ein­fach mal weitergehen :)
    In die­sem Sinne, viele Grüße aus Hamburg
    Claudia

    1. Hallo Clau­dia,

      viel­leicht braucht man das Rei­sen manch­mal ein­fach als Anstoß, Dinge zuhause zu ver­än­dern. Weil man plötz­lich sieht, dass es auch anders geht. Eini­gen wir uns auf: Rei­sen ist nicht Glück, aber ein Weg dorthin ;-)

      Viele Grüße aus Berlin!

  4. Nadja Münchenhagen says:

    Danke und noch­mals danke für die anre­gen­den und klu­gen Geschichten.
    Es ist ein Genuss, sie zu lesen. Und noch­mals zu lesen.

  5. Lisa says:

    Hallo. Ich bin ein Jahr durch Aus­tra­lien gereist und seit dem habe ich immer das Gefühl, dasd ich nicht mehr glück­lich bin. Ich renne dem Glücks Gefühl hin­ter­her und ich kann es ein­fach nicht mehr fin­den im nor­ma­len leben. Was macht man wenn man nicht mehr weiß wie das nor­male Leben eigent­lich ist?!

  6. Pingback:About traveling | Reise Blox

  7. Verena says:

    Ein sehr gelun­ge­ner Arti­kel! Danke an den Autor!
    Rei­sen allein ist sicher­lich nicht die Medi­zin für ein glück­li­ches Leben, son­dern wie du so schön geschrie­ben hast, das kon­ti­nu­ier­li­che Tuning an sei­nem cha­rak­ter­li­chen Selbst. Rei­sen kann einem dabei aber sehr gut hel­fen: Durch das Unter­wegs-sein habe ich z.B. erst gelernt wirk­lich offen gegen­über neuen Men­schen und Kul­tu­ren zu sein; und wie viel Glück die­ser Wesens­zug einem brin­gen kann.

    Gruß nach Berlin,
    Verena

  8. Anna Flo says:

    Super Arti­kel, wirk­lich toll geschrieben.
    Kann ich voll nachvollziehen.
    War für einen Monat in Bra­si­lien und dachte mein Leben danach ver­än­dert sich völ­lig, weil man sooo viel erlebt/gesehen/gelernt hat.
    Heute, eine Jahr danach, kommt mir die ganze Reise als ein Traum vor und die gesamme Gefühle verblassen.
    AF

  9. Danke für den tol­len Artikel.

    Wenn man mit offe­nen Augen durch die Welt reist und das eine oder andere Aben­teuer erlebt, kehrt man um eini­ges an Erfah­rung rei­cher nach Hause zurück. Klar, macht es einen Unter­schied, ob ich 1 Woche mit Freun­den am Bal­ler­mann ver­bringe oder 3 Monate lang allein um die halbe Welt reise. Ich denke, wenn man offen für Neues ist, mit allen Sin­nen reist und etwas Selbst­re­flek­tion betreibt, kann Rei­sen vie­les bewe­gen und durch­aus glück­lich machen. Die neuen Erfah­run­gen und Sicht­wei­sen ver­än­dern einen und wir­ken auch noch zu Hause nach, was sich wie­derum posi­tiv auf den All­tag aus­wir­ken kann. Aber bekannt­lich ist jeder selbst sei­nes Glü­ckes Schmied.

  10. Chrissi says:

    Moin Phil­ipp,

    vie­len Dank für die­sen Bei­trag! End­lich hat jemand meine Gedan­ken über das „Rei­sen“ bestä­tigt. Was nicht heißt, dass ich selbst gern unter­wegs bin und mir die Welt anschaue, so lange ich noch dazu in der Lage bin. Aber einen Ort zu haben, an dem man zu Hause ist, ist auch sehr schön. Und es kann durch­aus auch „berau­schend“ sein, wenn man es schafft sich nicht von den Wid­rig­kei­ten des All­ta­ges unter­krie­gen zu las­sen und das, was man auf den Rei­sen so von sich selbst lernt, dann im nor­ma­len Trott auch anwen­det. Das ist mei­ner Mei­nung nach die eigent­li­che Herausforderung!

    Lie­ben Gruß, Chrissi

  11. Pingback:Aufruf zur Blogparade: Was macht glücklich auf Reisen? | Reisemeisterei

  12. Antje says:

    Inter­es­sante Gedan­ken! Ja, auch ich kann mich sehr gut an schreck­lich ein­same Momente im ver­meint­li­chen Para­dies erin­nern, an Orte, die so gar nicht den Erwar­tun­gen ent­spra­chen und an plötz­li­che Rei­se­un­lust mit­ten auf der Reise.
    Aber natür­lich kommt es auch dar­auf an, wie oft und lange man auf Rei­sen ist, und was man von der Reise erwar­tet. Wenn das Rei­sen zum Dau­er­zu­stand wird, kann es durch­aus sei­nen Reiz ver­lie­ren und man stellt vor allem fest, dass auch an den begeh­rens­wer­tes­ten Orten der Welt den All­tags­trott, Stress und Pro­bleme gibt.

  13. Christina says:

    Hey Phil­ipp, Dein Arti­kel wäre die per­fekte Ergän­zung zu mei­ner bis 1.4.14 lau­fen­den Blog­pa­rade „Was macht glück­lich auf Rei­sen!“ (http://www.reisemeisterei.de/aufruf-zur-blogparade-was-macht-gluecklich-auf-reisen/)

    So, Wer­be­ban­ner erle­digt, jetzt meine Gedan­ken zu Dei­nem Artikel.

    Nein, Rei­sen macht nicht DURCHGÄNGIG glück­lich. Ich erin­nere mich gut an Situa­tio­nen wie eine durch­wachte Nacht in Kopen­ha­gen, als das Kind par­tout nicht zur Ruhe kom­men wollte und wir uns frag­ten, wie bescheu­ert man eigent­lich sein muss, als Fami­lie einen Road­trip ein­mal um die Ost­see zu machen. An einen Streit mit mei­ner Freun­din mit­ten in der aus­tra­li­schen Wüste. An den Gedan­ken „na, so toll ist das auch nicht, warum sind alle ande­ren so begeis­tert“ am White Hea­ven Beach. An ver­reg­nete Städ­te­trips ohne rechte Lust aufs Reisen. 

    Ver­klä­rung ist wohl bei begeis­ter­ten Rei­se­be­rich­ten immer dabei, vor allem nach einer lan­gen Reise, die dann auch zum All­tag wird. 

    Den­noch gibt es unter­wegs Glücks­mo­mente, die ich im All­tag nicht habe.
    Und die ver­kläre ich gern – bewusst -, denn auch das – ja, genau – macht glücklich.

    Guter Arti­kel!

    Chris­tina

  14. Pingback:Unpacking Travel: Ausgabe 18 | GoEuro Blog

  15. Erik says:

    Phil­lipp,

    … das klingt voll posi­tiv. Ja sehr geil, wenn jeder rei­sen würde und kei­ner Pro­jekte star­ten, Kin­der erzie­hen und ein Vor­bild sein für andere Men­schen, dann wür­den wir ja in kür­zes­ter Zeit ver­kom­men :) Neben dem Mind chan­ging impact, den Rei­sen hat, ist es doch nichts wert­vol­le­res zu erken­nen, dass man über­all ankom­men kann. Über­all glück­lich sein. 

    Wenn man die rich­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen in sei­nem eige­nen Den­ken, Han­deln und Mind­set eta­blie­ren kann. 

    „Es klingt ziem­lich nega­tiv, das so zu sagen. Dabei ist es gar nicht so gemeint“

    … schö­ner Arti­kel nochmal ;)

    Auf bald,
    Erik

    1. Danke, Erik! Ja, stell dir mal vor, nie­mand würde mehr in Kran­ken­häu­sern, auf dem Flug­ha­fen, bei der Poli­zei, in den Gerich­ten und Werks­hal­len arbei­ten, und alle wären auf Rei­sen. Chaos! ;-)

  16. Mathilde says:

    Jaja, rei­sen hat auf jeden Fall auch läs­tige Momente. Das wird in vie­len Rei­se­be­rich­ten unter­schla­gen. Und: Rei­sen schenkt viele Frei­hei­ten, zum Bei­spiel die den eige­nen Auf­ent­halts­ort immer wie­der neu zu bestim­men, aber es nimmt auch einige. So fürch­ter­lich frei habe ich mich schwit­zend ein­ge­quetscht auf dem Plas­tik­sitz eines loka­len Bus­ses dann oft doch nicht gefühlt.
    Bloß mit Dei­nem Satz, „Die Mög­lich­keit, rei­sen zu kön­nen, macht nicht glück­li­cher als das nor­male Leben.“ komme ich nicht mit. Ich nehme an, die meis­ten Bewoh­ner der dama­li­gen DDR haben das anders gese­hen. Und mir geht es auch so: Die Mög­lich­keit, es tun zu kön­nen, macht mich ein klei­nes biss­chen glück­lich, auch wenn ich nicht reise.
    Über­haupt: Ich finde Rei­sen ist immer noch meis­tens toll. Es berei­chert mein Leben, es schenkt mir neue Begeg­nun­gen, Orte und Bil­der. Aber man sollte es nicht überhöhen.
    Mar­tin, ich bin genauso gespannt auf Deine Überlegungen.

    1. Ich sehe es ähn­lich wie du, Mat­hilde. Wenn ich mich ent­schei­den müsste – rei­sen oder nicht rei­sen – ich würde mich immer für das Rei­sen entscheiden.

  17. „Den Him­mels­strich, nicht ihr Inners­tes wech­seln, die das Meer überschiffen.“
    Hat schon Horaz ange­merkt. Aber ver­mut­lich muss man man­che Dinge erst ein­mal getan haben, um sie ein­ord­nen zu können.
    Und um eine Per­spek­tive für die Welt und das eigene kleine Leben darin zu ent­wi­ckeln, ist so eine Reise (und vor allem eine mit viel Zeit) eine tolle Gelegenheit.

  18. Harald says:

    danke für die­sen bericht. der wich­tigste satz für mich: wahr­schein­lich sollte man jeden tag begin­nen wie die große reise, von der man sich soviel erhofft. daß wir auch die wun­der vor der eige­nen haus­türe sehen, auch hier fremde men­schen anspre­chen, offen­her­zig, neu­gie­rig und uns hier aus­hal­ten, das größte aben­teuer wartet
    in uns.

  19. Lie­ber Philipp,

    vie­len Dank für die­sen Bericht. Klasse. Des­halb ver­bringe ich die schönste Zeit des Jah­res in mei­nem Gar­ten. In der Hol­ly­wood­schau­kel, den Grill vis à vis, und mit net­ten Nach­barn am Zaun. Nord­ame­rika ist mein Büro. Ein tol­les, zuge­ge­ben, aber halt ein Büro, in dem gear­bei­tet wer­den und Geld ver­dient wer­den muss. Mein Traum: Irgend­wann ein­mal ganz ohne Pro­duk­ti­ons­druck und Ter­min­ka­len­der die Kla­mot­ten ins Auto zu schmeis­sen und ohne Plan los­zu­fah­ren. Wer weiss: Viel­leicht schaffe ich das noch einmal .. :)

    Lie­ben Gruß aus Kanada, Ole

  20. Silke says:

    Vie­len Dank für deine wah­ren Worte! Es ist zwar der erste Arti­kel den ich von dir lese (ein Freund hat ihn bei face­book geteilt), aber ich kann deine Gedan­ken sehr gut nachempfinden!

  21. Guido says:

    Ich mag sol­che reflek­tier­ten Denk­an­stöße. Aber natür­lich ist jetzt ein „Aber“ unvermeidlich ;)

    Du schreibst «Ich sehe Rei­sen als wert­volle Berei­che­rung mei­ner Erfah­rungs­welt.» So ist es. Du lässt hier z.B. neben­bei die Erkennt­nis fal­len, dass wir ein «unfass­bar pri­vi­le­gier­tes Leben» füh­ren. Rich­tig. Diese Erkennt­nis bekommt man aber eben erst durch das Rei­sen. Natür­lich kann man viel dazu lesen oder TV-Sen­dun­gen angu­cken, aber etwas selbst zu sehen, zu erle­ben und zu spü­ren, ist tau­send­fach inten­si­ver in der Wir­kung und ver­än­dert einen des­halb eher. 

    Man kann mit dem Mehr an Erfah­run­gen dann immer noch ganz viel falsch machen, aber das mehr an Erfah­run­gen erhöht nor­ma­ler­weise die Wahr­schein­lich­keit, die rich­ti­gen Prio­ri­tä­ten zu set­zen und die rich­ti­gen, glück­lich machen­den Ent­schei­dun­gen zu treffen.

  22. Jürgen says:

    Was mir auf Rei­sen Zufrie­den­heit gibt, und mich freier und glück­li­cher macht schreib ich oft dem glück­li­chen Zustand zu dass ich keine Erwar­tungs­hal­tun­gen an meine Per­son zu erfül­len habe.
    Ich kann tun was immer ich möchte, zu dem Zeit­punkt der für mich pas­send erscheint.

  23. Chris says:

    Eine abso­lut gute Sicht­weise: Sich dem Reise- und Selbst­fin­dungs­hype mal auf diese Weise zu nähern, und zwar von jeman­dem, der wirk­lich Erfah­rungs­werte auf­weist. Aber du schreibst: „Ebenso wenig wie die große Back­pack­ing-Tour ein life chan­ger ist, sind es andere ein­zelne her­aus­ra­gende Erleb­nisse wie zum Bei­spiel ein Bun­gee-Sprung, das lang ersehnte Aus­lands­se­mes­ter in Soundso oder ein Sport­wa­gen.“ Der Sport­wa­gen ist es sicher nicht, die Back­pack­ing-Tour kann es und ein Aus­lands­se­mes­ter ist es dage­gen sehr oft: der life-chan­ger. Bei mir war es so und bei sehr vie­len mei­ner dama­li­gen Kom­mi­li­to­nen eben­falls. Man bricht zum ers­ten Mal rich­tig aus dem vor­ge­ge­be­nen All­tag von Schule, Fami­lie, Freun­des­le­ben und Uni aus und danach bekommt das Leben oft eine andere Rich­tung. Tren­nun­gen, Umzüge, neue Liebe, andere Jobs. Mein Leben hat sich ein­mal kom­plett gedreht und wäre nie so in der Rich­tung ver­lau­fen, hätte ich nicht das übli­che Uni­jahr damals mit Aus­lands­se­mes­tern unter­bro­chen. Das ist auch dem Alter geschul­det (zwi­schen 20–30 ändert sich vie­les fun­da­men­tal) und ich bin sicher auch gegen eine Ver­herr­li­chung sol­cher­ma­ßen auf­ge­la­de­ner Lebens­ent­würfe. Aber doch und ja: Es kann sich alles ändern.

    1. Chris, du hast Recht. Das mit dem Aus­lands­se­mes­ter ist etwas unfair. Ich kenne auch Leute, für die die­ses halbe Jahr ein „life chan­ger“ war. Das will ich ja auch auf gar kei­nen Fall jeman­dem absprechen!

      Auch mei­nem Leben haben bestimmte Rei­sen schon eine bedeu­tende Wen­dung gege­ben. Ich habe zum Bei­spiel jeman­den ken­nen­ge­lernt, in den ich mich spä­ter zuhause ver­liebt habe.

      Der Punkt ist viel­leicht: Jedes Erleb­nis, jede Reise KANN ein „life chan­ger“ sein – aber das hat oft nichts mit der Reise an sich zu tun, son­dern mit dem eige­nen Ver­hal­ten. Was natür­lich durch eine Reise oder ein Jahr im Aus­land ver­än­dert wer­den kann. Aber sollte man dar­auf set­zen? Oder lie­ber schauen, wie man bes­ser durch jeden Tag kommt – egal wo.

  24. Auch von mir: tol­ler Bei­trag, sehr reflek­tiert und auf den Punkt. 

    Grund­sätz­lich denke ich, muss man unter­schei­den und sich die Frage stel­len: „Warum will ich rei­sen?“ Will ich was erle­ben? Lauf ich vor irgend­was davon? Will ich es, weil es alle machen, weil es cool ist? 

    Ich kann mich noch an meine erste Reise erin­nern, nach Neu­see­land, allein, ohne Plan, konnte kein Eng­lisch. Hab dort dann erst­mals vom Kon­zept von Back­pa­cker Hos­tels erfah­ren. Die gab’s näm­lich damals nur in Ozea­nien und noch ne Hand­voll in Nordamerika. 

    Nicht so wie heute, kurz Google anschmeis­sen und mit ein paar Klcks bei 10 Leu­ten Couch­sur­fen kön­nen. Ohne Inter­net war das ne ganz andere Num­mer – eigent­lich bes­ser, denn man hat mehr erlebt und noch selbst ent­deckt anstatt vor­her zu goog­len um zu ent­schei­den ob etwas den Auf­wand wert ist. Und weil das ziem­lich viele machen, hän­gen natür­lich fast alle an den immer glei­chen Orten ab. Dabei ist das echte Aben­teuer, das Unbe­kannte, die spon­tane Begeg­nung und das Authen­ti­sche viel­leicht schon hin­ter der nächs­ten Ecke. 

    Die Stei­ge­rung des Gan­zen ist natür­lich, wenn man sich bewusst der Welt aus­lie­fert, egal ob man trampt, Rad fährt, läuft, kay­akt oder rudert. Das ist auch die Grund­idee einer Pil­ger­reise. Die Grund­idee ist näm­lich nicht bequem mit dem Flie­ger, Air­con-Bus oder 4WD zu einem reli­giös, spi­ri­tu­ell oder wie auch immer als wich­tig erach­te­ten Ort zu gelan­gen um dort ritu­elle Hand­lun­gen zu voll­füh­ren, son­dern sich auf dem Weg dahin der Welt „aus­zu­set­zen“, durch­zu­hal­ten, Dinge zu erle­ben und schwie­rige Situa­tio­nen zu meis­tern. Frü­her ging das eigent­lich nur zu Fuß, heute geht das auch auf andere Art. So ist jede mit der rich­ti­gen Ein­stel­lung unter­nom­mene Reise eine Art Pil­ger­reise und es ist die innere Hal­tung die den (Weis­heit-) Suchen­den vom Lang­zeit­tou­ris­ten unterscheidet.

    1. Die Sache mit dem Inter­net und dem omni­prä­sen­ten Wifi ist noch ein­mal ein ganz ande­res Thema. Bei dem ich dir in dei­nen Aus­füh­run­gen voll­kom­men zustimme.

      „Sich der Welt aus­set­zen“, das ist für mich auch so der Modus, der eine Reise dann lange nach­wir­ken lässt.

  25. Katharina says:

    Inter­es­sant, dass für dich das Rei­sen sofort „nich­tig“ wird, wenn du wie­der in dei­nen eige­nen vier Wän­den bist. Bei mir ist das anders. Nicht nur die Fotos, die ich mit­ge­bracht habe, die­nen als Erin­ne­rung, son­dern viel­mehr die vie­len Geschich­ten & Men­schen, die mein Leben berei­chert haben. Und hierzu muss ich nicht mona­te­lang unter­wegs gewe­sen sein, son­dern es kön­nen auch 4 Tage Lon­don gewe­sen sein, die mich dann wei­ter für das tag­täg­li­che Leben und auch meine Arbeit inspi­rie­ren. Des­we­gen ist bei mir das Rei­sen ja auch so essen­ti­ell, da ich mir vor allem dar­aus meine Ener­gie und Inspi­ra­tion für den All­tag raus­ziehe. Aber ja: Wahr­schein­lich sollte man auch in der (selbst­ge­wähl­ten) Hei­mat ver­su­chen, jeden Tag zu leben, als wäre es eine Welt­reise. Darum bin ich im Moment auch dran, ein Rei­se­buch über die Stei­er­mark zu schreiben :)

    1. „Nich­tig“ ist viel­leicht das fal­sche Wort. Aber oft ist es so, dass man auf Rei­sen auf­merk­sa­mer, kom­mu­ni­ka­ti­ver, offe­ner, muti­ger, spon­ta­ner und gelas­se­ner ist als im soge­nann­ten All­tag – alles Dinge, die auf lange Sicht zufrie­den machen, aber eben oft nur wäh­rend der Reise „gelebt“ werden. 

      Ein Bei­spiel: In einem frem­den Land habe ich viel weni­ger Hem­mun­gen, fremde Men­schen anzu­spre­chen und ein zwang­lo­ses Gespräch zu begin­nen als zuhause in Deutsch­land. Ist doch irgend­wie seltsam.

  26. Martin says:

    Hallo Phil­ipp,

    ein tol­ler Bei­trag, der sym­pa­thisch mit ein paar Erwar­tun­gen an das Rei­sen und des­sen Wir­kung auf­räumt. Bzw mit der Über­hö­hung des Rei­sens als Heils­brin­ger und uni­ver­sel­ler Pfad zu Glück und Aus­ge­wo­gen­heit. Ich bin schon kurz davor mal einen Rand zum Thema „Ich reise um frei zu sein/endlich Frei­heit“ zu schrei­ben. Aber ich ringe noch mit den rich­ti­gen Wor­ten und sprach­li­chen Bildern. ;-)
    In jedem Fall hat mir Dein Bei­trag neues Gehirn­fut­ter gege­ben. Danke.

    Gruß,
    martin

  27. Hans-Dieter Knebel says:

    So isses,
    herr­lich die „End­los­schleife der Refle­xion“ (vor­ran­gig bei „Berufs­töch­tern“).
    hdk

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