„Und, meinst du wir wer­den überfallen?“

„Nein, ich glaube nicht“, ant­wor­tet Alex.

Wel­cher Schurke will denn schon im Regen stehen.

Und reg­nen tut es, juch­ei­sasssa. Er peitscht an die Scheibe des Bus­ses, und ein grauer Schleier ver­schluckt die grü­nen Hügel und Wäl­der der Zam­boanga-Halb­in­sel. Die Straße win­det sich um die saf­ti­gen Hügel, Bana­nen­stau­den bie­gen sich unter den kur­zen pras­seln­den Tro­pen­schau­ern. Regenzeit.

Und so abwe­gig, wie meine bei­läu­fige Bemer­kung in der mat­schi­gen Bus­sta­tion der Ciu­dad de Zam­boanga auch klin­gen mag, sie ist es nicht. Mind­a­nao ist kein Tou­ris­ten­ziel, und das teils aus gutem Grund. Die zweit­größte Insel der Phil­ip­pi­nen kann man in drei Sicher­heits-Regio­nen auf­tei­len: Ein­mal große, vor­wie­gend katho­li­sche Gebiete im Nor­den und Osten der Insel; Diese sind ähn­lich sicher wie der Rest des Landes.

Dann gibt es den auto­no­men Bezirk des mus­li­mi­schen Mind­a­nao (ARMM), zu der auch das Sulu-Archi­pel mit der Insel Jolo zählt, Orte wo sich Abu Say­yaf-Ter­ro­ris­ten und Split­ter­grup­pen der mus­li­mi­schen Rebel­len (MILF) Schar­müt­zel mit phil­ip­pi­ni­schen Trup­pen und halb­ver­deckt ope­rie­ren­den US-Spe­zi­al­ein­hei­ten lie­fern. Bei Jour­na­lis­ten­ver­ei­ni­gun­gen bekannt als der welt­weit gefähr­lichste Ort für Repor­ter, 2009 und 2010 gab es bei­spiel­lose Mas­sa­ker. Dort­hin wurde im Jahr 2000 zusam­men mit vie­len ande­ren Tou­ris­ten Fami­lie Wal­lert von einer malay­si­schen Insel bei Bor­neo ver­schleppt. Hier wurde ein Spie­gel-Redak­teur ent­führt. Regel­mä­ßig Bom­ben­an­schläge. Pira­ten. Dort geht man nicht hin: Die­ses tro­pi­sche Para­dies ist die Hölle auf Erden.

Und schließ­lich gibt es eine Zwi­schen­zone. Zu die­ser zählt auch die Halb­in­sel Zam­boanga. Da sind wir. Im Bus, fünf­zehn Stun­den auf dem Weg nach Caga­yan de Oro. Es reg­net. Der Bus­be­glei­ter wählt das Unter­hal­tungs­pro­gramm erstaun­lich ein­fühl­sam aus, erst explo­die­rende Lini­en­busse und tickende Bom­ben in „Speed“, dann eine inspi­rie­rende Kid­nap­ping-Story, behag­lich. Abschlie­ßend fol­tert er uns mit einem schwü­len Kon­zert­vi­deo von Celine Dion. Wir hal­ten gefühlt ein­hun­dert­mal an, und pas­sie­ren ebenso viele unbe­setzte Road­blocks der Polizei.

Ein biss­chen mul­mig ist mir schon.

Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Seine Website Reisedepesche wurde 2011 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. In unbeobachteten Momenten streichelt er den Preis zärtlich, besteht ansonsten aber darauf, dass ihm so was völlig egal sei.

  1. Philipp says:

    Gott­fried Benn
    REISEN

    Mei­nen Sie Zürich zum Beispiel
    sei eine tie­fere Stadt,
    wo man Wun­der und Weihen
    immer als Inhalt hat?

    Mei­nen Sie, aus Habana,
    weiß und hibiskusrot,
    brä­che ein ewi­ges Manna
    für Ihre Wüstennot?

    Bahn­hof­stra­ßen und Rueen,
    Bou­le­vards, Lidos, Laan –
    selbst auf den Fifth Avenueen
    fällt Sie die Leere an –

    ach, ver­geb­lich das Fahren!
    Spät erst erfah­ren Sie sich:
    blei­ben und stille bewahren
    das sich umgren­zende Ich.

    Ich muss dazu sagen, das Gedicht ist im Zeit­kon­text zu inter­pre­tie­ren: 1950 ver­öf­fent­licht. Kommt im Übri­gen fast nicht an meine Dicht­kunst heran. Und zu den Phil­ip­pi­nen füge ich hier auch nur hinzu: Uffbasse.

    1. klys says:

      hach ja, da kom­men schöne erin­ne­run­gen an das bade­zim­mer im wal­ser­tal hoch… wo man so schön bei jedem klo­gang über die­ses gedicht sin­nie­ren kann… :D

  2. Jenny says:

    Na da hast du dir nach der „wenig her­aus­for­dern­den Zeit auf Bor­neo“ gleich den rich­ti­gen Ner­ven­kit­zel raus­ge­sucht… dann hof­fen wir mal dass alles wei­ter­hing gut läuft und neben der Mulig­keit sich auch etwas Spaß breit macht :) LG

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