Gerade erst hatte ich es „lebend“ von der Insel namens Mafia her­un­ter­ge­schafft, da erho­ben sich die Uluguru Berge als nächste Her­aus­for­de­rung vor mir. Auf dem Weg von Dar-es-Salam nach Kigoma am Tan­ga­ny­ika See machte ich einen kur­zen Zwi­schen­stopp in Morogoro, um auf den Zug zu war­ten. Mein Zug­ti­cket hielt ich schon freu­de­strah­lend in den Hän­den inklu­sive einer Reser­vie­rung in der 1. Klasse, die ich durch Zufall ergat­tert hatte. Ansons­ten war der Zug aus­ge­bucht. Aber bevor ich den Zug ein­mal quer durch Tan­sa­nia vom Indi­schen Ozean bis an den Tan­ga­ny­ika See bestieg, musste ich meine Wan­der­fä­hig­kei­ten an den Hän­gen der Berge beweisen.

Morgenübungen zur Morningside

Zusam­men mit Fre­de­ric mei­nem Boots­kum­pa­nen von Mafia trat ich die Her­aus­for­de­rung an. Der erste Tag in Morogoro führte uns über die Boma Road süd­lich aus der Stadt hin­aus und über aus­ge­wa­schene Feld­wege in die Uluguru Berge. Als domi­nan­ter Bestand­teil der Sky­line von Morogoro ragen sie bis zu 1600 Meter über der Stadt hin­auf. Die Fel­der an den Hän­gen zeu­gen von über­trie­be­ner Rodung eines nur noch in den höhe­ren Lagen sicht­ba­ren Regenwaldes.

Blick über Morogoro

Die ers­ten Kilo­me­ter ging es gut voran. Viele Leute grüß­ten freund­lich und wünsch­ten uns eine gute Wanderung:

„Safari njema!“

Der Pfad wurde immer enger, vor­bei an einer klei­nen Kir­che, in der Ferne konnte man die Mor­nings­ide erah­nen. Viele Wege füh­ren nach Rom, so auch zur Mor­nings­ide. Man kann sich fast nicht ver­lau­fen und falls man unsi­cher ist, fragt man kurz einen Bergbauern.

Morningside in den Uluguru Bergen

Die Mor­nings­ide ist ein altes Wochen­end­do­mi­zil, wel­ches 1911 von den Deut­schen gebaut wurde und bis 1970 noch in Betrieb war. Heute wird es noch als For­schungs­sta­tion genutzt und die Com­mu­nity hat dort ihr Zen­trum. Für einen klei­nen Bei­trag kann man direkt davor cam­pen und sich von der Aus­sicht beein­dru­cken lassen.
Als Aus­gangs­punkt für Bondwa Peak ist es eine gute Rast­sta­tion. Trotz der Funk­mas­ten und deren Bewa­cher auf dem Gip­fel, ist es mög­lich, in Beglei­tung eines Gui­des auf­zu­stei­gen. Wir belie­ßen es bei Mor­nings­ide, denn Lupanga Peak war­tete auf uns am nächs­ten Tag.

Das steile Vergnügen

Die Aus­kunft würde ich als man­gel­haft bezeich­nen. Uns wurde der Weg zum Lupanga Peak als her­aus­for­dernd, anstren­gend und manch­mal rut­schig beschrie­ben. Die Zeit­an­gabe mit 10 bis 12 Stun­den für Auf- und Abstieg.
Wir hat­ten einen guten Tag erwischt und setz­ten uns kurz nach 6 Uhr mit unse­rem Guide Evance in Bewe­gung. Die Geneh­mi­gung für den Auf­stieg hatte man uns für 10 Dol­lar am Vor­tag besorgt.

Die ers­ten Kilo­me­ter gin­gen leicht von den Soh­len. Über kleine Pfade durch das Dorf am Fuße des Ber­ges schlän­gel­ten wir uns wei­ter durch den über­wu­cher­ten Pfad, den ich viel­leicht doch bes­ser mit lan­gen Hosen bestrit­ten hätte. Von einer Sekunde zur ande­ren waren wir plötz­lich im Wald. Der Pfad war anfangs noch gut und ohne grö­ßere Anstren­gun­gen zu lau­fen. Einige Pas­sa­gen waren jedoch schon etwas stei­ler und rutschig.
Über den Wolken auf dem Weg zum Lupanga Peak

Nach drei Stun­den erreich­ten wir unsere Pick­nick-Stelle. Was sich mir dahin­ter an Weg bot, fasse ich kurz zusam­men: Der schwie­rigste und steilste Pfad, den ich je erklom­men habe.

Hätte es Fix­seile gege­ben und Fel­sen statt Wur­zeln wäre es ein Klet­ter­steig gewe­sen. Dazu rut­schi­ger Boden, Bäume mit Sta­cheln, damit man sich ja nicht an ihnen fest hält, und eine „gute“ Tem­pe­ra­tur. Aber nach etwas über vier Stun­den stan­den wir auf dem 2138 Meter hohen Gip­fel. Run­ter ging es rück­wärts. Ein Gleit­schirm wäre siche­rer gewe­sen, aber durch den Wald am Gip­fel gäbe es neben kei­ner Aus­sicht auch keine Startbahn.
Siche­ren Boden in der Stadt erreich­ten wir zum Erstau­nen der Agen­tur schon um 15 Uhr. Unse­ren Guide haben wir bis an seine Erschöp­fungs­grenze getrieben.

Der Zug zum See

Noch am glei­chen Abend bestieg ich den Zug von Dar-es-Salaam nach Kigoma. Fre­de­ric setzte sei­nen Weg in den Nor­den Tan­sa­nias fort und so war ich nun alleine.

Mit nur 10 Minu­ten Ver­spä­tung fuhr der Zug der Tan­z­a­nian Rail­way Coöpe­ra­tion in den Bahn­hof ein; sechs Stun­den nach sei­ner Abfahrt um 17 Uhr in Dar-es-Salaam. Mein Abteil fand ich ohne grö­ßere Schwie­rig­kei­ten. Etwas schö­ner und käfer­freier hatte ich mir die 1. Klasse schon vor­ge­stellt, aber im Grunde war das Abteil doch akzep­ta­bel. Meine erste Nacht im Zug machte mir gleich bewusst, dass das Brem­sen eines 20 Wagen lan­gen Zuges nicht ein­fach ist und sicher­lich auch nicht die Lieb­lings­be­schäf­ti­gung des Lok­füh­rers. Es ruckelte teil­weise so hef­tig, dass ich Angst hatte, aus dem Eta­gen­bett gewor­fen zu werden.
Am nächs­ten Mor­gen um 8 Uhr wurde ich kurz vor Dodoma über­rascht, als der Room-Ser­vice Früh­stück anbot. Das konnte ich schlecht aus­schla­gen und genoss das Omlett mit Nudeln und Toast­brot, auch wenn durch das Ruckeln mein Tee in Tei­len nicht in mei­nem Mund landete.

Zug der Central Line kurz vor Kigoma
Mittagessen an einem Bahnhof

Dodoma ver­lie­ßen wir mit zwei Stun­den Ver­spä­tung, nach­dem noch wei­tere Wagen und eine Lok hin­zu­ran­giert wurden.
Den Tag im Zug ver­brachte ich ent­we­der am Fens­ter oder lesend und schrei­bend in der Kabine. Die rest­li­chen Minu­ten knab­berte ich zum Mit­tag- und Abend­essen auf Hühn­chen und Reis herum. Den Abteil­ser­vice musste ich voll ausnutzen.

Wagen 1166 der Central Line nach Kigoma
Lok in Kigoma

Mit zwei Loks und 22 Rei­se­wa­gen kamen wir gegen 21 Uhr in Tabora an. Hier wur­den wir noch­mal wild her­um­ran­giert und kurz abge­stellt. Diese Ruhe nutzte ich für den ers­ten Teil mei­nes Schla­fes. Erst um 1 Uhr nachts ging es nun mit knapp 4 Stun­den Ver­spä­tung wei­ter. Wir ver­ab­schie­de­ten den Zug­teil nach Mwanza und setz­ten unsere Fahrt nach Kigoma fort. Jeder Blick aus dem Fens­ter offen­barte auf dem Weg neue Land­schaf­ten: Wäl­der, Step­pen und Flüsse.

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Ein erle­bens­wer­tes Rei­se­mit­tel ist die Cen­tral Line in Tan­sa­nia sicher­lich. Kos­ten­güns­tig und bei mei­ner Fahrt mit nur 6 Stun­den hin­ter einem „fik­ti­ven“ Zeit­plan brachte sie mich nach Kigoma an den Tan­ga­ny­ika See.
Auf meine Frage, wann wir ankom­men wer­den, sagte mir gegen Anfang der Fahrt eine Frau:

„Die Zeit ist nicht wichtig.“

1090 km Luft­li­nie von Dar-es-Salaam ent­fernt und nach zwei Tagen reine Rei­se­zeit quer durch Tan­sa­nia habe ich freund­li­che Leute und ihre span­nen­den Geschich­ten ken­nen­ge­lernt; die sich stän­dig wech­seln­den  Land­schaf­ten habe ich genos­sen: vom Mee­res­spie­gel auf knapp 900 Meter; vom Meer zum See.

Cate­go­riesTan­sa­nia
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Dominik Mohr

Dominik folgt seinem Schatten durch die Welt. In einem minimalistischen und einfachen Reisestil wird man von ihm um die Welt geführt und einmal beschleunigt, geht es dann immer weiter. Meist geht die Tour an abgelegene Orte und bringt das tägliche Leben und die Hürden der Menschen näher.
Ausgefallene und teilweise auch ungewöhnliche Reiseziele rund um Afrika und den Nahen Osten stehen vereinzelten Reisezielen in den beliebten Gegenden entgegen und zeigen den Kontrast der Welten und der Natur.

  1. Andrea says:

    Ich wollte auch immer schon nach Tan­sa­nia rei­sen und habe es vor zwei Jah­ren end­lich geschafft. Es ist schon wirk­lich eine kom­plett andere Welt aber es war der inter­es­san­teste Urlaub, den ich je gemacht habe. Die Men­schen dort sind so nett und man merkt, wor­auf es wirk­lich ankommt…Dann natür­lich auch die Land­schaft und die Tier­welt bei einer Tan­sa­nia Safari zu erle­ben ist schon unglaublich…Ein tol­ler Bei­trag wie ich finde, habe ich gerne gelesen :)

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