Porto sieht roman­tisch aus. Alles zer­fällt ein wenig. Wir schlen­dern durch die Gas­sen die­ser hüge­li­gen Stadt und bewun­dern kleine Details. Ein getrock­ne­ter Blu­men­strauß am Zaun, Krat­zer an der Tür, alte Fens­ter­ver­schläge, ange­knackste Haus­flie­sen und brö­ckelnde Mäu­er­chen. Es ist als hät­ten die Bewoh­ner einer ande­ren Zeit Porto ver­las­sen, damit die Zeit die Stadt für sich ein­neh­men kann.


Wir las­sen uns von einer Gasse in die Nächste trei­ben, bis wir auf einem der Hügel ange­kom­men und sich ein wei­ter Platz vor uns öff­net. Ohne den Schutz der eng anein­an­der ste­hen­den Häu­ser ist es hier auf ein­mal viel zu hell. Nach­dem sich unsere Augen an das Licht gewöhnt haben, erken­nen wir meh­rere Grup­pen Men­schen, die sich auf dem Platz ver­sam­melt haben. Ganz offen­sicht­lich gehö­ren sie zusam­men. Sie sehen alle gleich aus. Män­ner zumeist mit einem ordent­li­chen Kurz­haar­schnitt. Frauen mit buschi­gen Locken. Und alle, wirk­lich alle, tra­gen lange schwarze Umhänge und spie­ßige Lederschuhe.


Die Grüpp­chen ste­hen in bei­nahe völ­li­ger Stille im Kreis. Alle nei­gen ihre Köpfe und umar­men sich so, dass die Umhänge eine undurch­dring­bare Wand bil­den. Es gibt keine Chance in den Kreis hin­ein zu sehen.

Aus einer Sei­ten­gasse tre­ten immer mehr Umhänge auf den Platz. Sie sin­gen. Laut und wüst! Mit einem bei­nahe mili­tä­ri­schen Unter­ton. Nach Spaß sieht das nicht aus! Die ganze Situa­tion mutet merk­wür­dig an.

Als wir in einen der grö­ße­ren Kreise hin­ein­se­hen kön­nen, sehen wir, wie die Jüngs­ten zu Sport und Gym­nas­tik­übun­gen genö­tigt wer­den. Anschlie­ßend müs­sen sie Verse auf­sa­gen und wer­den gemaß­re­gelt, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Fotos sind nicht erlaubt!




Ein wenig bene­belt lau­fen wir wei­ter durch die Stadt, essen in einem net­ten Restau­rant in der Nähe des Flus­ses und wol­len zurück zum Hos­tel. Mehr noch als am Tage strö­men die schwar­zen Umhänge durch die Stadt. Wie ein gro­ßer Schat­ten bahnt sich diese schwarze Masse den Weg durch die Stadt. Dabei hal­ten sich die Jun­gen und Mäd­chen an den Hän­den und bil­den eine nicht enden wol­lende Kette. Ein Mäd­chen weint und bleibt mit ihrer Freun­din zurück.

Wir sind schockiert.

Im Hos­tel fra­gen wir nach. „Ach das ist Queima das Fitas“ – die Ver­bren­nung der Tücher.

Cate­go­riesPor­tu­gal
Silvia Fritzsche

Silvia. Die im Zwischenraum. Deutschland, Italien. Design, Konzept. Chaos, Ordnung. Geliebtes Zuhause und dennoch Fernweh. Wegen Letzterem ist mein Blog "missia" entstanden.

Missia - als Kind nannte ich mich Sia, da ich meinen Namen nicht aussprechen konnte. Dies fand ich als Erwachsene immer noch so faszinierend, dass ich ein "Miss" davorsetzen musste. Miss + Sia = Missia.

  1. Alexander says:

    Hallo Sil­via, vie­len Dank für Dei­nen Arti­kel und die sehr beein­dru­cken­den Bil­der! Ja, Tra­di­tion und Tra­di­tio­nen haben in Por­tu­gal eine andere Bedeu­tung als in den meis­ten Staa­ten Mit­tel­eu­ro­pas. Das sollte uns aber nicht dazu ver­lei­ten, diese sofort „beur­tei­len“ zu wollen.
    Diese Tra­di­tio­nen kön­nen für uns durch­aus hilf­reich sein, um mit ihrer Hilfe mehr Zugang zu der „Seele“ des Lan­des und der Men­schen des Lan­des zu bekommen:

  2. Rebecca says:

    Geheim­nis­volle Gestal­ten in lan­gen Umhän­gen… Erin­nert ein biss­chen an J.K. Row­ling. :) Schön, wie ihr die merk­wür­dige Stim­mung ein­ge­fan­gen habt. Viele Grüße!

  3. Robert says:

    Ich fand’s auch gru­se­lig. Das sind die Auf­nah­me­ri­tuale für die Erst­se­mes­ter an der Uni. 2011 war ich in Porto und habe die jun­gen Leute gefragt, was sie da machen. Damals muss­ten die Neu-Stu­dis vor den älte­ren auf dem Boden krie­chen. Sie wer­den von den Älte­ren gede­mü­tigt, damit sie sich unter­wer­fen, uralte Rituale. Wenn ich wie­der in Porto bin, will ich das mal genauer recher­chie­ren. Lei­der kann ich kein Por­tu­gie­sisch. Weiß jemand etwas nähe­res dazu? Bin gespannt!

    1. Mit einem Por­tu­gie­sen habe ich auch dar­über gere­det und er erklärte mir, dass auch nicht alle Stu­den­ten diese Tra­di­tion mit­ma­chen. So wie ich ihn ver­stan­den habe, wird es jedoch auch nicht gerne gese­hen, wenn man sich „ver­wei­gert“. Ganz schön rebellisch :)

  4. Markus says:

    Das ist aller­dings mal ein selt­sa­mes Fest. Und nach der Ein­lei­tung habe ich erwar­tet etwas ande­res zu lesen. Aber trotz­dem inter­es­sant wie befremd­lich so etwas wir­ken kann.

    Viele Grüße

    1. Hallo Mar­kus,
      selbst nach­dem ich wusste, um was es sich han­delt war es immer noch eine selt­same Tra­di­tion. Sie hat irgend­wie einen komi­schen Bei­geschmack gehabt. 

      Grüße zurück
      Sia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert