Vier Uhr in der früh klin­gelt der Wecker – 15 Min spä­ter laufe ich als Ruck­sack­tou­rist ver­klei­det durch Neu­kölln, mit dem Ziel Son­nen­al­lee. Wenn alles noch dun­kel ist und der neue Tag noch nicht erfun­den, bei der Müdig­keit noch nicht zu erah­nen ist, und die Häu­ser stumm im Licht des Mon­des dalie­gen, dann fühlt es sich nach „aus dem Staub machen„an.

Leer­ge­fegte Stra­ßen, auch keine Men­schen mit Kon­fetti im Gesicht. Der erste Bäcker direkt neben der Bus­halte ist geöff­net und strahlt außer­or­dent­lich, als hät­ten sie ver­se­hent­lich Gold­staub in den Teig gekne­tet. Ich mache den Anfang und kaufe das erste Cho­co­la­tin, als Ein­stim­mung auf meine anste­hende Zwi­schen­lan­dung in Paris. So viel Roman­tik muss sein. Mit dem ers­ten Bis­sen öff­net sich mit einem lau­ten Zischen die Bus­tür und ich mache es mir auf einem Vie­rer­sitz gemütlich.

Unweit von mir ein inter­na­tio­na­les, abge­rock­tes Pär­chen, von der Ber­li­ner Nacht aus­ge­spuckt. „It’s about 15 minu­tes to the train sta­tion and then we go to Munich or Ham­burg, we see.“ Zwei Tage habe sie nicht geschla­fen, was man ihren trä­gen Gesichts­zü­gen ansieht. Immer wie­der lacht sie hys­te­risch. Als ich mal rüber­schaue sorgt ihre Hand in sei­nem Schritt für Tur­bu­len­zen. „Mucho Amor“ ist da zu hören, und dann wider über­dreh­tes Lachen. Der Bus schau­kelt der­weil ahnungs­los über die Boden­wel­len der Urbanstrasse.

Bei der Air France läuft erst mal alles auto­ma­ti­siert. Am Rönt­gen­ge­rät, dass unser Gepäck auf Bedro­hun­gen durch­leuch­tet so früh schon sehr wach­sa­mes Per­so­nal. Es staut sich. Par­al­lel öff­net eine zweite, mit den Her­ren der Schöp­fung, besetzte Abfer­ti­gungs­li­nie. Da geht es zu wie im Ver­eins­heim. Hand­schlag, große eckige Typen mit Kurz­haar­fri­su­ren, in schlecht sit­zen­den Uni­for­men. Es fehlt der weib­li­che Wel­len­bre­cher. Der fran­zö­si­sche Geschäfts­rei­sende schaut ahnungs­los drein.

Wir heben ab, im Ohr spricht Kalk­hofe über Böh­mer­mann. Beim Durch­blät­tern des Air France Maga­zins fällt auf, das Fräu­lein vom Boar­ding war die wider­auf­er­stan­dene Nico von den Vel­vet Underground.

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Unter uns deut­sche Lande. Atom­mei­ler aus der Vogel­per­spek­tive sehen aus wie Wol­ken­fa­bri­ken. Dane­ben der Fli­cken­tep­pich der Land­wirt­schaft. Strah­lende Bau­ern und strah­len­des Gemüse.

Vom Ste­ward erhalte ich mein zwei­tes Scho­ko­crois­sant. Per­sön­li­cher Rekord und ich kann sogar ein Was­ser auf Fran­zö­sisch bestel­len. „Du bist was du ißt.“

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Mit geschlos­se­nen Augen kon­zen­triere ich mich auf die Lan­dung und stimme mich auf meine tem­po­räre Hei­mat ein: Paris. – Car­tier, Dior, hin­ter der nächs­ten Sicher­heits­kon­trolle lau­ert die Deka­denz, die Geschäfte men­schen­leer, das ist gut fürs Selbst­wert­ge­fühl. Charles de Gaulle (CDG) ist güns­ti­ger als sein Ruf, über Preise reden ist ja ähn­lich wie übers Wet­ter. Das gilt auch fürs Schrei­ben. Wenige Fettnäpfchen.

Wen’s inter­es­siert, der CDG ist groß­zü­gig geplant und archi­tek­to­nisch gelun­gen. Es gibt Illy Kaf­fee für 2,50,- € das Stück und Inter­net für lau. Wie das metal­lene Boing Flagg­schiff, das ich am Gate anstarre, fühle auch ich mich dadurch beflügelt.

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Wet­ter­vor­her­sage für Panama – Drizzle bei 34 Grad. Das klingt nach Snoop Dog, oder ein­fach nur Sprühregen.

Der Mann neben mir riecht nach abge­stan­der Haut. Eine Kamera muss er sich jüngst zuge­legt haben, die er alle halbe Stunde aus der Tasche nimmt und mit einem Staub­tuch wie­der­holt hoch­po­liert. Wenn er nicht auf­passt, dann ist sie irgend­wann weg. Ähn­lich repe­ti­tiv öff­net er immer wie­der die dazu­ge­hö­rige Gebrauchsanweisung.

Der fran­zö­si­sche Ste­ward prä­sen­tiert das als Rot­wein getarnte Schlaf­mit­tel nach fran­zö­si­cher Tra­di­tion. Das ist in Frank­reich wie lau­fen ler­nen, natio­na­les Kul­tur­gut. Bei soviel „savoir vivre“ müss­ten jeden Moment die Kro­nen­leuch­ter den Atem­mas­ken gleich von der Decke herabfallen.

Herrn­dorf zitiert Emer­son Pugh: „Wenn das mensch­li­che Gehirn so sim­pel wäre, dass wir es ver­ste­hen könn­ten, dann wären wir so sim­pel, das wir es nicht könnten.“

Den „Mar­sia­ner“ geschaut, das macht Lust auf Kar­tof­feln aus dem Eigenanbau.

Nach elf Stun­den Flug ist das Rei­se­ziel erreicht, die Rei­fen der Maschi­nen küs­sen wider­holt laut schmat­zend den Asphalt der Lan­de­bahn, bis wir nach dem Aus­rol­len zum Ste­hen kom­men. Nach dem Abend­essen bin ich offi­zi­ell 24 Stun­den wach und falle unan­sehn­lich in mein Hotel­bett. „Gute Nacht Panama“, um das Tages­ge­schäft küm­mern wir uns spä­ter. Mor­gen geht es zusam­men mit den ehren­wer­ten Kol­le­gen von i‑ref (Domi­nik),  Lilies Diary (Laura), Viel unter­wegs (Kat­rin) so wie Sonne und Wol­ken (Jana) auf Tuch­füh­lung mit der ein­hei­mi­schen Tier­welt im Gam­boa Rain­fo­rest Resort und anschlie­ßend moto­ri­siert auf den Panamakanal.

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Der ganz beson­dere Kurz­aus­flug nach Panama fand in Koope­ra­tion mit der Cen­tral Ame­ri­can Tou­rism Indus­try statt.

Cate­go­riesPanama
Philipp Boos

Widergeboren in Mitteleuropa. In einem anderen Leben als Lastenträger für Alexander von Humboldt gedient, was die Affinität zu Süd Amerika erklärt. Nach einem doppelten Espresso öffnet sich bei Philipp zeitverzögert das dritte Auge, womit er die Welt bereist und in Depeschen festhält.

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