Einst, da gewährte der eigen­wil­lige Mount Hua Shan nur den flinks­ten und mutigs­ten Chi­ne­sen den Auf­stieg. Und heute? Heute wol­len wir rauf!

Im Dao­is­mus ist er einer der fünf hei­li­gen Berge in China. Schroff und pracht­voll ragt er vor uns empor. Unser erklär­tes Ziel: Der Nord­gip­fel! Und weil es so schön ist, erklim­men wir den Berg natür­lich zu Fuss, das gehört sich so bei den fulltime-bohemians.

Einen Wan­der­weg gibt es nicht, dafür ist der Hua Shan viel zu steil. Statt­des­sen wur­den unzäh­lige Trep­pen in den Fels gemeis­selt. Wor­auf also noch war­ten? Der Berg ruft!

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Lei­der macht sich nach den ers­ten 1‘000 Trep­pen­tritte Ernüch­te­rung breit. Offen­bar hat der Kom­merz den Hua Shan besiegt, die alten Trep­pen sind ver­schwun­den. Ersetzt wur­den sie durch moderne Stu­fen aus Beton-Dynas­tie. Sogar eine Seil­bahn hat es hier! So schnell las­sen wir uns aber nicht klein­krie­gen, dafür war die Anreise zu lang, zu beschwer­lich. Wir stei­gen trotz­dem wei­ter hoch und siehe da, wir wer­den doch noch belohnt! Freu­dig stel­len wir fest: Völ­lig gezähmt ist er noch lange nicht, der Mount Hua Shan! Auf den Neben­rou­ten sind die alten Trep­pen noch all­ge­gen­wär­tig. Hier win­den sich die Stu­fen senk­recht, manch­mal sogar über­hän­gend dem Gip­fel ent­ge­gen. Schwere Eisen­ket­ten erwei­sen sich als nütz­li­che Hel­fer, um die bis zu 50 Meter hohen Fels­wände zu erklim­men. Oft sind die Trep­pen­stu­fen dabei so klein, dass sogar chi­ne­si­sche Füsse dar­auf kaum Platz fin­den. Doris mit Schuh­grösse 36 hat hier end­lich mal ein Vorteil.

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Schweiss­ge­ba­det errei­chen wir den Nord­gip­fel. Nach einer Ver­schnauf­pause geht es wei­ter Rich­tung Süd­gip­fel. Unter­wegs mel­den sich die Beine von Doris zu Wort: Genug, genug, das Tages­ziel ist mehr als erreicht! Am Nach­mit­tag schaut sie des­halb fas­zi­niert dem emsi­gen Trei­ben der Chi­ne­sen zu, die per Gon­del­bahn ankom­men und sich zu Hun­der­ten durch enge Schlüs­sel­stel­len quet­schen. Gleich­zei­tig ist sie als Lang­nase ein belieb­tes Fotosujet.

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klei­ner Tem­pel am hei­li­gen Berg

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Rush Hour an einem Nadelöhr

Wäh­rend­des­sen besteigt Michael am Nach­mit­tag noch West‑, Süd- und Ost­gip­fel. Als Her­aus­for­de­rung der beson­de­ren Art gestal­tet sich der Zugang zu einer in den Fels geschla­gene Gebets­stätte. Sie lässt sich nur über einen schwin­del­erre­gen­den Klip­pen­pfad errei­chen, wo ledig­lich alte Plan­ken und in Stein gemeis­selte Aus­buch­tun­gen für die Füsse etwas Halt in der steil abfal­len­den Fels­wand versprechen.

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cliffside path- mind the gap

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schwin­del­freies Gehen von Vorteil 

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Die Nacht ver­brin­gen wir in einer ein­fa­chen Unter­kunft direkt auf dem Berg. Die Bet­ten sind stein­hart und das Nacht­es­sen besteht aus Instant-Noodle-Soup. Doch die Aus­sicht, die ent­schä­digt für alles. Tod­müde schla­fen wir rasch ein. Früh mor­gens (um 5.00 Uhr) sind wir bereits wie­der unter­wegs um den Son­nen­auf­gang zu sehen, bevor wir mit einem laaa­an­gen Abstieg das Mount Hua Shan Expe­ri­ment erfolg­reich been­den. Wir waren ganz oben – und das spü­ren wir auch noch viele Tage spä­ter in unse­ren Bei­nen. Wer am hei­li­gen Berg Ruhe, Abge­schie­den­heit oder spi­ri­tu­elle Erleuch­tung sucht, ist defi­ni­tiv am fal­schen Ort. Wer aus­ge­setzte Pfade und chi­ne­si­sche Mas­sen nicht scheut, der wird das Hua Shan Erleb­nis jedoch so schnell nicht mehr vergessen.

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Cate­go­riesChina
Doris & Michael

Beide lieben wir alles was mit Bewegung, Menschen, Natur oder fremden Ländern zu tun hat. Und seit wir uns kennen, lässt uns der Gedanke nicht mehr los, irgendwann gemeinsam eine grosse Reise zu unternehmen. Weil Träume zum Leben da sind, haben wir im Oktober 2012 Arbeitsstelle sowie Wohnung aufgelöst und das Mobiliar verkauft. Dafür haben wir im Gegenzug unser grösstes Luxusgut in den Rucksack eingepackt: Zeit!

  1. Alex Sefrin says:

    Oh wie geil, da muss ich auch hin. Och nee, is ja China, da muss ich doch nicht noch mal hin.
    Das Land ist zwar land­schaft­lich sehr schön, aber als Back­pa­cker fand ich es sau mäßig zu berei­sen und wir hat­ten ein Pro­blem mit der Men­ta­li­tät der Men­schen. Wir lie­ben Asien, aber China war wirk­lich stres­sig, beson­ders wenn man unor­ga­ni­siert durchs Land rei­sen möchte. Ist das inzwi­schen bes­ser geworden?

  2. Anika says:

    Es gibt diese schma­len Pfade ohne eine Siche­rung (wenn man mal über die Kette zum Fest­hal­ten hin­weg­sieht), die man auf Face­book und ande­ren weni­ger seriö­sen Quel­len kennt, also doch.

    Ein sehr beein­dru­cken­der Aus­flug, bei dem der Aus­blick in der Rea­li­tät sicher noch atem­be­rau­ben­der ist als die Bil­der es ver­mu­ten las­sen. Lei­der gehöre ich auch zum Boden­per­so­nal, wes­halb der Hua Shan wohl auf­grund des Auf­stiegs für mich nicht so geeig­net scheint.

    Wie lange dau­ert denn so ein Auf­stieg? Vier Gip­fel an einem Tag hören sich näm­lich sehr sport­lich an.
    Ich erin­nere mich an eine Klas­sen­fahrt, bei der wir auf den Bro­cken wan­dern muss­ten, was inklu­sive Abstieg schon einen Tag gedau­ert hat… ;)

    1. Halb so wild, man bekommt ein Klet­ter­steigset für die kurze Via Fer­rata, fal­len kann man nicht.

      Und der kleine „Tee-„Tempel aus die­sen Buzzfeed Sto­ries ist am Anfang des Klet­ter­steigs, nicht am Ende. Am Ende ist eine kleine Höhle mit Buddha. 

      Man muss außer­dem gut anste­hen für die Holz­bret­ter am Süd­gip­fel, da wer­den ganze Schul­klas­sen durchgejagt.

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